Fachhochschule Burgenland GmbH
Campus 1, 7000 Eisenstadt
Weitere Beispiele der Hochschule

AIdeal4MINT

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Das zentrale Lernziel „die Gründungskompetenz bei MINT-Studierenden zu fördern“ wird über die Förderung dreier Kompetenzbereiche erreicht:

  • Kenntnisse/Knowhow (betriebswirtschaftliche Kenntnisse, nachhaltige Geschäftsmodelle, Big Data & AI als Enabler)
  • Fähigkeiten/Social Skills (Kreativität, Kommunikation, Eigenständigkeit, Teamarbeit)
  • Einstellungen/Enterpreneurial-Mindset (Eigeninitiative, Bewusstsein für Handlung, Zukunftsorientierung, betriebswirtschaftliches Denken und Handeln)

Die Entwicklung dieser Kompetenzen ist für die Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderungen notwendig, da es Personen braucht, die selbstständig Projekte initiieren und etwas Gestalten wollen. Vor diesem Hintergrund steht die Tatsache, dass lediglich 9% aller Jungunternehmer*innen aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen oder Hochschulen stammen. Die Nutzung eines Teils des in diesen Institutionen geschaffenen Wissens in etablierten Unternehmen (also solche, die älter sind als 3,5 Jahre) zu verwerten, verweist ebenfalls einen Rückgang (von 7% auf 4%; Friedl, Frech, Kirschner, Koren & Wenzel 2021, S. 58). Die fehlenden Ausgründungen - aufgrund des geringen Wissenstransfers in die Gesellschaft und der geringen Umsetzungsquoten von Forschungserkenntnissen in die Wirtschaft - sowie ein Mangel an entrepreneurialem Mindset in der österreichischen Gesamtbevölkerung sind häufig Thema in einschlägigen Forschungs- und Praxisberichten.

Die aktuelle Lage unserer Gesellschaft erfordert ein proaktives Herangehen, um die Gesellschaft und die Wirtschaft, als Teil von ihr, so zu gestalten, dass sozial- und umweltverträgliches Wirtschaften Schule macht. Bildung und Bildungsinstitutionen sollen die Gesellschaft über ihre Bildungsangebote auf diesem Weg unterstützen. In unserer Lehrveranstaltung verschränken wir deshalb nachhaltige Entwicklung, Big Data & AI und Entrepreneurship, um Studierende aus MINT-Studiengängen für die Möglichkeiten, welche sich über umwelt- und sozialverträgliches Entrepreneurship und ethisch-ökologisches Wirtschaften ergeben, zu sensibilisieren und zu interessieren. Nachhaltigkeit, Big Data, AI und Betriebswirtschaft sind normalerweise voneinander isoliert betrachtete Fachgebiete; unsere Lehrveranstaltung nutzt die Schnittmengen dieser Fachgebiete, um BWL-ferne Studierendengruppen an zukunftsorientiertes Entrepreneurship heranzuführen.

Lernmöglichkeiten nahe der realen Welt (bspw. Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung) sind ein geeigneter Weg für Studierende, Schlüsselkompetenzen im Bereich der Nachhaltigkeit zu entwickeln. Die "typischen" realitätsnahen Lernmöglichkeiten (z. B. Praktika, Service Learning und projektbasiertes Lernen) weisen darauf hin, dass diese Möglichkeiten die Studierenden bei der Entwicklung einiger Schlüsselkompetenzen unterstützen und den Aufbau von Kompetenzen wie Problemlösung, Verknüpfung von Wissen und Handeln und kollaboratives Arbeiten ermöglichen. (Brundiers et al. 2009)

Kurzzusammenfassung des Projekts

Das zentrale Lernziel der Lehrveranstaltung (LV) - die in zwei MINT-Studiengängen implementiert wurde - ist, die Gründungskompetenz bei MINT-Studierenden zu fördern. Dabei erfolgt a) Wissensaufbau zu Themen aus der BWL betreffend nachhaltige Geschäftsmodelle, sowie Big Data und AI als Enabler, b) Förderung sozialer Fähigkeiten, wie Kreativität, Arbeiten mit diversen Teams und c) Entwicklung des entrepreneurialen Mindsets, mittels Bewusstseinsschaffung für eigenes Handeln und dessen Auswirkungen und zukunftsorientiertes Denken und Handeln.

