Zuletzt aktualisiert am 30.05.2025
Sustainability and Psychology interconnected
Bei dem Projekt handelt es sich um ein neues Projekt / eine wiederholte Einreichung
Ars Docendi Kategorie
Gesellschafts- und Nachhaltigkeitsorientierte Lehre
Ars Docendi Kriterien
- Innovative Hochschuldidaktik
- Perspektivenerweiterung und Internationalisierung
- Partizipation und Mitgestaltung
Gruppengröße
20-49
Anreißer (Teaser)
Ein neuer interdisziplinärer Schwerpunkt für Nachhaltigkeit auf Bachelor- und Masterebene des Psychologiestudiums bietet neben theoretischer Ausbildung auch praktische Arbeit an Forschungsprojekten und eine öffentliche Ergebnispräsentation.
Kurzzusammenfassung des Projekts
An der Sigmund Freud Privatuniversität Wien wurde ein übergreifendes Lehrkonzept erstellt, um die Psychologie der Nachhaltigkeit an der Universität zu etablieren. Kernstück sind interaktive jeweils zweisemestrige Lehrveranstaltungen zu Qualitativen Methoden sowohl auf Bachelor- als auch auf Masterebene, in welchen die Studierenden unter Anleitung eigenständige Forschungsprojekte durchführen. Diese sind angebunden an eine interdisziplinäre Forschungstätigkeit, welche die vier Fakultäten (Psychologie, Rechtswissenschaften, Psychotherapie und Rechtswissenschaften) vereint und sich in der Einrichtung des fakultätsübergreifenden Forschungsclusters zur Nachhaltigkeit widerspiegelt. Die genannten Lehrveranstaltungen gipfeln in öffentlichen Abschlusspräsentationen der Studierenden, gerahmt von Impulsreferaten von Fakultätsmitgliedern. Weitere zugehörige Lehrveranstaltungen sind Übungen in Sozialpsychologie sowie eine interaktive Lehrveranstaltung zur Psychologie der Nachhaltigkeit.
Das Ziel des Konzepts ist eine vertiefte Einbindung der Nachhaltigkeitsthematik in die psychologische Lehre, aber auch die Vorbereitung auf Forschungstätigkeiten zur sozial-ökologischen Transformation bzw. auf Green Jobs. Interdisziplinarität wird betont sowie das Verständnis, dass Nachhaltigkeit nicht nur individuell-psychologisch gedacht werden darf, sondern in einem globaleren Zusammenhang gesehen werden muss und – wegen der persönlichen Betroffenheit – auch mit Selbstreflexion zu verbinden ist.
Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache
A new teaching overarching teaching concept at Sigmund Freud Private University Vienna establishes the psychology of sustainability at the university. The core lies in interactive courses on qualitative methodology on Bachelor and Master level (2 semesters each time), in which students conduct independent research projects under supervision. These projects are linked to interdisciplinary research activities which unite the four faculties (Psychology, Law, Psychotherapy, and Medicine) and manifest themselves in the foundation of a cross-faculty research cluster. The mentioned courses peak in public final presentations by students, framed by impulse presentations by faculty members. Additional courses are exercises in Social Psychology as well as an interactive lecture about the psychology of sustainability.
The goal of the concept is not only a more in-depth anchoring of the sustainability topic into psychological education, but in turn also to embed psychology more strongly into research activities about the necessary social-ecological transformation, and to prepare interested students for taking green jobs. Accordingly, interdisciplinarity is paramount, as well as the understanding that sustainability must be considered not only in individual-psychological terms, but in a global context, and that – because of the personal concernment - it needs to be linked to appropriate self-reflection.
