Zuletzt aktualisiert am 15.05.2025
Künstliche Intelligenz in der Psychotherapiewissenschaft
Bei dem Projekt handelt es sich um ein neues Projekt / eine wiederholte Einreichung
Ars Docendi Kategorie
Gesellschafts- und Nachhaltigkeitsorientierte Lehre
Ars Docendi Kriterien
- Digitale Transformation
Gruppengröße
< 20
Anreißer (Teaser)
Einfach zugängliche Anwendungen wie ChatGPT können sowohl für Patient*innen als auch für Psychotherapeut*innen eine wertvolle Unterstützung sein, wenn ihre Möglichkeiten und Stärken, aber auch die Risiken und Schwächen der Software bekannt sind. Die Studierenden erfahren hautnah, durch gemeinsames Ausprobieren, durch individuelles Experimentieren und durch reflexiven Austausch, welche Möglichkeiten KI in der psychotherapeutischen Versorgung bietet, aber auch welche Risiken und Schwächen damit einhergehen.
Kurzzusammenfassung des Projekts
Künstliche Intelligenz (KI) ist auch in der psychotherapeutischen Versorgung angekommen. Einfach zugängliche Anwendungen wie ChatGPT können sowohl für Patient*innen als auch für Psychotherapeut*innen eine wertvolle Unterstützung sein, wenn ihre Möglichkeiten und Stärken, aber auch die Risiken und Schwächen der Software bekannt sind. Deshalb wurde das Thema in das Studium Psychotherapiewissenschaft im Rahmen eines eigenen Seminars zu den Chancen und Risiken der KI in der Psychotherapiewissenschaft inklusive der psychotherapeutischen Versorgung implementiert.
Die Lehrveranstaltung besteht aus einem Theorie-Teil sowie einem Selbsterfahrungs-Teil, die ineinandergreifen und einander fruchtbar ergänzen. Inhaltlich erlernen die Studierenden die Grundlagen der KI inklusive ihrer Anwendungsmöglichkeiten in der psychotherapiewissenschaftlichen Forschung, Lehre und vor allem Praxis. Sie erfahren hautnah, durch gemeinsames Ausprobieren, durch individuelles Experimentieren und durch reflexiven Austausch, welche Möglichkeiten KI in der psychotherapeutischen Versorgung bietet, aber auch welche Risiken und Schwächen damit einhergehen. Gemeinsame ethische und praxisrelevante Überlegungen führen zu Handlungsempfehlungen, wie KI in der Psychotherapie der Zukunft angewendet werden kann.
Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache
Artificial intelligence has made its way into psychotherapeutic care. Applications such as ChatGPT, which are easily accessible, can provide valuable support for both patients and psychotherapists. However, it is important to be aware of the possibilities and strengths, as well as the risks and weaknesses of the software. Therefore, the Psychotherapy Science programme included a seminar on the opportunities and risks of artificial intelligence in psychotherapy science, including psychotherapeutic care.
The seminar comprises a face-to-face component and a self-awareness component, which overlap and complement each other. It covers the fundamentals of artificial intelligence and its potential applications in psychotherapy research, teaching, and practice. Participants will have the opportunity to gain hands-on experience through collaborative testing, individual experimentation, and reflective exchange, exploring the potential benefits and drawbacks of AI in psychotherapeutic care. Ethical and practical considerations will lead to recommendations on how artificial intelligence can be used in futural psychotherapy.
