Zuletzt aktualisiert am 30.05.2025
Professionalisierung für den Unterricht in der Primarstufe
Bei dem Projekt handelt es sich um ein neues Projekt / eine wiederholte Einreichung
Moser Claudia

Lernaufgabe für alle: Modell einer Blütenaufgabe, Planungsmodell selbstdifferenzierende "Lernaufgabe für alle", ausgewähltes Beispiel für den ersten Teil einer möglichen Problemstellung
Ars Docendi Kategorie
Lernergebnisorientierte Prüfungs und Lehrkultur
Ars Docendi Kriterien
- Innovative Hochschuldidaktik
- Studierenden- und Kompetenzorientierung
- Partizipation und Mitgestaltung
Gruppengröße
< 20
Anreißer (Teaser)
Unterrichtskonzept für einen gewinnbringenden Umgang mit Diversität
Kurzzusammenfassung des Projekts
Auf Basis curricularer Grundlagen (Curriculum Primarstufe, 2022) der Pädagogischen Hochschule OÖ und unter Einbezug des Entwicklungsplans für Pädagogische Hochschulen (PH EP 2021-2026) des BMBWF soll mit Fokus auf die Umsetzung des Lehrplans in der Primarstufe (Lehrplan der Volksschule, 2023) eine Möglichkeit aufgezeigt werden, wie die Professionalisierung von Lehrkräften für die Primarstufe im Rahmen eines Praxisseminars vorangetrieben werden kann, in welcher Komplexität sich diese darstellen kann und wie es gelingen könnte, den Kompetenzaufbau von Schülerinnen und Schülern gewinnbringend mit einer selbstdifferenzierenden „Lernaufgabe für alle“ zu unterstützen.
Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache
On the basis of curricular principles (Curriculum Primarstufe, 2022) of the Upper Austrian University of Teacher Education and taking into account the development plan for university colleges of teacher education (PH EP 2021-2026) of the BMBWF, a possibility is to be shown with a focus on the implementation of the curriculum at primary level (Curriculum of the Primary School, 2023), how the professionalization of teachers for the primary level can be advanced within the framework of a practical seminar, the complexity of this and how it can ideally succeed in profitably supporting the development of pupils' skills with a self-differentiating “learning task for all”.
Nähere Beschreibung des Projekts
Ausgehend vom Curriculum der Primarstufe (2022) der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich, dem Lehrplan der Volksschule (2023), unter Einbeziehung des Entwicklungsplans des BMBWF für Pädagogische Hochschulen (PH EP 2021-2026) sowie aktueller Erkenntnisse und Entwicklungen wurde ein Lehrkonzept entwickelt, das in einem Unterrichtskonzept für Schüler/innen mündet und deren Kompetenzaufbau gewinnbringend unterstützt.
Gemäß Curriculum der Primarstufe (2022) der PH OÖ haben Pädagogische Hochschulen die Aufgabe, Lernprozesse für Studierende zu arrangieren, mit dem Ziel, sie zu befähigen, Lernprozesse für Schüler/innen gestalten zu können. Der gesellschaftliche Auftrag von Pädagogischen Hochschulen besteht entsprechend des Entwicklungsplans (PH EP 2012-2026) darin, Pädagoginnen und Pädagogen durch eine praxisnahe und forschungsgeleitete Lehre anzuleiten, Schüler/innen für das Lernen zu begeistern, sie in ihrer Entfaltung zu fördern und mit dem für das Leben und den zukünftigen Beruf erforderlichen Wissen und Können auszustatten.
Der im Lehrplan der Volksschule (2023) verankerte gesetzliche Bildungsauftrag setzt diesbezüglich eine verstärkte Individualisierung der Lernprozesse zum Ziel, was ein erweitertes Rollenverständnis von Lehrkräften bedingt. Lehrkräfte haben Schüler/innen in ihren Lernprozessen moderierend zu begleiten und lernbegleitend zu unterstützen, sodass sie im Sinne einer reflexiven Grundbildung am Ende der Grundschulzeit befähigt sind, kritisch zu urteilen und selbstständig weiter zu lernen. Die Leitvorstellungen des Lehrplans VS (2023) definieren, dass Lernen mehr ist als die Aneignung und Reproduktion von kognitiven Lerninhalten. Lernen ist auf Basis aktueller Erkenntnisse als aktiver Prozess im sozialen Raum definiert, bei dem junge Menschen ihr Wissen und Können auch im Team zur Lösung eines Problems einsetzen können. Aufgabe von Lehrkräften ist es, dazu interessante, offene, kindgerechte und vor allem auch sinnstiftende Aufgabenstellungen zu formulieren sowie am Erreichen der Leitvorstellungen mitzuwirken, um Schüler/innen auch dahingehend vorzubereiten, bei der Bewältigung von gesellschaftlichen, sozialen, ökonomischen und ökologischen Herausforderungen eine aktive Rolle einnehmen zu können.