Nähere Beschreibung des Projekts
Seit 2023 arbeiten Vertreter:innen verschiedener Fakultäten der SFU (Psychologie, Psychotherapie, Medizin und Juridische Fakultät) gemeinsam am Aufbau eines interdisziplinären Arbeitszusammenhangs zu Fragen ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit, der Lehr- und Forschungsaktivitäten umfasst. Seit 2024 finden sich diese Bestrebungen unter dem Dach eines interfakultären Clusters gebündelt (https://psychologie.sfu.ac.at/de/forschung/forschungsprojekte/forschungscluster-nachhaltigkeit/). Aus dem zentralen Anliegen heraus, Forschung und Lehre zu verbinden, wurde an der Fakultät für Psychologie in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualitative Sozialforschung ein Lehrkonzept entwickelt, das psychologische Perspektiven auf Nachhaltigkeit in der Lehre etabliert. Dabei folgen wir drei grundlegenden Prinzipien:
1) Veranstaltungs- und Disziplinen übergreifende Verankerung des Themas ökologische und soziale Nachhaltigkeit. Studierende sollen bereits früh im Studium mit dieser zukunftsrelevanten Thematik in Berührung kommen und verstehen, dass Fragen nachhaltiger Entwicklung sowie die psychosozialen Folgen der Krisen der globalen Ökosysteme die Psychologie nicht lediglich punktuell betreffen, sondern Nachhaltigkeitsaspekte in allen Bereichen psychologischer Tätigkeit mitzudenken sind. Das Thema wird daher in der Lehre nicht nur als „Spezialfach“ angeboten, sondern an unterschiedlichen Stellen wiederkehrend im Curriculum verankert. Die qualitative Methodenlehre bietet sich hier als Kernbereich insofern an, als es an der SFU bereits gut etablierte Konzepte des forschungsbasierten Lehrens und Lernens gibt (vgl. gutelehre.at/projekt/geteilte-lebenswelten-proseminare-qualitative-methoden-uebungen-sozialpsychologie).
2) Einbindung von Studierenden unterschiedlicher Ausbildungsstufen und Vorerfahrungen mit der Thematik. Die Psychologie steht vor einer besondere Herausforderung: Einerseits sind wir alle und insbesondere die gegenwärtigen Studierendengenerationen unmittelbar von den Folgen der Krisen betroffen und setzen uns in unserem Alltag damit auseinander. Zugleich wurde die Bedeutung globaler Öko-Systeme für menschliches Erleben und Verhalten lange unterschätzt, sodass es noch immer nicht selbstverständlich ist, im Fach Psychologie mit der Thematik in Berührung zu kommen. Deshalb setzen wir auf einen selbstreflexiven Zugang, bei dem die eigenen alltäglichen Affekte und Copingstrategien der Studierenden den Ausgangspunkt darstellen, welcher mit psychologischen Perspektiven und Forschungsmethoden verbunden wird. Der Austausch über Kohorten, Interessenschwerpunkte und Ausbildungsstufen hinweg ermöglicht dabei das Kennenlernen von unterschiedlichen Perspektiven.
3) Interdisziplinarität (Zusammenarbeit mit den anderen Fakultäten): Da Nachhaltigkeit nicht nur ein psychologiespezifisches Thema ist, beziehen wir auch interdisziplinäre Perspektiven mit ein, unter Rückgriff auf die Ressourcen des neuen interfakultären Forschungsclusters, insbesondere durch die Einbindung der juridischen Fakultät (Prof. Dr. Konrad Lachmayer).
Das gesamte Lehrkonzept umfasst insgesamt sechs Lehrveranstaltungen, drei im Bachelorstudiengang Psychologie und drei im Masterstudiengang:
- PS Qualitative Methoden I & II (Bachelor)
- UE Sozialpsychologie I (Bachelor)
- ILV Qualitative Methoden I & II (Master)
- ILV Psychologie der Nachhaltigkeit (Master)
Den Kernaspekt stellen die forschungsbasierten Veranstaltungen zur Einführung in Qualitative Methoden der Sozialforschung dar, die sowohl im Bachelor- als auch im Masterprogramm verpflichtend sind und Perspektiven und Arbeitsweisen qualitativer Forschung vermitteln, wobei Studierende über zwei Semester in Arbeitsteams von 4 bis 5 Personen an eigenständig durchzuführenden Forschungsprojekten arbeiten. Die Differenzierung zwischen den Veranstaltungen im Bachelor- bzw. Masterprogramm erfolgt dabei durch den Grad an Eigenständigkeit sowie die Komplexität der methodischen Designs. Aufgrund der Jahrgangsgröße werden die Proseminare in mehreren Parallelgruppen geführt. Durch die zweisemestrige Anlage der Lehrveranstaltung, bei der im Wintersemester primär die Forschungsplanung und Datenerhebung im Zentrum stehen und im Sommersemester die Auswertung und theoretische Rückbindung der Daten, ermöglichen diese Methodenveranstaltungen die kontinuierliche Arbeit über einen längeren Zeitraum und den Austausch mit Kolleg:innen mit ähnlichen Themen.
