Zuletzt aktualisiert am 10.02.2025
Blended-Learning in der Vorlesung Psychologie
Projektname des bereits eingereichten Projekts:
Ars Docendi Kategorie
Digitale Lehr- und Lernelemente in Verbindung mit traditionellen Vermittlungsformen
Gruppengröße
< 20
Kurzzusammenfassung des Projekts
Die Vorlesung "Psychologie" zählt zu den Basislehrveranstaltungen in drei sozialwissenschaftlichen Bachelorstudiengängen an der Fakultät für Medizintechnik und Angewandte Sozialwissenschaften der FH Oberösterreich (Soziale Arbeit, Sozial- und Public-Management). Diese Lehrveranstaltung verfolgt das Ziel, den Studierenden psychologische Inhalte im Rahmen eines motivationsförderlichen Lehr-Lern-Settings zu vermitteln. Dazu wurde ein lerntheoretisch fundiertes Blended-Learning-Konzept (eine Kombination aus Präsenz- und E-Learning-Phase) entwickelt, das erstmals im Studienjahr 2014/15 auf der Lernplattform "Moodle" umgesetzt wurde.
Die didaktischen Prinzipien des Blended-Learning-Konzepts beruhen auf drei lerntheoretischen Eckpfeilern: (1) der Motivationstheorie von Deci und Ryan (1993), (2) der Theorie des selbstregulierten Lernens nach Zimmerman (2000) in Verbindung mit den Lehrfunktionen nach Klauer (1985) und Gagné (1985) sowie (3) der Lerntaxonmie nach Bloom (1976).
Die Inhalte, die in der Präsenzphase den Studierenden vermittelt werden, werden in der E-Learning-Phase anhand von konkreten Aufgabenstellung vertieft und praktisch angewandt. Dieser Aufgabenbearbeitung liegt ein transparentes, kriteriumsorientiertes Bewertungs- und Beurteilungsschema zugrunde. Damit ist das Blended-Learning-Konzept in der Vorlesung Psychologie sowohl kompetenz- als auch lernergebnisorientiert ausgerichtet.
Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache
The lecture "Psychology" is part of the basic courses of three social science bachelor studies at the University of Applied Sciences Upper Austria (social work, social services management, and public management). This lecture is based on a complex blended learning concept, a combination of presence and e-learning phase, and was specifically developed and implemented on the learning platform "Moodle" in the academic year 2014/15. Aim of the lecture is to impart a selected theoretical and practice-oriented basic knowledge in the field of psychology. The blended learning concept was developed based on learning theories and motivational principles.
The didactical principles are based on three learning theories: (1) theory of motivation by Deci andRyan (1993), (2) theory of self-regulated learning by Zimmerman (2000) in combination with the teaching functions by Klauer (1985) and Gagné (1985), (3) taxonomy of learning by Bloom (1976).
The content which is imparted in the presence phase is exercised and practically applied in the e-learning phase. The students deal with concrete tasks. The results are graded criterion-oriented. The blended learning concept in the lecture "Psychology" is both competence- and learning outcome-oriented.
Nähere Beschreibung des Projekts
Die Vorlesung "Psychologie" ist eine verpflichtende Lehrveranstaltung in drei sozialwissenschaftlichen Bachelorstudiengängen am Campus Linz der FH Oberösterreich (Soziale Arbeit, Sozial- und Public-Management) und basiert auf einem komplexen Blended-Learning-Konzept (eine Kombination aus Präsenz- und E-Learning-Phase), das spezifisch für diese Vorlesung entwickelt wurde und im Studienjahr 2014/15 auf der Lernplattform "Moodle" erstmals umgesetzt wurde. Seit damals wurde das Konzept sukzessive optimiert (auch auf Basis der Rückmeldung der Studierenden) und weiterentwickelt.
