Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Innrain 52, 6020 Innsbruck
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Gebirgsmeteorologie – digital und doch präsent

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Wetter und Klima im Gebirge ist ein zentrales Thema und Alleinstellungsmerkmal des Masterstudiums Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften an der Universität Innsbruck. Ein Großteil der Studierenden wählt dieses Studium aus Interesse am Gebirge und seinem Einfluss auf Wetter und Klima. Mehr als 50 % der Erdoberfläche kann als komplex bezeichnet werden und diese Komplexität erfordert spezielle Methoden und Konzepte, um Wetterprozesse beschreiben, verstehen und vorhersagen zu können. Um einerseits dem Interesse der Studierenden und andererseits den Anforderungen an das Berufsbild des/der Meteorologen/in für alpine Gegenden gerecht zu werden, wurde u.a. die „Gebirgsmeteorologie“ (Mountain Meteorology) als Pflichtlehrveranstaltung im Curriculum des Masterstudiums verankert – in dieser Form einzigartig im Alpenraum. Aufgrund des internationalen Publikums wird sie in englischer Sprache abgehalten.

Ziel dieser Lehrveranstaltung ist es, den Studierenden das Spezialwissen zu Wetterprozessen und -phänomenen im Gebirge zu vermitteln, um dieses Wissen sowohl in der beruflichen Praxis der Wettervorhersage als auch in der Forschung anwenden zu können. Die Lehrveranstaltung soll einerseits die theoretischen/physikalischen Grundlagen vermitteln und andererseits einen starken Praxisbezug mit Anwendungsbeispielen herstellen.

Um diesen Spagat zu meistern, wird die Lehrveranstaltung als „Vorlesung mit Übung“ (VU) abgehalten, die neben dem Vermitteln von Grundlagen auch das Lösen von Übungs- und Praxisbeispielen sowohl während des Unterrichts als auch zu Hause sowie im optionalen Tutorium ermöglicht. Einschränkungen in der Präsenzlehre während der Corona-Pandemie erforderten neue Lehrformen und führten zu einem Digitalisierungsschub – auch in dieser Lehrveranstaltung, speziell im WS 2021/2022. Motivation und Ziel war es, eine ausgewogene Mischung an Präsenz- und virtueller Lehre zu finden, mit analogen und digitalen Komponenten, und somit das Beste aus beiden Lehrformen zu vereinen.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Die Lehrveranstaltung „Gebirgsmeteorologie“ (Mountain Meteorology) vermittelt physikalische Grundlagen von Wetterprozessen und -phänomenen im komplexen Gelände und deren Anwendung. Sie ist ein zentraler Baustein des Masterstudiums Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften und ein Alleinstellungsmerkmal der Universität Innsbruck. Die Lehrveranstaltung wurde im Zuge der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Sitzplatzbeschränkung auf ein Hybridformat mit zahlreichen Digitalkomponenten unter Verwendung der Lernplattform OpenOlat umgestellt. Neben den Live-Unterrichtsstunden mit zwei Kleingruppen, eine davon vor Ort und die zweite zeitgleich online, ermöglichen Aufzeichnungen der Livestreams, ein orts- und zeitflexibles Lernen. Zusätzlich zur Verwendung von Chat-Funktionen und Mikrophonen während des Online-Unterrichts wird die Interaktion durch ein wöchentliches Online-Tutorium gefördert. Die Leistungsbeurteilung erfolgt mit Hilfe von OpenOlat auf Basis von zwei Online-Prüfungen und den hochgeladenen Lösungen der Übungsaufgaben. Für letztere erhalten die Studierenden wöchentlich individuelles Feedback in digitaler Form. Eine Diskussion der aktuellen Wetterentwicklung am Beginn einer Lehreinheit erhöht den Praxisbezug der gelehrten Grundlagen und intensiviert die Interaktion zwischen Studierenden und Dozent/in. Die Stärke der Lehrveranstaltung liegt in der Verbindung von Präsenz- und virtueller Lehre in ausgewogener Form.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

The course "Mountain Meteorology" teaches the physical fundamentals of weather processes and phenomena in complex terrain and their application. It is a central component of the Master's programme in Atmospheric and Cryospheric Sciences and a unique selling point of the University of Innsbruck. In the course of the corona pandemic and the associated seat restrictions, the course was converted to a hybrid format with numerous digital components using the OpenOlat learning platform. In addition to live lessons with two small groups, one on site and the second online at the same time, recordings of the live-stream videos enable flexible learning in terms of location and time. In addition to using chat features and microphones during online classes, interaction is encouraged through a weekly online tutorial. Performance assessment is carried out with the help of OpenOlat on the basis of two online exams and the uploaded solutions to the exercises. For the latter, the students receive weekly individual feedback in digital form. A discussion of the current weather development at the beginning of a teaching unit increases the practical relevance of the basics taught and intensifies the interaction between students and lecturer. The strength of the course lies in the balanced combination of classroom and virtual teaching.

