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Theorie und Praxis ziviler Konfliktbearbeitung am Beispiel von Mikro- und Makrogeschichte/n im Alpen-Adria-Raum
Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung
Das Ziel der Lehrveranstaltung ist es, die Teilnehmer_innen mit praktischen Ansa?tzen fu?r Konfliktanalyse und Konflikttransformation vertraut zu machen, welche auch die Tiefendimensionen und unbewussten Dynamiken eines Konfliktes sichtbar machen und mitberu?cksichtigen. Anhand des Fallbeispiels des Ka?rntner „Volksgruppenkonflikts“ zwischen Minderheits- und Mehrheitsbevo?lkerung sollen die Teilnehmer_innen sich das, vom “Herbert C. Kelman Institute for Interactive Conflict Transformation” entwickelte, Verfahren der Interaktiven Konflikttransformation aneignen und im Austausch mit Vertreter_innen aus Politik, Kultur, Zivilgesellschaft und Wirtschaft anwenden.
Kurzzusammenfassung des Projekts
Das Projekt wird von einem vierköpfigen Lehrenden-Team aus den Disziplinen Konfliktforschung, Psychologie, Rechtswissenschaften, Geschichte, Philosophie, Sozial- u. Kulturanthropologie sowie Wirtschaft getragen. Im Mittelpunkt des interdisziplinären Lehr-Projekts steht die Idee, Studierende nicht nur theoretisch mit Methoden der Konfliktbearbeitung vertraut zu machen, sondern diese dabei zu unterstützen, sich – durch praktische Anwendung – Kompetenzen im Bereich der Konfliktbearbeitung anzueignen. Zentral ist dabei, dass die Studierenden lernen, sich aus unterschiedlichen Perspektiven – sowohl disziplinär als auch im Sinne der Konfliktparteien – mit einem bestimmten Konfliktfeld auseinanderzusetzen. Zur bestmöglichen Umsetzung dieses Vorhabens werden Vertreter_innen unterschiedlicher gesellschaftlicher Bereiche aus Kärnten/Koroška eingeladen. Diese nehmen in ihrer Rolle als Konfliktakteur_innen an LV-internen Gesprächsrunden teil und stehen darüber hinaus für Interviews mit den Studierenden zur Verfügung. Die Studierenden erhalten dadurch die Möglichkeit, sich in Arbeitsgruppen in der Rolle von Konfliktberater_innen zu versuchen und die vielschichtigen Dimensionen der im Alpen-Adria-Raum vorhandenen Konflikte aufzuschlüsseln. Aufbauend darauf erarbeiten sie eigenständig – begleitend beraten von den LV-Leiter_innen – Konflikttransformationsstrategien, die in weiterer Folge mit den Gesprächsteilnehmer_innen aus Zivilgesellschaft, Politik, Kultur u. Wirtschaft diskutiert werden.
Nähere Beschreibung des Projekts
Die Lehrveranstaltung verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz durch:
- (1) Erarbeitung theoretischer Grundlagen der Ansätze und Methoden der Interaktiven Konflikttransformation mit den Studierenden;
- (2) forschungsgeleitete Intervention im Sinne der Interaktiven Konflikttransformation durch Einladung und Einbeziehung von Vertreter_innen der Zivilgesellschaft, die in einem ausgewählten gesellschaftlichen Konflikt als Akteur_innen auftreten und im Rahmen der Lehrveranstaltung zu Diskussionsrunden und Interviews mit den Studierenden und einer abschließenden Diskussion der erarbeiteten Ansätze der Studierenden beigezogen werden;
- (3) eigenständige Forschungsarbeit der Studierenden „im Feld“ unter Begleitung und permanenter Reflexion – insb der eigenen Forschungshaltung;
- (4) Kommunikation und Evaluation mit den einbezogenen Vertreter_innen der Zivilgesellschaft, um einen Wissenstransfer in die betroffene Öffentlichkeit zu ermöglichen.
Die vorliegende Lehrveranstaltung entwickelt Ansätze, die an der Harvard University (Prof. Kelman, Weatherhead Center for International Affairs) erprobt wurden, studierendenorientiert weiter: Studierende sollen befähigt werden, das Verfahren der Interaktiven Konflikttransformation als Instrument zur Analyse komplexer gesellschaftlicher Konflikte in seinen Wurzeln in der Konflikt- und Friedensforschung theoretisch zu erlernen und praktisch anzuwenden im Austausch mit Akteur_innen eines Konfliktes vor Ort: „Nationalen“ gegenwärtigen und historischen Konflikten in der Alpen-Adria-Region mit Fokus auf den „Volksgruppenkonflikt“ in Kärnten/Koroška.
