Zuletzt aktualisiert am 29.09.2025
Interpretation im Dialog von Praxis und Wissenschaft
Bei dem Projekt handelt es sich um ein neues Projekt / eine wiederholte Einreichung
Ars Docendi Kategorie
Forschungsbezogene bzw. kunstgeleitete Lehre
Ars Docendi Kriterien
- Innovative Hochschuldidaktik
- Studierenden- und Kompetenzorientierung
- Perspektivenerweiterung und Internationalisierung
- Partizipation und Mitgestaltung
Gruppengröße
< 20
Anreißer (Teaser)
Mit dem Seminar möchten wir den Studierenden Werkzeuge, Inspirationen und Kompetenzen für einen künstlerisch-forschenden Suchprozess mitgeben als Anregung für eine (lebenslange) Entdeckungsreise in die wunderbare Welt der Musik.
Kurzzusammenfassung des Projekts
Was zeichnet eine gelungene, individuelle musikalische Interpretation aus? Wie können Studierende in ihrer interpretatorischen Arbeit künstlerisch wie wissenschaftlich unterstützt werden? In unserer Interpretationswerkstatt (Leitung: Ramona Hocker, Klaus Kuchling) ist Raum zum Diskutieren, Experimentieren, Scheitern, gegenseitigen Lernen; für Ungewöhnliches, spontane Ideen, tiefgehende Reflexionen, Komisches, unvergessliche Momente, Meinungsvielfalt. Wesentliches Prinzip der Lehrveranstaltung ist der Dialog: zwischen den beiden Lehrenden, den Studierenden sowie methodisch zwischen Praxis und Wissenschaft. Die dabei entstehenden, mitunter kontroversen Reibungsflächen von theoretischen und praktischen Interpretationen sowie die Grenzen sprachlichen Ausdrucks werden explizit thematisiert. In diesem diskursiven, multiperspektivischen Raum arbeiten die Studierenden – inspiriert durch einen fragenbasierten, individuell nutzbaren „Interpretationsbaukasten“ – an eigenständigen Interpretationen und durch wissenschaftliche Methoden gestützten kritischen Reflexionen von selbst gewählten Werken. Dank ihres modularen Grundkonzepts lässt sich die Lehrveranstaltung an die jeweilige Gruppe und ihre Wünsche flexibel anpassen. Praktisch-experimentelle Übungen sowie wissenschaftliche Impulse vermitteln den Studierenden unterschiedliche Zugänge zu den Werken und legen deren Interpretationspotential offen. Die Teilnehmenden sind dadurch motiviert, kritische Fragen zu stellen, einander differenzie
Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache
What characterizes a successful, individual musical interpretation? How can students be encouraged in their interpretative work, in both artistic and scientific ways? In our interpretation workshop (direction: Ramona Hocker, Klaus Kuchling) there is room for discussion, experimentation, failure, mutual learning; for the unconventional, spontaneous ideas, profound reflections, humor, unforgettable moments, diverse opinions. The essential principle of the course is the dialogue: between the two teachers, the students and method-ically between practice and science. The emerging, sometimes controversial areas of friction between theo-retical and practical interpretations as well as the limits of verbal expression are explicitly addressed. In this discursive, multi-perspective space, students work – inspired by a question-based, individually applicable “interpretation toolbox” – on individual interpretations and critical reflections, supported by sci-entific methods, for works of their own choice. Thanks to its modular concept, the course can be flexibly adapted to the particular group and their wishes. Practical-experimental exercises and scientific impulses provide students with different approaches to the works and reveal their potential for interpretation. The participants are thus motivated to ask critical questions, to give each other differentiated feedback and to communicate their interpretative ideas to an audience.
