Wirtschaftsuniversität Wien
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Research Lab „Experiments on Digital Behavior“

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Eines der größten Phänomene der Gegenwart ist die Digitale Transformation, die Individuen, Unternehmen, Staat und Gesellschaft gleichermaßen herausfordert. Den Universitäten kommt dabei eine zentrale Rolle zu, um evidenzbasierte Empfehlungen für die Gestaltung der Digitalen Transformation abzuleiten. Ziel dieser Lehrveranstaltung ist es, für abgegrenzte Problembereiche der Digitalisierung die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse auf den Prüfstand zu stellen, neue Erkenntnisse zu gewinnen und Lösungen für angewandte Fragen zu erarbeiten. Über die Vermittlung fachlicher Kompetenzen hinaus trägt die LV dazu bei, Studierende zu verantwortungsvollen, konstruktiv-kritischen und innovativ denkenden Bürger*innen und Entscheidungsträger*innen der digitalen Zukunft (aus)zubilden, die imstande sind, zukunftsfähiges Leben und Arbeiten in demokratisch-rechtsstaatlichen Systemen mitzugestalten.

 

Um dieses Ziel zu erreichen, legen wir explizit Wert auf eine transdisziplinäre Betrachtung und den didaktischen Ansatz des phänomengeleiteten Lernens. Die Lehrveranstaltung wird gemeinsam von einer Professorin der Mikroökonomie und einer Professorin der Wirtschaftsinformatik gehalten, die im Vorfeld vier besonders aktuelle und wichtige Forschungsbereiche identifizieren. Studierende bilden Projektgruppen und spezifizieren selbständig Forschungsfragen aus diesen Bereichen, um das betreffende Problemfeld besser zu verstehen. Sie durchlaufen dabei alle Phasen eines Forschungsprojekts und kombinieren Methoden aus den Wirtschaftswissenschaften und der Informatik, um die Fragen zu beantworten. Die LV-Leiterinnen agieren im gesamten Verlauf als Team und fungieren als Mentorinnen und Coaches der Projektgruppen.

 

Die Studierenden vertiefen in der LV eine Reihe an Kompetenzen:

 

(1) Fachkompetenz: Auseinandersetzung mit bestehendem Fachwissen (wissenschaftliche Literatur)

 

(2) Methodenkompetenz: abstrakte und analytische Problemanalyse, Kompetenzerwerb im Design empirischer Studien, der Programmierung von Software, Erhebung und Auswertung von Daten, Ergebnisaufarbeitung und -präsentation

 

(3) Selbstkompetenz: eigenverantwortliche Teamorganisation, Erstellen eines Zeit-, Anforderungs- und Zuständigkeitsplans, kreative Problemlösung, Umgang mit Rückschlägen, Selbstmanagement, Ausdauer und verantwortlicher Umgang mit Ressourcen

 

(4) Handlungskompetenz: konstruktiv-kritische Geisteshaltung durch Diskurs mit Kommiliton*innen und LV-Leiterinnen, strukturierte Problemanalyse und -lösung, selbständige Identifikation und Behebung von Wissens- oder Fähigkeitslücken

 

(5) Medienkompetenz: Recherche wissenschaftlicher und allgemeiner Medien zur Bewertung von praktischer Relevanz und Implikationen der Projektergebnisse

 

(6) Soziale Kompetenz: Team-, Konflikt- und Kooperationsfähigkeit, Präzisierung von Kommunikation für das Coaching, Umgang mit wissenschaftlichem und allgemeinem Publikum (schriftlicher Bericht, Abschlusspräsentation, Poster, Kurzzusammenfassung)

Kurzzusammenfassung des Projekts

Die LV behandelt Bereiche der Digitalen Transformation, die aktuell Gegenstand der öffentlichen Diskussion sind und deren Gestaltung weitreichende gesellschaftliche, wirtschaftliche oder politische Konsequenzen haben kann. Das Ziel ist, bisherige wissenschaftliche Erkenntnisse auf den Prüfstand zu stellen, neue Erkenntnisse zu generieren und Lösungen für angewandte Probleme zu erarbeiten. Die LV trägt dazu bei, Studierende zu verantwortungsvollen und konstruktiv kritischen Entscheidungsträger*innen zu bilden.