Das Lehrkonzept ‚Psychology and Sustainability interconnected‘ basiert auf spezifischer Arbeit sowohl im Bachelor- als auch im Masterprogramm in jeweils einer Parallelveranstaltung spezifisch zu ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit. Im Studienjahr 23/24 widmete sich das PS Qualitative Methoden I & II im Bachelorprogramm unter der Leitung von Julia Struppe-Schanda BSc, MSc dem Thema ‚Klimawandel und soziale Ungerechtigkeit‘, die UE Qualitative Verfahren I & II im Masterprogramm unter der Leitung von Ass.-Prof. Dr. Stefan Hampl und Barbara von Rechbach, MA, BFA dem Thema ‚Subjektives Erleben nachhaltiger Mobilität‘.
Dabei wiesen die Rahmenthemen bewusst inhaltliche Überschneidungen mit aktuellen Forschungsprojekten an der Fakultät (https://www.sfu.ac.at/wp-content/uploads/PSY-JUS-Projekt-Compliance.pdf bzw. www.sfu.ac.at/wp-content/uploads/PSY_Wiener_Mobilitaetsklima.pdf) auf. Dies ermöglicht einen forschungsnahen Unterricht einerseits und die Anbindung der studentischen Projekte an den interfakultären Forschungscluster andererseits, durch regelmäßige Vernetzung zwischen den Veranstaltungsleitenden und den Mitgliedern des Forschungsclusters. Außerdem fanden sowohl im Winter- als auch im Sommersemester Zwischenpräsentationen (Forschungskonzept, Erfahrungen im Feld und bei der Datenerhebung, Auswertungsplanung) statt, zu denen jeweils 1 bis 2 Expert:innen aus dem Cluster eingeladen wurden, um Studierende zu beraten bzw. Erfahrungen in der parallel laufenden Forschung zu teilen.
Folgende Aufgaben werden in den vier Kursen zu Qualitativen Methoden bearbeitet:
WiSe:
- Erstellung einer ausformulierten Problem- und Fragestellung innerhalb des vorgegebenen Rahmenprojekts; zeitnahes Feedback durch LV-Leiter/innen
- Erstellung eines Erhebungsplans zur geplanten methodisch-empirischen Umsetzung; zeitnahes Feedback durch LV-Leiter/innen
- Erhebung von qualitativen Daten (Interviews, Gruppendiskussionen) durch die studentischen Projektgruppen
- Gruppenpräsentation inklusive Feedback durch LV-Leiter:innen, Einbindung von Expert:innen aus dem Forschungscluster in die Feedbackschleife
- Zwischenabgabe der transkribierten Gespräche inklusive Reflexion der Umsetzung
SoSe:
- Gemeinsame vergleichende Diskussion des erhobenen qualitativen Materials
- Verschriftlichung von dessen Auswertung
- Gruppenpräsentation im Rahmen der Abschlussveranstaltung (siehe unten) inklusive Feedback durch die LV-Leiter:innen Expert:innen aus dem Forschungscluster
- Abschlussabgabe: Forschungsbericht in Form einer Seminararbeit im Bachelorprogramm, Aufbereitung der Ergebnisse in Artikelform (mit der Option auf Publikation) im Masterprogramm
Den Abschluss bildete schließlich im Sommersemester 2024 eine von Ass.-Prof. Katharina Hametner, Prof. Dr. Ivo Ponocny, Dr. Markus Wrbouschek, Prof. Dr. Konrad Lachmayer und Franziska von Zieglauer, BSc. MSc. gemeinsam mit den Lehrveranstaltungsleiter:innen und Studierenden der genannten Methodenveranstaltungen organisierte, öffentliche Veranstaltung unter dem Titel „Gespräche über Nachhaltigkeit“ (https://www.sfu.ac.at/de/news/nachbericht-gespraeche-ueber-nachhaltigkeit/). In dieser präsentierten Studierende die Ergebnisse ihrer Projekte vor einem Publikum aus interessierten Studierenden, Fakultätsmitgliedern und Expert:innen aus dem interfakultären Forschungscluster, gerahmt durch kurze Impulsvorträge zu naturwissenschaftlichen Fakten in Bezug auf Nachhaltigkeit (Prof. Dr. Ivo Ponocny), ersten Ergebnissen des an der Fakultät für Psychologie angesiedelten Projekts „Wiener Mobilitätsklima“ (Franziska von Zieglauer MSc., www.sfu.ac.at/wp-content/uploads/PSY_Wiener_Mobilitaetsklima.pdf) sowie durch einen Vortrag zu rechtswissenschaftlichen Perspektiven auf Mobilität und Nachhaltigkeit (Prof. Dr. Konrad Lachmayer). Im Anschluss konnten die Studierenden ihre Erfahrungen noch im persönlichen Austausch mit Mitstudierenden, Forschenden und Lehrenden diskutieren.
