Zuletzt aktualisiert am 15.05.2025
Wie man Studierende ohne Feuerwerk oder Zaubertricks in der Lehre begeistern kann: Die Verbindung innovativer Lehrmethoden, Prüfungsleistungen und Feedbackinstrumente
Bei dem Projekt handelt es sich um ein neues Projekt / eine wiederholte Einreichung
Ars Docendi Kategorie
Kooperative Lehr- und Arbeitsformen
Ars Docendi Kriterien
- Digitale Transformation
- Innovative Hochschuldidaktik
- Studierenden- und Kompetenzorientierung
Gruppengröße
20-49
Anreißer (Teaser)
Wie motiviert man eine heterogene Seminargruppe sich mit einem neuen Thema zu befassen und aktiv mitzuarbeiten – und das bereits um 8 Uhr morgens?
Wie kann man semesterbegleitende Abgaben implementieren, um den Leistungs- und Bewertungsdruck auf allen Seiten zu mildern – und das ohne großes Murren?
Kurzzusammenfassung des Projekts
Lehrveranstaltungen in Wahlmodulen sind vielfach mit der Herausforderung konfrontiert, dass sie eine heterogene Studierendenschaft adressieren. Während Erstsemestrige sich noch in dem Hochschulsystem zurechtfinden und das wissenschaftliche Arbeiten erlernen müssen, können Fortgeschrittene bereits auf Erfahrungen und fachliches Wissen aufbauen. Lehrformate wie die „Vorlesung mit Übung“ (VU) sollen zudem vertiefende Kenntnisse durch die Verbindung unterschiedlicher didaktischer Methoden vermitteln. Dies geht mit spezifischen Herausforderungen einher, die in dem Lehrkonzept berücksichtigt werden müssen: Was die einen herausfordert, langweilt die anderen.
In dem Lehrprojekt wurde ein Lehrkonzept erprobt, welches durch den gezielten Einsatz innovativer Lehrmethoden, Feedbackinstrumente und eLearning nicht nur diese Herausforderungen adressierte, sondern auch zum Ziel hatte die Studierenden zu motivieren und für ihr Fach zu begeistern. Als zentrale Erfolgsfaktoren haben sich hierbei die gezielte Steuerung und Anleitung, die Verbindung aus interaktiven Tools, aber auch Gestaltungsfreiräume erwiesen, die es den Studierenden erlaubten, auch voneinander zu lernen und zu dem Veranstaltungserfolg beizutragen.
Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache
Courses in optional modules are often confronted with the challenge of addressing a heterogeneous student group. While first-semester students have to find their way within the higher education system and learn how to work academically, advanced students can already build upon their experience and specialised knowledge. Teaching formats such as the "lecture with tutorial" (VU) are also intended to provide in-depth knowledge by combining different didactic methods. This is accompanied by specific challenges that must be taken into account in the teaching concept: What challenges some, bores others.
In the teaching project, a teaching concept was piloted that not only addressed these challenges through the purposeful use of innovative teaching methods, feedback tools and eLearning, but also aimed to motivate students and get them excited about their subject. The key success factors proved to be targeted guidance and instruction, the combination of interactive tools, but also creative freedom that allowed students to learn from each other and contribute to the success of the course.
Nähere Beschreibung des Projekts
Ausgangslage
In dem Curriculum des BA-Studiengangs Soziologie ist das Veranstaltungsformat „Vorlesung mit Übung“ (VU), eine integrierte Lehrveranstaltung, in der Vorlesungsteile mit Übungsteilen vernetzt sind, fester Bestandteil. Um das Modul „Ausgewählte Themen der Soziologie“ abzuschließen, müssen Studierende der Soziologie insgesamt drei frei wählbare VU belegen. Das übergeordnete Lernziel des Moduls ist die Vertiefung ausgewählter Themenbereiche der Soziologie: Studierende sollen sich in einem oder mehreren Fachgebiet(en) spezialisieren und darin vertiefende Kenntnisse erlangen. Da das Lehrformat sowohl von Erstsemestrigen als auch von fortgeschrittenen Studierenden besucht werden kann, handelt es sich um eine hinsichtlich ihres Kenntnisstandes und auch ihrer akademischen Sozialisation äußerst heterogene Zielgruppe. Zielsetzung des Lehrprojektes war die Erprobung verschiedener didaktischer Methoden im Rahmen dieses Formats, welche
- den unterschiedlichen Kenntnisstand der Teilnehmenden berücksichtigen,
- zentrale Kenntnisse des wissenschaftlichen Arbeitens vermitteln,
- die Vorlesungsinhalte durch studentische Partizipation und Ideen in Übungseinheiten transferieren.