Beschreibung der Lehrveranstaltung:
Interkulturelle und ethnopolitische "Identitätskonflikte" - zeichnen sich durch einen hohen Grad an Komplexität aus. Herkömmliche Konfliktbearbeitung – wie etwa Konfliktmanagement und Verhandlungen – scheitert oft, weil es nicht gelingt, diese Komplexität in entsprechender Weise zu berücksichtigen.
In dieser Lehrveranstaltung werden die Studierenden dazu angeleitet das Verfahren der Interaktiven Konflikttransformation am Beispiel des Kärntner „Volksgruppenkonflikts“ zu erlernen und sich dadurch mit theoretischen und praxeologischen Konzepten der Konfliktbearbeitung vertraut zu machen, die sowohl komplexere Konfliktanalysen, als auch kreativere Problemlösungen und nachhaltigere Friedensprozesse ermöglichen sollen.
Da die Studierenden im Rahmen der LV ihre Forschungsfragen, Hypothesen und Arbeitsergebnisse mit Vertreter_innen aus Zivilgesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur diskutieren, findet Wissenstransfer nicht nur einseitig in Richtung der Studierenden, sondern auch in Richtung der breiteren Gesellschaft statt.
Im Laufe der vergangenen Jahre ist es gelungen, verschiedenste Vertreter_innen des Kärntner „Volkgruppenkonflikts“ zu Gesprächen in die Lehrveranstaltung zu bewegen; begonnen bei Obmännern und Obfrauen, bzw. Geschäftsführer_innen und Vorstandsmitgliedern der Vertretungsorganisationen der Minderheits- und Mehrheitsbevölkerung in Kärnten/Koroška, über Kommunal- und Landespolitiker_innen bis hin zu VertreterInnen aus den Bereichen Kirche und Jugend sowie zivilgesellschaftlicher Initiativen.
Von besonderem Wert für die Studierenden ist die einzigartige Möglichkeit diese „Konfliktakteure“ in Form von Gesprächsrunden im Dialog miteinander zu erleben, zumal viele der bislang eingeladenen Akteure bisher nur (!) im universitären Setting bereit waren, für einen Dialog zusammenzutreffen.
Damit knüpft die Lehrveranstaltung nicht nur inhaltlich an der Arbeit des Harvard-Professors Herbert C. Kelman an, sondern auch an dessen Credo für Dialogarbeit, dass die Universität ein optimales Setting für das in Dialog bringen von Konfliktparteien ist.
Die Lehrveranstaltung hat insofern – ganz im Sinne des Wissenstransfergedankens - auch nachhaltig positive Auswirkungen auf ein seit 2013 parallel laufendes österreichisch-slowenisches Dialogprojekt mit dem Fokus historische Versöhnung und gemeinsame Zukunftsgestaltung und vice versa profitiert auch die LV von damit in Zusammenhang stehenden Synergieeffekten.
Lehrinhalte:
Im Mittelpunkt der Lehrveranstaltung steht das Erlernen des Verfahrens der Interaktiven Konflikttransformation. In Kleingruppen eignen sich die Studierenden das, in der Tradition von „Interactive Conflict Resolution“ (Kelman, Burton, Azar, Mitchell et al.) stehende, Verfahren Interaktiver Konflikttransformation („3 Phasen–9 Perspektiven-Modell“) in Anwendung auf Konflikte der Alpen-Adria-Region mit Fokus auf den „Volksgruppenkonflikt“ in Kärnten/Koroška an.
Hierfür werden aus dem Alpen-Adria-Raum (mit Fokus Kärnten/Koroška) Repräsentant_innen der Vertretungsorganisationen der Minderheits- und Mehrheitsbevölkerung ebenso eingeladen, wie Vertreter_innen aus Kommunal- und Landespolitik, der Kirche, Wirtschaft und Kultur. Diese nehmen in ihrer Rolle als Konfliktakteur_innen an LV-internen Gesprächsrunden teil und werden darüber hinaus für Interviews mit den Studierenden eingeladen.