Nähere Beschreibung des Projekts
AUSGANGSLAGE UND MOTIVATION DER LEHRVERANSTALTUNG
Eigenständige, individuelle und für das Publikum überzeugende Werkinterpretationen zu entwickeln ist ein wesentlicher Teil der Ausbildung an einer Musikuniversität. Zudem sollen sich Musiker*innen in Gesprächskonzerten, Programmheften, Interviews oder Workshops schriftlich bzw. mündlich über Kompositionen und ihren eigenen Werkzugang äußern und ihre Gedanken einem allgemeinen Publikum vermitteln. Auch Studierende der Instrumental- und Gesangspädagogik stehen im eigenen Unterricht vor der Herausforderung, interpretatorische Aspekte zu erkennen, zu benennen und zielgruppengerecht zu kommunizieren.Fragen der Interpretation werden in den Curricula jedoch üblicherweise in Praxis und Theorie getrennt voneinander behandelt: In praktischer Anwendung im zentralen künstlerischen Fach so-wie in weiteren künstlerischen Fächern, theoretisch und historisch in einigen wissenschaftlichen Lehrveranstaltungen bzw. in speziellen Seminaren zur Interpretationsforschung, in denen verfüg-bare Aufnahmen mit Hilfe naturwissenschaftlicher und digitaler Methoden anhand messbarer Parameter wie Tempo oder Tonspektrum systematisch analysiert werden. Zwischen auf (prominenten) Aufnahmen beruhenden wissenschaftlichen Erkenntnissen bzw. Theorien einerseits und der eigenen Praxis andererseits bestehen im Universitätsalltag jedoch kaum direkte Bezüge, vor allem was die Erarbeitungsphase an einem Werk betrifft. Unser Seminar ist hingegen weniger auf detaillierte Analysen vorhandener Interpretationen als auf die sich über ein ganzes Semester erstreckende Begleitung der Studierenden an ihrer interpretatorischen Arbeit an einer selbst gewählten Komposition ausgerichtet: Wie können Studierende aktiv unterstützt werden, eigene, wissenschaftlich fundierte interpretatorische Zugänge zu einem Werk zu finden? Die Idee zur Lehrveranstaltung entwickelte sich zum einen aus der (gemeinsamen) Betreuung künstlerisch-wissenschaftlicher Abschlussarbeiten und zum anderen aus dem Editionsprojekt „Fux im Dom“ sowie den sich daraus ergebenden Diskussionen über interpretatorische Fragen bei der (Neu-)Erarbeitung musikalischer Werke, gestützt durch wissenschaftliche Erkenntnisse über Werkkontexte, Quellen und Editionen sowie einer analytischen Auseinandersetzung mit der jeweiligen Komposition.
ZIELE DER LEHRVERANSTALTUNG
Im Dialog von Praxis und Wissenschaft konzipieren wir gemeinsam Methoden für fundierte interpretatorische Zugänge, erproben sie praktisch und präsentieren die Ergebnisse im abschließen-den Werkstattkonzert. Die Studierenden lernen, zu gemeinsam erarbeiteten wie selbst aus dem künstlerischen Unterricht mit eingebrachten Werken eigene Zugangsweisen zu entwickeln, kritisch zu reflektieren und sprachlich zu vermitteln. „Warum spiele ich etwas genau so?“, „Wie könnte die Musik hier klingen, was will der/die Komponist*in hier vermitteln?“ – angeregt durch solche Impulse sollen die Studierenden aus der Praxis heraus weitere Fragen generieren, die sie mit wissenschaftlichen Methoden systematisch vertiefen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse fließen zurück in den eigenen künstlerischen Schaffensprozess, wobei das modulare Konzept und das Dialogformat der Lehrveranstaltung ermöglichen, zwischen theoretisch-reflektierender und praktisch-intuitiver Perspektive zu wechseln.
Mit dem Seminar möchten wir Studierende dazu anregen, sich aktiv mit Musik und ihren praktischen wie theoretischen Interpretationen auseinanderzusetzen. Durch das dialogische Konzept soll ihnen ein spielerischer Wechsel zwischen Musizieren und Reflexion vermittelt werden. Wir möchten Studierende in ihrer Entwicklung ein Stück weit begleiten und sie anregen, das interpretatorische Potential ihrer Stücke auszuschöpfen – und ihnen auch aufzeigen, dass interpretatorische wie wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit Musik hermeneutische Prozesse sind, die nie zu einem endgültigen Ergebnis gelangen: Wenn unsere Studierenden mit mehr Fragen als vermeintlich eindeutigen Lösungen aus dem Seminar herausgehen, haben wir ein wichtiges Ziel der Lehrveranstaltung erreicht – sie dabei zu unterstützen, zu kreativen, neugierigen, offenen, kritischen und auf der Suche befindlichen Persönlichkeiten zu werden, die uns auch künftig mit ihrem Musizieren bewegen, überraschen, irritieren, verwundern, aber keinesfalls langweilen.
