Karl-Franzens-Universität Graz
Universitätsplatz 3, 8010 Graz
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KS Game Theory

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

In dem auf Englisch gehaltenen Masterkurs „Game Theory“ (Spieltheorie) geht es mir darum, den Studierenden einen formalen Werkzeugkasten für die Analyse von Situationen strategischer Interaktion zu vermitteln. Mein Ziel ist es, dass Studierende am Ende jedwede reale Situation strategischer Interaktion a) als solche erkennen können, b) das entsprechende Werkzeug für die Analyse dieser Situation identifizieren können, c) dieses Werkzeug dann konkret anwenden können, um schlussendlich d) klar und deutlich kommunizieren zu können, was in dieser Situation aus welchen Gründen geschieht und e) ob und wie man die Situation von außen eventuell (für die betroffenen Personen verbessernd) beeinflussen kann.

 

Der Kurs ist (neben Mathematik und Statistik) dem Modul Analytische Methoden zugeordnet, das am Beginn des Masters „Politische und Empirische Ökonomik“ angesiedelt ist und u. a. darauf abzielt, dass Studierende lernen, geeignete mathematische sowie spieltheoretische Konzepte und Modelle auf wirtschaftliche Fragestellungen anzuwenden sowie eigenständig Modelle zu entwickeln und zu analysieren.

 

Für einen großen Teil der Sozialwissenschaften ist die Spieltheorie für theoretische Forschung das, was die Statistik für empirische Forschung ist: das Fundament. Die Spieltheorie ist unter anderem die Grundlage für die Theorie des imperfekten Firmenwettbewerbs, die Theorie der politischen Prozesse, die Theorie der Institutionenbildung und die Theorie des wirtschaftlichen Handelns allgemein. Die Spieltheorie bildet daher den Grundstock für nahezu alle weiteren theoretischen Überlegungen, die den Studierenden im Laufe des Masterprogramms nähergebracht werden.

 

Mein Ziel in dem Kurs ist es nun, dass sich die Studierenden die Kompetenzen (Lernziele) nachhaltig und tiefgehend aneignen, sodass sie diese im gesamten Masterprogramm und in ihrem (Berufs-)Leben darüber hinaus jederzeit abrufen und effektiv einsetzen können. Um das zu erreichen, lasse ich die Studierenden ausgewählte archetypische strategische Situationen am eigenen Leib erfahren, in dem ich die gesamte Gruppe der Studierenden per Smartphone online-gestützte Spiele spielen lasse. Wo es Sinn macht, ergänze ich diese Erfahrung durch das Zeigen ausgewählter Videos, in denen Menschen denselben Situationen ausgesetzt sind.

Kurzzusammenfassung des Projekts

In dem auf Englisch gehaltenen Masterkurs „Game Theory“ geht es mir darum, den Studierenden einen formalen Werkzeugkasten für die Analyse von Situationen strategischer Interaktion zu vermitteln.

 

Mein besonderes Ziel ist es, dass sich die Studierenden die Kompetenzen (Lernziele) nachhaltig und tiefgehend aneignen. Um das zu erreichen, lasse ich die Studierenden archetypische strategische Situationen am eigenen Leib erfahren, in dem ich die gesamte Gruppe der Studierenden per Smartphone online-gestützte Spiele spielen lasse. Ich ergänze diese Erfahrung durch das Zeigen ausgewählter Videos, in denen Menschen denselben Situationen ausgesetzt sind. Darauf moderiere ich eine Diskussion über die sich ergebenden Erkenntnisse, die zuletzt zu einer gemeinsamen Erarbeitung neuer Werkzeuge führt. Dies unterstütze ich mit Folien, die ich den Studierenden per Moodle vorab zukommen lasse.

 

Durch das eigene Spielen haben die Studierenden eine hautnahe Erfahrung der strategischen Interaktion und werden auf spielerische Art dazu gezwungen, sich wirklich mit der Situation auseinanderzusetzen und die Inhalte nachhaltig und tiefgehend zu erlernen. Durch die Nutzung von „student response systems“ und Smartphones ist eine relative Anonymität gewährt, was die Hemmschwelle der Studierenden senkt. Lehrende der auf Spieltheorie aufbauenden Lehrveranstaltungen können auf intensive Wiederholung der Theorie verzichten und sich darauf verlassen, dass die Studierenden das Werkzeug stets parat haben.