Die kooperative Lehr- und Lernform wird bei der LV auf mehreren Ebenen deutlich: a) Department-übergreifende Curricula-Entwicklung, b) interdisziplinäre Veranstaltung von drei Lehrenden und Verbindung vieler Themen (komplex realistisch) c) transdisziplinäres Setting mit Ziel des Aufbaus eines realen Geschäftsmodells.

Bezüglich der Kriterien sind folgende Aspekte der LV zu nennen:

  • Innovative HS-Didaktik: Bilaterale Lehre, Blended Learning, Co-Teaching, Transdisziplinarität der klassischen Betriebswirtschaft für MINT
  • Studierendenzentrierung und Heterogenität: Diversität als Chance, Effectuation-Theorie (eigene Ressourcen, Erfahrungen nutzen), Integration internationaler Studierender (z.B. Iran, China)
  • Kompetenzorientierung: Gründungskompetenz mit Wissens-, Fähigkeiten- und Einstellungsebene
  • Blick über den Tellerrand: Einbindung eines internationalen Projektes, Umgang mit diversen Teams, Englisch als Arbeits- und Lehrveranstaltungssprache in

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

The central learning objective of the course, which was implemented in two STEM degree programmes so far, is to promote entrepreneurial skills among STEM students. This involves a) gaining business administration knowledge, also regarding sustainable business models, and big data and AI as enablers of business, b) promoting social skills, such as creativity, working with diverse teams and c) developing the entrepreneurial mindset by creating awareness for one's own actions and their effects and future-oriented thought and action.

Cooperative teaching and learning are implemented in the course on several levels: a) trans-departmental curricula development, b) interdisciplinary course taught by three lecturers and linking of relevant topics (complex realistic) c) transdisciplinary setting with the aim of building a competitive business model.

With regard to the criteria, the following aspects of the course should be mentioned:

  • Innovative higher education didactics: bilateral teaching, blended learning, co-teaching, transdisciplinary aspects of classical business administration for STEM.
  • Student-centered approaches and heterogeneity: diversity as an opportunity, effectuation theory (using one's own resources, experiences), integration of international students.
  • Competence orientation: foundational competence with knowledge, skills and attitude levels.
  • Looking beyond one’s horizon: integration of an international project, dealing with diverse teams, English as working language

Nähere Beschreibung des Projekts

Ausgehend von dem Lehr-Lern-Ziel: „die Gründungskompetenz bei MINT-Studierenden zu fördern“ und der Berücksichtigung der angesprochenen Foki „Big Data & AI, BWL und Agenda 2030“ ist für die Lehrveranstaltung bedeutsam ein kompetenzbasiertes und bedarfsorientiertes Lehrangebot zu entwickeln. In den Empfehlungen des Rates der Europäischen Union (2018) werden acht Schlüsselkompetenzen für alle Lernenden als relevant erachtet. Dazu zählt u.a. die Förderung der unternehmerischen Kompetenz, die beschrieben wird als eine „Fähigkeit, Chancen und Ideen umzusetzen und in Werte für andere zu verwandeln. Sie beruht auf Kreativität, kritischem Denken und Problemlösung, Eigeninitiative und Durchhaltevermögen und der Fähigkeit, mit anderen zusammenzuarbeiten, um Projekte zu planen und durchzuführen, die von kulturellem, gesellschaftlichem oder finanziellem Wert sind.“

Die Dreiteilung der unternehmerischen Kompetenz (Rat der Europäischen Union, 2018) umfasst Kenntnisse, Fertigkeiten und Einstellungen:

Kenntnisse:

  • Wissen über verschiedene Kontexte, Gelegenheiten und Entwicklung für/von Ideen im persönlichen, sozialen und beruflichen Bereich
  • Ansätze zur Planung und Durchführung von Projekten mit Verständnis für Prozesse und Ressourcen
  • Verständnis von der Wirtschaft, inkl. Chancen und Herausforderungen für Arbeitgeber, Organisation und Gesellschaft
  • Wissen über ethische Grundsätze und Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung
  • Bewusstsein über eigene Stärken und Schwächen

Fertigkeiten:

  • Kreativität, Einfallsreichtum
  • Strategisches Denken und Problemlösen
  • Kritisches und konstruktives Nachdenken innerhalb wechselnder kreativer Prozesse und Innovationen
  • Eigenständige Arbeitsweise
  • Arbeiten im Team, mobilisieren von Ressourcen
  • Finanzielle Entscheidungen (Kosten-Wert Abschätzung)
  • Effektive Kommunikation und Verhandlung
  • Umgang mit Ungewissheit, Widersprüchlichkeit und Risiken inkl. Entscheidungsfindung

Einstellungen:

  • Eigeninitiative
  • Bewusstsein für die eigene Handlungsfähigkeit
  • Vorausschauendes Handeln
  • Zukunftsorientiertheit
  • Mut und Ausdauer beim Erreichen von Zielen
  • Wunsch, andere zu motivieren und ihre Ideen zu würdigen
  • Empathie und Verantwortungsbewusstsein für Menschen und die Welt
  • Bereitschaft, Verantwortung für ethisches Verhalten zu übernehmen

Das erhöhte Aufkommen von Entrepreneurship Themen in Wissenschaft und Gesellschaft liegt begründet in der Notwendigkeit des (pro)aktiven Handelns in Bezug zu den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen. Hierzu zählen auch Initiativen seitens des Bildungssektors im Rahmen der Entrepreneurship Education (Förderungen und/oder Aufbau von Entrepreneurship-zentren/-lehrstühlen/-projekten auf nationaler und internationaler Ebene). Entrepreneurship Education kann definiert werden, als „wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit der Förderung unternehmensgründungsrelevanter Kompetenzen und mit den dafür erforderlichen Bildungsstrukturen bei Einnahme einer reflektierten Haltung zu den Auswirkungen des gründungsbezogenen Handelns auf die Gesellschaft“ und die Umwelt (Halbfas & Liszt-Rohlf 2019, S. 18). In der Entrepreneurship Education ist neben der Identifikation der gründungsrelevanten Kompetenzen und der Kooperation aller Stakeholder, wie Lernende, Lehrende, Politiker*innen und Forschende (Byrne, Fayolle & Toutain 2015, S. 283), das didaktische Modell für Entrepreneurship Education für den MINT-Bereich von Bedeutung, um bedarfsadäquate und zukunftssichernde Kompetenzen zu fördern. Die Entrepreneurship Education für den MINT-Bereich soll im Sinne des Konstruktivismus Studierende unterstützen (Kleine, Giones & Tegtmeier 2019, S. 102): (1) ein grundlegendes Verständnis für Entrepreneurship aufzubauen, (2) die Fähigkeit zu erwerben Gelerntes in die Realität zu transferieren und damit Wert (unter nachhaltigen Gesichtspunkten) zu erzeugen und (3) das eigene entrepreneuriale Mindset (weiter) zu entwickeln.

Die Kompetenzbeschreibung und Ziele der EE folgend ergibt sich folgendes Bild der didaktischen Strukturierung (Meyer, 2021) dieser LV.

  1. Zielstruktur: WOZU? Förderung von Ausgründungen und Befähigung der MINT-Studierenden zur Entwicklung von innovativen, nachhaltigen und hochtechnologischen Geschäftsideen
  2. Inhaltsstruktur: WAS? Siehe Kompetenzauflistung oben.
  3. Zeit- oder Prozessstruktur: IN WELCHER REIHENFOLGE? - Zu Beginn: Diversität, Teambuilding, Kreativität, Ideenfindung; Begleitend im Projektprozess: grundlegende betriebswirtschaftliche Kenntnisse mit Umsetzung im eigenen Projekt; Finalisierend: Weiterentwicklung und Präsentation der Idee vor verschiedenen Zielgruppen
  4. Methoden- oder Handlungsstruktur: WIE UND WOMIT? Diversitätsübungen, Lego®SeriousPlay®, online und vor Ort Lehre, Lehrgespräche, Transferübungen und Reflexionen nach jeder Einheit, Handlungsorientiertes Lernen, Gruppenarbeit
  5. Sozial- und Beziehungsstruktur: WER MIT WEM? Diverse Studierendengruppen, d. h. unterschiedliche Gruppen mit jeweils Männern und Frauen, unterschiedlichen Vorerfahrungen (Praxis vs. Schule), unterschiedlichen naturwissenschaftlichen Spezialisierungen (Fokus Gebäudetechnik und Energie und Umweltmanagement), mit unterschiedlicher Herkunft (In- und Ausland) und unterschiedlichen Stärken (Rollenverteilung); ein fachspezifisches Team (BWL) von Lehrpersonen im Co-Teaching; Interdisziplinäre Lehrveranstaltung mit Lehrenden aus dem Fachbereich der Betriebswirtschaft und Lernenden aus naturwissenschaftlichen Fachbereichen
  6. Raumstruktur des Unterrichts: WO? vor Ort in großen Räumen, online auf Moodle, und selbstorganisiert von den einzelnen Teams

Spezifikum Bilingualität:

Lin & He (2019) beschreiben die positiven Auswirkungen von Fremdsprachkenntnissen auf akademische Leistungen und bestätigen frühere Studien, die eine positive Assoziation zwischen den Sprachkenntnissen und den schulischen Leistungen der Lernenden in einem zweisprachigen Umfeld nachweisen. Was lange Zeit als elitär galt, ist im aktuellen Arbeitsmarkt ein Muss: gute Englischkenntnisse. Laut eines von Education First (EF) publizierten Rankings, für das 2,1 Mio. Tests auf der ganzen Welt herangezogen wurden, landete Österreich und die Englischkenntnisse der Bevölkerung auf Platz 3 (hinter den Niederlanden und Singapur, jedoch vor Norwegen) von 111 untersuchten Ländern. Um diese positive Entwicklung weiterzutreiben, ist vorliegende LV bilingual konzipiert. Es wird von Beginn an kommuniziert, welche Lehrenden in welcher Sprache arbeiten, um Berührungsängste zu minimieren. Für die meisten Studierenden ist es das erste Mal, dass Inhalte auf Englisch außerhalb des Englischunterrichts bearbeitet werden. Aktive Teilnahme wird besonders positiv hervorgehoben und freies Sprechen wird in vielen Übungen, die auf die Abschlusspräsentationen vorbereiten, zur Normalität. Dies ist besonders einfach, da in den Gruppen ein Anteil Studierender ist, die nicht Deutsch als Muttersprache haben.

Spezifikum Diversität als Chance:

Kooperatives Lernen in kulturell gemischten Gruppen fördert den Abbau von Vorurteilen und schafft gleichzeitig eine Erweiterung des Horizonts (Dubs 2009, S. 471-475). Bei der Arbeit mit diversen Gruppen (Diversität im Sinne von Gardenswartz & Rowe, 1998) ist es für die Lehrpersonen ratsam das eigene Verhalten hinsichtlich des Umgangs mit der Gruppe zu reflektieren. Dabei sollte den Lehrpersonen die sozioökonomische und kulturelle Zusammensetzung der Gruppe bewusst sein, jedoch aber eine Vorverurteilung vermieden werden. Dies gelingt, umso mehr, je mehr über die einzelnen Kulturen bekannt ist und umso eher Erfahrungen mit unterschiedlichen Kulturen gesammelt wurden. Dies gelingt in der vorliegenden LV auch, weil die Lehrenden Diversitätstrainings durchführen und größtenteils selbst einen internationalen Hintergrund haben. Die in diesem Prozess gebildeten Gruppen wurden von den Lehrenden nach einer Diversitäts-Übungseinheit angeleitet. Dabei war es wichtig eine hohe Diversität in der Gruppe zu schaffen, um ein möglichst hohes Kreativitätspotenzial zu erzeugen. Aus diesem Grund durchliefen die Studierenden im ersten Schritt einige Diversitätsübungen. Basierend auf diesen Erfahrungen und den Informationen der Studierenden wurden Gruppenleitungen und schließlich diverse Teams mit drei bis fünf Mitgliedern gebildet (siehe dazu Dubs 2009, S. 207-208).