Der innovative Charakter liegt im Grundsatz des phänomengeleiteten Lernens und im transdisziplinären Ansatz, der durch den fachlich diversen Hintergrund der LV-Leiterinnen (Wirtschaftsinformatik, Volkswirtschaft, Psychologie) sowie das Format des Team Teaching gewährleistet ist. Studierende arbeiten in Gruppen und durchlaufen alle Phasen eines Forschungsprojekts vom Spezifizieren der Fragestellung, Literaturrecherche, Hypothesengenerierung, Experimentdesign, Softwareprogrammierung, Datenanalyse und -interpretation. Die Ergebnisse werden sowohl in Form eines wissenschaftlichen Papiers als auch in Kurzform für eine breite Öffentlichkeit (Poster und 1-Minute-Elevator-Pitch) präsentiert. Die LV-Leiterinnen treten als Team auf, coachen die Studierenden zu jedem Schritt und geben differenziertes Feedback. Darüber hinaus werden zu spezifischen Themen Gespräche mit externen Experten organisiert, die den Studierenden ebenfalls beratend zur Seite stehen.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

The course investigates areas of digital transformation that are the subject of current public debate and will potentially have far-reaching social, economic or political consequences. The goal is to put previous scientific knowledge to the test, to generate new knowledge and to develop solutions for applied problems. The course contributes to educating students to become responsible and constructively critical decision-makers.

The innovative character of the course rests on the principle of phenomenon-based learning and the transdisciplinary approach, which is guaranteed by the course instructors’ diverse academic backgrounds (business informatics, economics, and psychology) who consistently act as a teaching team. Students work in groups and experience all phases of a research project from specifying the research question, reviewing relevant literature, generating hypotheses, designing an experiment, programming software, analyzing the data and interpreting the results. Students present their results to an academic audience in the form of a research paper and to a broader public in form of a poster and a 1-minute elevator pitch. The course instructors coach students every step of the way and provide nuanced feedback. In addition, they organize talks by external experts, who are also available for group-level consultations.

Nähere Beschreibung des Projekts

1. Phänomen, Fragestellung und Lehr- und Lernumgebung

Im Zentrum steht die Gestaltung der Digitalen Transformation. Innerhalb dieses Phänomens definieren die LV-Leiterinnen vier Forschungsbereiche, zu denen die Studierenden im Verlauf der LV eine Forschungsfragestellung und ein Forschungsdesign entwickeln, in ein Software-Artefakt umsetzen und experimentell evaluieren. Die Forschungsbereiche beinhalten Themen der Digitalen Transformation, die aktuell Gegenstand der öffentlichen Diskussion sind und deren Gestaltung besonders weitreichende gesellschaftliche, wirtschaftliche oder politische Konsequenzen haben kann. Im vergangen Wintersemester waren dies die vier Forschungsbereiche:

  1. Algorithmische Kontrolle und Überwachung von ArbeitnehmerInnen in digitalisierten Arbeitswelten (People Analytics)
  2. Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Beratung in sensiblen Entscheidungssituationen wie Telemedizin (AI advice in healthcare)
  3. Design von Plattformen zum Datenaustausch zwischen Unternehmen (z.B. GAIA-X)
  4. Mechanismen zur digitalen Entscheidungsfindung in verteilten Gruppen (z.B. digitale Abstimmungen)

