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Zuletzt aktualisiert am 15.05.2025

Ausbildungsmodul „Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit und Almwirtschaft in Zeiten des Klimawandels“

Bei dem Projekt handelt es sich um ein neues Projekt / eine wiederholte Einreichung

Ars Docendi Kategorie

Gesellschafts- und Nachhaltigkeitsorientierte Lehre

Ars Docendi Kriterien

  • Innovative Hochschuldidaktik
  • Studierenden- und Kompetenzorientierung
  • Perspektivenerweiterung und Internationalisierung

Gruppengröße

20-49

Anreißer (Teaser)

Die Alpung von Rindern steht durch den Klimawandel vor großen Herausforderungen. In einem trans- und interdisziplinären, praktischen Ausbildungsmodul werden Studierende der Vetmeduni darauf vorbereitet zur Lösung dieser Herausforderungen und damit einer zeitgemäßen Alpinen Nutzierhaltung beizutragen.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Die Nutztierhaltung im Alpenraum ist von der Alpung der Tiere über die Sommermonate geprägt. Diese Form der Tierhaltung ist im Zuge des Klimawandels und gesellschaftlicher Veränderungen jedoch mit stetig steigenden Herausforderungen konfrontiert. Dazu gehören beispielsweise Wasser- und Futtermangel, Hitzestress, große Beutegreifer und die Zunahme von potentiell auch für den Menschen gefährlichen Erkrankungen. Tierärztinnen und Tierärzte sind dabei durch Ihre Ausbildung und Tätigkeit dazu prädestiniert, an der Lösung der aktuellen Herausforderungen mitzuwirken.

Daher wurde an der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni) das Ausbildungsmodul „Almwirtschaft, Tiergesundheit und Lebensmittelsicherheit in Zeiten des Klimawandels“ ins Leben gerufen. Im Rahmen des Vertiefungsmoduls werden fachübergreifende, problemorientierte Fragestellungen zu Sicherung der Wiederkäuergesundheit und der Förderung des Tierwohls, insbesondere vor dem Hintergrund des Klimawandels und den damit verbundener Herausforderungen bearbeitet. Gekennzeichnet ist das Ausbildungsmodul durch einen trans- und interdisziplinären Ansatz mit einer Kombination von theoretischen und praktischen Inhalten. Durch die interdisziplinäre, praktische Ausbildung unter Einbeziehung der Expertise universitärer und nicht universitärer Institutionen sowie niedergelassener Tierärztinnen und Tierärzte werden die Studierenden für die spezifischen Herausforderungen der Wiederkäuerpraxis im Alpenraum sensibilisiert und befähigt, zu deren Lösung beizutragen.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

Livestock farming in the Alpine region characterized by the grazing of animals in the mountains during the summer months is facing ever greater challenges with the onset of climate change. As a result, for example, water and feed restrictions as well as heat stress are occurring and new, previously unknown to rare transmissible diseases of animals are spreading, some of which can also be transmitted to humans (zoonosis). In addition, the livestock population is endangered by the immigration of large predators. Due to their  training and work, veterinarians are predestined to contribute to solving these current challenges.

Therefore, the training module “Alpine farming, animal health and food safety in times of climate change” was launched at the University of Veterinary Medicine Vienna (Vetmeduni). The in-depth module deals with trans- and interdisciplinary, problem and solution-oriented issues to safeguard ruminant health and promote animal welfare, particularly in the context of climate change and the associated challenges. The training module is characterized by a trans- and interdisciplinary approach with a combination of theoretical and practical content. The practical training, which includes the expertise of university and non-university institutions as well as practicing veterinarians sensitizes students to the specific challenges of ruminant practice in the Alpine region and enables to contribute their solution.