Nähere Beschreibung des Projekts
Im Rahmen eines Seminars wird das Thema KI in der Psychotherapiewissenschaft beleuchtet. Inhaltlich stehen dabei die Grundlagen der KI inklusive ihrer Anwendungsmöglichkeiten in der psychotherapiewissenschaftlichen Forschung, Lehre und insbesondere Praxis inklusive der damit verbundenen Risiken im Zentrum der Aufmerksamkeit. Didaktisch wird das folgende Format gewählt: Zunächst werden die Grundlagen der KI und ihre Anwendungsmöglichkeiten in der Psychotherapiewissenschaft in einem einführenden Vortrag inklusive interaktiver Diskussionen vermittelt. Um einen direkten Praxisbezug herzustellen und zu veranschaulichen, wie KI-Programmen wie ChatGPT in der psychotherapeutischen Versorgung zur Anwendung kommen, werden im Plenum verschiedene Anwendungsmöglichkeiten im Brainstorming erarbeitet, beispielsweise ChatGPT als Therapieersatz, als Therapieergänzung oder als Unterstützungstool für Psychotherapeut*innen.
Auch auf Risiken und inakkurate Ergebnisse von ChatGPT wird im Vortrag eingegangen. Diese werden im nächsten Teil der Lehrveranstaltung praxisnah getestet. Hierzu werden teilweise im Plenum, teilweise in Kleingruppen oder auch individuell Aufgabenstellungen bearbeitet. Beispielsweise könnte es um das Interpretieren von (eigenen oder Patient*innen-) Träumen mithilfe von ChatGPT gehen. Zudem enthalten Aufgabenstellungen das bewusste Suchen von Fehlern, die oft erst bei mehrmaligem fachkundigen Hinsehen erkennbar sind. Ein solches Vorgehen funktioniert am besten im Plenum, weil mehr Augen mehr Fehler erkennen. Gerade in einer Disziplin wie der Psychotherapiewissenschaft, die aus vielen grundverschiedenen Ansätzen und noch mehr Anwendungsfeldern besteht, sind unterschiedliche Sichtweisen und Fachkenntnisse oft hilfreich, um Fehler und Schwachstellen von Programmen wie ChatGPT zu identifizieren. So kann beispielsweise ein*e verhaltenstherapeutisch ausgebildete*r Psychotherapeut*in ohne Logotherapeutischer Kenntnisse nicht erkennen, ob die Antworten hinsichtlich der Anwendbarkeit von Methoden wie der paradoxen Intention auf Sozialphobien korrekt sind. Vom Vortragenden bereits zuvor durchgeführte Versuche werden im Rahmen der Lehrveranstaltung ebenfalls repliziert; stets unter Einbezug der Studierenden, die auch Vorschläge für Nach- oder Rückfragen an ChatGPT einbringen, die live getestet werden.
Ein zentraler Aspekt der Lehrveranstaltung ist die Reflexion. Die methodische Selbstreflexion hilft beim fachlich objektiven Umgang mit herausfordernden und teilweise kontrovers diskutierten Themen wie der Anwendung von KI in der Praxis. Neben dem Ausprobieren und Testen erhält deshalb auch das Reflektieren, Hinterfragen und Diskutieren des Wahrgenommenen eine hohe Bedeutung im Rahmen der LV. Aus den Ergebnissen der Versuchen, den Reflexionen sowie den gemeinsamen Diskussionen werden gemeinsam Handlungsempfehlungen für den Umgang mit KI erarbeitet, die vom Lehrgangsleiter verschriftlicht anderen Studierenden, Lehrenden oder einem größeren Fachpublikum (Psychotherapeut*innen) zugänglich gemacht werden.
Akzeptanz und Resonanz
Das Seminar ist zudem, gemessen an den bisherigen Rückmeldungen der Studierenden des ersten Durchgangs vom Februar 2024, gut angekommen. Das Feedback war, dass die Inhalte einprägsam erarbeitet und die Ergebnisse praxisnah verwertet wurden. Es wurden mehrere „Aha-Momente“ genannt, die auch nachhaltig das Wissen und den Umgang mit KI prägen dürften, wie der Umstand, dass bei (Be-)Handlungsvorschlägen seitens ChatGPT bei verschiedensten Problemstellungen (z.B. „Was kann ich tun, wenn ich mich depressiv fühle?“) fast ausschließlich Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie genannt werden, sehr viele andere psychotherapeutische Ansätze, die gut umsetzbar sind, hingegen überhaupt nicht erwähnt werden.
Die Schlussfolgerung hieraus war, dass bewusst nach einer größeren Methodenvielfalt gefragt werden muss und Patient*innen, die beispielsweise ergänzend zu einer Therapie auf ChatGPT zurückgreifen, über diese einseitigen Antworten aufgeklärt werden sollten.
Nutzen und Mehrwert
Der Nutzen der Lehrveranstaltung ergibt sich primär aus der zukunftszugewandten Themenkombination Psychotherapie und KI. Dass die Studierenden, die zugleich die zukünftige Generation an Psychotherapeut*innen in Österreich repräsentieren, bereits in ihrer Ausbildung mit topaktuellen Themen wie den Fragen nach den Möglichkeiten und Risiken der Implementation von KI in die psychotherapeutische Versorgung konfrontiert werden, trägt dazu bei, dass sie auch später als Psychotherapeut*innen, als Lehrende weiterer Generationen, Interessensvertreter*innen oder in anderen Aufgabenbereichen diese Kenntnisse nutzen, erweitern, vertiefen und vermitteln können. Zugleich erhöht das Einbinden von aktuellen Themen wie KI, die erst seit einem Jahr in der Öffentlichkeit diskutiert werden, in die wissenschaftliche Lehre die Wahrscheinlichkeit, auch zukünftig neuen Entwicklungen offener gegenüberzustehen. Aber nicht nur für Studierende hat dieses Lehrveranstaltungsformat einen Mehrwert.
Durch das ergebnisoffene Design, aus dem bei jedem Seminar und jeder Gruppe andere Ergebnisse und Diskussionen resultieren, werden immer wieder neue Aspekte aufgeworfen, die insgesamt zur Erweiterung des Horizonts des Lehrenden und in weiterer Folge zum Erlangen neuer Erkenntnisse und dem Formulieren adaptierter Handlungsempfehlungen führen. Die Studierenden tragen somit auch einen Teil zum Entwicklungsprozess der Lehrveranstaltung selbst bei.
Übertragbarkeit und Langlebigkeit
Das Projekt läuft seit 2024
Psychotherapie ist eine reflexive Wissenschaft und Psychotherapeut*innen erlernen bereits in der Ausbildung das tiefgehende Reflektieren von Inhalten auf verschiedenen Ebenen. Dass Inhalte in besonderer Weise reflektiert werden, ist dem Fach immanent und ist auch auf andere Lehrveranstaltungen im Bereich Psychotherapiewissenschaft übertragbar, die sich mit modernen Technologien oder anderen Themenstellungen befassen, in denen persönliche Erfahrungen/Interaktionen den Lehrinhalt sinnvoll ergänzen können.
Einzelne Elemente aus der Lehrveranstaltung, konkret das praktische Testen von ChatGPT, werden vom Lehrveranstaltungsleiter auch in anderen Seminaren eingesetzt, beispielsweise in einem Seminar über die wissenschaftlichen Grundbegriffe der Individualpsychologie, in dem diese Grundbegriffe von der KI erfragt und die Antworten insbesondere auf Fehler oder Unstimmigkeiten überprüft werden.
Institutionelle Unterstützung
Die Sigmund-Freud-Privatuniversität Wien hat bereits mehrere Veranstaltungen zum Thema KI und Psychotherapie unterstützt und legt auch hier großen Wert auf die ideelle sowie finanzielle Unterstützung, um den Studierenden diese Inhalte bestmöglich vermitteln zu können.
Das Feedback der Studierenden wird sowohl im Rahmen des Hochschulqualitätsmanagements als auch vom Lehrenden aktiv dazu verwendet, um die Qualität der Lehrveranstaltung zu verbessern. Das schließt sowohl didaktische als auch inhaltliche Änderungen ein.