KONZEPT UND DURCHFÜHRUNG DER LEHRVERANSTALTUNG
Konzept und Didaktik der Lehrveranstaltung
- Format: Seminar mit Übung; 1 Semester, wöchentlich 2 SWS, 3 ECTS, max. 8 Studierende im Bereich Klassik (offen für alle: BA, MA, IGP, Konzertfach/MAK) - Beurteilung: Leistungen des ganzen Semesters (Aufnahmen, Präsentationen im Seminar, Hausübungen, Mitarbeit, Werkstattkonzert).
- Präsentationen der Studierenden: die Studierenden präsentieren im Laufe des Semesters mehrere Aufnahmen des eigenen Stücks, die sie (ggf. incl. Live-Vorführungen) vorstellen und mit weiteren Aspekten (z. B. Edition, Analyse) verbinden.
- Gemeinsame Arbeit im Seminar (tw. in Kleingruppen) an ausgewählten Werken zu bestimmten Themenbereichen bzw. Fragen.
- Praktische Demonstrationen und Experimente am Instrument.
- Kurze wissenschaftliche Impulse.
- Dialogkonzept zwischen zwei Lehrenden als wesentliches Prinzip: je eine Lehrperson aus der Musikpraxis und aus der (Musik-)Wissenschaft. Das Gesamtkonzept wurde vor Semesterbeginn gemeinsam entwickelt. Ablauf, mögliche Beispiele und inhaltliche Schwerpunkte der einzelnen Sitzungen werden jeweils vorab abgesprochen, Details werden jedoch nicht im Voraus diskutiert, sodass in den Stunden selbst ein offener und durchaus auch kontroverser Dialog entsteht, in den die Studierenden mit einbezogen werden.
Arbeit am eigenen Werk und „Interpretationsbaukasten“
Methodisch basiert die Lehrveranstaltung auf einem modularen „Interpretationsbaukasten“ mit „Bausteinen“ zu verschiedenen möglichen Werkzugängen. Im Unterschied zu diversen online sowie in der Literatur angebotenen Konzepten zur interpretatorischen Erarbeitung eines Werks wird hier kein linearer Weg von der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Komposition und ihren Kontext über eine Analyse des Notentextes bis zum Üben und Spielen vorgegeben, sondern die einzelnen „Bausteine“ erlauben eine individuell gestaltbare Annäherung über unterschiedliche Zugangsweisen. Sie sollen die Studierenden ermutigen, verschiedene Methoden auszuprobieren und (mehrfach) zwischen ihnen zu wechseln, um zu einem vertieften Werkverständnis zu kommen. Zu Semesterbeginn erhalten die Studierenden eine Übersicht über den „Baukasten“ mit grund-legenden Fragen zum Werk (z. B. zu dessen Charakter oder kompositorischer Idee) sowie zum eigenen Werkverhältnis (Wie gestaltete sich die erste Begegnung mit dieser Komposition? Was / Wer hat das eigene Werkverständnis geprägt? Was weiß ich über das Werk?). Die einzelnen „Bausteine“ betreffen die Bereiche LESEN, HÖREN, WERKGESCHICHTE, TEXTE, ANALYSE, SPIELEN. Sie enthalten unterschiedliche methodische Impulse zur Auseinandersetzung mit dem Werk und eine Reihe an Fragen, die in der 1. Person formuliert sind und dazu einladen, aktiv mit der Komposition in den Dialog zu treten, eigene Gedanken bewusst als solche zu formulieren und zu begründen. In jedem „Baustein“ wiederkehrende Fragen betreffen eine Reflexion der Veränderung des eigenen Werkverständnisses durch die im Fragespiel gewonnenen Erkenntnisse, die spieltechnische Umsetzung der gewünschten Wirkungen bzw. den konkreten Einsatz und die Nuancierung der musikalischen Parameter (z. B. Dynamik, Tempo), um einen bestimmten Charakter zu erreichen oder eine interpretatorische Idee zu vermitteln. Sowohl die Methoden als auch die Fragen sind offen formuliert, sodass sie auf verschiedene Werke und Stile anwendbar sind. Auch bei den Methoden werden bewusst vielfältige Zugänge angeboten. Mit Ausnahme von ANALYSE umfassen alle „Bausteine“ eine Seite, um eine Überforderung durch zu viele Informationen zu vermeiden. Jede Seite enthält auch einen Leer-Raum für eigene Fragen. Sämtliche „Bausteine“ stehen zudem als Textdatei in der Lernplattform Moodle zur Verfügung. Eine kurze „Gebrauchsanweisung“ lädt die Studierenden ein, die „Bausteine“ an ihre aktuellen Bedürfnisse anzupassen, Fragen zu löschen, zu modifizieren, zu erweitern und eigene Gedanken hinzuzufügen – und diese gerne im Seminar zu teilen.
