Leistungsfeststellung mit der Lego Serious Play Methode

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Im dritten Semester des berufsbegleitenden Master-Studiengangs Unternehmensführung für kleine und mittlere Unternehmen werden im Modul Changemanagement II die Lehrveranstaltungen Innovationsmanagement, Krisenmanagement und Geschäftsmodell-entwicklung mit einer interdisziplinären Leistungsfeststellung (Modulprüfung) abgeschlossen.

Um die Inhalte der drei Lehrveranstaltungen in einem integrativen Prüfungskonzept zu verbinden und gleichzeitig die Vorgaben des kompetenzorientierten Prüfens umzusetzen, wurde im Wintersemester 16/17 diese Modulprüfung erstmals mittels der Lego Serious Play Methode durchgeführt.

Die Zielsetzung war eine Methode anzuwenden, welche für den Nachweis der Erreichung der intendierten Lernergebnisse des Moduls und der darin verankerten Lehrveranstaltungen in Verbindung mit den beruflichen und persönlichen Erfahrungen der (berufsbegleitend) Studierenden adäquat ist, und somit als Instrument einer kompetenzorientierten Leistungsfeststellung auch die Qualität der Prüfung optimiert.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Im berufsbegleitenden Masterstudiengang Unternehmensführung für kleine und mittlere Unternehmen werden im Modul Changemanagement drei Lehrveranstaltungen mit einer interdisziplinären Modulprüfung abgeschlossen.

 

Zur Darstellung und Demonstration der Erreichung der Lernergebnisse der drei Lehrveranstaltungen in Verbindung mit den beruflichen bzw. persönlichen Erfahrungen der Studierenden wurde im Sinne einer kompetenzorientierten Leistungsfeststellung im Wintersemester 16/17 mittels Lego Serious Play “geprüft“. Die LSP Methode kann verborgenes Potential erschließen, starre Denkweisen aufbrechen und eignet sich insofern als Instrument der Leistungsfeststellung, da besonders das deklarative Gedächtnis aktiviert wird (episodisches und semantisches Gedächtnis gleichermaßen). Der klar strukturierte Kernprozess der LSP Methode ermöglicht einen transparenten Prüfungsablauf wie folgt:

 

1. Frage stellen (Lehrende)

2. Bauen (Studierende Antwort vorbereiten)

3. Teilen (Geschichte zum Modell erzählen, Antwort geben)

4. Reflektieren (Studierende, Lehrende, das Lernergebnis)

 

Die Modulprüfung erfolgte in geblockten Einheiten am Semesterende. Es zeigte sich, dass diese Prüfungsmethode die Kompetenzorientierung wesentlich unterstützt, Problemlösungsfähigkeit und Kreativität verlangt und gleichzeitig auch die Gedächtnisleistung der Studierenden erhöht: alle Studierenden erklärten ihre Modelle unter Bezugnahme auf und unter Vernetzung mit Lerninhalten aus früheren Semestern.

Nähere Beschreibung des Projekts

Die Methode: Lego Serious Play (kurz LSP)

 

Die Methode LSP basiert auf einem Konzept, das nunmehr seit mehr als 15 Jahren als interaktives Tool in unterschiedlichsten Unternehmens- bzw. Geschäftsbereichen eingesetzt wird und dem übergeordneten Themenbereich des Actionlearning, also des erfahrungsbasierten Lernens, entstammt. Die theoretischen bzw. systemtheoretischen Grundlagen basieren auf Erkenntnissen aus Lernbiografien, Theorien der Gamebased Learning Konzepte, sowie auf Erkenntnissen der Hirnforschung.

Beim Einsatz des LSP erfolgt eine Verbindung von konzeptionellem Denken und gleichzeitigem spielerischen Gestalten mit den Händen, wodurch nicht nur generell sämtliche Gehirnaktivitäten, sondern ganz besonders das Erinnerungsvermögen und die Gedächtnisleistung intensiviert und kreative, innovative Leistungen forciert werden.

Diese Form der „Nutzung der Weisheit der Hände“ (Scharmer 2009) führt in spielerischer Weise zu innovativen Problemlösungen, Systemdarstellungen sowie zur Vernetzung unterschiedlicher Theorien und Lösungskomponenten. Darüberhinaus werden in diesem Prozess sowohl individuelles Wissens und individuelle Kreativität abgerufen, aber auch die kooperative Zusammenarbeit (Co-Creation) im Team wird gefördert.

Wenn Personen im „Spielbetrieb“ arbeiten, sind ihre Konzentration und Aufmerksamkeit erhöht, sie befinden sich zumeist auch in einem Stadium starker intrinsischer Motivation. Spielende selbst beschreiben ihren Zustand als frei, ohne Zeitdruck, ohne Produktions-und Leistungsdruck.

Die Konzentration auf das Bauen des LSP Modells fördert zudem die Fähigkeit sich auf spezielle bzw. relevante Themen über einen längeren Zeitraum zu fokussieren („flow“).

Die Lego Serious Play Methode lässt sich für effiziente Meetings und Workshops einsetzen, ist aber besonders geeignet um verborgenes Potential/Wissen „abzurufen“, Kreativität und Innovationen zu fördern und starre Denkweisen aufzubrechen.

 

Als Tool für eine Leistungsfeststellung beziehungsweise (kompetenzorientierte) Prüfung erweist sich die Methode unter anderem vor allem deshalb geeignet, da besonders das deklarative Gedächtnis, - sowohl das episodische als auch das semantische Gedächtnis - aktiviert wird.

Lego- beziehungsweise Duplo-Bausteine und Figuren sind die „Sprachbausteine“ mittels derer Vorstellungen und Ideen in die Realität umgesetzt, oder besser gesagt gebaut werden. Lego Serious Play ist kein simples Trainingsinstrument, sondern ein Denk-Kommunikations- und Problemlösungsansatz für reale Fragen und Vorgaben und baut auf einem systematischen, gruppendynamischen Prozess auf, der einem demokratischen Prinzip folgt, d.h.:

 

- für das Bauen gibt es weder den richtigen noch den falschen Weg,

- jede/jeder muss bauen,

- jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer hat ein Recht auf seine/ihre Geschichte bzw. sein/ihr Modell,

- die Geschichten gehören den „Erbauern“ d.h. hinterfragt wird das Modell bzw. die Geschichte, niemals die Personen dahinter,

- jede Teilnehmerin, jeder Teilnehmer ist in allen Phasen des Projekts dabei,

- der Prozess ist konstant, d.h. der Verlauf ist immer gleich von individuell (bauen) zu sharing (Geschichte erzählen); daraus ergibt sich die Mindestteilnehmer-/Mindestteilnehmerinnenzahl von zwei Personen,

- die Lego- oder Duplobausteine alleine haben keine Bedeutung, letztere entsteht erst durch das gebaute Modell und die Geschichte.

 

Damit ergibt sich auch ein klar strukturierter Prüfungsablauf mit klar definierten Rollen entsprechend dem Kernprozess der Lego Serious Play Methode:

 

1. Frage stellen (die Lehrenden)

2. Bauen (die Studierenden, die Antwort vorbereiten und gestalten)

3. Teilen (die Geschichte zum Modell erzählen, die Antwort geben)

4. Reflektieren (Studierende und Lehrende, das eigentliche Lernergebnis)

 

 

Konkreter Ablauf des Projekts:

 

Um die Studierenden auf die Gemeinsamkeiten der drei Lehrveranstaltungen des Moduls einzustimmen wurde am Anfang des Semesters ein Film gezeigt, „Unter Wasser: Mega Cities in Gefahr“, Dokumentarfilm, Frankreich 2015, der in eindrucksvoller Weise den Zusammenhang zwischen Krise und Innovation als Basis für die Generierung neuer Geschäftsmodelle aufzeigt.

In der Folge wurden die drei Lehrveranstaltungen (Geschäftsmodell-Entwicklung, Krisenmanagement und Innovationsmanagement) ohne weitere Änderungen oder zusätzliche Hinweise auf das neue Prüfungsformat abgehalten.

Die Leistungsfeststellung/Modulprüfung erfolgte schließlich in Sessions, geblockt zu vier bis fünf Lehrveranstaltungseinheiten (à 45 Min.) am Ende des Semesters.

Die insgesamt 30 Studierenden der Kohorte wurden in drei Gruppen zu je zehn Studierenden eingeteilt (acht bis zehn Personen sind die maximale Gruppengröße für einen sinnvollen Einsatz der LSP Methode unter diesen Zielvorgaben).

Im ersten Teil dieser Prüfungssession (80-90 Minuten) wurden den Studierenden die Lego Serious Play Methode, deren Einsatzmöglichkeiten und die Serious Play-Etiquette erläutert. Diesem theoretischen Teil folgte eine Pause und anschließend wurden die Studierenden in einen anderen Seminarraum geführt, in welchem der Lego-Bausatz und die individuellen Arbeitsplätze bereits vorbereitet waren.

 

Die Lehrenden der im Modul zusammengefassten Lehrveranstaltungen hatten sich bereits im Vorfeld im Zuge der LV-Vorbereitung über eine geeignete Fragestellung, die den Studierenden im Rahmen dieser Leistungsfeststellung mittels LSP gestellt werden sollte geeinigt. Die Frage war so zu formulieren, dass sowohl die theoretischen Erkenntnisse und Lehrinhalte aus den Lehrveranstaltungen, als auch die praktischen Erfahrungen der berufsbegleitend Studierenden für die Beantwortung maßgeblich waren.

 

Diese aus der Projektvorbereitung bereits formulierte Prüfungsfrage wurde bekannt gegeben: “Sie sind Führungskraft in einem kleineren oder mittleren Unternehmen und bewegen sich derzeit im Spannungsfeld zwischen Krise und Innovation. Gestalten Sie ihren individuell, strategischen und operativen Wirkungsbereich um ihre Führungsfunktion optimal erfüllen zu können.“

Nach Bekanntgabe der Prüfungsfrage hatten die Studierenden circa eine halbe Stunde Zeit ihr individuelles Lego Modell zur Beantwortung der Frage zu bauen. Anschließend erzählten die Studierenden die Geschichte ihres Modells. Eine Prämisse der Lego Serious Play Etiquette ist: build and share, d.h. jedes Gruppenmitglied ist in allen Stufen des Prozesses eingebunden, jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer baut, erzählt seine/ihre Modell-Geschichte und hört auch alle anderen Geschichten.

Im Anschluss können Modell beziehungsweise Geschichte von den Zuhörenden bzw. den Lehrenden hinterfragt werden. Eine Grundannahme der Lego Serious Play Methode ist: „das Modell gehört dem Erbauer“, dies führt zu einer sehr sachlichen, wertschätzenden Kommunikation in der Prüfungssituation, da niemals einzelne Personen hinterfragt werden, sondern lediglich das Modell beziehungsweise die Geschichte des Modells.

 

Anhand der bereits vorher festgelegten Parameter für die Leistungsfeststellung wurden nun sowohl die Fragen der Mit-Studierenden (Peers) als auch die Antworten auf die Fragen der Lehrenden für die Ermittlung der Punktezahl herangezogen. Im konkreten Fall gab es fünf Punkte für das Modell selbst, d.h. beantwortet das Modell beziehungsweise die Geschichte des Modells die Fragestellung, wurden die einzelnen Komponenten (Führungskraft, Krise, Innovation, Führungsfunktionen) der Frage berücksichtigt und dargestellt und ist ein Lösungsansatz ableitbar. Gleichzeitig mit der Formulierung der Fragestellung wurden die Parameter für die Evaluierung der Leistung festgelegt, die Beurteilungskriterien wurden den Studierenden zu Beginn der Leistungsfeststellung/ Prüfung bekannt gegeben. Für diese Leistungsfeststellung wurden auch die Kommentare/ Fragen der Peers/ Mit-Studierenden mit einbezogen und zwar in Bezug auf Verständlichkeit der Geschichte zum Modell, beziehungsweise der Klarheit der Darstellung in Relation zur Fragestellung.