Die Studierenden im Masterstudium erhalten im Rahmen eines Praxisseminars den Auftrag, zu einem selbst gewählten Schwerpunkt aus dem Lehrplan der Volksschule ausgehend vom Fachbereich Deutsch ein Unterrichtskonzept im Sinne einer selbstdifferenzierenden "Lernaufgabe für alle“ zu entwickeln und erproben.
Die theoretischen Grundlagen des Seminarkonzepts erfordern eine Auseinandersetzung mit den Dimensionen von Heterogenität und unterschiedlichen Möglichkeiten einer Differenzierung im Deutschunterricht der Primarstufe. Darüber hinaus braucht es eine Beschäftigung mit dem Thema Aufgabenstellungen und Aufgabenkultur. Es müssen daraus die Erkenntnis einer Unterscheidung von Lern-, Anwendungs-, Übungs- und Prüfungsaufgaben folgen. Mit dem Fokus auf „Lernaufgaben“ gilt es, Vor- und Nachteile von gerichteten und ungerichteten, ergebnisoffenen Aufgabenstellungen zu diskutieren.
In Anlehnung an die Kennzeichen kompetenzorientierten Unterrichts des Lehrplans VS (2023), die naturwissenschaftliche Perspektive auf „Lernaufgaben“ und eine neue Aufgabenkultur nach Leisen (2010, 2019, 2025) sowie die Ausführungen von Lehner (2019), Köster (2007) und Kleinknecht (2011) zu Aufgaben und Aufgabenkultur wurden für das Praxisseminar im Masterstudium an der PH OÖ Merkmale guter und kompetenzorientierter „Lernaufgaben für den Deutschunterricht in der Primarstufe“ abgeleitet und für die Studierenden zusammengefasst.
So gilt es, im Rahmen der Anforderungen für die eigene oder eine individuell organisierte Klasse eine „Lernaufgabe für alle“ zu entwickeln. Durch die Verankerung anforderungsgestufter Aufgabenstellungen (z. B. Blütenaufgaben) soll gewährleistet werden, dass alle Schüler/innen der Klasse an der gleichen Aufgabenstellung arbeiten können. Gut durchdachte Blütenaufgaben bieten allen Kindern der Klasse die Möglichkeit eines Einstiegs. Sie sind so konstruiert, dass sie vom Niveau her ansteigend sind, jede Teilaufgabe im Idealfall unabhängig voneinander lösbar ist und insgesamt unterschiedliche Niveaus und Tiefen der Bearbeitung zulassen. Die „Aufgabe“ selbst soll die Differenzierung hervorbringen.
Wer die verpflichtenden Aufgabenstellungen zur Zielerreichung erledigt und das Lernprodukt erstellt hat, kann aussteigen. Wer an den noch zur Verfügung stehenden Teilaufgaben weiterarbeiten kann und möchte, soll dazu angeregt sein. Für „aussteigende“ Schüler/innen braucht es eine Einbettung der Lernaufgabe in eine individuelle bzw. offenere „Säule“ des Deutschunterrichts (Freiarbeit, Portfolioarbeit, Projektarbeit, Verfolgen von Lesespuren etc.).
Für das Praxisseminar wurde im Jahr 2020 ein Modell einer Blütenaufgabe in Anlehnung an Grave & Thienemann (2010) entwickelt. Es wurde aus der Mathematik abgeleitet und auf den Deutschunterricht in der Primarstufe übertragen.
Für den gemeinsamen Einstieg in die Blütenaufgabe ist eine Form der kognitiven Aktivierung zu finden, um die „Gehirne der Kinder auf Touren“ zu bringen, denn Neugierde und die damit verbundene Erwartungshaltung steigern den Erkenntnissen der Neurobiologie folgend die Konzentration sowie die Fähigkeit, Neues zu speichern und zuverlässiger zu erinnern. Wenn eine Aufgabe als bedeutsam empfunden wird, die Erwartungshaltung positiv ist und dann aufgrund einer optimalen Passung auch noch Erfolg eintritt, dann kann das Lernen nachhaltig und von Erfolg gekrönt sein, so Korte (2021).
Für das Formulieren einer Problemstellung (Phase 1) wurden Kriterien definiert, die die Entwicklung erleichtern sollen.
Der Start in die Lehrveranstaltung folgt individuell. Die Studierenden erhalten vorab Zugang zu den Lehrveranstaltungsunterlagen, Informationen über den Ablauf, die wenigen fixen Terminvorgaben, einen Stream für den individuellen und flexiblen Start in die Lehrveranstaltung sowie Auszüge aus der Grundlagenliteratur. Auf zusammenhängende und vollständige Musterbeispiele wird ganz bewusst verzichtet.
In einem ersten Praxisseminartermin an der PH OÖ werden die Planung und die didaktische Umsetzung der „Lernaufgabe für alle“ in den 4 vorgegebenen Phasen besprochen.
Anschließend diskutieren die Studierenden ihre ersten eigenen Ideen dazu in kleinen Teams. Sie beginnen jeweils für sich, einen Themenschwerpunkt festzulegen und ein dazu passendes Lernprodukt zu überlegen. Die ersten konkreten Konzeptideen werden der Lehrveranstaltungsleitung dargelegt, die Problemstellung skizziert und das Lernprodukt erläutert. Genau an diesem Punkt setzt die individuelle Begleitung der Entwicklung jedes einzelnen Unterrichtskonzepts durch die Lehrveranstaltungsleitung an.
Flexibel und individuell kann eine Betreuung und Begleitung der nachfolgenden Planungsphase durch die Lehrveranstaltungsleitung in Anspruch genommen werden. Es gibt dafür fix angebotene Sprechstundenzeiten. Gleichzeitig haben die Studierenden die Möglichkeit, eine Betreuung darüber hinaus in Anspruch zu nehmen und zu vereinbaren (vor Ort, Videokonferenz, E-Mail). Das Begleitungsangebot wird von den Studierenden seit Anbeginn (Start 2020) sehr gut angenommen und in mehr oder weniger umfassender Intensität je nach Bedarf genutzt. Die heterogenen Lern- und Arbeitsvoraussetzungen finden damit eine Berücksichtigung.
Nach Abschluss der ersten Planungsphase folgt eine verpflichtende Konzeptpräsentation (Videokonferenz). Letzte Hinweise zur Umsetzung folgen.
Nach der Umsetzung wird von den Studierenden schriftlich und kriterienorientiert Resümee gezogen, zu Prozess und Ergebnis seitens der Lehrveranstaltungsleitung rückgemeldet und die Lehrveranstaltung kriterienorientiert beurteilt.
Eine wesentliche Komponente, die bisher keine Erwähnung fand, stellt die Anforderung dar, einen digitalen Beitrag in der „Lernaufgabe für alle“ zu verankern. Es stammt diese Anforderung aus dem ersten Umsetzungssemester, das noch in die Zeit der Covid-19-Pandemie fiel. Aufgrund des großen Erfolgs bei den Kindern und der großen Vielfalt an unterschiedlichen und sehr kreativen Beiträgen der Studierenden blieb diese Anforderung erhalten und stellt nach wie vor einen fixen Bestandteil der „Lernaufgabe für alle“ dar. Es steht den Studierenden des Praxisseminars völlig frei, welche Art von Beitrag sie erstellen und für welche Phase bzw. Teilaufgabe sie ihren individuellen Beitrag gestalten. Es gilt, der eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen und eigene Begabungen einzubringen. Sprach- und Bildqualität müssen hoch, die Umsetzung insgesamt professionell und eine Verbindung mit ihrer eigenen Person eindeutig erkennbar sein (z. B. eigene Stimme). Zum Einsatz kommt der digitale Beitrag meist zur kognitiven Aktivierung der Schüler/innen.