Planung und Ablauf der Lehrveranstaltung
Nur wenige Einheiten am Semesterbeginn und das abschließende Werkstattkonzert sind fest geplant. Die weitere Gestaltung ergibt sich aus den Diskussionen der eigenen Werke bzw. Aufnahmen, ergänzt durch (spontane) Beispiele zu bestimmten Themenstellungen bzw. Parametern. Zu Semesterbeginn sollen die Diskussionen, die gemeinsame Arbeit an ausgewählten Werken sowie spielerische Experimente ein Vertrauen in der Gruppe aufbauen, um für die Präsentationen der eigenen Werke einen Spielraum zum Vorführen und Ausprobieren zu eröffnen. Ab der zweiten Sitzung werden die Studierenden ermutigt und eingeladen, interpretatorische Ideen am eigenen Instrument vorzuführen und auszuprobieren, ohne jedoch dazu verpflichtet zu werden.
Semesterbeginn:
- Vorstellungsrunde: Erwartungen, Wünsche, Fragen; eigenes Werk (Auswahl und mögliche Gründe, aktueller Stand im Arbeitsprozess).
- Vergleich zweier Interpretationen einer Textrezitation (und ggf. einer KI-generierten Stimme): Annotationsmöglichkeiten für Interpretation finden, Parameter benennen, Übertagung auf Musik.
- Ein Werk – viele Interpretationen am Beispiel des Beginns von Beethovens 5. Symphonie: Warum klingt jede Aufnahme anders?
- Diskussion der eigenen Zugänge zu einem neuen Werk, von Erarbeitungsschritten und Methoden.
- „Interpretationsbaukasten“: Vorstellung und Diskussion der Übersicht.
- Was bedeutet eigentlich „Interpretation“? Terminologie und Begriffe im historischen Wandel, Rolle der Interpretierenden.
Weiterer Verlauf des Semesters:
- Mitschnitt von 2–3 Einspielungen des eigenen Werks bzw. von Teilen daraus und Kurzpräsentation, Diskussion, Feedback, Live-Demonstrationen im Semi-nar, Vorstellen einer besonderen Stelle im Stück und analytische Einordnung.
- Vorstellen von 1–2 ausgewählten Aufnahmen des eigenen Werks, Reflexion über deren Einfluss auf den eigenen Werkzugang.
- Einschätzung des Notentextes und der verwendeten Editionen: Wie viel interpretatorischen Freiraum enthält ein Notat? Wie beeinflusst die Edition den Werk-zugang? Welche Informationen bieten Originalquellen?
- Sukzessive, an den jeweiligen Diskussionsschwerpunkten orientierte Verteilung der einzelnen „Bausteine“, weitere Verdeutlichung an (gemeinsamen) Beispielen.
- Hören und Diskussion unterschiedlicher – auch unkonventioneller, extremer und parodistischer – Aufnahmen eines Werks, Erarbeiten von Beurteilungskriterien, Diskussion der Rolle von Nuancen.
- Diskussion von Einzelaspekten, die sich aus den Referaten / Aufnahmen ergeben, anhand kurzer wissenschaftlicher Impulse, unter anderem zu folgenden Be-reichen: Terminologie, Interpretationstraditionen und -schulen, Methoden der Interpretations-/Höranalyse, Interpretations-/Musikkritik und ihr Vokabular, Verhältnis von Schrift und Erklingendem, Formgestaltung, Phrasierung, Agogik, Rubato, Umgang mit Wiederholungen und wiederkehrenden Formteilen, Kontrasten, Begleitstimmen etc. – Ausgehend von analytischen Beobachtungen und den zeitgenössischen Kontexten wird auch die Historizität des Hörens thematisiert und mit der Frage verbunden, wie damals Überraschendes einem Publikum mit den heutigen Hörgewohnheiten (wieder) vermittelt werden kann.
- Praktische Übungen und Experimente in der Gruppe (s. u.).
