Zuletzt aktualisiert am 07.02.2025
A-BWL für Wirtschaftsinformatiker/innen einfach anders? – „Mastering the Basics to strive for Excellence!“
Projektname des bereits eingereichten Projekts:
Ars Docendi Kategorie
Qualitätsverbesserung von Lehre und Studierbarkeit
Gruppengröße
< 20
Kurzzusammenfassung des Projekts
Die integrative Lehrveranstaltung wurde konzipiert, um unterschiedlichen Herausforderungen zu begegnen, die sich einerseits im Rahmen der Erfahrungen aus der langjährigen Durchführung und andererseits durch die Feedbacks der Studierenden herauskristallisiert haben. Diese Herausforderungen bezogen sich vor allem auf die unterschiedliche Vorerfahrungen hinsichtlich IT- bzw. BWL-Inhalten, teilweise fehlende Praxiserfahrungen sowie Qualitätssicherung und -steigerung durch integrierte Betrachtung von IT- und BWL-Inhalten über das Studium hinweg. Deshalb entstand die Idee, die Studierenden im Rahmen der Lehrveranstaltung bereits im ersten Semester an integrativen Businessplanen arbeiten zu lassen. Ziel dabei soll es sein, dass Studierende frühzeitig im Studium eine erste eigene und integrative Praxiserfahrung machen können, um so die Lernerfahrungen im weiteren Studienverlauf leichter einordnen und darauf aufbauen zu können. Wichtig dabei war uns vor allem die interdisziplinäre Zusammensetzung des Teaching Teams – einerseits bezogen auf die Fachbereiche - aber auch auf den Praxisbezug. Deshalb besteht das Team neben interner Faculty auch aus einem erfahrenen Unternehmensberater, Start-Up Gründer und Coach. In sechs Blöcken erhalten die Studierenden Input zu unterschiedlichen, für den Business Plan relevanten Themen und werden dabei von den Lehrenden durch ständige Feedbackblöcke begleitet.
Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache
This integrative course was designed to meet various challenges that emerged from the experience gained over the duration of the course on the one hand, and from the students’ feedbacks on the other hand. These challenges mainly related to different previous experiences with IT or business administration contents, lack of practical experience for some students and thneed for quality assurance and excellence through integrated consideration of IT and business administration content throughout the study program. Therefore, we developed the idea to have the students work on integrative business plans as part of the course in the first semester already. The aim is to enable students to gain their own integrative practical experience early on in their studies, so that they can more easily classify and build on the learning experiences in the further course of their studies. Above all, the interdisciplinary composition of the teaching team was important to us - on the one hand based on the subject areas - but also the practical experience. Therefore, the team consists of internal faculty as well as an experienced management consultant, start-up founder and coach.
In six blocks, the students receive input on various topics relevant to the business plan and are accompanied by the lecturers through constant feedback blocks. For this, the lecturers must work together throughout the semester. The lecturers also assess the course together.
Nähere Beschreibung des Projekts
Abbildung 1: Betriebswirtschaft für Wirtschaftsinformatiker – siehe Linksammlung
„Kann mich ein Grundlagenkurs wirklich dabei unterstützen den Pioniergeist in der digitalen Welt zu fördern?“. Wie wir besonders in der jetzigen Situation der COVID-19 Pandemie sehen, werden traditionelle Betriebe und Unternehmen immer mehr auf die Probe gestellt, sich schnell zu adaptieren, neue Lösungen zu finden und mittels neuer Dienstleistungen, Produkte und Services bestmöglich auf den Markt und die Diskontinuität sowie Komplexität zu reagieren.
Agieren anstatt zu reagieren ist definitiv notwendig, um die Bildungslandschaft an diese wechselnden Anforderungen anzupassen. Am Management Center Innsbruck, insbesondere im Studiengang „Management, Communication & IT“ versuchten wir früh das Potenzial der Studierenden, die Diversität der Kenntnisse und die initiale Motivation aufzugreifen und somit den roten Faden, den Nutzen einer Lehrveranstaltung sowie die einzelnen Inhalte, die in den folgenden Semestern bearbeitet werden, zu verknüpfen und damit das integrierte „Big Picture“ von mehreren Blickpunkten zu beleuchten. Dies geschieht durch den strukturierten Aufbau in sechs Module mit finaler Beurteilung. Am Ende bereiten die Studierenden einen Investor Pitch vor und präsentieren ihre Ergebnisse vor einer vierköpfigen Jury, bestehend aus den drei Lektoren*innen und dem Studiengangsleiter, bzw. dem Leiter der IT-Services, um auch die Applikation und den IT-Bezug, der die Digitalisierung in der Transformation stützt, haarscharf zu reflektieren. Die Benotung besteht hierfür zu 60 % aus der Abgabe des Businessplans (Umfang ca. 50 Seiten) und zu 40 %der Bewertung des Investor Pitches mittels eines standardisierten Präsentations-Bewertungsbogens (im Anhang). Dieser wird von jedem/r der vier Juror*innen unabhängig voneinander bewertet und erst, nachdem alle Präsentationen abgehalten wurden, zusammengeführt, um ein ganzheitliches Bild zu erhalten.
Bezüglich der Qualitätssicherung wird das im Studiengang gelebte MidTerm und EndTerm Feedback (ein Gespräch der Studiengangsvertreter*innen mit der Studiengangsleitung, sowie den Modulverantwortlichen, zusätzlich zur Lehrveranstaltungsevaluierung) verwendet, um innerhalb des Semesters Adaptionen vornehmen zu können. Zudem wurden im Studium „Management, Communication & IT“, im fünften Semester, zwei Lehrveranstaltungen zur finalen Messung des Lernerfolges adaptiert.
Abbildung 2: Qualität und Messbarkeit – siehe Linksammlung
Seit der Umstellung von einem klassischen A-BWL Kurs für Wirtschaftsinformatiker zu dem integrativen Ansatz konnte einerseits eine klare Verbesserung der Motivation und des Verständnisses der Studierenden für den gesamthaften Aufbau sowie andererseits auch die Effektivität der vermittelten Inhalte quantitativ ersichtlich gemacht werden. Messung ist nur so gut wie die Handlungsempfehlungen, die daraus abgeleitet werden. Deswegen wird ein Meeting mit den drei Lektor*innen jeweils am Ende der Lehrveranstaltung, im ersten sowie im fünften Semester angesetzt, um etwaige Anpassungen und das Feedback im Sinne einer gelebten Feedbackkultur zu besprechen, zu diskutieren und anhand dessen ergebnisorientierte Initiativen zu setzen.
Modul 1: Geschäftsidee Strategieentwicklung Budgetierung
Das erste Modul beschäftigt sich ganz klar mit der unvoreingenommenen Entwicklung einer Geschäftsidee mit Gruppen à 5-6 Studierenden, im Zeitalter der digitalen Transformation und daraus abgeleitet mit einem ersten, rudimentären Greifbarmachen von Strategie und Planung. Daher, dass der monetäre Teil der Planung ein entscheidendes Kriterium für die Umsetzbarkeit darstellt, wird die Budgetierung gleich von Anfang an miteinbezogen.
Die Praxis ist für viele Studierende, gerade am Anfang, ein Kerntreiber für Motivation. Zu sehen, anhand von reellen Beispielen aus der Praxis, wie eine Krise entsteht und welche Krisen es gibt, hat das Ziel die Aufmerksamkeit auf die zentralen Inhalte zu lenken. Daher wird mit dem Krisenparadoxon die Reihenfolge der Entstehung und Erkennung von Krisen diskutiert und besonders die Wichtigkeit der Liquidität zur frühzeitigen Erkennung von Defiziten im innerbetrieblichen Geschehen erläutert. Die Studierenden erhalten initiale Einblicke in die Strategieebenen, von normativer Unternehmenskultur, Unternehmensleitbild, Vision und Mission bis hin zu der operativen Ebene, bei welcher gesetzte Maßnahmen dann wirklich umgesetzt werden.
Während des Designs dieses Moduls wurde im Vorfeld evaluiert, welches Tool übergreifend und interdisziplinär am besten eingesetzt werden könnte, um Studierenden die verschiedensten Bereiche einer Ideenumsetzung bzw. eines modernen Businessplans darlegen zu können. Am Ende haben wir uns für das Business Modell CANVAS entschieden, da dies sowohl für klassische Businessmodelle als auch für soziale Businessmodelle angewandt wird. Im klassischen Modell besteht dieses aus neun Bestandteilen. Diese haben wir uns zunutze gemacht und sie den einzelnen Modulen 1-6 zugeordnet und auf Basis derer auch die zeitliche Konzeption des Kurses erstellt:
1. Wichtige Partner (Module 1, 6)
2. Wichtige Aktivitäten (Module 2, 6)
3. Das Nutzenversprechen (Module 1, 3)
4. Die Kundenbeziehungen (Module 1, 3)
5. Die Arten von Kunden (Module 1, 3, 4)
6. Die wichtigsten Ressourcen (Module 2, 5, 6)
7. Die Vertriebs- und Kommunikationskanäle (Module 3)
8. Die Kosten insbesondere die Struktur der Kosten (Module 1, 3, 6)
9. Die Einnahmequellen (Module 1)
Die Studierenden sollen aufgrund der hohen kognitiven Belastung in der Struktur der Dokumente bestmöglich unterstützt werden. Hierfür werden diese Dokumente vollumfänglich vorgegeben. Es beginnt mit einer Executive Summary, eine Beschreibung der Ausgangssituation, der Geschäftsidee, des Marketingkonzepts, der Organisation des Geschäftsablaufs, des Umsetzungsfahrplans, des Finanzplans, einer Risiko- und Sensitivitätsanalyse, eines Personalplans und abschließend eine Gesamtbewertung. Die Tools, Dokumentenvorlagen bezüglich der Struktur werden den Studierenden zur Verfügung gestellt und sie können sofort beginnen, an ihren Ideen zu arbeiten und diese zu beschreiben.