Spezifika Lego® Serious Play®:

Die Studierenden schaffen zu Beginn der Lehrveranstaltung mit Lego® Serious Play® ein Team und eine Geschäftsidee, die sie im Verlauf der Lehrveranstaltung in mehreren Iterationen entwickeln.

Die Methode Lego ® Serious Play ® (LSP) ermöglicht es einer Gruppe, Ideen, Meinungen und Erkenntnisse zu teilen und vertieft in den Prozess der Problemlösung einzusteigen. Der Prozess dieser Methode ist in einen wiederkehrenden Zyklus von Bauen, Reflektieren und Aufbau eines gemeinsamen Verständnisses geprägt. Typische Einsatzgebiete sind individuelles Coaching, Ideenentwicklung, Identifikation von Werten, Teambuilding, Visionsentwicklung einer Gruppe, (Produkt-)Innovationen sowie die Entwicklung von Strategien und Szenarien (Blair & Rillo 2016, S. 60-72). Aus wissenschaftlichen Begleitstudien von LSP Prozessen ist bekannt, dass die Methode individuelles Flow-Erlebnis in Form von Glücksgefühlen und autotelischem Verhalten (zweckfreies aber sinngetragenes Agieren im Spiel) fördert. Dies kann wiederum dazu führen, dass das Endergebnis des Teams kreativer sein kann als bei klassischen Methoden. Wichtig ist dabei die Trennung von Einzel- und Gruppenphasen und eine klare Strukturierung des Prozesses, welches die Reflexion als wesentlichen Baustein inkludiert (Zenk, Primus & Sonnenburg 2020, S. 353-357). Alle Teilnehmer*innen erfüllen dieselben Aufgaben, was zu hohem Engagement aller Beteiligten und darauf aufbauend zu einem breiten Spektrum an Ideen führt (McCusker 2020, 146).

Spezifika Blended Learning:

Blended learning kann in diesem Setting optimal eingesetzt werden. Während das Teambuilding und die Ideenfindung mit Lego®SeriousPlay® in Präsenz stattfinden, kann das Vermitteln von Standard BWL-Prinzipien gut online abgedeckt werden. Die kritische Reflexion und Präsentation der jeweiligen virtuellen Geschäftsideen werden dann wieder in Präsenz geübt; das minimiert auch Hemmungen, dies in der Fremdsprache Englisch zu machen.

Beurteilung in der LV:

Endprodukte in beiden Semestern ist ein Test und eine Präsentation der Geschäftsidee (Pitch) der einzelnen virtuellen Geschäftsidee. Die Tests umfassen insgesamt 10 Multiple Choice-Fragen aus 6 BWL-Teildisziplinen und sind auf Deutsch, die Präsentationen sind auf Englisch. Die Präsentationen der Geschäftsidee werden im ersten Semester gegenüber der Zielgruppe FFF (Friends, Family, Fools), also Investitionswillige und im zweiten Semester gegenüber einem Expert*innenpublikum einer wissenschaftlichen Konferenz zum Thema Nachhaltigkeit abgehalten. Diese virtuelle Geschäftsidee dient dazu, die vermittelten betriebswirtschaftlichen Themen an einem greifbaren Beispiel abzuarbeiten. Dieses Vorgehen ist in der Kognitionswissenschaft effektiv anerkannter Weg des Lernens, der drei Prinzipien beinhaltet: (Butler et al. 2014).

  • Wiederholtes Abrufen des Gelernten. Die Studierenden werden zuerst über Lego® Serious Play® auf ihre Rollen als Wirtschaftstreibende vorbereitet. Die Gruppen beschäftigen sich mit dem Thema Gründung und erforschen Möglichkeiten wirtschaftlichen Handelns.
  • Zeitliche Abstände. Durch die verschiedenen Herangehensweisen (LSP, BWL-Input, Präsentationen) ergibt sich nicht nur ein wiederholtes Abrufen des Gelernten, sondern dass dies in zeitlichen Abständen über ein ganzes akademisches Jahr hinweg aus verschiedenen Perspektiven bearbeitet wird.
  • Ein rechtzeitiges, iteratives Feedback. Durch die Kombination von Gruppenarbeiten, Präsentationen und Tests erhalten die Studierenden laufend Feedback, das sie dann in die jeweils nächsten Iterationen einbauen können (kontinuierlichen Verbesserungsprozess).