Die Gesamtgröße des Kurses beträgt 20-25 Studierende, die in Gruppen zu 4 bis 6 Personen zusammenarbeiten. Ihre erste Aufgabe ist es, im gemeinsamen Diskurs eines oder mehrere Probleme in diesen Forschungsbereichen zu identifizieren, Forschungsfragen abzuleiten, diese den Teilnehmer*innen der LV und den LV-Leiterinnen zu präsentieren und einen Projektplan zur Beantwortung dieser Fragen innerhalb der gegebenen Zeit und mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen zu erarbeiten. Alle Fragestellungen haben interdisziplinären Charakter und beschäftigen sich mit verhaltensorientierten Aspekten der Digitalisierung. Die Bearbeitung der Fragestellungen hat sowohl einen hohen wissenschaftlichen Wert, indem klare Forschungslücken zu füllen sind, als auch einen potentiell hohen Wert für den gesellschaftlichen Diskurs im digitalen Zeitalter.

 

Die Teilleistungen für die Beurteilung der Studierenden stellen gleichzeitig Meilensteine im Forschungsprozess dar. Somit erhalten die Studierenden Hilfestellung bei der Strukturierung ihres Forschungsprojektes und werden gleichzeitig mit akademischen „good practices“ vertraut gemacht. Die Teilleistungen sind als schriftliche Berichte zu verfassen und mündlich zu präsentieren (siehe nächster Absatz).

2. Forschungsprozess und Dissemination

Die Berichte und gleichzeitig Meilensteine des Forschungsprozesses umfassen:

  1. Forschungsexposé (Literaturübersicht, Forschungslücke, Fragestellung, Spezifikation der Anforderungen, Projektplan, Risikoanalyse) – 20%
  2. Zwischenbericht (Dokumentation der unternommenen und geplanten Schritte, Evaluierung des Projektplans) – 20%
  3. Forschungsartikel, erster Entwurf (Literaturüberblick, Design des Experiments, Mock-up Version der Software zur Durchführung, Geplante Datenanalyse) – fließt nicht in die Beurteilung ein
  4. Abschlusspräsentation (Forschungsfrage, Studiendesign, Ergebnisse und Interpretation, Poster, 1-Minute-Elevator-Pitch) – 20%
  5. Forschungsartikel – finale Version (inkl. technischer Report, Datensatz, Software Code zu Durchführung und Datenanalyse, Projektreflexion) – 40%

Zu jedem dieser Schritte gibt es spezifisches Feedback der LV-Leiterinnen sowie zu den Punkten i., ii. und iv. auch Feedback von Seiten der anderen Studierenden im Plenum. Dies ermöglich einen gruppenübergreifenden Lernprozess und fördert die Wertschätzungen der anderen Forschungsthemen.

Inhaltlich steht zu Beginn eine intensive Literaturrecherche mit dem Ziel einen originären wissenschaftlichen Beitrag zu identifizieren und eine knappe, aber ausreichende Literaturliste zu erstellen. Diese Analyse mündet in eine in mehrere Teilfragen gesplittete Forschungsfrage für die aus den bestehenden theoretischen oder empirischen Erkenntnissen konkrete Hypothesen abgeleitet werden. Danach wird ein Projektplan erstellt. Dieser umfasst eine Liste nötiger Aktivitäten zur Beantwortung der Forschungsfrage, die Zeiterfordernisse und Zuständigkeiten innerhalb der Gruppe sowie die möglichen Abhängigkeiten einzelner Aktivitäten voneinander und die damit verbundenen Risiken. Es sollen auch Regeln für die Zusammenarbeit und den Umgang der Studierenden untereinander aufgestellt werden.

Im Weiteren arbeiten die Studierenden an den inhaltlichen Schritten und können dazu in Coaching Sessions aufkommende Fragen mit den LV-Leiterinnen diskutieren. Diese Coaching Sessions werden immer im Team absolviert um dem interdisziplinären Charakter der Forschungsprojekte Rechnung zu tragen. Darüber hinaus werden Expertensessions angeboten zu Themen wie der praktischen Durchführung von Labor- oder Onlineexperimenten, der Programmierung von Software und der statistischen Datenanalyse. Diese Expertensession finden ebenfalls in Form von einzelnen Gruppencoachings statt, sodass auf individuelle Fragen ganz konkret eingegangen werden kann.