Um die Erfahrungen mit theoretischen Ansätzen sowie aktuellen Studien zu kontextualisieren, wurden die Methodenlehrveranstaltungen auf beiden Levels mit einem lektürebasierten Format kombiniert, im Bachelorprogramm im Rahmen der Übung zur Sozialpsychologie zum Thema ‚Sozialpsychologie der Nachhaltigkeit‘, die im darauffolgenden Semester von Dr. Markus Wrbouschek angeboten wurde.
Folgende Aufgaben werden im Kurs zu Sozialpsychologie bearbeitet:
- Kennenlernen des psychologischen Forschungsstands durch gemeinsame Textlektüre, Referate und interaktive Diskussion
- Diskussion forschungsmethodischer Paradigmen in der psychologischen Nachhaltigkeitsforschung
- Kleingruppenarbeit zu Nutzanwendungen psychologischen Wissens (Erarbeiten möglicher Interventionsstrategien auf Basis des Erarbeiteten; gemeinsame Diskussion der Praxisrelevanz psychologischen Fachwissens, etc.)
Für die Masterstudierenden bietet Prof. Dr. Ivo Ponocny im Wahlfach ab 2023/24 einmal jährlich ein Seminar zu ‚Psychologie der Nachhaltigkeit‘ an, mit einem Überblick über die verschiedenen Themenfelder: ausführlichen Behandlung der Lage aus naturwissenschaftlicher und sozialer Sicht, Klimawandelleugnung, Climate Anxiety, umweltfreundliches Verhalten und Barrieren dagegen, sozialpsychologische Grundlagen, Klimaaktivismus und Green Voting, Klimakommunikation bzw. -narrative und Einstellungsänderungen sowie Psychologie der sozial-ökologischen Transformation.
Folgende Aufgaben werden im Seminar ‚Psychologie der Nachhaltigkeit‘ bearbeitet:
- interaktive Diskussionen
- strukturierte Rollenspiele
- Aufgaben zur Selbstreflexion, Recherchen zu Beispielen für klimawandelleugnende Einstellungen und ihre Diskussion
- Übungen zur Klimaaufklärung inkl. Erstellung von verbalem, bildlichem bzw. Videomaterial.
Folgende Kompetenzen werden im Kontext des gesamten Lehrkonzepts entwickelt:
- Methodische Kompetenzen: Die Studierenden können ein umsetzbares studentisches Forschungsprojekt im Kontext eines Rahmenprojekts entwerfen, Feldzugang, Datenerhebung und Auswertung umsetzen sowie Forschungsergebnisse darstellen, als zentrale weiterführende Kompetenz für das Verfassen von empirischen Bachelor- und Masterarbeiten.
- Interdisziplinarität: Durch die Diskussion mit Vertreter:innen anderer Fakultäten bekommen die Studierenden Einblick in andere disziplinäre Perspektiven und können die methodischen und erkenntnistheoretischen Voraussetzungen der eigenen Disziplin besser kritisch reflektieren. So werden Grundfertigkeiten in der interdisziplinären Zusammenarbeit aufgebaut.
- Selbstreflexion: Im Zuge der Durchführung der qualitativen Erhebungen und der anschließenden Reflexion setzen sich die Studierenden auch mit ihrer eigenen Positionalität im Spannungsfeld Nachhaltigkeit auseinander. Auf diese Weise wird ihre Selbstreflexion geschult.