Nutzen und Mehrwert

Integration unterschiedlicher Expertisen und Aufteilung Arbeitseinsatz:

Die Lehrveranstaltung wird im Team von drei Lehrenden durchgeführt, die jeweils ihre Schwerpunkte in die LV einbringen. Das betriebswirtschaftlichen Grundlagenwissen wird von Mag. Johannes Ernst aufbereitet. Innovationsoffenheit und Kreativität, sowie ein Einstieg in ein entrepreneurial Mindset erfolgt durch Dr. Verena Liszt-Rohlf. Zielgruppenorientierter Wissenstransfer und Präsentationstechnik wird mit Alexandra Baldwin, MA, auf Englisch erarbeitet. Alle drei Lehrpersonen setzen ihre jeweiligen Themen in den Kontext einer sich verändernden Wirtschaftsstruktur in Richtung Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit und setzen auf eine lerner*innenzentrierte Didaktik.

Praxisbezug für die Studierenden aufgrund von Fallanalysen und Transfer des Gelernten in die Umsetzung (d.h. Entwicklung einer realen Geschäftsidee). Die Studierenden befassen sich im Rahmen des Aufbaus der betriebswirtschaftlichen Kenntnisse intensiv mit der Analyse von bestehenden Unternehmen und lernen so direkt an realen Fällen (Fallanalysen, Webseite-Analysen). Diese Erkenntnisse werden beim Aufbau der eigenen Geschäftsidee zusammen mit den kreativen Ideen aus der LV kombiniert und in die Praxis gebracht.

Integration von diversen Studierenden und Herausforderung der Studierenden auf der Ebene der sozialen Kompetenzen (Offenheit, Umgang mit diversen Teammitgliedern, Umgang mit eigenen Vorurteilen, Arbeiten in einer Fremdsprache).

Kooperation auf vier Ebenen: Kooperation der Studiengänge an zwei Standorten, Kooperation von Disziplinen (Wirtschaftswissenschaften und Energie & Umwelt/Gebäudetechnik), Kooperation von drei Lehrenden, Kooperation von diversen Studierenden (Teambildung nach Diversitäts-Übungen), Kooperation zwischen Hochschule (Wissenschaft & Lehre) und Praxis (Wirtschaft) durch Entwicklung realer Geschäftsideen und Vorstellung dieser auf einer Konferenz (Zielgruppe: Wissenschaft und Wirtschaft).

Nachhaltigkeit

Im Rahmen eines diese Lehrveranstaltung begleitenden internen (Vor-)Projekts haben im Sommersemester 2022 fünf Studierende aus dem Bachelorstudiengang Internationale Wirtschaftsbeziehungen (BIWB) Fallstudien aus der Gebäudetechnik, bzw. dem Energie- und Umweltmanagement mit betriebswirtschaftlichen Inhalten erarbeitet und leitfadengestützte Expert*inneninterviews mit erfahrenen, externen Lehrenden durchgeführt, um mehr über die für MINT-Studierende in der Praxis wichtigen Kompetenzen und Lehrinhalte zu erfahren. Das Ergebnis zeigt, dass neben betriebswirtschaftlichen Kenntnissen von Techniker*innen auch soziale Kompetenzen, Projektmanagementfähigkeiten und wirtschaftsrechtliche Grundkenntnisse (Investitionsrechnungen, Wirtschaftlichkeitsanalysen) verlangt werden. Ein weiteres Ergebnis dieses Projekts war die Erstellung einer umfangreichen Fallstudie, die im Rahmen der transdisziplinären Lehrveranstaltung als Beispiel eingesetzt werden kann. Die Erkenntnisse zu den Kompetenzen und Lehrinhalten wurden für die Verbesserung der LV eingesetzt.

Die LV wird als Pflichtfach in den beiden BA-Studiengängen weiter eingesetzt und entsprechend der Evaluationen weiterentwickelt.

Die Studierenden aus den bereits absolvierten Lehrveranstaltungen können sich auch im Nachgang mit Fragen bezüglich der Umsetzung der Gründungsidee an die Lehrenden wenden, die neben der eigenen Expertise auch eine gute Verbindung zum Süd-Hub (Gründungsförderung im Burgenland, Wirtschaftsagentur) haben.

Dissemination/Transfer

Aufgrund der sehr positiven Evaluierungen gab es seitens der Studiengangsleiter aus den beiden genannten Bachelorstudiengängen Gebäudetechnik und Automation sowie Energie und Umweltmanagement die Anfrage eine weitere Veranstaltung zu übernehmen. Mit ähnlichen Lehr-Lern-Konzepten kann im Sommersemester 2023 die LV Innovationsmanagement von den drei Lehrenden angeboten werden.

Aufgrund der sehr positiven Evaluationen der LV soll dieses Lehr-Lern-Konzept weiterhin in der Form im festintegrierten Modul (Pflichtfach) der beiden BA-Studiengänge integriert bleiben. Zusätzlich existieren bereits Überlegungen die Lehrveranstaltung beispielsweise auch in anderen Studiengängen bei anderen Departments anzubieten bzw. zu integrieren. Ein mögliches Handlungsfeld könnte bspw. auch der Gesundheitsbereich sein, da sich gerade durch die gesellschaftliche Herausforderung der Veralterung der Gesellschaft und dem Mangel an Fachkräften in der Pflege, ein dringender Handlungsbedarf für neue Geschäftsmodelle entwickelt hat.

Institutionelle Unterstützung

Die Umsetzung des Lehr-Lern-Konzepts wurde durch den Rektor persönlich positiv hervorgehoben und dessen Umsetzung und Weiterreichung in andere Bereiche angeschoben. Seitens der Geschäftsführung der Hochschule wurden zwei der drei Lehrenden im Rahmen einer externen Weiterbildung zu Lego® Serious Play® Facilitator ausgebildet.

Positionierung des Lehrangebots

Bei der Re-Akkreditierung im Herbst 2021 wurden die Lehrveranstaltungen BWL1 und BWL 2 der Bachelor-Studiengänge Gebäudetechnik und Automation sowie Energie und Umweltmanagement überarbeitet. Im Rahmen dieser Überarbeitung wurde das Ziel der Lehrveranstaltung und die didaktische Herangehensweise zum Thema Betriebswirtschaft neu definiert: die Studierenden sollen befähigt werden Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen (wie die Klimakrise und damit verbundene Herausforderungen) mit Hilfe deren technischen Knowhows und betriebswirtschaftlichem Geschick zu verwirklichen.

Die Pilotlehrveranstaltung, die zwischen dem Department Wirtschaft und dem Department Energie und Umweltmanagement im WS 2021 gestartet wurde, wurde für das WS 2022 überarbeitet und wieder durchgeführt und ist nun in den Curricula zweier Studiengänge verankert. Die hier Lehrveranstaltung umfasst 5 SWS, bzw. 7 ECTS, pro Jahr.

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2023 nominiert.
Ars Docendi
2023
Kategorie: Kooperative Lehr- und Arbeitsformen
Ansprechperson
Alexandra Baldwin, BA MA
Department Wirtschaft
+43 5 7705-4532
Nominierte Person(en)
Alexandra Baldwin, BA MA
Department Wirtschaft
Mag. Johannes Ernst
Department Wirtschaft
MMag. Dr. Verena Liszt-Rohlf
Department Wirtschaft
Themenfelder
  • Curriculagestaltung
  • Digitalisierung
  • Diversität und Soziales
  • Klimaschutz
  • Kooperationen in der Lehre
  • Erfahrungslernen
  • Rund ums Prüfen
  • Lehr- und Lernkonzepte
Fachbereiche
  • Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik/Ingenieurwissenschaften
  • Wirtschaft und Recht