Nähere Beschreibung des Projekts

Die Lehrveranstaltung (LV) „Gebirgsmeteorologie“ (Mountain Meteorology) ist eine dreistündige Vorlesung mit Übung (VU3). Sie wird als Pflichtlehrveranstaltung des Masterstudiums Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften (MSAK) und als Wahllehrveranstaltung des Masterstudiums Umweltmeteorologie (MSUM) angeboten. Das MSUM ist ein „Joint Master Programme“ der Universität Innsbruck und der Universität Trient (Italien). Aufgrund des internationalen Publikums wird die Gebirgsmeteorologie in englischer Sprache abgehalten, gleich wie alle anderen Lehrveranstaltungen am Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften (ACINN). Die LV Gebirgsmeteorologie ist Teil des MSAK-Pflichtmoduls Atmosphärendynamik und behandelt die Grundlagen der Strömungsdynamik über komplexer Topographie im Allgemeinen sowie Wetterprozesse im Gebirge im Speziellen. Sie vertieft und erweitert Themen der begleitenden Lehrveranstaltungen Fluiddynamik, Grenzschichtmeteorologie und Wettervorhersage.

Im WS 2021/2022 haben 37 Studierende an der LV Gebirgsmeteorologie teilgenommen, davon 19 aus dem MSAK, 11 aus dem MSUM und 7 aus anderen Studienrichtungen. Diese Teilnehmerzahl ist überdurchschnittlich hoch im Vergleich zu anderen Lehrveranstaltungen der beiden Masterstudien am ACINN. Die Einschränkung in der Präsenzlehre während der Corona-Pandemie erforderte eine Neustrukturierung der Lehrveranstaltung und führte zu einem Digitalisierungsschub mit Hybridlehre in Kleingruppen, Online-Tutorium, Livestreaming, Videoaufzeichnungen sowie Online-Prüfungen auf der webbasierten Lernplattform OpenOlat der Universität Innsbruck. Details dazu werden in den nächsten Absätzen erläutert.

Die Lehrveranstaltung Gebirgsmeteorologie besteht aus einem Vorlesungsteil und einem Übungsteil. Im Vorlesungsteil werden die theoretischen/physikalischen Grundlagen vermittelt sowie Anwendungsbeispiele gezeigt. Mathematische Herleitungen werden auf das Wesentliche reduziert und – wo sinnvoll – zur Vertiefung als Hausaufgaben aufgegeben. Neben statischem Bildmaterial werden im Vorlesungsteil Animationen verschiedener Wetterphänomene gezeigt, um die Komplexität des zeitlich variablen Strömungsfeldes zu veranschaulichen. Dazu wurden eigens für diese Lehrveranstaltung 25 Computersimulationen des Um- und Überströmens von Gebirgen durchgeführt. Die daraus erstellten Kurzvideos werden den Studierenden im Vorlesungsteil gezeigt und auf OpenOlat zur Verfügung gestellt. Der Vorlesungsstoff wird in Übungsaufgaben praktiziert und vertieft. Die Aufgabenstellung dazu wird wöchentlich auf OpenOlat veröffentlicht. Studierende lösen diese Beispiele im Selbststudium oder mit Unterstützung von zwei Tutoren/innen. Studierende können sich dazu wöchentlich in einem Online-Tutorium mit den beiden Tutoren/innen treffen und offene Fragen zu den Beispielen im Speziellen und zum Lehrstoff im Allgemeinen klären. Die Studierenden laden die Lösungen der Übungsaufgaben bis zum Beginn der nächsten Lehreinheit auf OpenOlat hoch. Die Lösungen werden bewertet und die Studierenden erhalten ein digitales Feedback via OpenOlat eine Woche nach Abgabe.

Am Beginn einer Lehreinheit werden die Lösungen zu ausgewählten Übungsaufgaben mit den Studierenden besprochen. Freiwillige können ihre Lösungen präsentieren. Es besteht kein Leistungsdruck, da diese Präsentationen nicht bewertet werden. Gute Präsentationen werden jedoch mit Extrapunkten belohnt. Nach der Besprechung von Übungsaufgaben und bei geeigneter Wettersituation werden alte Lehrinhalte anhand der aktuellen Wetterentwicklung wiederholt und veranschaulicht. Dazu wird u.a. auf aktuelles Bildmaterial der ACINN-Wetterseite ertel2.uibk.ac.at zugegriffen. Die Besprechung der Übungsbeispiele und die Diskussion des aktuellen Wettergeschehens fördern die Interaktion zwischen Studierenden und Dozent/in, klären offene Fragen zum Lehrstoff und verlinken die gelehrten Grundlagen mit konkreten Beispielen und Anwendungen. Im Anschluss an die Wetterdiskussion beginnt der Vorlesungsteil mit der Präsentation von neuen Lehrinhalten.

Im WS 2021/2022 fand die Lehrveranstaltung im Seminarraum des ACINN statt, der insgesamt 40 Sitzplätze umfasst und in normalen Jahren ausreichend Platz bietet. Während der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Abstandsregelung waren jedoch nur 15 Plätze als sogenannte Covid-19-Sitzplätze besetzbar. Folglich mussten die 37 Teilnehmer/innen auf 3 Kleingruppen mit jeweils 12 bzw. 13 Personen aufgeteilt werden. Eine Gruppe davon bildete die Präsenzgruppe und die anderen beiden zusammen die Online-Gruppe. Die Lehrveranstaltung wurde in Hybridform abgehalten: Die Präsenzgruppe nahm vor Ort teil, während die Online-Gruppe zeitgleich im virtuellen Klassenzimmer (OpenOlat Webmeeting basierend auf BigBlueButton) anwesend war und der Vorlesung via Livestream folgte. Restplätze der 15 Covid-19-Sitzplätze konnten von den Studierenden via OpenOlat gebucht werden.

Interaktion zwischen Online-Gruppe, Präsenzgruppe und Dozent wurde durch Online-Chat und zwei Mikrophone ermöglicht. Um Gleichberechtigung zu gewährleisten, nahm jede der drei Gruppen eine Woche lang vor Ort und zwei Wochen lang online teil. Diese Abfolge wiederholte sich alle drei Wochen bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens verschärfter Corona-Maßnahmen und der kompletten Umstellung auf Distanzlehre. Von dort weg wurden alle drei Gruppen zusammen online unterrichtet. Der Hybridansatz zeigte die Vorteile der Präsenzlehre gegenüber der reinen Distanzlehre: Diskussionen konnten sich in der Präsenzgruppe barrierefrei entwickeln. Trotz regelmäßiger Versuche des Dozenten, die Online-Gruppe durch Nachfragen und direktes Ansprechen aktiv einzubinden, entwickelten sich Diskussionen mit dem Online-Publikum nur schleppend. Die Chat-Funktion und das Mikrophon wurde von den Studierenden eher als Barriere empfunden.

Die Livestreams aller Lehreinheiten wurden aufgezeichnet und den Studierenden auf OpenOlat als Videos zur Verfügung gestellt. Diese Videos erleichterten die Nachbearbeitung und Vertiefung des Lehrstoffs im Selbststudium und erhöhten orts- und zeitflexibles Lernen.

Neben klassischen Folien wurde als Kreidetafelersatz eine spezielle Dokumentenkamera verwendet, die als Webcam zur Aufzeichnung von Handschriften und Handskizzen fungierte. Dadurch konnte die Präsenzgruppe via Beamer-Bild und die Online-Gruppe via Webcam-Bild mathematische Herleitungen und Skizzen verfolgen, die der Dozent auf Papier “live“ entwickelte. Auch dieser Teil wurde aufgezeichnet und auf OpenOlat zur Verfügung gestellt.

Die Leistungsbeurteilung erfolgte auf Basis von zwei Online-Prüfungen auf OpenOlat und den Lösungen der wöchentlich hochgeladenen Übungsaufgaben. Für die Prüfungsfragen wurde eigenes Bildmaterial erstellt. Die Online-Prüfungen bestanden aus den Fragentypen Single Choice, Multiple Choice, Drag&Drop und True/False. Das Ergebnis der Prüfungen wurde von OpenOlat automatisiert ausgewertet und den Studierenden sofort nach Prüfungsende angezeigt.

Zusammenfassend werden hier nochmals die digitalen Komponenten aufgelistet, die in der Lehrveranstaltung verwendet und den Studierenden auf OpenOlat zur Verfügung gestellt wurden:

  • Leitfaden zur Lehrveranstaltung
  • Folien der Vorlesung
  • Links zu den BigBlueButton Webmeetings (Vorlesung und Tutorium)
  • Videoaufzeichnungen der Livestreams aller Lehreinheiten
  • Aufgabenstellung für Übungsbeispiele inkl. Abgabe- und Feedbackfunktion
  • Quellcode von ausgewählten Computerprogrammen für Übungsaufgaben
  • Online-Prüfungen
  • Animationen von Strömungssimulationen
  • Begleitende und weiterführende Literatur zur Lehrveranstaltung
  • Sitzplatzreservierung für Covid-19 Restplätze
  • Beurteilungsordner

Die Stärke der Lehrveranstaltung liegt in der Verbindung von Präsenz- und virtueller Lehre in ausgewogener Form, mit analogen und digitalen Komponenten. In anderen Worten: Gebirgsmeteorologie – digital und doch präsent.

Nutzen und Mehrwert

Die Videoaufzeichnungen der Lehreinheiten vereinfachen die Nachbearbeitung des Lehrstoffs im Selbststudium und erhöhen orts- und zeitflexibles Lernen. Die Online-Tests mit automatisierter Beurteilung reduzieren den Korrekturaufwand und ermöglichen sofortiges Feedback. Animationen von Wetterprozessen veranschaulichen den Lehrstoff und tragen zum besseren Verständnis der gelehrten Grundlagen bei. Die digitale Abgabe von Übungsaufgaben sowie das digitale Feedback reduziert den Verwaltungsaufwand und erhöht die Transparenz. Die Besprechung von Übungsbeispielen und die Diskussion der aktuellen Wetterentwicklung zu Beginn einer Lehreinheit verstärkt den Praxisbezug und erhöht die Interaktion zwischen Studierenden und Dozent/in.

Nachhaltigkeit

Der Antragsteller hat die Lehrveranstaltung „Gebirgsmeteorologie“ im WS 2012/2013 von seinem Vorgänger übernommen, von Grund auf neu konzipiert und seither laufend weiterentwickelt. Bis dato wurde sie vom Antragsteller elfmal abgehalten. Das Thema der Lehrveranstaltung deckt sich mit dem Forschungsschwerpunkt des Antragsstellers. Somit ist gewährleistet, dass laufend neue Forschungsergebnisse in die Lehrveranstaltung einfließen. Da es sich um eine Pflichtlehrveranstaltung des Masterstudiums Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften handelt, wird der Antragsteller diese Lehrveranstaltung auch in den nächsten Jahren in jedem Wintersemester anbieten.

Dissemination/Transfer

Das Konzept der Lehrveranstaltung lässt sich in ähnlicher Form auf jede Vorlesung mit Übung übertragen und ist nicht auf bestimmte Lehrinhalte beschränkt. Innerhalb des Instituts für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften gibt es ähnliche Konzepte. Dem Antragsteller ist jedoch keine Lehrveranstaltung mit einer vergleichbaren Vielfalt an digitalen und analogen Lehr- und Lernkomponenten bekannt. Derzeit gibt es noch keine aktiven Bemühungen, dieses Konzept in seiner Ganzheit auf andere Lehrveranstaltungen zu übertragen.

Institutionelle Unterstützung

Die Universität Innsbruck unterstützt die Lehrveranstaltung maßgeblich durch die Zurverfügungstellung der webbasierten Lernplattform OpenOlat und den damit verbundenen digitalen Werkzeugen, die laufend weiterentwickelt und ausgebaut werden. Weitere Unterstützung erfolgt durch die Finanzierung von zwei studentischen Mitarbeiter/innen (Tutoren/innen).

Positionierung des Lehrangebots

Masterstudium Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften, 1. Semester

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2023 nominiert.
Ars Docendi
2023
Kategorie: Lehre und Digitale Transformation
Ansprechperson
Alexander Gohm, Assoz.-Prof. Dr.
Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften
0512 507 54488
Nominierte Person(en)
Alexander Gohm, Assoz.-Prof. Dr.
Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften
Themenfelder
  • Digitalisierung
  • Forschung/EEK geleitete Lehre
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Flexibel Studieren
  • Erfahrungslernen
Fachbereiche
  • Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik/Ingenieurwissenschaften