Inhaltlich verfolgt die Vorlesung das Ziel, den Studierenden ein ausgewähltes theoretisches und praxisbezogenes Basiswissen im Bereich der Psychologie zu vermitteln. Präsenz- und E-Learning-Phase sind inhaltlich systematisch aufeinander abgestimmt. Die Inhalte, die in der Präsenzphase den Studierenden vermittelt werden, werden in der E-Learning-Phase anhand von konkreten Aufgabenstellung vertieft und praktisch angewandt. Didaktisch wurde das Blended-Learning-Konzept auf der Grundlage von lerntheoretisch fundierten Prinzipien entwickelt. Die Umsetzung dieser Prinzipien zielt darauf ab, den Studierenden psychologische Inhalte im Rahmen eines motivationsförderlichen Lehr-Lern-Settings zu vermitteln.
1. Didaktische Prinzipien von Blended-Learning in der Vorlesung "Psychologie"
Die didaktischen Prinzipien des Blended-Learning-Konzepts beruhen auf drei lerntheoretischen Eckpfeilern: (1) der Motivationstheorie von Deci und Ryan (1993), (2) der Theorie des selbstregulierten Lernens nach Zimmerman (2000) in Verbindung mit den Lehrfunktionen nach Klauer (1985) und Gagné (1985) sowie (3) der Lerntaxonmie nach Bloom (1976).
ad 1) Deci und Ryan (1993) gehen davon aus, dass intrinsische Motivation dann entstehen kann, wenn drei zentrale psychologische Grundbedürfnisse hinreichend erfüllt sind: (a) Autonomie/Selbstbestimmung, (b) soziale Eingebundenheit, (c) Kompetenzerleben. Welche Relevanz die Motivationstheorie von Deci und Ryan (1993) im Blended-Learning-Konzept der Vorlesung "Psychologie" aufweist, wird unterhalb genauer beschrieben (siehe Abschnitt 2).
ad 2) Idealerweise sollten Lehrende mit ihren Instruktionen erreichen, dass Lernende sich für das Fach interessieren, sich mit dem Lehrstoff auseinandersetzen, inhaltliche Leitgedanken finden und aus diesem Wissen heraus eine eigene, reflektierte Position entwickeln. Innerhalb der Instruktionspsychologie wurden mehrere Faktoren identifiziert, die in diesem Sinne "erfolgreiches" Lernen ermöglichen. Diese Faktoren werden als Lehrfunktionen (Klauer, 1985) oder Lehr-Lern-Schritte (Gagné, 1985) bezeichnet. Darauf Bezug nehmend beruht das didaktische Konzept dieser Vorlesung auf sieben Lehrfunktionen, die sowohl in den Präsenzeinheiten als auch in den Instruktionen der E-Learning-Aufgaben umgesetzt werden (siehe dazu Abschnitt 2). Auf einer Metaebene können diese Lehrfunktionen den drei Phasen des Modells zum selbstregulierten Lernen von Zimmerman (2000) zugeordnet werden (vgl. Wagner et al., 2010; siehe Tabelle 1). Aufgaben und Lernumgebungen, die explizit und transparent entsprechend der Lehr-Lernschritte gestaltet werden und dabei die Verantwortung mehr und mehr an die Lernenden übertragen, stützen alle Phasen eines selbstgesteuerten Lernprozesses.
Phasenmodell von Zimmerman (2000) | Lehrfunktionen nach Klauer (1985) und Gagné (1985) |
---|---|
Forethought-Phase | a) Aufmerksamkeit der Lernenden gewinnen |
b) Lernende über die Lernziele explizit informieren | |
c) Vorwissen bei Lernenden aktivieren | |
d) Bedeutsamkeit des Lernstoffes herausstellen | |
Performance-Phase | e) Lerninhalte üben und aktiv umsetzen lassen |
Self-Reflection-Phase | f) Feedback zu Vorgehen und Leistung der Lernenden geben |
g) Überprüfung und Steuerung des Lernprozess ermöglichen |
Performance-Phase
Self-Reflection-Phase
ad 3) Darüber hinaus werden auf Basis der Lerntaxonomie von Bloom (1976) im Rahmen der Vorlesung vier verschiedene Wissensarten gefördert:
Stufe 1 – Wissen: Wiedergabe und Erinnern von Faktenwissen,
Stufe 2 – Verstehen von Zusammenhängen,
Stufe 3 – Anwenden des Wissens bei konkreten Aufgaben und Problemstellungen,
Stufe 4 – Analyse von Sachverhalten und Problemstellungen auf wesentliche Elemente (siehe dazu Abschnitt 2).