Modul 2: Rechtsform und Standort
Das zweite Modul „Rechtsform und Standort“ bringt den Studierenden des ersten Semesters die Standortspezifika und juristischen Grundlagen, die die benötigt werden, um anhand der Geschäftsidee, bzw. einer möglichen rudimentären Strategie den Einstieg in den designierten Markt zu wagen. Zuerst fokussieren wir uns auf den Standort Österreich, im Speziellen Tirol. Die Studierenden sollen in der Lage sein, die standortspezifischen Faktoren initial zu spezifizieren und mittels Datenmaterial abzuleiten. Hierbei wurde beim Aufbau auf einen praxisrelevanten Zugang Wert gelegt, da im folgenden Semester die Gesetze und Regulierungen in eigens dafür geplanten Vorlesungen aufbauend vermittelt werden. Jedoch eine Idee ohne die nötige Konformität, die Prüfung auf Machbarkeit, gerät sehr schnell in die Bahnen der Unmöglichkeit. Die folgenden Faktoren werden im Bereich Standort näher beleuchtet (beispielhafter Auszug): Wirtschaftsprofil Österreichs in Zeitreihen, Wirtschaftsleistung und Export, Wirtschaftsstandort Tirol im Vergleich zu Österreich, Steuern und Abgaben, Infrastruktur.
Nachdem nun die Studierenden den Standort und die Stärken von Tirol im europäischen Umfeld benennen und ihrer Idee zuordnen können, werden potentielle Unternehmensformen benannt und anhand der folgenden praxisnahen Kriterien spezifiziert: Eigentümer- bzw. / Gesellschafterstellung, Haftung, Benötigtes Kapital , Abgaben und Sozialversicherung, Investorensuche und Risiko
Die zuvor gewählten Gruppen können nun ihre Idee, ihren rudimentären Business Plan anpassen, reflektieren bzw. aufgrund des beschriebenen anwendungsbasiertem Grundlagenwissens adaptieren.
Modul 3: Marketing und Vertrieb
Im Rahmen des dritten Moduls Marketing und Vertrieb beschäftigen sich die Studierenden einerseits mit der Ausdifferenzierung ihrer Produkte bzw. Nutzenversprechen, sowie mit der genaueren Analyse ihrer potentiellen Konsument*innen. Daraus abgeleitet können Kundenbeziehungen, Kundenspezifika und entsprechende Vertriebs- und Kommunikationskanäle definiert werden. In weiterer Folge werden die entsprechenden Inhaltblöcke genauer beschrieben:
Im Rahmen von drei Terminen erhalten die Studierenden Input zu den relevanten Themen, um anhand des daraus resultierenden Wissens in den anschließenden Coaching Sessions aufeinander aufbauend die Teilbereiche erarbeiten zu können.
Dabei werden folgende Inhalte gelernt: Nutzenversprechen, Kundenbeziehungen/Arten von Kunden und Kanäle.
Der Output soll – je nach Geschäftsidee – ein klares Versprechen, sowie klares Verständnis darüber, welches Kundenproblem gelöst werden soll, sein. Durch eine genaue Definition der entsprechenden Personas und die Durchführung des STP-Prozesses soll ein klares Verständnis über potentielle Konsument*innen gewonnen werden. Ziel ist außerdem der Entwurf einer (Multi-)Channelstrategie, sowie einer integrierten (Online-)kommunikationsstrategie.
Modul 4: Markt und Wettbewerb
Im Rahmen des vierten Moduls Markt und Wettbewerb vertiefen die Studierenden ihr Verständnis des allgemeinen Zielmarktes. Aufbauend auf die Definition der potentiellen Konsument*innen wird die Analyse in diesem Schritt ausgeweitet auf den Gesamtmarkt und die Konkurrenten. Das Ziel des Moduls ist die Erstellung einer exemplarischen externen Analyse als erster Teilbereich der im nachfolgenden Modul zu erstellenden SWOT-Analyse.