 

Weitere, maximal fünf Punkte wurden für eine zusätzliche Frage (gestellt von den Lehrenden) vergeben, welche die Beziehung Modell und Theorie reflektieren sollte.

 

 

Conclusio

 

Der Einsatz dieser Methode wurde von allen Beteiligten sehr geschätzt, für die Studierenden waren die Kriterien der Leistungsbeurteilung transparent, logisch und zielführend. Aufgrund des Erfolges dieses Projektes wird die Lego Serious Play Methode im Sommersemester 2017 für eine weitere Modulprüfung herangezogen.

 

Mehrwert aus dem Projekt

 

Es zeigt sich, dass diese Prüfungsmethode die Kompetenzorientierung sehr stark unterstützt, Problemlösungskompetenz und Kreativität in gleicher Weise erfordert. Die Modelle/Geschichten bezogen sich nicht nur auf die Inhalte der drei Lehrveranstaltungen des Moduls, sondern in allen Fällen wurden Beispiele aus der Praxis beziehungsweise aus der eigenen beruflichen Situation mit eingearbeitet, und in den Gesprächen ausführlich reflektiert. Eine Prämisse der LSP Methode hat sich ebenfalls klar gezeigt, und zwar die Erhöhung der Gedächtnisleistung: sämtliche Studierende erklärten ihre Modelle unter Einbezug von Wissen und Lerninhalten aus früheren Semestern und waren oft selbst erstaunt über ihr Wissen. Als Mehrwert kann auch die von allen Teilnehmenden beschriebene, angenehme Prüfungssituation angeführt werden.

Ein weiteres Lernziel dieser Lehrveranstaltungen, nämlich den Master Studierenden adäquate, sinnvolle Methoden aufzuzeigen, die sie in ihrem beruflichen Umfeld erfolgreich einsetzen können, wird ebenso erreicht: denn die LSP Methode wird in der Praxis in zahlreichen Unternehmen und Organisationen eingesetzt (z.B. im Prozess der Strategieentwicklung, in Innovationsprozessen, als Phase eines Design Thinking Ansatzes, etc.).

 

Die Studierenden meinten dazu, dass es außerdem viel einfacher sein wird im beruflichen Umfeld eine Methode vorzuschlagen, die man selbst ausprobiert hat, beziehungsweise deren Nützlichkeit man schon selbst getestet hat.

Zitat von Studierenden: „wir möchten uns sehr herzlich bei Ihnen für die Vorbereitung und die Mühe, die Sie beide in das Projekt investiert haben, bedanken.

Unsere Autoheimfahrt nach Wien war von so regem Austausch und Begeisterung geprägt, wie wir es in den drei Jahren unseres Bachelorstudiums noch nie erlebt hatten! Man erkennt, dass auf der IMC FH Krems Qualität und Innovation nicht nur gelehrt, sondern auch gelebt werden.

So macht ein Studium Freude! Danke für Ihren Einsatz und diese tolle Erfahrung.“

Positionierung des Lehrangebots

Master, drittes Semester (Vollzeit) resp. Master viertes Semester Berufsbegleitend

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2017 nominiert.
Ars Docendi
2017
Kategorie: Persönlichkeitsorientierte und/oder kreativitätsfördernde Ansätze in Lehrveranstaltungen und Studierendenbetreuung
Ansprechperson
Prof(FH) Mag.Silvia Kucera
Studiengangsleitung
0043 2732 802
Nominierte Person(en)
Prof(FH) Mag.Silvia KUCERA
Studiengangsleitung
Themenfelder
  • Rund ums Prüfen
Fachbereiche
  • Wirtschaft und Recht