Der positive Einfluss einer kognitiv aktivierenden Aufgabenkultur auf das schulische Lernen gilt mittlerweile als belegt. So weist Kleinknecht (2019) darauf hin, dass gerade leistungsschwächere Schüler/innen auf eine kognitive Aktivierung angewiesen sind. Rückmeldungen der Studierenden zeigen in dieser Hinsicht, dass sich auch Schüler/innen zum Arbeiten motivieren lassen, die ansonsten schwer zu motivieren sind bzw. verweigern.
Insgesamt berichten Studierende über eine überraschend hohe Arbeitsmotivation und überaus kreative Lernprodukte. Der Stolz der Kinder über das Erreichte ist am Ende meist groß. Überrascht zeigen sich Studierende wiederholt darüber, dass der „Kern“ der selbstdifferenzierenden „Lernaufgabe für alle“ auch nach der Umsetzung so gut erinnert werden kann. Auffällig ist darüber hinaus, dass es manchen Kindern schwerfällt, sich auf eine tiefgreifende Auseinandersetzung einzulassen und intensiv nachzudenken. Eine Studierende meinte dazu, dass es den Kindern an den Schulen vielleicht zu häufig abgenommen werde.
Die Befragungen, die Rückmeldungen über das Resümee sowie die Prozessbegleitung zeigen, dass es für Studierende nicht ganz einfach ist, Ideen zu entwickeln, um eine kognitive Aktivierung der Lernenden anzubahnen. Auch Studierenden selbst fällt der tiefgreifende Nachdenkprozess nicht immer leicht.
Im aktuell noch gültigen Curriculum der PH OÖ (2022) wird diesbezüglich davon ausgegangen, dass vor allem der Dialog, den Hochschullehrende mit Studierenden über deren Lernprozesse führen, in hohem Maße implizit das sich entwickelnde Selbstverständnis der Studierenden prägt und Hochschullehrende damit einen wesentlichen Beitrag leisten können, Studierende in ihrer Professionalisierung voranzubringen. Es ist dies insofern von großer Bedeutung, als sich die Kompetenzen von Lehrkräften und damit einhergehend die Qualität des Unterrichts neben anderen Faktoren bedeutsam auf den Lernerfolg der Schüler/innen auswirken, so Schneider (2017).
In diesem Sinne ist geplant, das vorgestellte Konzept einer selbstdifferenzierenden „Lernaufgabe für alle“ beständig weiterzuentwickeln und dessen Wirksamkeit intensiver zu beforschen.
Rahmenbedingungen:
Die Rahmenbedingungen für dieses Seminar werden von der PH OÖ gestellt bzw. vorgegeben.
Besonderheiten der Lehrveranstaltung:
Eine Besonderheit der Lehrveranstaltung ist, dass diese in ihrer Studierendenzentriertheit der Heterogenität der Studierendengruppe und vom Konzept her gleichzeitig der Heterogenität im Klassenzimmer gerecht wird. Darüber hinaus werden Planung und Umsetzung fachlich begleitet.
Mehrwert und Nachhaltigkeit:
Der Mehrwert des Lehrkonzepts ergibt sich daraus, dass die Studierenden das Konzept einer selbstdifferenzierenden „Lernaufgabe für alle“ passgenau für die eigene Klasse, unter Berücksichtigung der individuellen Interessen und Notwendigkeiten, entwickeln und umsetzen und die Nachhaltigkeit des Lernerfolgs somit weiter beobachten können. Eine beständige Weiterentwicklung des eigenen Unterrichts soll damit angestoßen werden.
Akzeptanz und Resonanz
Die Studierenden sind nach der Umsetzung begeistert, beklagen sich aber vereinzelt über den enormen Aufwand.
Nutzen und Mehrwert
Hohe Flexibilität, Partizipation, Individualisierung, Innovation
Übertragbarkeit und Langlebigkeit
Das Projekt läuft seit 2020
Ja, auch auf andere Fächer, Fachbereiche und Lehrveranstaltungen übertragbar
Institutionelle Unterstützung
Infrastruktur steht zur Verfügung
Alljährliche Weiterentwicklung des LV-Formats durch die Entwicklerin und das auch in Kooperation mit einer Kollegin aus dem Bereich Mathematik