Im Rahmen des Lehrprojekts sollten daher folgende Herausforderungen adressiert werden: Wie können Studierende unterschiedlicher Semester zielführend didaktisch begleitet werden, um zu vertiefenden Kenntnissen der (Arbeits-)Soziologie zu gelangen? Wie lassen sich Vorlesungs- und Übungsteile sinnvoll miteinander verbinden? Im Umgang mit diesen Herausforderungen wurden im Lehrkonzept unterschiedliche Methoden implementiert. Diese sollen im Weiteren aufgeführt und die konzeptionellen Grundannahmen sowie jeweiligen Zielsetzungen vorgestellt werden. Dabei liegt der Fokus der Ausführungen auf einer generalisierten Beschreibung des Vorgehens, um die Potentiale des Lehrkonzepts und dessen Anwendungsmöglichkeiten für das Lehrformat der VU und dem innovativen Umgang mit heterogenen Teilnehmenden aufzuzeigen.
Aufbau der Veranstaltung: Veranstaltungskontext und Einzelsitzungen
Bereits im strukturellen Aufbau der Veranstaltung wurde die Heterogenität der Studierenden sowie die Verbindung aus Vorlesungs- und Übungseinheiten konzeptionell berücksichtigt. Die Einführungsveranstaltung, in der das Veranstaltungskonzept und die zu erbringenden Leistungen vorgestellt werden, wurde im Vorfeld als eLecture aufgezeichnet. Gerade bei der Einführungsveranstaltung und bei einem innovativen Lehrformat hat sich dieses Vorgehen als besonders sinnvoll erwiesen, da es sowohl „Nachzügler*innen“ bei der Einbindung hilft, als auch Planungssicherheit für die Teilnehmenden bietet, indem die zentralen Ankerpunkte der Veranstaltung jederzeit verfügbar sind..Im Rahmen dieser einführenden eLecture wurden die Studierenden gebeten an einer anonymen Einstiegsumfrage teilzunehmen, in der ihr Kenntnisstand, ihre Erwartungen und auch ihre Wünsche für die Lehrveranstaltung abgefragt wurden. Die Ergebnisse der Umfrage wurden mit den Studierenden in der ersten inhaltlichen Sitzung besprochen und offene Fragen adressiert. Zielsetzung war einerseits ein Gespür der Lehrperson für die Teilnehmendengruppe zu erhalten, aber andererseits auch die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Gruppe für alle Teilnehmenden offen zu legen.
Die insgesamt 13 Sitzungen wurden in vier thematische Blöcke eingeteilt, wobei der erste Block „Grundbegriffe der Arbeitssoziologie“, der aus drei Sitzungen bestand, gänzlich von der Lehrperson gestaltet wurde. Neben einem Vorlesungsteil wurden die Übungseinheiten auf unterschiedliche Weise didaktisch umgesetzt: durch begleitende Videoimpulse und Diskussionen; durch Gruppenarbeiten zu spezifischen Fragestellungen oder Rechercheaufgaben innerhalb der Veranstaltung. Diese Übungseinheiten wurden durch den Einsatz von interaktiven Elementen mittels Menti begleitet. Zielsetzung dieses Vorgehens war es die Teilnehmenden nicht nur zu aktivieren, sondern auch Möglichkeiten bei der innovativen Gestaltung des Übungsteils aufzuzeigen. Ab dem Teil II der Veranstaltung waren die einzelnen VU-Sitzungen in ihrem Ablauf zweigeteilt. So gab es einen Vorlesungsimpuls der Lehrperson, in der zentrale arbeitssoziologische Perspektiven auf den jeweiligen Gegenstand bzw. thematischen Zuschnitt vorgestellt wurden. Anschließend wurden einzelne thematisch passende Studien von den Studierenden vorgestellt. Da es sich hierbei auch um eine (von mehreren begleitenden) Prüfungsleistung der Studierenden handelt, sollen im Folgenden die Anforderungen an die Studierenden und die damit verbundenen Seminarelemente vorstellt werden.