- Wissenschaftliches Diskutieren: In den Plenumsdiskussionen sowie in der Abschlussveranstaltung sollen die Studierenden Fragen an das methodische Vorgehen sowie an das empirische Material formulieren, Argumentationen entwickeln und sowie Kritik üben.
- Fachliche Kompetenzen: Anhand der individuellen Lektüre und der gemeinsamen Diskussion sozialpsychologischer Texte verstehen die Studierenden unterschiedliche sozialpsychologische Theorien zu Nachhaltigkeit und können sie ins Gespräch bringen. Die Studierenden erwerben fundierte Kenntnisse über den aktuellen Forschungsstand zur Nachhaltigkeit sowohl aus psychologischer als auch sozioökologischer Perspektive.
Für interessierte Studierende besteht die Option, auch Bachelor- bzw. Masterarbeiten zu verfassen, gegebenenfalls auch auf die bisherigen Projekte aufbauend.
Akzeptanz und Resonanz
Die Abschlussveranstaltung wurde sehr positiv aufgenommen. Studierenden aus dem BSc nahmen freiwillig teil, besonders positiv wurde die Möglichkeit der Präsentation im Rahmen einer kleinen wissenschaftlichen Community erlebt. Zudem zeigt sich verstärktes Interesse an der Thematik und am Cluster durch Praktika und Qualifizierungsarbeiten zum Themenbereich.
Beispiel einer offenen Rückmeldung zur Qualitativen Seminar: Ich muss sagen, dass ich positiv überrascht von dieser Lehrveranstaltung war. Anfänglich war ich in Anbetracht der Aufgabe, ein eigenes Forschungsprojekt durchzuführen eher überfordert und leicht demotiviert. Ich habe in früheren Seminaren oft die Erfahrung gemacht, dass Abgaben, die man anfertigt nur dazu dienen die nötigen ECTs zu erreichen, inhaltlich jedoch weder für die Studierenden noch für die Lehrenden längerfristig von Relevanz sind. Das war für mich in diesem Seminar tatsächlich einmal anders. Das hatte zum einen damit zu tun, dass wir selbst ins Feld gehen konnten. Oft fühlt sich das in Seminaren Gelehrte für mich eher abstrakt an und ich habe Schwierigkeiten esfür mich auf eine relevante Weise in meinen Wissensschatz einzubinden. Dadurch, dass wir in dieser Lehrveranstaltung aber dazu herausgefordert wurden selbst einen Erhebungsprozess von Anfang bis Ende zu begleiten hatte ich das Gefühl ein viel besseres Verständnis dafür zu bekommen, was eine bestimmte Methode (in unserem Fall die Dokumentarische Methode) für einen Wert haben kann und welche Art von Ergebnissen in der Praxis damit produziert werden können. Dadurch, dass ich wusste, dass unser Seminar an ein bestehendes Forschungsprojekt gekoppelt ist, konnte ich mir so auch viel besser vorstellen, wie wissenschaftliches Arbeiten funktioniert. Viel besser, als es mir in einem rein theoretischen Seminar möglich gewesen wäre. Auch, dass wir zur Aufgabe hatten, Gruppen zu interviewen, die nicht Teil der akademischen Blase sind, habe ich als sehr bereichernd empfunden. Es hat mir verdeutlicht, dass besonders Themen wie Nachhaltigkeit, die Teil eines gesamtgesellschaftlichen Diskurses sind, es erfordern Perspektiven von verschiedensten Gruppierungen mit einzubeziehen.
Besonders die Verknüpfung des Seminars mit der Abschlussveranstaltung habe ich als sehr gewinnbringend empfunden. Ich war überrascht, dass die Professor:innen, die im eigentlichen Projekt forschen tatsächlich aufrichtig an unseren Erkenntnissen interessiert waren und sich während unserer Vorträge ständig Notizen gemacht haben. Ich hatte das Gefühl, tatsächlich etwas interessantes zum Diskurs beitragen zu können und dass die Arbeit, die wir uns gemacht haben, einen tatsächlichen weitergreifenden Wert hatte.