Im ersten Schritt wird den Studierenden das Modell des Porterschen Diamenten nähergebracht. Ziel hierbei ist nicht das tiefgehende Verständnis dieses Konzeptes, sondern ein allgemeines Verständnis für die zu bedenkenden Wettbewerbskräfte und Bedrohungen. Die Verhandlungsmacht der Käufer bzw. Lieferanten, die Gefahr durch Substitute, sowie die Bedrohung durch neue Marktteilnehmer und deren Implikationen für die Branchenattraktivität werden diskutiert und sollen zur Weiterentwicklung der Business Pläne beitragen.
Im nächsten Schritt wird die PESTEL Analyse als allgemeine Form der Umfeldanalyse vorgestellt, um die Studierenden für weitere externe Einflussfaktoren (aus den Bereich Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Technologie, Ökologie, Recht) zu sensibilisieren.
Schlussendlich sammeln die Studierenden im Rahmen der nachgelagerten Coachingsessions auf Basis der neu erlernten Inhalte als Output Faktoren für ihre externe Analyse als Teil der im folgenden Modul zu erstellenden SWOT-Analyse.
Modul 5: Organisation und Prozesse
Im Rahmen des fünften Moduls Organisation und Prozesse beschäftigen sich die Studierenden mit Aufbauorganisation, Geschäftsprozesse, Wertschöpfungskette, sowie schlussendlich der internen Analyse. Zusammen mit der im vorherigen Modul durchgeführten externen Analyse dient diese interne Analyse schließlich dazu eine Analyse der Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken (SWOT-Analyse) durchzuführen.
Im Inhaltsblock des fünften Moduls wird den Studierenden zunächst ein Einblick in unterschiedliche Organisationsformen und die Aufbauorganisation gegeben. Außerdem werden die unterschiedlichen Implikationen für die Ablauforganisation skizziert. Im nächsten Schritt werden Geschäftsprozesse definiert und ein kurzer Einblick in das Geschäftsprozessmanagement gegeben. Abschließend wird die Wertschöpfungskette – auch im Zusammenhang mit Abhängigkeiten – skizziert.
Die Beschäftigung mit den beschriebenen Inhalten soll den Studierenden einerseits dabei helfen verschiedene Organisationsformen besser zu verstehen, um auf Basis aller bisher bearbeiteten Businessplan-Elemente diese Informationen für das eigene Organisationsdesign zu nutzen. Andererseits sollen die Inahlte dazu dienen, im Rahmen der Coachingsessions Faktoren für die interne Analyse zu sammeln. Gemeinsam mit den erarbeiteten Faktoren aus der externen Analyse werden diese Findings dann im Rahmen der SWOT-Analyse einander gegenübergestellt, um daraus Strategien (insbesondere für die strategische Weiterentwicklung und das Risikomanagement) abzuleiten.
Modul 6: Finanzierung
Nachdem im Modul eins die Idee rudimentär budgetiert wurde und in den folgenden vier Modulen vom Markt bis hin zur internen Operationalisierung adressiert und geplant wurde, beschäftigt sich das letzte Modul mit der Möglichkeit der Finanzierung des gesamten Vorhabens (Business Plan).
Aufgrund der Tatsache, dass im ersten Semester eines Studiums viele Studierende aus heterogenen sekundären Bildungseinrichtungen kommen und dadurch einen unterschiedlichen Wissensstand bezüglich der Finanzwissenschaft aufweisen, beginnt dieses Kapitel mit einer kompakten Wiederholung und Anwendung der Zins- und Zinseszinsrechnung. Folgend, werden die Studierenden in die Bewertung von Zahlungsströmen eingeführt und erfahren, was Finanzierung bedeutet. Die zuvor gewählten Gruppen finden sich nun final zusammen und reflektieren bzw. adaptieren ihr Budget und finalisieren den Businessplan.
Nutzen und Mehrwert
Die Umstellung auf eine integrierte, qualitätsgetriebene Lehrveranstaltung im ersten Semester erhöht den Austausch der Studierenden mit dem Lehrpersonal von Beginn an. Eine von Anfang an gelebte erkenntnisgetriebene Feedbackkultur, die Studierende aktiv nutzen können, um auch während des Kurses, im Nachhinein und am Ende des Studiums den Ausgang und Erfolg ihres Studiums aktiv mitbestimmen, verbessern und transparent nachvollziehen zu können, ist äußerst wertvoll. Dies führt dazu, dass die Arbeitsbelastung in effektiven Lernerfolg überführt werden kann. Zusätzlich kann man natürlich viele Faktoren des Mehrwertes nennen, aber der wichtigste ist, wenn Studierende erkennen, dass das Erlernte im Gesamtzusammenhang wichtig ist für ihren eigenen Erfolg. Deswegen schätzen sie die Qualität einer Evaluation und eines Monitorings und schaffen es, die gleiche Motivation, die sie am Anfang in sich trugen, inhärent in die Berufswelt zu tragen.