Anforderungen und begleitende Seminarelemente
Die Veranstaltung wurde umfangreich über OLAT begleitet. Zu jeder Sitzung gab es einen Basistext, sowie verschiedene Leitfragen, die bei der Lektüre berücksichtigt werden sollten. Dies sollte den Studierenden helfen, die relevanten Aspekte des Beitrages zu erkennen – was gerade für Erstsemestrige eine Herausforderung darstellen kann. Darüber hinaus mussten die Studierenden sich einer Leitfrage zu einem Basistext über OLAT zuordnen und hierzu ein Handout erstellen, in der die zentralen Aspekte aus dem Text zusammengetragen werden. Alle Studierenden haben von der Lehrperson ein Feedback zu den Handouts sowie bei Bedarf Verbesserungsvorschläge erhalten. Die Handouts wurden anschließend für alle Teilnehmenden bei OLAT zur Verfügung gestellt mit dem Ziel eine gemeinsame Wissensdatenbank der VU-Inhalte aufzubauen.
Darüber hinaus haben die Studierenden eine Rückmeldung zum wissenschaftlichen Arbeiten (z.B. zur Zitation erhalten). Zu den Basistexten mussten die Studierenden darüber hinaus Diskussionsfragen über OLAT einreichen. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass die Studierenden die Basistexte in Vorbereitung der Veranstaltung lesen. Neben der Einreichung bei OLAT, durch die eine Zuordnung der Fragen an die Einreichenden möglich war, haben die Studierenden ihre Diskussionsfragen bei einem dauerhaft hinterlegten Link bei Menti hochgeladen. Im Rahmen der Veranstaltung haben die Studierenden per Smartphone abgestimmt, welche Fragen im Plenum diskutiert wurden. Die Auswahl der Fragen durch ein Punktesystem und die anschließende Diskussion war nicht nur eine interaktive Einbettung, sondern wirkte auch motivierend „gute“ Fragen einzureichen.
Eine weitere Prüfungsleistung war die Erstellung einer Präsentation in Kleingruppen, sowie Formulierung einer Transferaufgabe. Als Vorgabe sollten die Kleingruppen eine thematisch passende Studie aus dem deutschsprachigen Journal „Arbeit“ auswählen und sie in einem mündlichen Input (circa 15 Minuten) vorstellen. Anschließend sollten sie einen Arbeitsauftrag für Ihre Kommiliton:innen formulieren, in dem die Inhalte der Präsentation mit dem Sitzungsthema in Verbindung gebracht werden (circa 25 Minuten).
Diesem Vorgehen lagen unterschiedliche Zielsetzungen zugrunde:
- eigenständige Recherche in einer Fachzeitschrift und Auseinandersetzung mit Theorien/Methoden der Arbeitssoziologie an konkreten Beispielen;
- Förderung der Transferorientierung und der Interaktion;
- Schärfung der Kenntnisse in wissenschaftlichem Arbeiten.
Alle Präsentierenden haben im Nachgang an ihre jeweilige Präsentationssitzung ein ausführliches Feedback erhalten. Als abschließende Prüfungsleistung haben die Studierenden eine schriftliche Synopse erstellt, in der sie drei der Seminarthemen miteinander in Verbindung setzen und in Hinblick auf die folgenden Leitfragen diskutieren:
- Was sind die zentralen Erkenntnisse, die Sie aus dem Seminar zu diesen Themen mitgenommen haben (mit Quellenangabe)?
- In welchem Verhältnis stehen die Erkenntnisse zueinander?
- Welche Forschungsfragen ergeben sich hieraus?