Nähere Beschreibung des Projekts

Ausgangslage

Die Nutztierhaltung in Alpenraum ist von der Alpung der Tiere über die Sommermonate geprägt, da es diese Form der Weidewirtschaft erlaubt, sonst nicht nutzbare Flächen zu beweiden und damit auch höher gelegene Bereich effizient landwirtschaftlich zu nutzen. So gibt es alleine in Österreich etwa 8.000 bewirtschaftete Almen mit einer Gesamtfläche von über 300.000 Hektar, auf denen Rinder, Schafe und Ziegen gehalten werden. Diese - oft romantisierte - Form der Tierhaltung ist im Zuge des Klimawandels mit immer größeren Herausforderungen konfrontiert:

  1. Durch das wärmere Klima kommt es zunehmend zu Wasser- und Futterknappheit auf den Almen, so dass Tiere frühzeitig wieder ins Tal gebracht werden müssen. 
  2. Weiters führen die höheren Temperaturen zu Hitzestress, unter dem vor allem Kühe leiden.
  3. Durch die Klimaerwärmung treten auch neue Erkrankungen auf oder dringen in bisher nicht betroffene Regionen vor, die für Menschen und Tiere gefährlich werden können.

All dies führt zu einer Beeinträchtigung der Tiergesundheit und des Tierwohles und gefährdet die Produktion von sicheren, regionalen Lebensmitteln. Zusätzlich gerät die Haltung von Tieren auf der Alm durch weitere Faktoren zunehmend unter Druck:

  1. Die Rückkehr großer Beutegreifer, allen voran des Wolfes, ist eine neue Herausforderung für die die Nutztierhaltung in den Bergen, die häufig besonders emotional diskutiert wird.
  2. Auch die zunehmende Nutzung des alpinen Raumes für Erholung und Tourismus führt zu Konflikten mit der Tierhaltung und gefährlichen Situationen, insbesondere mit Rindern.
  3. Die generelle gesellschaftliche Diskussion über Rinder als potentielle „Klimakiller“ stellt zudem die Haltung von Kühen in Teilen der Bevölkerung generell in Frage.

Almen stellen eine durch Beweidung geschaffene Kulturlandschaft dar. Werden keine Tiere mehr auf Almen aufgetrieben, kommt es zum Verlust dieser Landschaft durch Verbuschung und Bewaldung mit weitreichenden Folgen:

  1. Abnahme der Artenvielfalt (Flora und Fauna) in den alpinen Regionen.
  2. Verlust von Weideflächen, zunehmende Stallhaltung von Rindern, Schafen und Ziegen.
  3. Negative Auswirkungen auf den Sommer- und Wintertourismus.
  4. Rückgang der regionalen Wertschöpfung und resilienter Produktionskreisläufe für regionale landwirtschaftliche Produkte.

Motivation für die Schaffung des Ausbildungsmoduls

Tierärztinnen und Tierärzte sind bei ihre Tätigkeit unmittelbar mit den Auswirkungen des Klimawandels und der weiteren, oben angeführten Faktoren im Nutztierbereich konfrontiert. Durch ihre Ausbildung sind sie dazu prädestiniert, entlang der Schnittstelle Tier-Mensch-Umwelt an der Lösung der aktuellen Herausforderungen mitzuwirken. Daher wurde an der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni) das Ausbildungsmodul „Almwirtschaft, Tiergesundheit und Lebensmittelsicherheit in Zeiten des Klimawandels“ mit einem Schwerpunkt auf den Besonderheiten der alpinen Wiederkäuerhaltung und -medizin ins Leben gerufen. Im Rahmen des Vertiefungsmoduls werden fachübergreifende Fragestellungen zu Sicherung der Wiederkäuergesundheit und der Förderung des Tierwohls, insbesondere vor dem Hintergrund des Klimawandels und den damit verbundener Herausforderungen, bearbeitet. Dadurch wird das Bewusstsein für dieses Thema gefördert und Vorsorge- wie Anpassungskompetenz vermittelt.

Transdisziplinärer und interdisziplinärer Ansatz mit hohem Praxisbezug

Gekennzeichnet ist das Ausbildungsmodul durch einen interdisziplinären Ansatz mit der Kombination von theoretischen und praktischen Inhalten. Folgende Institutionen sind an der Ausbildung beteiligt:

  1. Vetmeduni:
  2. Klinisches Zentrum für Wiederkäuer- und Kamelmedizin
  3. Außenstelle Tirol „Der Wiederkäuer im Alpenraum“
  4. Zentrum für Lebensmittelwissenschaften und Öffentliches Veterinärwesen
  5. Unit für Lebensmittelmikrobiologie
  6. Unit für Hygiene und Technologie von Lebensmitteln
  7. Unit für Öffentliches veterinärwesen und Epidemiologie
  8.  Experten Gebirgsforschung:
  9.  Forschungsschwerpunkt Alpiner Raum, Universität Innsbruck
  10. Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES):
  11. Abteilung für Bakteriologie
  12. Abteilung für Virologie
  13. Abteilung für Pathologie
  14. Niedergelassene Tierärztinnen und Tierärzte:
  15. Partnerpraxen in Tirol mit Schwerpunkt Wiederkäuermedizin
  16. Land Tirol:
  17. Landesveterinärdirektion
  18. Tiroler Tiergesundheitsdienst

Theoretische Ausbildung

Im Rahmen von Seminaren wird von Expertinnen und Experten der oben genannten Institutionen die Bedeutung der sich verändernden klimatischen Bedingungen auf Tiergesundheit und Almwirtschaft dargestellt. Im Zuge der Lehrveranstaltungen werden die Themen anhand aktueller wissenschaftlichen Veröffentlichungen in Kleingruppen vertieft, die Themen der Gesamtgruppe vorgestellt und mit den jeweiligen Fachexpertinnen und Fachexperten diskutiert. Dabei steht der direkten Einfluss des Klimawandels auf Nutztiere, wie Hitzestress und Wassermangel, im Mittelpunkt. Zusätzlich werden aktuelle Entwicklungen im Bereich Lebensmittelsicherheit und Zoonosen unter Berücksichtigung der sich ändernde klimatischen Bedingungen erarbeitet. Insbesondere wird auf Zusammenhänge zwischen Erkrankungen, Tier-, Management- und Umweltfaktoren eingegangen. Im Sinne des „One Health“-Konzeptes werden darüber hinaus Fragen der Antibiotikaresistenz und Lebensmittelhygiene in der alpinen Viehwirtschaft erläutert und die daraus entstehenden Herausforderungen für das öffentlich Veterinärwesen beleuchtet.

Praktische Ausbildung

Die Mitarbeit in Tierarztpraxen im Rahmen einer klinischen Rotation stellt die zweite Säule der Lehre in diesem Ausbildungsmodul dar. Im Zuge der Rotation erhalten Studierende ihre Ausbildung in ausgewählten Tiroler Tierarztpraxen mit Wiederkäuerschwerpunkt. Die praktische Ausbildung im Rahmen des Moduls findet in Zusammenarbeit mit niedergelassenen Tierärztinnen und Tierärzten überwiegend in Tirol, statt. Dazu wurden an der Vetmeduni Tierärztinnen und Tierärzte in vier etablierten Tierarztpraxen mit Wiederkäuerschwerpunkt in Tirol als Lehrende angestellt. Diese werden jeweils von Studierenden bei Ihrer täglichen Arbeit begleitet und nehmen auch am Notdienst Teil. Die Studierenden werden dabei von den Tierärztinnen und Tierärzten im größtmöglichen Ausmaß in die tierärztlichen Tätigkeiten eingebunden, angeleitet und zur selbständigen Tätigkeit unter Supervision angehalten. Dadurch werden die Studierenden in die praktische Tätigkeit eingebunden und erleben so direkt die Auswirkungen der aktuellen Probleme in der Nutztierhaltung auf Tiere und deren Halterinnen und Halter. Die erlebten Fälle werden von den Studierenden dokumentiert und ausgewählte Fälle zur Präsentation vorbereitet, um diese vertiefend im Zuge der Lehrveranstaltungen in der Gruppe und gegebenenfalls mit Expertinnen und Experten des jeweiligen Fachgebietes zu diskutieren.