Nähere Beschreibung des Projekts

Ich habe den Kurs „Game Theory“ stufenartig aufgebaut, wobei die Werkzeuge, die ich mit den Studierenden erarbeite, nach einer Art Verfeinerungsgrad geordnet sind. Insgesamt erarbeite ich mit den Studierenden 10 Werkzeuge für die Analyse von Situationen strategischer Interaktion in 15 Einheiten (zu je 3 Stunden).

 

Eine Kurseinheit sieht nun wie folgt aus: Nach einer Zusammenfassung der intendierten Lernziele der vorangegangenen Einheit führe ich eine neue interessante, reale Situation strategischer Interaktion ein. Diese Situation ist so gewählt, dass sie möglichst einfach ist, aber auch so beschaffen ist, dass sie mit dem bisher verfügbaren Wissensstand nicht befriedigend analysiert werden kann und eben ein neues Werkzeug benötigt, das ich dann mit den Studierenden erarbeite.

 

Ich führe die Situation so ein, dass ich die Studierenden mit Hilfe eines „student response systems“ (zuletzt socrative.com) als erstes ein von der Situation direkt motiviertes kleines Spiel spielen lasse. Die Studierenden benötigen dazu ein Smartphone, verwenden ihren Internetbrowser und loggen sich mit einem Passwort in mein Spiel ein. Sie finden in diesem Online-Tool eine dem Spiel entsprechende vorgegebene Menge an möglichen Aktionen, wovon sie eine wählen müssen. Meist wiederhole ich das Spiel ein paarmal, bis alle Studierenden die Situation gut verstehen.

 

Beispiele hierfür sind ein Spiel, das die strategische Interaktion zwischen dem Schützen / der Schützin und dem Torhüter / der Torhüterin im Elfmeterschießen im Fußball widerspiegelt, oder ein Spiel, das die strategische Interaktion von Menschen im Straßenverkehr nachstellt, und ein Spiel, das einem Teilaspekt der strategischen Interaktion von Investoren / Investorinnen am Aktienmarkt nachempfunden ist (und die Möglichkeit der rationalen Blasenbildung aufzeigt).

 

In zwei bis drei Fällen zeige ich den Studierenden noch vor dem Online-Spiel ein kurzes Video, in dem Menschen in derselben Situation gezeigt werden, um welche es im Spiel geht. Zwei dieser Videos sind Auszüge aus Game-Shows, eines aus der US-Game-Show „Survivor Thailand“ (Season 5, Episode 6 aus dem Jahr 2002), das zweite aus der deutschen Game-Show „Schlag den Raab“ (Staffel 6, Folge 31, verfügbar unter www.myspass.de/shows/tvshows/schlag-den-raab/Spiel-4-Kartenduell--/6244/ bzw. Staffel 1, Folge 40 unter www.prosieben.at/tv/schlag-den-raab/video/140-spiel-6-karten-duell-clip). Das dritte Video habe ich selbst bei einem Forschungsaufenthalt am Kyoto Institute of Economic Research angefertigt, indem ich mich 15 Minuten lang vor eines der beiden Haupttore des Unicampus gestellt und die vielen Radfahrenden gefilmt habe, die durch dieses Tor ein- und ausfahren. Ich setze dieses Video auch manchmal zur Motivation bei Forschungsvorträgen ein, da es gewisse Probleme bei der strategischen Interaktion der Radfahrenden (es kommt in den 15 Minuten sechsmal zu Beinahezusammenstößen) aufzeigt.

