Studierende an der Veterinärmedizinischen Universität in praktischen Labor-Übungen für Nachhaltigkeitsfragen sensibilisieren

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Ziele

In diesem Projekt ging es uns darum, die Studierenden an der Veterinärmedizinischen Universität Wien für einen nachhaltigen Umgang mit Einmal-Plastikartikeln, die im Rahmen der praktischen Übungen im biochemisch-/diagnostischen Labor anfallen, zu sensibilisieren. Gemeinsam mit den Studierenden wollten wir ein Konzept entwickeln, das ein leichtes Sammeln von verschiedenem recycelbaren Plastikabfall während Labor-Übungen erlaubt, dessen Machbarkeit demonstrieren und erfolgreiche Maßnahmen zur Umsetzung zwecks weitgehender Nachahmung dokumentieren.

Motive

Auch wenn der Nachhaltigkeitsgedanke mittlerweile in vielen Lebensbereichen angekommen ist, werden erfolgreiche Strategien zur Minimierung des Ressourcenverbrauchs in der praktischen Lehre kaum kommuniziert und können daher auch nicht als Anreiz oder Vorbild fungieren. Dies erklärt vielleicht, warum sich hartnäckig das Vorurteil hält, dass der Aufwand, den produzierten Plastik-Abfall differenziert zu sammeln, größer als der Gewinn für die Umwelt sei. Wir wollten daher unser Konzept zur Abfallvermeidung durch Recycling von Einmal-Plastikartikeln so einfach gestalten, dass es im Rahmen der praktischen Labor-Übungen von allen Beteiligten leicht umgesetzt werden kann.

Ausgangslage

Im modernen Laborbetrieb wurden die klassischen Glasgeräte (aus Gründen von Effizienz, Reproduzierbarkeit und Sicherheit) weitgehend durch Einweg-Plastikmaterial verdrängt. Der dadurch produzierte Plastikabfall ist enorm(1). Lange Zeit als unvermeidlich angesehen, wird in den letzten Jahren auch der Gebrauch von Einweg-Plastikmaterial im Labor kritisch hinterfragt und nach Wegen für eine nachhaltigere Nutzung der Ressourcen gesucht. Diesem Ziel widmet sich in Österreich der Verein „Green Labs Austria“, der unter anderem einen Leitfaden zum Recycling von Einweg-Plastik für österreichische Forschungslabors etabliert hat. Anders jedoch als beim Sammeln von Kunststoffabfällen der Verpackungen aus dem Handel, welche erst im Anschluss in aufwendigen Verfahren getrennt und nach Möglichkeit recycelt werden(2), muss hier vorher nach Art der Kunststoffe differenziert und diese dann getrennt gesammelt werden. Zusätzlich dürfen keine Flüssigkeiten in den Gefäßen verbleiben und adäquate Maßnahmen müssen zur Verhinderung der Verbreitung von potentiell infektiösen Erregern angewendet werden. Dies erfordert neben einer entsprechenden Anpassung der Infrastruktur ein hohes Maß an innerer Bereitschaft der Beteiligten, sich an die Regelungen zur Abfall-Sammlung zu halten. Gemeinsam mit Studierenden, wollten wir daher ein leicht umzusetzendes Konzept mit einfachen Regeln für das Sammeln des Plastik-Abfalls erstellen, um die Teilnehmer:innen unserer Labor-Übungen, die sich zumeist noch am Beginn ihres Studiums befinden, niederschwellig für die Bedeutung des Recyclings im Life-Science-Sektor zu sensibilisieren.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Für das Wintersemester 2022/23 war unser Ziel, gemeinsam mit Studierenden des Bachelor-Studiengangs „Biomedizin und Biotechnologie“ eine nachhaltige Entsorgung von Plastikmüll in unseren Labor-Übungen einzuführen. In Übereinstimmung mit den Vorgaben von „Green Labs Austria“ wurde ein einfaches Konzept für die praktischen Laborübungen erstellt, um den anfallenden Plastikmüll nach Art des Kunststoffs differenziert für das Recycling zu sammeln. Außerdem war uns wichtig das Abfall-Einsparungspotential unseres Konzeptes und die Machbarkeit eines solchen Projektes zu überprüfen. Dazu wollten wir ein Feedback der Studierenden zur Umsetzung der Regeln einholen. Unser Projekt hat gezeigt, dass die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu einer deutlichen Reduktion des Labor-Abfalls beiträgt, weil dadurch ein beträchtlicher Anteil dem Recycling zugeführt werden konnte. Nach unserem Erleben und aus dem Feedback der Studierenden kann unser Konzept zum Sammeln von recycelbaren Plastikmaterial unter der Berücksichtigung der folgenden Aspekte leicht in die praktische Lehre integriert werden:

Im Vorfeld über die Maßnahmen informieren und kommunizieren, welche der verwendeten Einweg-Artikel differenziert gesammelt werden sollen.

Einfache Regeln zum Sammeln erstellen. Regeln und Sammel-Behältnisse mit angebrachten symbolischen Darstellungen der recycelbaren Artikel aufstellen. Lehrende anhalten die Studierenden zur Überwachung der Maßnahmen zu motivieren.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

For the winter semester 2022/23, our goal was to introduce a sustainable disposal of the plastic waste generated in our practical courses in biochemistry and laboratory diagnostics. Together with students of the bachelor's program "Biomedicine and Biotechnology" we set up a concept for collecting plastic disposals in accordance to the specifications of „Green Labs Austria“. Besides establishing an easy-to-follow concept for collecting plastic waste with regard to the type of plastic, it was important for us to check the feasibility of our project, the waste-saving potential of our concept and to get feedback from the students on the implementation of the rules.

Our project has shown that the implementation of sustainability measures can contribute to a significant reduction in laboratory waste, because a relevant proportion of the used plastic material can be successfully recycled. From our experience and from the feedback of the students, we could conclude that our concept for collecting recyclable plastic material can be easily integrated into practical teaching, when taking the following aspects into account:

Prepare easy and short information about the measures, which are provided in advance. Display instructions and containers with attached symbols of the collected material. Instruct teachers to motivate students for monitoring adherence to the rules.

Nähere Beschreibung des Projekts

Für das Wintersemester 2022/23 war unser Ziel, eine nachhaltige Entsorgung von Plastikmüll in unseren Labor-Übungen einzuführen, ähnlich wie sie von uns am Institut schon seit Längerem für die Forschungslabore praktiziert wird. Gemeinsam mit Studierenden des Bachelor-Studiengangs „Biomedizin und Biotechnologie“ wurde ein Konzept für die praktischen Laborübungen in Übereinstimmung mit dem mission statement von „Green Labs Austria“ (https://greenlabsaustria.at/) erstellt. Die Herausforderungen sind dabei vielfältig. Für Anfänger im biochemisch-/diagnostischen Labor ist die korrekte Entsorgung aller anfallenden Abfälle per se schon fordernd, denn die Kategorisierung in ungefährliche, giftige, umweltschädliche oder auch potentiell infektiöse Abfälle und die entsprechende Entsorgung muss erst verinnerlicht werden. Die Sammlung des Plastikmaterials für das Recycling stellt eine weitere Aufgabe dar, da hier nach Art des Kunststoffs differenziert werden muss. Entsprechend essentiell war für die Umsetzung der Idee daher eine einfache und klare Anleitung sowie eine leicht zugängliche Infrastruktur. Daher haben wir die Übungsunterlagen um die Beschreibung des Hintergrunds zur Abfalltrennung und zum Recycling des Kunststoffmaterials ergänzt und Informationen zu den verwendeten Einweg-Artikeln, die aus unterschiedlichen Kunststoffen bestehen, sowie Kurzanleitungen zum differenzierten Sammeln in schriftlicher Form erstellt. Der überwiegende Teil der Einweg-Artikel und des Verpackungsmaterials besteht aus Polypropylen (PP) bzw. Polyethylen (PE), welche getrennt gesammelt werden müssen, sowie aus Polystyrol. Letzteres ist aber bisher noch nicht für das Recycling geeignet und muss daher noch mit dem herkömmlichen Laborabfall entsorgt werden. Für das Sammeln der recycelbaren Kunststoffe PP und PE haben wir auf den Arbeitsbänken in unseren Übungslaboren laminierte Kurzanleitungen ausgelegt und gekennzeichnete kleine Sammelbehältnisse mit symbolischen Darstellungen der Artikel aufgestellt, die am Ende des Übungstages von den Studierenden in einen entsprechenden großen Sammel-Container entleert werden mussten.

 

Im Laufe des Semesters konnte erstmalig etwa 20% des Abfalls aus den biochemischen und diagnostischen Labor-Übungen unseres Instituts eingespart und dem Recycling zugeführt werden, der sonst mit dem Hausmüll entsorgt hätte werden müssen. Nach unserem Erleben und aus dem Feedback der Studierenden sind wir zu der Überzeugung gekommen, dass die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen für die praktische Lehre, wie z.B. das Sammeln von recycelbaren Plastikmaterial, leicht in die Laborübungen integriert werden kann, wenn folgende Aspekte berücksichtigt werden:

 

1) Informationsmaterial zum Sinn und Zweck der Maßnahme, dem Ablauf und dem notwendigen Hintergrundwissen, wie z.B. die Zusammensetzung der Einmal-Artikel in Verwendung und deren Recyclingmöglichkeit, sollte im Vorfeld (z.B. im Übungsskript) zur Verfügung gestellt werden.

 

2) Kurzanleitungen mit Informationen darüber, welche Stoffe in welchen Behältern entsorgt werden, sollten in laminierter Form als Ausdrucke auf den Arbeitsbänken ausgelegt werden.

 

3) Kleinere, gut gekennzeichnete Sammelbehältnisse auf den Arbeitsbänken sind essentiell, um die Bereitschaft zu fördern, das Material fachgerecht zu entsorgen. Dabei waren nach Meinung der Studierenden die auf den Behältnissen angebrachten kleinen Symbole der Materialien, welche dort gesammelt werden sollten, besonders hilfreich.

 

4) Auch wenn primär die Studierenden das Recycling umsetzen müssen, ist es notwendig, dass sich auch die involvierten Lehrenden zu der Implementierung der Nachhaltigkeitsmaßnahmen bekennen, damit eine einheitliche Herangehensweise kommuniziert wird und eine gewisse Stringenz bei der Überwachung des Sammelns gegeben ist.

 

5) Die Akzeptanz der Maßnahmen und der Erfolg der Umsetzung soll einerseits durch Umfragen und andererseits durch das regelmäßige Erheben der Abfallmengen, die an Plastik recycelt werden konnten, erfolgen. Die Ergebnisse werden auf der Institutshomepage veröffentlicht.

 

Wir denken, dass dieser Ansatz nicht nur zu einer erhöhten Nachhaltigkeit unserer Lehrtätigkeit beitragen wird, sondern auch die Sensibilität unserer Studierenden für Umweltfragen stärken wird. Ein Verständnis für Nachhaltigkeit und eine entsprechende praktische Ausbildung wird den Studierenden, aber auch den Lehrenden helfen, das Bewusstsein für die Auswirkungen ihrer täglichen Entscheidungen und Handlungen auf die Umwelt zu schärfen und zu einer insgesamt nachhaltigeren Praxis beizutragen.

 

 

 

1Urbina, M., Watts, A. & Reardon, E. Labs should cut plastic waste too. Nature 528, 479 (2015). doi.org/10.1038/528479c

 

2Neubauer, C., Stoifl, B., Tesar, M., Thaler, P., Sortierung und Recycling von Kunststoffabfällen in Österreich, Report des Umweltbundesamtes, 2021: www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/rep0744_hauptteil.pdf

Nutzen und Mehrwert

Obwohl die Umsetzung so eines Nachhaltigkeitsprojektes eigentlich ganz einfach ist, waren wir überrascht, dass es keine Beschreibung von derartigen Initiativen, oder Beispiele von anderen Unis im "Atlas der guten Lehre" dokumentiert gab. Daher waren wir Lehrenden vom Institut für Medizinische Biochemie und die Studierenden, die mitgemacht haben der Meinung, dass wir das Projekt publik machen wollen, um so möglichst viele (auch) akademische Einrichtungen dazu zu motivieren ihren Plastikabfall nicht wegzuwerfen, sondern dem Recycling zuzuführen.

 

Wir haben im Laufe des Semesters erstmalig etwa 20% des Abfalls aus den biochemischen und diagnostischen Labor-Übungen unseres Instituts eingespart und dem Recycling zugeführt, der sonst mit dem Hausmüll entsorgt hätte werden müssen. Nach unserem Erleben und aus dem Feedback der Studierenden sind wir zu der Überzeugung gekommen, dass die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen für die praktische Lehre, wie z.B. das Sammeln von recycelbaren Plastikmaterial, nicht nur leicht in die Laborübungen integriert werden kann, sondern auch die Studierenden (und Lehrenden) zu einer größeren Achtsamkeit mit dem Umgang unserer Ressourcen anhält.

Nachhaltigkeit

Es ist geplant die Umsetzung in regelmäßigen Abständen evaluieren zu lassen und die Mengen an gesammeltem Material, was dem Recycling zugeführt wurde, auf der home page des Instituts und der home page von greenlabs (https://greenlabsaustria.at/blog/team-member/duvigneau-group/) zu veröffentlichen.

Dissemination/Transfer

Es ist geplant anderen Institutionen bei der Umsetzung ähnlicher Nachhaltigkeitskonzepte unter Einbeziehung der Studierenden behilflich und als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen.

Institutionelle Unterstützung

Das Projekt wird moralisch unterstützt. Es ist weiterhin geplant die Umsetzung beim "teaching vets" Symposium zu präsentieren.

Positionierung des Lehrangebots

Erster Studienabschnitt des Diplomstudiums Veterinärmedizin, Erster Studienabschnitt Bachelorstudium Biomedizin und Biotechnologie

Links zu der/den Projektmitarbeiter/innen
Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2023 nominiert.
Ars Docendi
2023
Kategorie: Qualitätsverbesserung von Lehre und Studierbarkeit
Ansprechperson
Duvigneau J. Catharina Dr. rer. nat.
Institut für Medizinische Biochemie
Tel: +43 1 25077 4208
Nominierte Person(en)
Duvigneau J. Catharina Dr. rer. nat.
Institut für Medizinische Biochemie
Lin Hui
Mitglied der Hochschülerschaft und Semestersprecherin (WS2021) des Studiengangs "Biomedizin und Biotechnologie"
Themenfelder
  • Infrastruktur/Lehrmaterialien
  • Klimaschutz
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Rund ums Evaluieren der Lehre
Fachbereiche
  • Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik/Ingenieurwissenschaften
  • Medizin und Gesundheitswissenschaften