Semesterende: Werkstattkonzert. Durch den Raum, das Gesamtsetting mit Publikum, die Ankündigung (Plakat bzw. online im Veranstaltungskalender der Universität) und eine Video-/Audioaufnahme entsteht Konzertatmosphäre, gleichzeitig wird aber der Werkstattcharakter gewahrt, indem die Darbietungen durch Moderationen und Einblicke in die interpretatorische Arbeit, Demonstrationen einzelner Stellen etc. aufgelockert werden.
Akzeptanz und Resonanz
Die Lehrveranstaltung wird seit dem Wintersemester 2023/24 über drei Semester in Folge angeboten und mit jeweils 5–8 Studierenden erfolgreich durchgeführt. Das ungebrochene Interesse an dieser als freies Wahlfach belegbaren Lehrveranstaltung sowie das positive Feedback motivieren uns, das Seminarkonzept weiter zu entwickeln und das Fach auch in Zukunft anzubieten. Von den Hauptfachlehrenden, die teilweise bei den Werkstattkonzerten zuhörten, kamen ebenfalls sehr positive Rückmeldungen und sie empfehlen das Seminar bei ihren Studierenden weiter. Das Institut unterstützt das dialogische Lehrformat durch eine entsprechende Stundenplanung. Universitätsintern trägt die Lehrveranstaltung zu einem erhöhten Bewusstsein für die Thematik bei und regt dazu an, Interpretationsthemen stärker in Lehre und Curricula zu integrieren.
Eine aktuelle Evaluierung aus dem Wintersemester 2024/2025 kann bei Bedarf gerne nachgereicht werden. Die Ergebnisse aus dieser Evaluierung sind durchwegs positiv und ein Kommentar dazu von einem/einer Teilnehmer*in lautet: "Das aktive Einbinden aller Teilnehmenden sowie der gemeinsame Austausch und die vielen verschiedenen Ansichten zu einem Thema, bei dem es nicht um nur Schwarz oder Weiß geht, sind bei dieser Lehrveranstaltung wirklich besonders hervorzuheben."
Nutzen und Mehrwert
Durch die dialogische, auf die eigene interpretatorische Arbeit fokussierte Konzeption mit einer „Doppelleitung“ aus Praxis und Wissenschaft hebt sich die Lehrveranstaltung vom üblichen Angebot deutlich ab. Für Studierende wie Lehrende ergeben sich dadurch eine Reihe an Mehrwerten:
- Ausschöpfen des Potentials einer Musikuniversität durch eine enge Interaktion und Konfrontation von Praxis und Wissenschaft: Vorleben eines lebendigen Dialogs und Überwinden der durch die Curricula suggerierten Kluft zwischen beiden Bereichen im Sinne einer universitären, ganzheitlichen Ausbildung;
- Nutzung der Erfahrungen für Projekte, wie das derzeit laufende Barockopernprojekt PENELOPE 2025, das eine Erarbeitung einer unbekannten Oper ohne die Hilfestellung von Aufnahmen sowie die interpretatorische Gestaltung der einzelnen Rollen und die Auseinandersetzung mit einem für die meisten Beteiligten unbekannten Stil beinhaltet;
- Studierende, die eine künstlerisch-wissenschaftliche Abschlussarbeit schreiben möchten, erhalten Anregungen für die schriftliche Ausarbeitung sowie durch den „Baukasten“ systematische Hilfestellungen beim Einstudieren und Erforschen des Werks;
- das Werkstattkonzert am Semesterende wirkt motivationsfördernd und bildet einen gemeinsamen Abschluss mit der Möglichkeit, die erarbeiteten Werke am Stück in einer lockeren Konzertatmosphäre einem kleinen Publikum zu präsentieren;
- gemeinsames, auch spontanes Musizieren im Seminar, für die Aufnahmen und das Konzert bringt Studierende zusammen, die bislang noch nicht miteinander musiziert haben; daraus entstehen Impulse zum Ensemblespiel auch über das Seminar hinaus;
- die Studierenden trainieren ihre sprachlichen Fähigkeiten und bauen ggf. vorhandene Hemmungen ab, vor Publikum zu sprechen, bewältigen den Wechsel zwischen Sprechen und Spielen leichter und nehmen die Moderation als einen Teil ihrer Vermittlungsposition als Interpret*in bzw. als Teil des künstlerischen Gesamtkonzepts wahr;