Ziele des Ausbildungsmoduls

Durch die interdisziplinäre, praktische Ausbildung unter Einbeziehung der Expertise universitärer und nicht universitärer Institutionen sowie niedergelassener Tierärztinnen und Tierärzte werden die Studierenden für die spezifischen Herausforderungen der Wiederkäuerpraxis im Alpenraum sensibilisiert. In den Lehrveranstaltungen dieses Vertiefungsmoduls setzen sich die Studierenden mit den aktuellen Herausforderungen rund um das Thema Klimawandel und Nutztierhaltung auseinander und können so aktiv zu deren Lösung im Sinne einer zeitgemäßen Nutztierhaltung beitragen. Durch die Einbeziehung niedergelassener Tierarztpraxen ist gewährleistet, dass die in der Ausbildung erarbeiteten Themen nicht abstrakt im „Elfenbeinturm“ der Wissenschaft und Theorie verbleiben, sondern selbst erlebt und dem Realitätscheck der tierärztlichen Tätigkeit unterzogen werden.   

Akzeptanz und Resonanz

Das Ausbildungsmodul erfreut sich einer sehr guten Akzeptanz durch die Studierenden. Dies wird vor allem im persönlichen Gespräch mitgeteilt. Anfänglich organisatorische Unklarheiten durch die Aufteilung der Lehrveranstaltungen zwischen den Standorten Wien und Innsbruck konnten rasch ausgeräumt werden. Zudem werden die Evaluierungsergebnisse laufend zur weiteren Verbesserung der Lehrveranstaltungen eingesetzt.

Nutzen und Mehrwert

Nutzen und Mehrwert des Projektes:

  • Transdisziplinäre Zusammenarbeit von Lehrenden der Vetmeduni und Experten der Gebirgsforschung der Universität Innsbruck
  • Zusammenarbeit mit niedergelassenen Tierärztinnen und Tierärzten, „Reality-Check“
  • Zusammenarbeit mit außeruniversitären Institutionen
  • Interdisziplinäre, universitätsübergreifende Ausbildung
  • Zusammenarbeit Universität/Praxis
  • Schärfen der Wahrnehmung aktueller Herausforderung über den eigenen Tellerrand der unmittelbaren tierärztlichen Tätigkeit hinaus
  • Hohes Level an Eigeninitiative der Studierenden mit Verlassen der eigenen Komfortzone gefordert

Übertragbarkeit und Langlebigkeit

Das Projekt läuft seit 2022

Das Vertiefungsmodul ist mit 9 ECTS- AP nach einer Pilotphase im Studienjahr 2021/22 seit dem Studienjahr 2022/23 im Curriculum der Vetmeduni verankert und wird dauerhaft angeboten. Die einzelnen Lehrveranstaltungen des Modules werden inhaltlich ständig weiterentwickelt und den aktuellen Entwicklungen angepasst.

Institutionelle Unterstützung

Das Vertiefungsmodul ist Teil des Curriculums des Diplomstudiums der Veterinärmedizin und wird daher seitens der Hochschule vollständig inhaltlich und organisatorisch (Infrastruktur, finanziell) unterstützt. Weitere Partner sind das Land Tirol, das sich über eine Stiftungsprofessur „Wiederkäuermedizin im Alpenraum“ an dem Projekt beteiligt und Experten der Gebirgsforschung der Universität Innsbruck.

Das Ausbildungsmodul wird im Rahmen der Qualitätssicherung der Lehre an der Vetmeduni regelmäßig evaluiert. Die Ergebnisse werden den Lehrveranstaltungsleiterinnen und -leitern zur Verfügung gestellt und im internen Evaluierungszirkel diskutiert. Somit ist sichergestellt, dass die Evaluierungsergebnisse bei Bedarf zur Verbesserung der Lehrveranstaltungen herangezogen werden können.

Kooperationspartner/innen

Weitere inländische Hochschulen

  • Leopold-Franzens-Universität Innsbruck