2. Aufbau der Vorlesung "Psychologie" im Studiengang "Soziale Arbeit"
Die Vorlesung setzt sich aus (1) einer Präsenzphase und (2) einer E-Learning-Phase zusammen (insgesamt 30 Einheiten; 21 Einheiten – Präsenzphase; 9 Einheiten – E-Learning-Phase). Sämtliche Unterlagen sowohl für die Präsenz- als auch für E-Learning-Phase stehen für die Studierenden auf der Lernplattform "Moodle" zur Verfügung (Lehrbuch als E-Book und Instruktionen in E-Learning-Phase).
ad Präsenzphase) Inhaltlich beschäftigt sich die Vorlesung mit drei Themenbereichen: Einführung in die Psychologie, Sozialpsychologie und Entwicklungspsychologie. In der Präsenzphase wird anhand der oben beschriebenen instruktionspsychologischen Grundprinzipien die inhaltliche Wissensbasis für die Vertiefung und Anwendung des Wissens in der E-Learning-Phase geschaffen. Dabei wird insbesondere darauf geachtet, die Aufmerksamkeit der Studierenden zu gewinnen, die Studierenden explizit über die Lernziele zu informieren, das Vorwissen der Studierenden zu aktivieren und die Bedeutsamkeit des Lernstoffes zu betonen (siehe Tabelle 1; Forethought-Phase).
ad E-Learning-Phase) Die E-Learning-Phase gliedert sich analog der Präsenzphase ebenfalls in die drei oben genannten inhaltlichen Themenbereiche. Ziel der E-Learning-Phase ist es, das in der Präsenzphase vermittelte Wissen zu vertiefen und anhand konkreter Problem- und Aufgabenstellungen anzuwenden. Dabei werden vier Aufgabentypen unterschieden: (1) Selbsttest, (2) Reflexion, (3) Diskussion, (4) Übung. Jeder dieser Aufgabentypen zielt auf die Förderung bestimmter Wissensarten ab (siehe Tabelle 2).
Tabelle 2: Zuordnung von Aufgabentyp in der E-Learning-Phase zur Lerntaxonomie nach Bloom (1976)
Aufgabentyp | Wissenart |
---|---|
Selbsttest | Wissen |
Verstehen | |
Reflexion | Wissen |
Verstehen | |
Anwenden | |
Diskussion | Verstehen |
Analyse | |
Übung | Anwenden |
Pro Themenbereich bearbeiten die Studierenden unterschiedliche Aufgabenstellungen. Dabei werden die psychologischen Grundbedürfnisse zur Förderung der Lernmotivation von Deci und Ryan (1993) gezielt angesprochen.
Die Autonomie und Selbststimmung wir dadurch gefördert, dass die Studierenden entscheiden können, wann, wo und wie sie die Aufgaben bearbeiten. Weinert (1982) bezeichnet diese Entscheidungsfreiheiten im Lernprozess als ganz wesentlich für die Umsetzung von selbstreguliertem Lernen. Darüber hinaus ist diese Zeit- und Ortsunabhängigkeit in der Aufgabenbearbeitung insbesondere für berufstätige Studierende von Vorteil.
Die Vermittlung des Gefühls der sozialen Einbindung ist gerade im Kontext des virtuellen Lernens, wo die Studierenden eher sozial isoliert ihren Lernaktivitäten nachgehen, ganz wesentlich. Im Rahmen dieses Vorlesungskonzept ist die soziale Isolation schon dadurch abgemildert, dass es sich um einen Blended-Learning-Ansatz handelt, d.h. die Präsenztermine, bei denen sich die Studierenden gemeinsam mit den Themen auseinandersetzen, reflektieren und diskutieren, tragen bereits dazu bei, das Gefühl der sozialen Eingebundenheit zu fördern. Zusätzlich dazu wird die soziale Eingebundenheit in der E-Learning-Phase dadurch gestärkt, dass einzelne Aufgaben im Gruppenmodus durchgeführt werden. D.h. die Studierenden werden beispielsweise aufgefordert, gemeinsam innerhalb von zuvor definierten Gruppen zu bestimmten Themen und Fragestellungen zu diskutieren (Aufgabentyp: Diskussion). Diese Diskussionen werden anhand der Aktivität "Forum" auf der Lernplattform "Moodle" realisiert und von der Lehrveranstaltungsleiterin bei Bedarf moderiert.