- durch die Dialogform und die Zusammenarbeit mit zwei Lehrenden lernen die Studieren-den verschiedene Zugänge zu einem Werk und unterschiedliche Meinungen kennen;
- Anregung der Lehrenden, in ihren anderen Lehrveranstaltungen verstärkt interpretatorische bzw. wissenschaftliche Aspekte und Denkweisen zu berücksichtigen, detailliertes Feedback zu geben
Übertragbarkeit und Langlebigkeit
Das Projekt läuft seit 2023
Die Lehrveranstaltung ist an kein bestimmtes Projekt gebunden; sie kann mit überschaubarem Aufwand jederzeit und wiederholt angeboten werden, sodass möglichst viele interessierte Studierende die Möglichkeit zur Teilnahme erhalten. Auf Basis der jeweiligen Erfahrungen aus den einzelnen Sitzungen sowie eines ganzen Semesters werden Konzept und Materialien der Lehrveranstaltung beständig unter den Lehrenden diskutiert und weiterentwickelt - z.B. Experimente am Klavier, Präsentation eigener Werke. Mögliche Weiterentwicklungen und Anpassungen an künftige Anforderungen im Sinne einer forschungsgeleiteten, praxisbezogenen Lehre für die Entwicklung und Erschließung der Künste:
- Modifikation, Präzisierung und Erweiterung der „Bausteine“; mittelfristig besteht die Idee, die Bausteine auch haptisch umzusetzen oder in Kooperation z. B. mit der FH Kärnten als digitales Format weiterzuentwickeln, um einen noch spielerischeren und freieren Umgang zu ermöglichen;
- Analyse-Dialog/-Duell/-Duett der Lehrenden über ein gemeinsam festgelegtes Stück ohne weitere Absprache, bei dem die Studierenden als Beobachter (Methodik, Herangehensweise, Vokabular, Diskrepanzen, Analysefokus etc.) und kritische Fragesteller fungieren – dieses Format war 2024 geplant, wurde aber aus Zeitgründen zugunsten der Diskussion der von den Studierenden mitgebrachten Werke (noch) nicht realisiert;
- Chancen und Grenzen von KI: Erstellen und kritische Bewertung von KI-generierten Moderationen, Diskussion von Antworten der KI auf interpretationsbezogene Fragen.
- Weiterentwicklungen des Seminarkonzepts über den Bereich Klassik hinaus in Zusammenarbeit mit Kolleg*innen aus den Bereichen Jazz und Volksmusik.
- Einladung von Künstler*innen zu interpretatorischen Diskussionsrunden
Institutionelle Unterstützung
Das gesamte Projekt stieß erfreulicherweise von Anfang an sowohl bei den Studierenden als auch im Kollegium auf eine sehr hohe Akzeptanz und ein großes Interesse. Bereits zum Editionspraktikum haben sich mehr Studierende angemeldet als kalkuliert, sodass zwei Teilgruppen gebildet wurden. Mehrere Studierende aus dem Editionskurs haben ihre freiwillige Hilfe bei der Finalisierung der Materialien sogar über das Semesterende hinaus angeboten. Die nach dem Projekt unter den Beteiligten durchgeführte Evaluierung ergab sehr positive und konstruktive Rückmeldungen: Hier sowie in direkten Gesprächen wurde der Wunsch geäußert, in Zukunft ähnliche Projekte zu realisieren. Zudem waren die Musiker*innen aufgerufen, Feedback zur Edition zu geben. Die Evaluierungsergebnisse wurden im Kollegium im Hinblick auf künftige Projekte und weitere Verbesserungs- sowie Entwicklungsmöglichkeiten ausführlich reflektiert und diskutiert, einige Ideen werden versuchsweise bereits für die Wiederaufführung umgesetzt.
Das Lehrprojekt wurde durch das hochschulinterne Qualitätsmanagement evaluiert. Das Feedback dient dem Lehrenden als Reflexionsgrundlage für die Planung und Durchführung zukünftiger Lehrveranstaltungen. Das Lehrprojekt ist darauf ausgelegt (je nach Interesse der Studierenden), noch einmal in der gleichen Form durchgeführt zu werden, die Rückmeldungen geben wichtige Informationen über andere projektorientierte Lehrveranstaltungen in der Zukunft und die Potentiale und möglichen Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit mit externen Partnern.