Zu der schriftlichen Synopse konnten die Studierenden auch eine Handreichung bei OLAT einsehen, die die Zielsetzung und die formalen Anforderungen der schriftlichen Leistung konkretisiert. Im Nachgang an die Veranstaltung konnten die Studierenden sich niedrigschwellig über die Terminbuchungsfunktion bei OLAT zu Feedbackgesprächen zu ihrer schriftlichen Synopse anmelden.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Studierenden semesterbegleitende Prüfungsleistungen ablegen mussten, die gewichtet in die Endnote eingeflossen sind: die Einreichung von Diskussionsfragen (12,5%), die Erstellung eines Handouts (12,5%), die Präsentation in einer Kleingruppe mit interaktivem Teil (25%) und die schriftliche Synopse (50%). Die semesterbegleitende Erbringung der einzelnen Leistungen sollte die Studierenden zur kontinuierlichen Mitarbeit animieren, sowie den Druck aus einer finalen Prüfung herausnehmen.
Akzeptanz und Resonanz
Die Lehrveranstaltung wurde von den Studierenden äußert positiv angenommen. Neben den bereits geschilderten (generalisierbaren) Herausforderungen kam hier noch eine Besonderheit hinzu: die Veranstaltung fand morgens um 08:15 Uhr statt, wo die studentische Motivation nicht unbedingt ihren Höhepunkt erreicht. Dennoch war die Veranstaltung geprägt von lebhaften Diskussionen und einem angeregten Austausch. Trotz des hohen und kontinuierlichen Arbeitsaufwandes waren die Studierenden stets motiviert die jeweiligen Leistungen zu erbringen, weil ihnen auch die jeweilige Zielsetzung und ihr persönlicher Mehrwert stets kommuniziert wurde.
Die Evaluation der Veranstaltung war überdurchschnittlich und lag über der Profillinie der Universität. Dabei wurde v.a. die spannenden Diskussionen hervorgehoben, die Möglichkeit sich einzubringen, ohne Zwang zur Wortmeldung; die vielfältigen Feedbackinstrumente. Darüber hinaus wird auch der hohe Lehrnzuwachs der Studierenden besonders hervorgehoben.
Ein weiterer Indikator für die Akzeptanz des Lehrkonzepts ist auch, dass viele Studierende aus der Veranstaltung im Nachgang auch meine weiteren Veranstaltungen besucht haben (bei denen sie auch zwischen unterschiedlichen Seminaren wählen konnten).
Nutzen und Mehrwert
Der Mehrwert des Projekts liegt vor allem in dem flexiblen Einsatz innovativer Lehrmethoden, die sowohl punktuell in einzelnen Veranstaltungssitzungen eingesetzt, aber auch in dem Gesamtkonzept berücksichtigt werden können. Das Lehrprojekt veranschaulicht, wie Studierende niederschwellig an Fachdiskurse und die wissenschaftliche Publikationskultur herangeführt werden können, in dem sie sich eigenständig mit Fachartikeln auseinandersetzen, die sie recherchieren und kritisch reflektieren müssen.
Die Einbindung von Diskussionsfragen auf Grundlage von Basistexten schärft zudem das Gespür für wissenschaftliche Debatten: was macht eine „gute“ Diskussionsfrage aus? Wie muss sie formuliert werden? Wann wird sie auch von dem Plenum ausgewählt?
In dem Lehrprojekt wurden Elemente und Aspekte der Gamification genutzt, um Studierende an diese Diskurse heranzuführen und sie für die Fachdisziplin zu begeistern.
Übertragbarkeit und Langlebigkeit
Das Projekt läuft seit 2022
Das Projekt wurde im WiSe 2022/2023 umgesetzt. Das Lehrkonzept wurde jedoch in weiteren Veranstaltungen der Lehrperson adaptiert. Besonders hervorzuheben ist hierbei die Implementierung der einführenden eLecture, der Einsatz von Diskussionsfragen und die semesterbegleitende Prüfungsgestaltung.
Institutionelle Unterstützung
Das Projekt wurde im Rahmen des Lehrdeputats der Lehrperson ohne weitere Mittel umgesetzt.