Die Studierenden erhalten dadurch die Möglichkeit, sich in Arbeitsgruppen in der Rolle von Konfliktberater_innen zu versuchen und die vielschichtigen Dimensionen der im Alpen-Adria-Raum vorhandenen Konflikte aufzuschlüsseln. Aufbauend darauf erarbeiten sie eigenständig Konflikttransformationsstrategien, bzw. Lösungsperspektiven, die in weiterer Folge mit den Diskussionsteilnehmer_innen aus Zivilgesellschaft, Politik, Kultur und Wirtschaft diskutiert werden.
Auf diese Weise findet Wissenstransfer nicht nur in Richtung der Studierenden statt, sondern auch in Richtung der gesellschaftlichen Vertreter_innen. Im Laufe der letzten Jahre hat sich gezeigt, dass sich dadurch tatsächlich positive Effekte im Hinblick auf eine nachhaltige Transformation des Kärntner Volksgruppenkonflikts, bzw. sogar über Kärntens Grenzen hinaus erzielen lassen.
Um diese komplexe Aufgabenstellung erfüllen zu können, erhalten die Studierenden im Laufe des Lehrveranstaltungsblocks Inputs zu den folgenden Themen:
1. Geschichte/n der Konflikte im Alpen-Adria-Raum mit Fokus auf den Kärntner „Volksgruppenkonflikt“.
2. Theorien von Frieden, Konflikt, Gewalt und Methoden ziviler Konfliktbearbeitung und "Peacebuilding" (Gewaltprävention, Mediation und Versöhnung, bzw. Umgang mit Vergangenheit) mit besonderer Berücksichtigung der Ansätze "bedürfnisorientierter", "interaktiver" Problem- und Konfliktlösung.
3. Einführung in Psychotraumatologie mit Schwerpunkt auf transgenerationelle Traumaweitergabe und Identitätskonstruktionen von Großgruppen (Volkan) am Beispiel der Implikationen des Kärntner „Volksgruppenkonflikts“ auf Angehörige der Minderheits- und Mehrheitsbevölkerung.
4. Reflexion des persönlichen Umgangs mit Konflikten durch die Auseinandersetzung mit (unbewusst) wiederkehrenden Konfliktbearbeitungsstrategien, bzw. "Konfliktumgangsstilen" sowie „Identitätskonstruktionen“ und deren Relevanz für das Feld der Konfliktbearbeitung (in Einzelarbeit, Kleingruppen und Paaren).
Schwerpunkte und Besonderheiten:
Die Ausrichtung der Lehrveranstaltung ist interdisziplinär: Sie verbindet im Sinne einer transdisziplinären Friedens -und Konfliktforschung Erkenntnisse der Geschichts-, Politik-, und Rechtswissenschaften, Sozialpsychologie und Friedens- und Konfliktforschung. Diese Disziplinen sind notwendig zur Erfassung komplexer gesellschaftlicher Konflikte wie der „Kärntner Volksgruppenfrage“. Daher nimmt sich ein interdisziplinäres Team von Lehrenden der Durchführung der Lehrveranstaltung an.
Studierende haben in der Lehrveranstaltung die Möglichkeit, nicht nur eigenständige Forschungsleistungen – in Teamarbeit – zu erarbeiten, sondern mit Akteur_innen eines Konfliktes zu arbeiten und die Ergebnisse ihrer Analysen und Interventionsvorschläge mit Betroffenen zu diskutieren und im Feld zu „spiegeln“.
Studierende können an Dialogen partizipieren und diese – unter Begleitung und Reflexion mit dem Lehrendenteam – mit beeinflussen.
Die Lehrveranstaltung nutzt verschiedene didaktische Methoden (dialogischer Unterricht, Vortrag, Gruppenarbeiten, Einzel- und Paararbeiten) und Medien (Flipchart, Powerpoint, Filme) und greift insb auf Ressourcen zurück, die Studierende selbst einbringen.
Die Lehrveranstaltung verfügt über mehrere Reflexions- und Evaluationsschleifen, die den Prozess begleiten und permanente Rückmeldungen über das Befinden der Studierenden und Teilnehmer_innen ermöglichen und den Lern- und Prozessfortschritt offenlegen und gegebenenfalls die Möglichkeit zur Reaktion durch das Lehrendenteam bieten.
Positionierung des Lehrangebots
BA/MA alle Studienrichtungen/Semester
- Lehr- und Lernkonzepte
- Sonstiges
- Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften