Zuletzt aktualisiert am 07.02.2025
Learning through Storytelling
Projektname des bereits eingereichten Projekts:
Ars Docendi Kategorie
Qualitätsverbesserung von Lehre und Studierbarkeit
Gruppengröße
< 20
Kurzzusammenfassung des Projekts
In der Lehrveranstaltung „Strategisches Management“ bekommen die Studierenden die Aufgabe eine Fiction Story zu schreiben. Sie haben immer zwei Optionen: eine Kurzgeschichte oder ein Textspiel auszuarbeiten. Als Input erhalten sie einen einseitigen Text aus einer wissenschaftlichen Arbeit. Die Studierenden sollen in einer einfachen, verständlichen und, wenn anwendbar, lustigen Form eine Theorie oder ein Konzept erklären. Das Spiel oder die Story wird anschließend an externe Teilnehmende geschickt inkl. einer Reihe von Fragen zum Thema. Diese Umfrage zeigt, dass 1. die Studierenden mehr über die Theorie/das Konzept lesen, wenn sie darüber erzählen wollen. 2. Die Kenntnisse besser integriert werden. 3. Die externen Teilnehmer/innen aus Geschichten besser als aus akademischen Texten lernen. 4. Die Aufgabe allen Beteiligten Spaß machte.
Einerseits ist die Aufgabe sehr kreativ, trotzdem lernen die Studierenden dabei die von mir vorausgewählten Theorien und Konzepte. Außerdem müssen sie diese Kenntnisse in eine Geschichte umwandeln, die dann von den externen Teilnehmenden gelesen wird („Meine Geschichte wird von jemandem gelesen!“). Dabei gibt man sich Mühe bei der Qualität der Geschichten.
Andererseits hat die Lehrmethode gezeigt, dass die Studierenden mit viel Spaß komplexe Themen beherrschen und das Wissen durch „Storytelling“ richtig integrieren. Als zusätzlicher Mehrwert: über 700 zufällige Probanden haben mit Spaß einiges über strategisches Management gelernt.
Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache
In the course "Strategic Management" the students get the task to write a fiction story. They always have two options: to do a short story or a text game. As input, they receive a one-page text from a scientific paper. Students are asked to explain a theory or concept in a simple, understandable and, if they can, funny way. The game or story is then sent to external participants including a series of questions on the topic. This survey shows that 1. students read more about the theory/concept when they want to tell about it. 2. the knowledge is better integrated. 3. the external participants learn better from stories than from academic texts. 4. the task was fun for all participants.
On the one hand, the task is very creative, yet the students learn the theories and concepts I have pre-selected in the process. Moreover, they have to transform this knowledge into a story, which is then read by the external participants ("My story is being read by someone!"). In doing so, they make an effort with the quality of the stories.
On the other hand, the teaching method has shown that students have fun mastering complex topics and properly integrating the knowledge through "storytelling". As added value: more than 700 random test persons have learned a lot about strategic management while having fun.
Nähere Beschreibung des Projekts
Die Idee des Storytellings wurde zum Kern der Hausaufgabe in der Lehrveranstaltung „Strategisches Management“. Die Studierenden bilden Teams á 1-5 Personen (also, die Aufgabe kann auch individuell gemacht werden, wenn erwünscht) und bekommen zur Aufgabe eine Geschichte zu schreiben. Die Geschichte kann in einem beliebigen Stil geschrieben werden: Science Fiction, Harry Potter, Roman, Märchen o.Ä. Als Input erhalten die Teams eine Theorie oder ein Konzept, welches wichtig für die Lehrveranstaltung ist (z.B. Wertschöpfungskette, 5-Forces Framework, Corporate Social Responsibility). Sie haben immer zwei Optionen: eine Kurzgeschichte oder ein Textspiel auszuarbeiten.
a) Kurzgeschichte:
Für die Kurzgeschichte erhalten sie als Input einen einseitigen Text aus einer wissenschaftlichen Arbeit. Die Studierenden sollen in einer einfachen, verständlichen und, wenn anwendbar, lustigen Form eine Theorie oder ein Konzept aus der Lernveranstaltung erklären. Um die Aufgabe zu vereinfachen, wird eine Beispiellösung zur Verfügung gestellt (siehe Link "Beispiellösung Kurzgeschichte").
Nachdem die Studierenden die Geschichten geschrieben haben, wird ein Experiment durchgeführt, bei dem zufällig ausgewählte externe Teilnehmer/innen ENTWEDER die Geschichte der Studierenden ODER den ursprünglichen akademischen Text lesen. Anschließend folgt eine Reihe von Fragen zur Geschichte oder zum Text.
b) Textspiel:
Ein Textspiel unterscheidet sich ein wenig von der Kurzgeschichte. Hier sind die Studierenden weniger eingeschränkt in Bezug auf Länge des Textes und dürfen mehr schreiben. Dafür verlangt diese Aufgabe mehr logische Kenntnisse – ein Textspiel verlangt ein komplexes Schema der Zusammenhänge zwischen den Spielevents. Das Ziel dieser Aufgabe ist, die Studierenden zu unterstützen, die Ihre Kreativität weniger im Storytelling und mehr im Bereich Gamification zeigen möchten. Um die Aufgabe zu vereinfachen, wird eine Beispiellösung zur Verfügung gestellt (siehe Link "Beispiellösung Textspiel").
Hier wird kein Experiment durchgeführt, sondern eine kleine Umfrage zu dem Thema. Die Antworten der Teilnehmenden zeigen, ob das Spiel Spaß gemacht hat und ob sie das Thema gelernt haben.
Die beiden Aufgaben sind sehr kreativ, trotzdem lernen die Studierenden dabei die vorausgewählten Theorien und Konzepte. Außerdem müssen sie diese Kenntnisse in eine Geschichte umwandeln, die dann von den externen Teilnehmenden gelesen wird. Das erzeugt einen gewissen sozialen Druck („Meine Geschichte wird von jemandem gelesen!“) und man gibt sich Mühe bei der Qualität der Geschichten.
Andererseits hat die Lehrmethode gezeigt, dass die Studierenden mit viel Spaß komplexe Themen beherrschen und das Wissen durch „Storytelling“ (Geschichteschreiben) richtig integrieren. Als zusätzlicher Mehrwert: über 700 zufällige Probanden, überwiegend aus Tirol und Südtirol, haben mit Spaß einiges über strategisches Management gelernt.
Das Lernergebnis für die Studierenden:
Die Studierenden „gingen die Extrameile“ und lasen mehr über das Thema, um die Theorie/das Konzept besser zu verstehen. So konnten sie eine bessere Geschichte schreiben. Die Fragen sind klausurrelevant, somit können die Studierenden von den Geschichten der Kommilitonen für die Klausur lernen.
Das Lernergebnis für die Experiment-Teilnehmer/innen:
Die Teilnehmer/innen des Experiments lernten auf lustige und interessante Weise etwas über Theorien aus dem strategischen Management. Die Auswertung zeigte, dass die Teilnehmer/innen aus Geschichten besser lernten als aus akademischen Texten: sie konnten genauso gut bzw. besser die akademischen Fragen zu dem Thema beantworten. Außerdem haben die Teilnehmer/innen nach dem Experiment eingeschätzt, wie sie sich fühlen und wie sie den Text fanden. Dafür wurde das Self-Assessment Manikin von Bradley & Lang (1994) mit den Skalen „Annehmlichkeit“ (Pleasantness), „Erregungsgrad“ (Arousal) und „Unabhängigkeit“ (Independence) und zwei Skalen zur „Informationsgehalt“ (Information/Knowledge) und Nützlichkeit (Usefulness) benutzt. Alle Skalen erstreckten sich von -50 bis +50. Die Bewertung der „Annehmlichkeit“ und allen anderen Skalen sprachen eindeutig für das Geschichtenerzählen gegenüber akademischer Texte (siehe Link "Abbildung 2" und "Abbildung 3").
Das Forschungsergebnis:
Gemeinsam mit den Kollegen Martin Dinter (MCI Innsbruck, Österreich) und Moritz Botts (Universität Vechta, Deutschland) wurden die Daten aller Geschichten in einer Metastudie zusammengeführt. Die Auswertung der Ergebnisse zeigt statistisch signifikante Effekte, die die These stützt, dass Storytelling den Wissenstransfer von der Wissenschaft in die Praxis unterstützt. Die Ergebnisse wurden in einem Buchkapitel als Beispiel für neue Studienformate für die Online- und Hybrid-Lehre veröffentlicht, da alle Kurse online abgehalten wurden und die Überprüfung der Lehrmethoden mithilfe von Online-Fragebögen erfolgte.
Ablauf und Planung:
- Vor dem Unterricht wird eine Reihe von fachrelevanten Themen ausgewählt, die für den Unterricht relevant sind.
- Die relevanten Texte werden in Word gespeichert (z. B. Definition, Konzept oder Rahmenbeschreibung). Jedem Konzept folgen 5-6 Fragen, die man auf der Grundlage des Ausgangstextes beantworten kann und nach dem Lesen der Geschichte beantworten können sollte. Somit wissen die Studierenden, welche Aspekte ihre Story unbedingt beinhalten sollte.
- Nachdem die Aufgabe ankündigt wurde, sollen die Studierenden Teams bilden und eine Theorie/ein Konzept von Interesse auswählen. Die Studierenden haben die Freiheit die Aufgabe auch völlig individuell zu behandeln.Im Rahmen der ersten Vorlesung werden die grundlegenden Informationen zum Schreiben von Geschichten (z. B. Charaktererstellung, Wahl des Stils usw.) gegeben. Die Beispiellösungen (siehe Links oben) werden angeführt. Die Ausgangsdatei für das Spiel wird hochgeladen, damit die Studierenden Code-Teile übernehmen können. Die Software (Twine) ist frei und läuft auf allen gängigen Plattformen (PC, MAC, Browser).
a) Kurzgeschichte:
5a. Im nächsten Schritt schreiben die Studierenden ihre Geschichten. Die Geschichten sollten eine angemessene Länge haben - man sollte sie in etwa 5 Minuten lesen können (d.h. 1-3 Seiten).
6a. Nachdem die Studierenden ihre Geschichten dem Lehrenden geschickt haben, wird ein Online-Experiment durchgeführt. Per Zufallsgenerator erhalten die externen Teilnehmer/innen entweder eine Geschichte oder den wissenschaftlichen Text, welchen sie lesen sollen. Anschließend folgen die Bewertungsfragen (siehe (3)). Es werden auch die Fragen zu Emotionen wie „Annehmlichkeit“ (Pleasantness), „Erregungsgrad“ (Arousal) und „Unabhängigkeit“ (Independence) und zwei Skalen zu „Informationsgehalt“ (Information/Knowledge) und Nützlichkeit (Usefulness) gestellt. Die emotionsbezogenen Fragen wurden anhand des Self-Assessment Manikins von Bradley und Lang (1994) entwickelt.
7a. Die Studierenden erhalten einen Link, den sie an mindestens 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer (ca. 30 á Versuchsbehandlung) verteilen sollten.
b) Textspiel:
5b. Im nächsten Schritt entwickeln die Studierenden ein Textspiel. Sie versuchen graphische, audiale und interaktive Elemente einzubauen, um die Gamification-Effekte zu verstärken.
6b. Die Studierenden bekommen einen Link zu der Umfrage, den sie am Ende das Spiels einbauen. Anschließend folgen die Bewertungsfragen (siehe (3)). Es werden auch die Fragen zu Emotionen wie „Annehmlichkeit“ (Pleasantness), „Erregungsgrad“ (Arousal) und „Unabhängigkeit“ (Independence) und zwei Skalen zu „Informationsgehalt“ (Information/Knowledge) und Nützlichkeit (Usefulness) gestellt. Die emotionsbezogenen Fragen wurden anhand des Self-Assessment Manikins von Bradley und Lang (1994) entwickelt.
7b. Die Studierenden schicken den Link zu Ihrem Spiel an ca. 30 externe Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
8. Nachdem die Antworten gesammelt wurden, werden die Antworten ausgewertet:
8.1. Vor allem von Interesse waren die Kategorien Annehmlichkeit, Informationsgehalt und Nützlichkeit, d.h. die Wahrnehmung des Textes durch die Teilnehmer/innen.
8.2.a Es wird die Korrektheit der fachbezogenen Antworten nur für die Geschichte (!) evaluiert. Die Antworten zu dem Originaltext werden ignoriert.
8.2.b Es wird die Korrektheit der fachbezogenen Antworten evaluiert.
8.3. Aus diesen Ergebnissen wird die finale Note abgeleitet.
9. Die Endnote wird berechnet und mitgeteilt. Die Endnote setzt sich aus Schritt (8) zusammen, wobei es unterschiedliche Gewichtungen gibt, z.B. die Korrektheit der fachbezogenen Fragen ist wichtiger als die wahrgenommene Annehmlichkeit.
Nutzen und Mehrwert
Von diesem Projekt profitieren drei Gruppen:
- Die Studierenden. Mit mehr Spaß untersuchen die Studierenden das vorgeschlagene Konzept. Außerdem können die Studierenden Ihre Kreativität zeigen.
- Die Teilnehmer/innen: Die Studierenden verschicken den Link zu dem Experiment an ihre Freunde, Familie, Kollegen, bzw. an das breitere Publikum über deren Facebook, Xing und LinkedIn Kanäle. Über 700 Teilnehmer/innen, überwiegend aus Tirol/Südtirol, haben über Theorien des strategischen Managements gelernt.
- MCI | DIE UNTERNEHMERISCHE HOCHSCHULE® profitiert durch Vermittlung und Unterstützung der Ziele und Kernkompetenzen in:
- Innovativer Lehre: die Methode ist neu und fördert die Kreativität der Studierenden
- Studierendenorientierter Lehre: die Methode erlaubt es den Studierenden, IHRE Geschichte zu erzählen und die Aufgabe in dem Tempo und der Form zu bearbeiten, die sie bevorzugen.
- Praxisorientiertem Lernen: die Methode zielt auf die "Übersetzung" einer akademischen Theorie in die Sprache der Nicht-Akademiker/innen ab.
Institutionelle Unterstützung
Das Projekt wird von meinem Department stark unterstützt, weil wir immer nach neuen Methoden suchen, um die Differenzierung zu anderen Hochschulen zu schaffen und kontinuierlich Qualität der Lehre zu verbessern. Insbesondere möchte ich mich bei meiner Assistentin Sandra Grässle für die Unterstützung bei der Kursentwicklung, Themenauswahl und pre-testen von Beispiellösungen bedanken.