Das Kompetenzerleben wird dadurch gefördert, dass die Studierenden bereits zu Beginn der Vorlesung wissen, welche Lernziele erreicht werden sollen und welche Leistung mit welcher Bewertung verbunden ist. D.h. der Vorlesung liegt ein transparentes, kriteriumsorientiertes Bewertungs- und Beurteilungsschema zugrunde. Damit wird eine kriteriale (sachliche) Bezugsnormorientierung umgesetzt. Basierend darauf erhalten die Studierenden Feedback bezüglich der Qualität ihrer erbrachten Leistung und können damit ihren Lernprozess überprüfen und entsprechend steuern (siehe Tabelle 1; Self-Reflection-Phase). Für diese Rückmeldungen werden die in Moodle verfügbaren Bewertungstools verwendet. Für die Selbsttests wurden differenzierte Feedbacks in Abhängigkeit von der erbrachten Leistung programmiert. Für die Aufgabentypen "Diskussion", "Reflexion" und "Übung" wird die Moodle-Option "bewertetes Forum" verwendet. D.h. die Studierenden erhalten direkt über die Lernplattform Feedback bezüglich ihrer erbrachten Leistungen und haben so einen Überblick darüber, ob sie ihre persönlich definierten bzw. die von der Lehrveranstaltungsleiterin vorgegebenen Lern- und Leistungsziele für den positiven Abschluss der Vorlesung bereits erreicht haben oder nicht. Die Gesamtnote der Lehrveranstaltung resultiert aus der Beurteilung anhand eines transparenten Punkteschemas. Dieses Abschlussfeedback erfolgt ebenfalls über Moodle (Option: Bewertungen). D.h. alle Studierenden erhalten ein individuelles Feedback über ihre erbrachte Gesamtleistung. Damit ist das Blended-Learning-Konzept in der Vorlesung Psychologie sowohl kompetenz- als auch lernergebnisorientiert ausgerichtet.
3. Aufbau der Vorlesung "Psychologie" in Studiengängen "Sozial- und Public-Management"
Diese Vorlesung besteht ebenfalls aus einer Präsenzphase und einer E-Learning-Phase und folgt denselben didaktischen Prinzipien wie die Vorlesung im Studiengang "Soziale Arbeit". Der Unterschied besteht in der Länge (insgesamt 15 Einheiten; 9 Einheiten – Präsenzphase; 6 Einheiten – E-Learning-Phase) und inhaltlichen Ausrichtung der Vorlesung. Inhaltlich beschäftigt sich die Vorlesung mit zwei Themenbereichen: Sozialpsychologie und Arbeits- und Organisationpsychologie.
Literaturverzeichnis
Bloom, B. S. (1976). Human characteristics and school learning. New York: McGraw-Hill.
Deci, E. L. & Ryan, R. M. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik, 39, 223-238.
Gagné, R. M. (1985). The conditions of learning and theory of instruction. New York: Holt, Rinehart & Winston.
Klauer, K. J. (1985). Framework for a theory of teaching. Teaching and Teacher Education, 1, 5-17.
Wagner, P., Schober, B., Gradinger, P., Reimann, R. & Spiel, C. (2010). E-Learning unterstützte Förderung von selbstreguliertem Lernen an der Universität. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 24, 289-303.
Weinert, F. E. (1982). Selbstgesteuertes Lernen als Voraussetzung, Methode und Ziel des Unterrichts. Unterrichtswissenschaft, 2, 99-110.
Zimmerman, B. J. (2000). Attaining self-regulation. A social cognitive perspective. In M. Boekarts, P. R. Pintrich & M. Zeidner (Eds.), Handbook of self-regulation (pp. 13-39). San Diego, CA: Academic Press.