Gleichzeitig fand ich es sehr interessant auch die Vorträge der Professor:innen zu ihrer jeweiligen Expertise hinsichtlich von Nachhaltigkeit zu hören. Zum einen, weil ich so tiefergehende Informationen über den Themenbereich Nachhaltigkeit bekommen konnte, die mein bisheriges Wissen und das im Seminar Gelehrte überschritt. Zum anderen, weil ich dadurch das, was wir erforscht hatten, besser in einen Kontext einbetten konnte. Das, was wir im Seminar gemacht haben war dadurch nicht nur eine losgelöste Übung, sondern wurde für mich hinsichtlich seiner gesellschaftlichen Relevanz greifbarer.
Ich fand es außerdem spannend zu sehen, wie verschiedene Abteilungen der Uni interdisziplinär zusammenarbeiten können und sich so durch unterschiedliche Perspektiven auf ein Thema ergänzen können. Das war besonders deshalb für mich interessant zu sehen, da ich es schon länger interessant finde, Psychologie nicht isoliert zu begreifen, sondern mit anderen Feldern, wie beispielsweise Soziologie zu verknüpfen. Die Verbindung mit Rechtswissenschaften war für mich dabei noch neu und besonders deshalb schön zu sehen, weil dadurch für mich die politischen Möglichkeiten in der Psychologie deutlicher wurden.
Ich muss sagen, ich habe diese Lehrveranstaltung wirklich als sehr bereichernd erlebt und habe das Gefühl, langfristig etwas daraus mitgenommen zu haben, sowohl inhaltlich als auch methodologisch. Vor allem die Perspektive psychologische Forschung und Tätigkeit als möglichen Teil politischer Diskurse und Bewegungen zu sehen war für mich extrem wertvoll (auch, da ich selbst gerne mal in so einer Richtung arbeiten würde).
Ein weiteres Beispiel zur Nachhaltigkeitsvorlesung:
Der Kurs regt zum Nachdenken an. Man nimmt unglaublich viel mit, lernt und übt einen praxisbezogenen Umgang mit komplexen
Thematiken rund um die Nachhaltigkeit und bekommt einen Einblick in verschiedenste psychologische Prozesse, die in Bezug auf
den Klimawandel wirksam werden. Die behandelten Themen können manchmal auch als belastend und aufwühlend empfunden
werden, was aber auf die Tragik der Klimakatastrophe zurückgeht und der Ignoranz, die Menschen diesem entgegenbringen, zu
verschulden ist. Der Kurs motiviert dazu, selbst als AkteurIn aktiv zu werden, um positive Veränderung zu bewirken.
Nutzen und Mehrwert
Das neue Lehrkonzept konnte das von Studierenden immer wieder nachgefragte Thema der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit in der psychologischen Lehre und im bestehenden Curriculum verankern. Studierende sind sowohl mit Inhalten der klimabezogenen Konsument*innenpsychologe bzw. der verhaltensbasierten Umweltpsychologie als auch mit sozialpsychologisch orientierten Zugängen, die die gesellschaftliche Verflochtenheit individuellen Handelns thematisieren, vertraut, bzw. sowohl mit der Wichtigkeit der individuellen als auch der kollektiven Handlungsmöglichkeiten. Durch die selbst durchgeführten studentischen Projekte erfolgte eine vertiefte intensive Beschäftigung mit Wahrnehmungen, Handlungspraktiken, aber auch Widerständen im Zusammenhang mit Klimaschutz. Die parallel dazu vermittelte naturwissenschaftliche Beschreibung der Dringlichkeit der Lage bzw. ihrer Dringlichkeit ermöglichte den Studierenden eine klare Kontextualisierung. Studierende verstehen somit Klimaschutz nicht als isoliertes Problem, sondern als Bestandteil einer viel umfassenderen sozio-ökologischen Transformation, sowie deren psychologischen Aspekte (wie Motivation zu Aktivismus bzw. Leugnung).
Die Lehrveranstaltung bietet eine Vernetzung zwischen Forschenden und Lernenden durch thematische Überschneidungen und (wiederkehrende und institutionell verankerte) Gelegenheiten zum Austausch und wechselseitigen Lernen. Studierende gewinnen praktische Forschungserfahrung und lernen Gesprächsführung außerhalb der bildungsnahen Blase bzw. den Umgang mit Menschen, welche zum Teil völlig anders sozialisiert sind, damit auch Respekt und Akzeptanz zusätzlich zu wissenschaftlicher Distanzierung.
Studierende knüpfen Kontakte und vernetzen sich über Ausbildungsstufen und Schwerpunktsetzungen hinweg (speziell in der Abschlussveranstaltung). Sie verstehen Interdisziplinarität als konkret gelebte Praxis. Indem Expert:innen aus unterschiedlichen Fachbereichen und Disziplinen wiederholt in die Projektdurchführung involviert waren, konnten Studierende auch andere Perspektiven und Ansätze kennen lernen und einen weiteren Blick auf eine Thematik entwickeln, die sie auch persönlich betrifft und dadurch besondere Anforderungen an wissenschaftliche Unvoreingenommenheit bei hoher gesellschaftlicher Relevanz stellt.
Übertragbarkeit und Langlebigkeit
Das Projekt läuft seit 2023
Aufgrund der einzigartigen curricularen Voraussetzungen in der qualitativen Methodenlehre an der SFU haben wir die Möglichkeit, Themenschwerpunkte über längere Zeiträume gemeinsam mit Studierenden zu verfolgen und zu entwickeln. Diese Gelegenheit möchten wir auch in den kommenden Jahren nutzen, um den Cluster „Psychologie ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit“ weiter zu verankern und Studierende in die laufenden Arbeiten einzubinden. Vermehrt hoffen wir auch, Studierende noch stärker in die laufenden Projekte – z.B. über Bachelor- und Masterarbeiten – einbinden zu können. Für Studienjahr 2024/2025 wurde das Lehrprojekt daher fortgesetzt: Das PS Qualitative Methoden I & II widmet sich im Bachelorprogramm unter der Leitung von Franziska von Zieglauer BSc, MSc dem Thema ‚Subjektives Erleben nachhaltiger Mobilität‘, die UE Qualitative Verfahren I & II im Masterprogramm unter der Leitung von Ass.-Prof. Dr. Katharina Hametner & Emelie Rack, BSc, MSc dem Thema ‚Subjektives Erleben nachhaltiger Stadtentwicklung – Sozialpsychologische Studien zum Grätzl‘. Die studentischen Ergebnisse werden erneut im Rahmen einer Abschlussveranstaltung (Arbeitstitel „Gespräche über Nachhaltigkeit II“) präsentiert.
Mit dem bevorstehenden Abschluss des ersten, im Cluster angesiedelten Projekts „Wiener Mobilitätsklima“ gehen wir nun auch stärker in Richtung Öffentlichkeitsarbeit. Hier denken wir aktuell intensiv darüber nach, wie auch die studentischen Beiträge einem breiteren Publikum – auch jenseits des universitären Kontexts – zugänglich gemacht werden können.
Institutionelle Unterstützung
Die Unterstützung der Universität erfolgt durch die Einrichtung des Clusters zur Nachhaltigkeit, für welchen es eine aktuell laufende Anschubfinanzierung seitens der Fakultät für Psychologie gibt. Die damit finanzierte 50% post-doc-Mitarbeiterin koordiniert den Cluster und arbeitet an der Einreichung weiterer Projekte im Bereich Nachhaltigkeit mit, welche einerseits eine Weiterfinanzierung des Clusters ermöglichen sollen, andererseits zukünftige Projektanbindungen für das Lehrkonzept darstellen können. Des Weiteren stellt die Universität auch die Mittel für Lehre zur Verfügung, welche über die verpflichtenden Lehrveranstaltungen hinausgehen, konkret zu nennen ist hier das zusätzliche Wahlfach zur Psychologie der Nachhaltigkeit.
Das Qualitätsmanagement für das Lehrkonzept erfolgt – neben informellen Gesprächen mit Studierenden – im Rahmen der regelmäßigen Lehrveranstaltungsevaluationen durch die Studierenden am Ende jedes Semesters. Die oben erwähnte Veranstaltung „Gespräche über Nachhaltigkeit“ ermöglicht gegenseitiges (durch die Lv-Leiter*innen und Studierenden) sowie externes (durch andere Fakultätsmitglieder) Feedback, bzw. auch allgemeine Transparenz, was in den Lehrveranstaltungen geschieht und wie sehr die studentischen Präsentationen überzeugen können.