IT-Projekte für Jugendliche

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Die rekordhohe Vertreibung von Menschen vor Krieg, Armut, Gewalt und Verfolgung, die als "Flüchtlingskrise" bezeichnet wird, stellt nicht nur das soziale Sicherungssystem auf den Prüfstand, sondern auch das Bildungssystem. Von den 1.2 Millionen Asylanträgen in Europa fielen 2015 rund zwei Drittel auf Deutschland, Österreich, Ungarn und Schweden. Damit gehören diese Länder zu den Spitzenempfänger/innen von Asylanträgen pro Kopf. Aufgrund des Ausmaßes der menschlichen Tragödie, des hohen globalen Bewusstseins und der Berichterstattungen durch die Medien in den Jahren 2015 und 2016 reagierte eine neuartige und vielfältige Konstellation von Menschen aus der Bevölkerung außerordentlich schnell auf diese Krise und unterstützte Flüchtlinge auf verschiedene Art und Weise. Projekte mit dem Ziel einer schnellen und erfolgreichen Integration der neuankommenden Menschen, unabhängig von Alter, Geschlecht und Wissensstand, sind mit einer Geschwindigkeit, Intensität und Vielfalt entstanden, die es vorher nicht gab. Bildung ist dabei einer der zentralen Erfolgsfaktoren solcher Integrationsbemühungen (Korac, 2003; Rooth, 1999; Stevenson und Willott, 2007). Eine Art von Bildungsinitiative, die während der Flüchtlingskrise entstand, ist die welcome.TU.code Initiative sowie refugees{code}, eine Programmierschule für Geflüchtete. Ziel dieser ist es, Geflüchteten das Programmieren beizubringen und sie so in Gesellschaft und Arbeitsmarkt zu integrieren.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Im Zuge der letzten Entwicklungen rund um die Situation von Flüchtlingen wurden zahlreiche Projekte an der Technischen Universität Wien gestartet. Eines dieser Projekte ist eine gemeinsame Lehrveranstaltung zwischen refugees{code}, einer Programmierschule für Geflüchtete, und der im Sommer 2015 gegründeten Initiative Welcome.TU.code. Auf dem Lehrplan steht Programmieren. Die Vortragenden sind selbst Informatikstudenten und die “eigentlichen Studenten” sind Geflüchtete.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

Concerning the situation of refugees, numerous projects have been started at the University of Technology in Vienna. One of these projects is a joint course between refugees{code}, a programming school for refugees, and the initiative Welcome.TU.code, which was founded in summer 2015. Programming is on the syllabus. The lecturers are themselves computer science students and the "actual students" are refugees.

Nähere Beschreibung des Projekts

Der erste Durchgang dieser Lehrveranstaltung zwischen TU Wien und refugees{code} war ein traditioneller, von Lehrer_innen geleiteter Kurs. Dabei waren die Trainer_innen Informatikstudierende, die mittels Frontalvorträgen und Übungen (anhand von Folien des welcomeTUcode-Teams) die Programmiersprache Java unterrichtet haben. Dazu fanden wöchentlich 3 x 2 Präsenzstunden an der Technischen Universität Wien statt. Der Durchgang hat mit 21 Männern und einer Frau aus fünf verschiedenen Ländern (Syrien, Iran, Indien, Afghanistan, Bangladesch) im Oktober 2016 gestartet und wurde von fünf Teilnehmern (alle männlich) im Jänner 2017 abgeschlossen.

 

Beim zweiten Durchgang wurden die Teilnehmer_innen in zwei Gruppen geteilt, wobei das Lerndesign und die zu erlernende Programmiersprache der ersten Gruppe dem in Durchgang 1 entsprach. Neben den Folien des welcomeTUcode-Teams (siehe Durchgang 1) wurde auch ein bestehender Java-MOOC als Lehr- und Lernmaterial eingesetzt. Die zweite Gruppe wurde nach der Methode des Flipped Learnings sowie dem Problem-basierten Lernen (PBL) unterrichtet. Eingesetzt wurde dafür der MOOC "Introduction to Computer Science" CS50x der Harvard University. Wie auch in Durchgang 1 war die physische Anwesenheit der Teilnehmer_innen erforderlich. Die Präsenzeinheiten beliefen sich bei diesem Durchgang jedoch auf 2 x 3 Stunden pro Woche und wurden wieder von Informatikstudierenden (siehe Durchgang 1) abgehalten. Der Durchgang hat mit 38 Männern und 2 Frauen aus 10 unterschiedlichen Nationen im März 2017 gestartet und wurde im Juni 2017 mit 23 Teilnehmer_innen (21 Männer und 2 Frauen) abgeschlossen.

 

Der dritte Durchgang wurde mit 18 Männern und 3 Frauen aus fünf verschiedenen Ländern (Afghanistan, Syrien, Österreich, Irak, Iran) im Oktober 2017 gestartet. Das Lerndesign, die Lehr- und Lernmaterialien sowie die zu erlernenden Programmiersprachen entsprechen der zweiten Gruppe im zweiten Durchgang. Bis Ende Jänner 2018 lernen die Teilnehmer_innen anhand des MOOCs CS50x der Harvard University. Dabei gibt es, wie in Durchgang 1 und 2, face-to-face-Unterstützung durch die Informatikstudierenden der TU Wien sowie von refugees{code} zur Seite gestellte Trainer_innen und Mentor_innen.

Positionierung des Lehrangebots

Letztlich können alle Studierenden der TU Wien im Rahmen des Transferable Skills Katalog an dieser Lehrveranstalung teilnehmen.

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2018 nominiert.
Ars Docendi
2018
Kategorie: Konzepte und Beispiele im Bereich kooperativer Lern- und Arbeitsformen über Hochschulen und Hochschulsektoren hinweg
Ansprechperson
Reinhard Pichler
Technische Universität Wien
(+43 1) 58801 / 18422
Nominierte Person(en)
Reinhard Pichler
Technische Universität Wien
Nysret Musliu
Database and Artificial Intelligence Group
Alexander Hartveld
refugees{code}
Stefan Steinberger
refugees{code}
Daniela Wolf
refugees{code}
Themenfelder
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Schnittstelle zum Arbeitsmarkt
  • Digitalisierung
Fachbereiche
  • Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik/Ingenieurwissenschaften