Innovative Hochschuldidaktik

Ziel dieser Lehrveranstaltung ist es, für abgegrenzte Problembereiche der digitalen Transformation die bisherigen wissenschaftlichen Kenntnisse auf den Prüfstand zu stellen, neue Erkenntnisse zu gewinnen und Lösungen für angewandte Fragen zu erarbeiten. Um dieses Ziel zu erreichen, kombiniert die LV einen transdisziplinären Ansatz mit dem didaktischen Konzept des phänomengeleiteten Lernens, innerhalb dessen wir problembasiertes, forschendes Lernen an konkreten Projekten als Methoden einsetzen.

Forschendes Lernen vermittelt Studierenden einen forschungsgeleiteten Blick auf Probleme, um diese systematisch zu erfassen, zu analysieren und zu lösen. Studierenden können dabei einerseits auf ihr theoretisches Wissensfundament aus dem Studium zurückgreifen, andererseits schult es sie generell darin, eine kritisch reflektierende Haltung einzunehmen, methodengestützt Einsichten zu generieren und daraus agile und vorausschauende Handlungsstrategien zu entwickeln. Diese Fähigkeiten sind nicht nur im akademischen Bereich gefragt, sondern auch Grundlage eines verantwortungsvollen Entscheidens in einer digitalen Zukunft. In einer Welt mit zunehmender Informationsdichte mag man es zudem als essentielle Grundkompetenz aller Bürger*innen ansehen, postulierte Zusammenhänge kritisch beurteilen zu können. Zukünftige Entscheidungsträger sind dabei wichtige, gesellschaftliche Multiplikatoren.

Studierendenzentrierung und Heterogenität

Die LV-Leiterinnen stehen den Studierenden im gesamten Verlauf des Forschungsprojekts als Team beratend zur Seite und fungieren als Mentorinnen und Coaches. Die Studierenden sind international sehr durchmischt und bringen nicht nur unterschiedliche, kulturelle Hintergründe mit ein, sondern auch unterschiedliche Kompetenzen und Kenntnisse. Studierende haben durch ihr Bachelorstudium spezielle Vorkenntnisse in einem oder mehreren der Bereiche: Informatik, Wirtschaftsinformatik, Management, Marketing, Logistik, Volkswirtschaftslehre, Recht, Psychologie oder Soziologie. Die Studierenden selektieren sich über das Interesse an den Themen in die Projektgruppen, womit ein hohes Maß an Diversität entsteht und sich unterschiedliche Perspektiven auf die Problemstellungen entfalten können.

Kompetenzorientierung

Die LV trägt dazu bei Studierende zu verantwortungsvollen, konstruktiv-kritischen und innovativ denkenden Bürger*innen und Entscheidungsträger*innen der digitalen Zukunft zu bilden, die imstande sind, zukunftsfähiges Leben und Arbeiten in demokratisch-rechtsstaatlichen Systemen mitzugestalten. Dafür ist eine Reihe von Kompetenzen wichtig, die die LV ganz konkret in seinen vielfältigen Elementen vermittelt und vertieft:

  1. Fachkompetenz: Im Zuge der Definition spezifischer Forschungsfragen setzen sich Studierende spezifizieren selbständig mit dem bestehenden Fachwissen in Form wissenschaftlicher Literatur auseinander.
  2. Methodenkompetenz: Neben der Vertiefung abstrakter und analytischer Problemanalyse erwerben Studierende neue Kompetenzen im Design von wirtschaftswissenschaftlichen Experimenten, der Programmierung von Software und der Erhebung eines empirischen Datensatzes sowie dessen statistische Auswertung. Sie üben zudem die Aufarbeitung und Präsentation des Forschungsprojektes für ein akademisches und ein allgemeines Publikum.
  3. Selbstkompetenz: Studierende organisieren sich selbständig in Teams, stellen Regeln zur die Zusammenarbeit auf, erstellen einen Zeit- und Anforderungsplan und legen innerhalb des Teams Zuständigkeiten fest. Das Prinzip des phänomengeleiteten Lernens erfordert ein hohes Maß an Eigenverantwortung sowie den reflektierten Umgang mit Rückschlägen in der Umsetzung der einzelnen Schritte. Die kritische Selbstreflexion wird als Grundlage vermittelt, um kreative Wege der Problemlösung und Anpassung zu finden. Studierende lernen dabei Selbstmanagement, Ausdauer und einen verantwortlichen Umgang mit den eigenen Ressourcen. Die einzelnen Berichte sowie die vorgegebene Struktur sollen jedoch das Risiko vermindern, dass sich Studierende in einzelnen Komponenten des Prozesses verlieren. Das engmaschige Netz an Coaching Sessions ermöglicht es den Lehrenden unterstützend einzugreifen.
  4. Handlungskompetenz: Studierende erlangen durch das Durchlaufen eines kompletten Forschungsprozesses und den wiederholten Diskurs mit Kommiliton*innen und LV-Leiterinnen eine konstruktiv-kritische Geisteshaltung. Sie erlernen, strukturiert und wissenschaftlich an die Problemanalyse und -lösung heranzugehen und werden im Verlauf des Prozesses befähigt, selbständig Wissens- oder Fähigkeitslücken zu identifizieren und zu beheben.
  5. Medienkompetenz: Studierende recherchieren nicht nur wissenschaftliche Literatur zur theoretischen Bearbeitung der Forschungsfrage sondern auch allgemeine Medien zur Bewertung der praktischen Relevanz und der Implikationen der Projektergebnisse.
  6. Soziale Kompetenz: Durch die Projektarbeit werden Team-, Konflikt- und Kooperationsfähigkeit gefördert. Im Coaching durch die LV-Leiterinnen üben Studierende die Kommunikation des aktuellen Projektstandes und die Präzisierung von offenen Fragen. Die Präsentation der Projektergebnisse in Form von einem schriftlichen Projektbericht, Abschlusspräsentation, Poster und einminütiger Kurzzusammenfassung trainiert unterschiedliche Arten der Kommunikation für ein wissenschaftliches Publikum einerseits und eine interessierte Allgemeinheit andererseits.

Blick über den „Tellerrand“

Die Projektthemen sind eng mit den bereits zuvor im Masterstudium Digital Economy vermittelten, theoretischen Inhalten verwoben. Die Verknüpfung der Inhalte verschiedener Lehrveranstaltungen ermöglicht den Studierenden ein tieferes Verständnis der Zusammenhänge zwischen einzelnen Fachrichtungen und generiert einen Mehrwert durch fächerübergreifenden Erkenntnisgewinn. Im Hinblick auf die vielen verschiedenen Bereiche des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens, die durch die Digitale Transformation berührt werden, ist dies ein grundlegendes Ziel des Masterprogramms, zu dem das Research Lab wesentlich beiträgt.

Das Lehrveranstaltungsteam besteht aus einer Professorin der Mikroökonomie und einer Professorin der Wirtschaftsinformatik, die ihre jeweiligen Fachkenntnisse in komplementärer Weise einbringen. Dies garantiert den für Fragen der Digitalen Transformation notwendigen transdisziplinären Blick. Die Brücke ist dabei der methodische Ansatz der experimentellen, wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Forschung.

Auch ethische Überlegungen sind untrennbar mit den menschenzentrierten Forschungsthemen verbunden. Eine der beiden LV-Leiterinnen ist stellvertretende Vorsitzende des Ethikbeirates an der WU und bringt ihre entsprechende Expertise dadurch direkt im Coaching der Studierenden mit ein.

Nutzen und Mehrwert

Der Bedarf für forschungsgeleitetes Lernen steigt mit der zunehmenden Wissenschaftsskepsis in der Gesellschaft weiter an. Studierende zu reflektierten, wissenschaftskundigen und offenen Entscheidungsträger*innen und Bürger*innen zu bilden, ist ein wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft. Dies gilt besonders für die Gestaltung der Digitalen Transformation, die unsere Lebens-, Arbeits- und Denkwelten prägt. Viele Fragestellungen der Digitalen Transformation sind an der Schnittstelle von Wirtschaftsinformatik und Volkswirtschaft angesiedelt. Im Research Lab sollen Studierende lernen, eigenständig und kritisch Fragestellungen der Digitalen Transformation zu analysieren und zu beantworten.

Die Studierenden eignen sich insbesondere folgenden Kompetenzen an:

  1. fachliche und methodische Forschungskompetenzen (kritische Literatursynthese; Experimentaldesign; Programmierung; statistische Datenanalyse)
  2. Selbstkompetenz (verantwortlicher Umgang mit den eigenen Ressourcen; kritische Selbstreflexion)
  3. Handlungskompetenz (strukturierte wissenschaftliche Problemanalyse, Modellierung, Problemlösung, Evaluation und Aufbereitung)
  4. Medienkompetenz (Recherche; Bewertung der praktischen Relevanz und der Implikationen von Ergebnissen)
  5. Soziale Kompetenz (Team-, Konflikt- und Kooperationsfähigkeit; Ergebniskommunikation)

Der Mehrwert für Lehrende liegt darin, sich sowohl inhaltlich als auch didaktisch mit dem Blickwinkel und den Methoden der jeweils anderen Disziplin(en) auf auseinanderzusetzen. Im Idealfall entstehen daraus sogar gemeinsame Forschungsprojekte zu diesen oder ähnlichen Themen der Digitalisierung. In der Lehre profitieren die Lehrenden dadurch, dass sie die Perspektive der jeweils anderen Disziplin (z.B. in Form relevanter Publikationen) auch in anderen Lehrveranstaltungen thematisieren können und damit die interdisziplinäre Bildung von weitaus mehr Studierenden als nur den Teilnehmer*innen des Research Labs fördern.

Nachhaltigkeit

Längerfristiger Einsatz

Das Research Labs sind Bestandteil des Pflichtkanons im Master Digital Economy. Die Auswahl der Forschungsthemen erfolgt jedes Jahr neu (entlang aktueller Forschungsströmungen; um Diversität der Studierenden berücksichtigen). Bereits erarbeitete Themen können in einer Masterarbeit vertieft werden. Die Konzepte phänomengeleitetes und forschungsbasiertes Lernen, wie bspw. die Option, eigenständig Forschungsfragen für Semesterprojekte zu entwickeln und in Kleingruppen zu untersuchen, werden bereits in anderen LVs genutzt (Verena Dorner).

 

Weiterentwicklung

Entsprechend der Rückmeldungen der Studierenden ist künftig i) eine stärkere Fokussierung der Themen auf einzelne Teilfragen und ii) eine stärkere Vorstrukturierung der einzelnen Teile des Forschungsprozesses geplant. Die große Freiheit des aktuellen LV-Designs hatte in den Augen mancher Studierender den Nachteil, dass sie sehr viel Zeit in die initiale Recherche zur Erarbeitung der Forschungsfrage investieren mussten. Im kommenden Lab werden den Studierenden daher konkretere Teilfragen vorgelegt. Damit soll sichergestellt werden, dass Studierende die einzelnen Teilschritte einfacher bewältigen können und mehr Selbstvertrauen in die Fähigkeit zu eigenständiger Forschung gewinnen. Zudem wird Peer Feedback verstärkt eingesetzt: Durch die Auseinandersetzung mit den Themen anderer Gruppen können sie sich im akademischen Diskurs sowie in konstruktivem, zielgerichteten Feedback üben.

Dissemination/Transfer

Grundsätzlich ist das didaktische Konzept in Lehrveranstaltungen im fortgeschrittenen Masterstudium gut anwendbar, da die Studierenden hier bereits über vertiefte inhaltliche und methodische Kenntnisse verfügen, die sie zur eigenständigen Arbeit befähigen. Der Ansatz des phänomengeleiteten und forschungsbasierten Lernens eignet sich besonders zur Umsetzung in Kleingruppen. Studierenden einerseits die eigenverantwortliche Erfahrung in der Forschung zu ermöglichen und gleichzeitig die Sicherheit zu geben, den Forschungsprozess in der vorgesehenen Zeit bewältigen zu können, erfordert intensive und regelmäßige Coaching-Gespräche und einen entsprechenden zeitlichen Einsatz der Lehrenden, da individuelle Lernpfade durch „uncharted territory“ unterstützt werden.

Institutionelle Unterstützung

Das Vizerektorat Lehre unterstützte das Konzept im ersten Semester der Durchführung durch die Vergabe des WU „Team Teaching Labels“. Dieses Label trägt dem durch die durchweg gemeinsam abgehaltenen LV-Einheiten erhöhten zeitlichen Ressourcenbedarf Rechnung: Die LV-Leiter*innen erhalten eine um 50% erhöhte Anrechnung auf das Lehrdeputat. Für die zweite Durchführung der LV im kommenden Wintersemester ist das Label bereits wieder beantragt.

Das WU-Kompetenzzentrums Experimentelle Wirtschaftsforschung stellt für die Durchführung der experimentellen Studien Laborinfrastruktur sowie die Expertise des Laborleiters in Form von Beratung bei der operativen Umsetzung zur Verfügung.

Das WU-Kompetenzzentrum Quantitative und Qualitative Methoden unterstützte die LV, indem ein erfahrener Mitarbeiter als Experte zur statistischen Datenanalyse die LV besuchte und für Beratungsgespräche zur Verfügung stand.

Die monetäre Entschädigung von Experimentteilnehmern in experimentellen Studien wird von den LV-Leiterinnen über ihre Sachmittelbudgets unterstützt.

Das Programmanagement des Masterprogramms Digital Economy übernahm die Organisation und Finanzierung des Abschlussevents.

 

 

Positionierung des Lehrangebots

Die Research und Industry Labs sind ein zentraler Baustein im Pflichtprogramm des Masterprogramms „Digital Economy“, das im WS 2021/2022 an der WU gestartet ist. Das Research Lab „Experiments on Digital Behavior“ ist eines von insgesamt 7 verschiedenen Labs, die den Studierenden im 3. Fachsemester zur Auswahl stehen. Es dient als erster Kontakt zu empirischem, wissenschaftlichen Arbeiten und sowie der Vorbereitung auf eine wissenschaftliche Masterarbeit. Der besondere Charakter des Research Labs „Experiments on Digital Behavior“ ist das Konzept des phänomengeleiteten Lernens und der Transdisziplinarität über die Disziplinen Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftsinformatik hinweg. Auf eine enge Anknüpfung an die von den Studierenden im ersten Masterstudienjahr absolvierten Veranstaltungen wird besonderer Wert gelegt. Die Studierenden sind international gemischt mit diversem kulturellen und akademischen Hintergrund und Vorkenntnissen im Bereich Wirtschaft oder Informatik.

Links zum Projekt
Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2023 nominiert.
Ars Docendi
2023
Kategorie: Forschungsbezogene bzw. kunstgeleitete Lehre
Ansprechperson
Univ.Prof. Dr. Verena Dorner
Institute for Digital Ecosystems, Department of Information Systems
+43 1 31336 5046
Nominierte Person(en)
Univ.Prof. Dr. Verena Dorner
Institut für Digitale Ökosysteme
Univ.Prof. Dr. Gerlinde Fellner-Röhling
Department für Volkswirtschaft
Themenfelder
  • Digitalisierung
  • Erfahrungslernen
  • Forschung/EEK geleitete Lehre
  • Kooperationen in der Lehre
  • Wissenschaftliche (Abschluss)Arbeiten
  • Lehr- und Lernkonzepte
Fachbereiche
  • Wirtschaft und Recht