 

Nach dem Spiel bzw. Video moderiere ich eine Diskussion der Studierenden zu den Fragen, was sie wahrgenommen haben, was geschehen ist und wie man darüber (aus Perspektive der Spieltheorie) nachdenken könnte. Das führt die Studierenden üblicherweise zuerst zur Erkenntnis, dass das bisherige Werkzeug für die Analyse der vorliegenden Situation nicht hinreichend ist, liefert ihnen aber auch gleich Ideen, welche Art von Werkzeug eventuell nützlich wäre. Danach erarbeiten wir ein sich aus der Diskussion ergebendes neues, verfeinertes Werkzeug, mit dem man in dem vorliegenden Spiel das Verhalten gut erklären kann, unterstützt durch meine Erklärungen und Folien, die ich den Studierenden schon vor der Vorlesung über Moodle verfügbar mache. Danach folgt eine Diskussion über die Anwendungsgebiete und die Grenzen dieses Werkzeugs.

 

Bewertet (geprüft) werden die Studierende auf folgende Art: Im Laufe des Semesters gibt es vier bis fünf Übungsblätter, die die Studierenden selbstständig oder in Gruppenarbeit fernab des Hörsaals erarbeiten. Dazu gibt es jeweils ein Online-Quiz über Moodle, in dem von den Übungsblättern abweichende Fragen gestellt werden. Die Fragen im Quiz kann man aber nur beantworten, wenn man die Übungen durchgegangen ist. Zu Beginn jeder Einheit lasse ich die Studierende auf freiwilliger Basis die Übungen an der Tafel im Hörsaal vor allen durcharbeiten. Ich moderiere dann die Diskussion der Studierenden über etwaige Fehler oder andere Ansätze. Die Teilnahme am Quiz macht 20% der Note aus, weitere 5% werden für konkrete Mitarbeit im Hörsaal vergeben. Zusätzlich gibt es außerdem ein Midterm Exam und ein Final Exam, die 35% sowie 40% der Note ausmachen.

 

Besonders wichtig in diesem Kurs ist mir, dass die Studierenden tatsächlich spielen. Die Studierenden haben dadurch eine hautnahe Erfahrung der strategischen Interaktion und werden auf spielerische Art dazu gezwungen, sich wirklich mit der Situation auseinanderzusetzen. Durch die Nutzung von „student response systems“ und Smartphones ist eine relative Anonymität gewährt, was die Hemmschwelle der Studierenden senkt. Dadurch werden auch schüchternere Studierende zum Mitmachen und zum selbstständigen Nachdenken angeregt. Durch die hautnahe Erfahrung erlernen die Studierenden die Werkzeuge nachhaltig. Lehrende der auf Spieltheorie aufbauenden Lehrveranstaltungen können auf intensive Wiederholung der Theorie verzichten und sich darauf verlassen, dass die Studierenden das Werkzeug stets parat haben.

 

Ein von mir ähnlich gestalteter Kurs, den ich an der Uni Bielefeld gehalten habe, wurde offiziell von den Studierenden bewertet. Aus dieser Evaluation sowie persönlicher Kommunikation mit den Studierenden ging klar hervor, dass die Nutzung von „student response systems“ und Smartphones von den Studierenden sehr geschätzt wird. Weiters bestätigten mir jetzige Studierende in persönlicher Kommunikation, dass sich durch den Einsatz von „student response systems“ und Smartphones die Werkzeuge in der Tat tiefergehend einprägen. Ich entwickle den Kurs stets weiter, wobei ich hier das Feedback der Studierenden aufnehme. Besonders informativ finde ich hier die Prüfungsergebnisse, die mir am meisten Aufschlüsse darüber geben, was zu welchem Grad bei den Studierenden angekommen ist.

Positionierung des Lehrangebots

zu Beginn des 2-jährigen Masterprogramms "Political and Empirical Economics"

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2017 nominiert.
Ars Docendi
2017
Kategorie: Digitale Lehr- und Lernelemente in Verbindung mit traditionellen Vermittlungsformen
Ansprechperson
Christoph Kuzmics
Institut für Volkswirtschaftslehre
0316 380 7111
Nominierte Person(en)
Christoph Kuzmics
Institut für Volkswirtschaftslehre
Themenfelder
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Infrastruktur/Lehrmaterialien
  • Digitalisierung
  • Rund ums Prüfen
Fachbereiche
  • Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften