Wahlfach Hochschullernwerkstatt

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

An der Pädagogischen Hochschule Steiermark (PHSt) wurden seit 2019 kontinuierlich Hochschullernwerkstätten eingerichtet. Ihr Ziel ist es, bezugnehmend auf das Lehrkompetenzmodell der steirischen Hochschulen, Studierenden und Lehrenden einen Rahmen für eine individuellere Gestaltung und Begleitung des Professionalisierungsprozesses zu eröffnen. Hochschullernwerkstätten sind im Konkreten hochschuldidaktisch speziell ausgestattete physische Räume, die sich nach Müller-Naendrup (2020, S. 721) „sowohl konzeptionell als auch räumlich als Alternative und konstruktive Ergänzung traditioneller Lehr- und Lernkulturen in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung“ verstehen. An der PHSt sind das derzeit die Hochschullernwerkstatt Mathematik, die Hochschullernwerkstatt Digital Learning Lab (beide gegründet 2019), die Hochschullernwerkstatt Deutsch (gegründet 2020), die Hochschullernwerkstatt Sachunterricht (gegründet 2021) und die Hochschullernwerkstatt Radioigel & IgelTV (gegründet als Medienwerkstatt 2011, 2019 ins Konzept der Hochschullernwerkstätten überführt). Sie wollen nicht zuletzt den Transfer innovativer Lehr- und Lernformen aus dem Studium in die Praxis unterstützen, indem Studierende Konzepte nicht nur theoretisch „gelehrt bekommen“, sondern in Form eines „didaktischen Doppeldeckers“ sowohl als Lernende als auch als Lehrende selbst ausprobieren, reflektieren und mitentwickeln können.

2020 wurde ein freies Wahlfach entworfen, um die Nutzung dieser Hochschullernwerkstätten abzubilden und dem verstärkten Bedarf nach studierendenzentrierten, kompetenzorientierten, interdisziplinären und forschungsgeleiteten Lehrveranstaltungsangeboten zu begegnen. Seitdem wurde dieses Angebot kontinuierlich weiterentwickelt und erweitert, um neben der individuellen Vertiefung fachlicher und fachdidaktischer Inhalte auch die Vernetzung zwischen den abgebildeten Fächern, den Studiengängen (Elementar-, Primar- und Sekundarstufenlehramt) und zwischen Theorie und Praxis im Allgemeinen zu fördern. Studierende sollen so Gelegenheiten bekommen, über Fächer- und Studiengangsgrenzen hinaus ihren Interessen und Fragestellungen nachzugehen, persönliche Entwicklungsbedarfe in einzelnen Fächern zu identifizieren (dies ist v.a. im Primarstufenlehramt wesentlich) und dem eigenen Lernweg folgend selbstgewählte Themen vielfältig und multiperspektivisch zu bearbeiten.

Das Wahlfach bietet außerdem Gelegenheiten zur Erprobung eines Lehrveranstaltungsformats, in dem das Lernen und Studieren in Hochschullernwerkstätten stattfindet. Es liefert wichtige Hinweise für eine zukünftige Implementierung des Konzepts in der Pflichtlehre der PHSt und trägt damit zur Gestaltung einer zukunftsfähigen Ausbildung bei.

Müller-Naendrup, Barbara (2020): Lernwerkstätten in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. In: Colin Cramer, Johannes König, Martin Rothland und Sigrid Blömeke (Hg.): Handbuch Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Stuttgart, Deutschland: utb GmbH, S. 721–726.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Im Wahlfach Hochschullernwerkstatt gestalten Studierende ihr Lernen selbstorganisiert und eigeninitiativ; zentral sind nicht vorgegebene Inhalte, sondern ihre eigenen Fragen. Den Rahmen dafür bieten fünf Hochschullernwerkstätten (Mathematik, Deutsch, Sachunterricht, Digital Learning-Lab und Radioigel), welche die Teilnehmer*innen bedarfsorientiert besuchen können. Jede Lernwerkstatt ist einmal wöchentlich für zwei bis vier Unterrichtseinheiten geöffnet (gesamt derzeit 15 UE/Woche). Innerhalb dieser Öffnungszeiten finden offene und themengebundene Einheiten statt, die die Studierenden individuell wählen können. Dabei ist es möglich und erwünscht, unterschiedliche Lernwerkstätten zu besuchen, um eine Fragestellung fächerübergreifend zu beantworten oder unterschiedliche Fragen in verschiedenen Fächern zu bearbeiten. Etwa zehn Hochschullehrpersonen aus verschiedenen Instituten und Fachrichtungen begleiten die Studierenden dabei. Sie arrangieren und konzipieren themengebundene Lernumgebungen, stehen zu den Öffnungszeiten mit ihrer Expertise zur Verfügung, begleiten in offenen Einheiten bei der Bearbeitung individueller Themen und moderieren Kollaborationen und Reflexionsgespräche. Das Konzept des Wahlfaches wird evaluiert und partizipativ mit den Studierenden und der Vernetzungsgruppe, die sich mit der Qualitätsentwicklung der Hochschullernwerkstätten an der PHSt beschäftigt, weiterentwickelt.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

In the elective Hochschullernwerkstatt (University Learning Workshop), students design their learning in a self-organized and self-initiated manner: the central focus is not on predefined content, but on their own inquiries. The framework for this is provided by five university learning workshops (Mathematics, German, General Science, Digital Learning Lab and Radioigel), which participants can visit according to their needs. Each learning workshop is open once a week for two to four teaching units (currently a total of 15 units per week). Within these opening hours, open-topic and topic-oriented units take place, which the students can choose individually. It is possible and desirable to visit different learning workshops in order to answer a question across subjects or to work on different questions in different subjects. About ten university lecturers from different institutes and disciplines guide the students. They arrange and design topic-related learning environments, are available with their expertise during opening hours, support students in open-topic units while they work on individual questions, and moderate collaborations and reflection discussions. The concept of the elective is evaluated and further developed in a participatory manner with the students and the networking group that deals with the quality development of the university learning workshops at the University College of Teacher Education Styria.

Nähere Beschreibung des Projekts

Innovativer und qualitätsvoller Unterricht versucht die vielfältigen Ausgangssituationen, Interessen und Fähigkeiten der Schüler*innen wahrzunehmen, einzubinden und so ihr Lernen optimal zu unterstützen und zu befördern. Um Lehrer*innen dafür auszubilden, werden in den Lehramtsstudien geeignete Lehr- und Lernsettings benötigt, die theoretisch fundiert sind und für eine anspruchsvolle Praxis qualifizieren. Ein solches Setting bieten Hochschullernwerkstätten, welche sich seit einigen Jahren in der internationalen hochschuldidaktischen Diskussion für Lehramtsstudien etabliert haben. Ihre Grundlage sind theoretische Konzeptionen des Erfahrungslernens, des selbstorganisierten Lernens sowie des handlungsorientierten Unterrichts.

Studierende wählen zu Beginn des Semesters eine von acht Fokus-Gruppen, die von Hochschullehrpersonen geleitet werden (derzeit z.B. aus den Fachbereichen Mathematik Sekundar- und Primarstufe, Deutsch, Sachunterricht, Englisch, Radio- und TV-Produktion, Wissenschaftliches Schreiben und Arbeiten, geöffnete Lehr- und Lernformen, neue Medien, Sprachsensibler Unterricht, Inklusion). Diese begleiten während des gesamten Semesters das Lernen der Studierenden als Lernbegleiter*innen person- und bedarfsorientiert. Unabhängig von der vorab gewählten Fokus-Gruppe können die Studierenden alle Hochschullernwerkstätten besuchen. Es sind das derzeit:

  • Medienwerkstatt Radioigel/IgelTV
    In der Medienwerkstatt Radioigel/IgelTV stehen Mediendidaktik, umfassende Medienbildung und Medienproduktion im Zentrum. Durch die professionell begleitete Produktion von Radio- und TV-Beiträgen werden kritische Medienkompetenzen von Lehrpersonen und Studierenden ebenso gestärkt wie didaktische Kompetenzen. Die Medienwerkstatt gibt Anregungen zur aktiven Beteiligung an medialen Diskursen und qualifiziert angehende Lehrkräfte für Kernbereiche ihres Berufs. Entwickelt werden innovative Angebote zur Förderung der Medienkompetenz sowie didaktisch durchdachte audio-visuelle Lernmaterialien.
  • Hochschullernwerkstatt Mathematik
    In dieser Hochschullernwerkstatt finden Lehramtsstudierende einen anspruchsvoll ausgestatteten Raum für die fachliche und fachdidaktische Kompetenzentwicklung in Mathematik vor. Didaktische Materialien stehen zur handlungsorientierten Erprobung zur Verfügung. Eigenverantwortliche und selbstbestimmte Lernprozesse regen die Beobachtung und Selbstbeobachtung von Lernerfahrungen an und werden theoriegeleitet reflektiert. Dies leistet einen wesentlichen Beitrag zur Ausbildung einer lernzentrierten Haltung von angehenden Lehrkräften.
  • Digital Learning Lab
    Das Digital Learning Lab bietet mit verschiedenen Lernzonen, einem Lego-Studio, Arbeitsplätzen und Entspannungsecken, zeitgemäß flexiblen Möbeln, interaktiven Boards, Tablets, Notebooks, Streaming- und Animationsmedien, 3D Drucker etc. ein ideales Umfeld, um medienpädagogische Lernsettings zu entwickeln, zu testen, zu analysieren und zu reflektieren. Hier können die Auswirkungen des Raums und der Raumgestaltung auf die Möglichkeiten und Grenzen des Unterrichts direkt erfahren werden – von Studierenden und Hochschullehrenden gemeinsam.
  • Hochschullernwerkstatt Deutsch
    Die Hochschullernwerkstatt Deutsch bietet nicht nur umfassende Materialien für den sprachlichen, schriftsprachlichen und literalen Unterricht und die damit verbundene pädagogische Diagnostik, sondern ist auch offener Begegnungsraum für aktuelle Lehr-Lern-Arrangements und fachlichen Austausch. Innerhalb der Hochschullernwerkstatt Deutsch werden innovative Formate im Bereich der Unterstützung des (Schrift)spracherwerbs exploriert und in neue Formen der Unterrichtsgestaltung einbezogen.
  • Hochschullernwerkstatt Sachunterricht
    Die Hochschullernwerkstatt Sachunterricht bietet Denk- und Handlungsräume zur Auseinandersetzung mit aktuellen fachdidaktischen und fachlichen Fragestellungen des Sachunterrichts. Die Vernetzung naturwissenschaftlicher, sozial- und geisteswissenschaftlicher Inhalte soll auch für Studierende der Sekundarstufe die einzelnen Fachbereiche in ihrer Bedeutsamkeit für verantwortungsbewusstes Handeln in der natürlichen, kulturellen, sozialen und technischen Umwelt begreifbar machen.

Studierende des Wahlfachs „Hochschullernwerkstatt“ erfahren in der ersten und verpflichtend zu besuchenden Einheit die organisatorischen Rahmenbedingungen und werden ermutigt, ihre Interessen und Fragen zu deponieren. Nach der partizipativen Themenfindung treffen sich alle Lehrenden, um sich auf Basis der Bedarfe der Studierenden kompetenz- und ressourcenorientiert, den gesammelten Inhalten zuzuordnen und legen fest zu welchen Themen Referent*innen eingeladen werden. Diese Themen werden dann im Laufe des Semesters in den passenden Hochschullernwerkstätten als sogenannte „themengebundene Einheiten“ angeboten. Dabei gibt es meist einen ca. zwanzigminütigen Impuls einer Hochschullehrperson oder einer*s externen Expertin*en, danach einen moderierten Austausch und/oder eine individuelle Vertiefung. Etwa die Hälfte der gesamten Termine finden als themengebundene Einheiten statt.

Die andere Hälfte sind sogenannte „offene Einheiten“, in denen die Studierenden individuell oder kooperativ an ihren eigenen Fragestellungen arbeiten und von den Lehrenden mit Expertise und Moderation unterstützt werden. Zunehmend übernehmen auch höhersemestrige, lernwerkstatterfahrene Studierende in einzelnen Einheiten die Rolle der Lernbegleitung.

Die Studierenden wählen die Einheiten selbstorganisiert und zeitflexibel nach ihren eigenen Zielsetzungen aus der digitalen Terminübersicht der offenen und themengebundenen Einheiten. Am Ende jeder Präsenzeinheit dokumentieren die Teilnehmer*innen die Inhalte, Erkenntnisse und die entstandenen Fragen in einer mit der*m Lernbegleiter*in geteilten Prozessdokumentation. So bleibt der Kontakt zwischen Studierenden und Lehrbegleiter*innen über das Semester bestehen, auch wenn unterschiedliche Hochschullernwerkstätten besucht werden. Das geteilte Dokument wird von beiden Seiten für Reflexion, Feedback, das Stellen und Beantworten von Fragen und die weitere Planung des Semesters genutzt. Im Laufe des Semesters stehen gleichermaßen die Orientierung am gewünschten individuellen Lernergebnis als auch der Lernprozess selbst im Vordergrund. In den letzten Semestern entstanden z.B. fächervernetzende und lernwerkstättenübergreifende Projekte (die Gestaltung einer Weihnachtsvorlesung mit naturwissenschaftlichen Experimenten, siehe Link), individuelle Produkte (Materialsammlung zu sprachsensiblem Geometrieunterricht, Vergleich der Theoriemodelle zum Thema „Pränumerischer Bereich“), oder es wurde der Besuch von Klassen und Kindergartengruppen organisiert.

Nicht alle Studierenden verfolgen über das gesamte Semester eine Zielsetzung. Manche gehen spontan entstehenden Fragen nach (z.B. Wie kann man das Thema „Fußball“ in eine Mathematikstunde verpacken?), stellen Material für die nächste Praxisstunde her, vertiefen Inhalte anderer Lehrveranstaltungen, tauschen sich über den Fortschritt ihrer Bachelor- oder Masterarbeiten aus oder bereiten sich mittels Material besser auf eine Prüfung vor. Allen Aktivitäten in den Hochschullernwerkstätten ist gemein, dass sie von persönlichen Fragen, und Bedarfen der Studierenden geleitet sind. Neben fachlichen und fachdidaktischen Kompetenzen, die erworben werden, haben die Studierenden die Möglichkeit, ihre Kooperations-, Organisations- und Medienkompetenz auszubauen. Medien und neue Technologien fügen sich ganz natürlich in die Bearbeitung der Zielsetzungen ein. So kann der 3D-Drucker im Digital Learning Lab beispielsweise für die Erstellung von didaktischem Material genutzt werden und der Besuch in der Medienwerkstatt Radioigel endet mit der Produktion eines Podcasts über Österreichs Bundesländer (siehe Links). Roboter werden in der Lernwerkstatt ausprobiert, ausgeborgt und dann für den eigenen Deutschunterricht im Rahmen der pädagogisch praktischen Studien eingesetzt. Für komplexere Fragestellungen und Vorhaben müssen oft verschiedene Fächer und Fachdidaktiken, Praxis und Theorie, Forschung und Schule und die unterschiedlichen Studienrichtungen miteinander verbunden werden.

Werden für einzelne Termine Expert*innen eingeladen, findet eine Vernetzung zwischen Ausbildung und Fortbildung statt. Dabei werden auch schulstufen- und schultypübergreifende Themen behandelbar. Auch Erasmus Incomings sind jederzeit willkommen (siehe Links).

In Forschungsprojekten, die Studierende mit Lehrenden gemeinsam im Rahmen der Hochschullernwerkstätten durchführen (z.B. Evaluierung des Projektes „Weihnachtsvorlesung“ und Vorbereitung eines gemeinsamen Kongressbeitrags), wird Forschungskompetenz aufgebaut und gute wissenschaftliche Praxis angebahnt. Eine digitale Lernumgebung (derzeit Moodle und OneNote) bereichert das Angebot im Wahlfach und ermöglicht den Studierenden auch außerhalb der Hochschullernwerkstätten weiter an ihren Themen und Fragen zu arbeiten. Durch die offene Konzeption, die Selbstbestimmung von Inhalten und Niveaus und die persönliche Begleitung im Wahlfach ist ein individueller Kompetenzerwerb möglich. Der wiederholte Rollenwechsel ermöglicht den Studierenden einen anderen Blick auf das „Lernen an sich“. In diesem offenen Lehr-/Lernsetting spielt Reflexion nicht nur während des gesamten Lernprozesses, sondern auch zu Semesterabschluss eine entscheidende Rolle. Nach jeder Einheit, die die Studierenden besucht haben, reflektieren sie in der Prozessdokumentation ihr eigenes Lernen. Der Fokus wird dabei immer wieder auf unterschiedliche zentrale Querschnittsthemen (Inklusion, Demokratie und Partizipation, Sprachbildung, Diversitätsbewusstsein und Gendergerechtigkeit, Umweltbildung und Nachhaltigkeit) gerichtet.

Am Ende des Semesters findet nach einer individuellen Abschlussreflexion zusätzlich eine gemeinsame verpflichtende Reflexion anhand eines dafür erstellten Leitfadens in der Fokus-Gruppe statt. Basierend darauf setzen sich einerseits die Studierenden individuelle Ziele für ihr weiteres Studium, andererseits werden die so gewonnenen Daten für die laufende Evaluierung der Lehrveranstaltung herangezogen. Das Wahlfach der Hochschullernwerkstatt entwickelt sich so durch laufende Evaluierungen stetig weiter und bezieht auch in diesen Prozess Studierende und Lehrende gleichermaßen mit ein.

Nutzen und Mehrwert

Die LV bietet die Möglichkeit, den Herausforderungen unserer Zeit durch inter- und transdisziplinäre Zusammenarbeit sowie inklusives und nachhaltiges Lernen zu begegnen. Studierende und Lehrende bringen ihre Kompetenzen ein und entwickeln diese und auch sich selbst weiter. Sie werfen einen vielperspektivischen Blick auf die globalen und individuellen Problemstellungen. Die Lehrveranstaltung leistet damit einen Beitrag zu einer zukunftsfähigen Lehramtsausbildung. Selbstgewählte Schwerpunkte ermöglichen interessengesteuertes Lernen; inhaltliche Offenheit wird der Heterogenität der Studierenden und Lehrenden gerecht und ermöglicht die Passung der (selbstgewählten) Aufgaben für das eigene Kompetenzniveau. Die Lehrveranstaltung trägt damit zur Individualisierung des Studiums bei. Spitzen können so zusätzlich gefördert werden (z.B. durch die Mitarbeit in Forschungsprojekten), Defizite unkompliziert ausgeglichen werden (z.B. fehlende fachliche Kompetenzen). Auch kann das zum Teil mangelnde Interesse vieler Primarstufenstudierender an Mathematik (dazu laufen derzeit zwei Forschungsprojekte) aufgegriffen und aktiv adressiert werden. Eine erste Begleitstudie zur Wirkung der Hochschullernwerkstatt Mathematik auf das Interesse von Lehramtsstudierenden der Primarstufe konnte bereits durchgeführt werden (Longhino, 2020).

Die in Hochschullernwerkstätten miteinander lernenden, arbeitenden und forschenden Studierenden und Lehrenden tragen zu einer veränderten Lehr- und Lernkultur an der Hochschule bei und sind ein wichtiger Faktor der Hochschulentwicklung. Darüber hinaus haben sowohl die Räume an sich als auch die individuelle Gestaltung von Lernsettings, die Handlungsorientierung und die partizipative Umsetzung Vorbildfunktion für die Gestaltung attraktiver und effektiver Lernumgebungen in der Schule.

Nachhaltigkeit

Seit dem ersten probeweisen Versuch der Hochschullernwerkstatt Mathematik, ein freies Wahlfach anzubieten, wurde diese Lehrveranstaltung jedes Semester um zusätzliche Lernwerkstätten, Angebote und Lehrende erweitert. Nach Mathematik folgten die Fächer Deutsch und Sachunterricht, danach die Medienwerkstatt, das Digital Learning Lab und zuletzt kamen die Fokus-Gruppen Englisch und Wissenschaftliches Arbeiten dazu. Gespräche für eine zukünftige Erweiterung laufen gerade mit den Verantwortlichen der Bereiche Werken, Kunst und Musik.

Die Nachhaltigkeit dieses Lehrangebots wird durch folgende Maßnahmen unterstützt:

  • Die Lehrveranstaltung wird in einer moderierten Arbeitsgruppe laufend fachübergreifend weiterentwickelt, die Hochschullernwerkstätten sind ein langfristiges Aufbau- und Entwicklungsprojekt.
  • Durch hochschuldidaktische Qualifizierungen von Lehrpersonen, die in Hochschullernwerkstätten unterrichten, wird die kontinuierliche personelle Betreuung der Studierenden im freien Wahlfach sichergestellt.
  • Die Hochschullernwerkstätten sind in der Pädagogischen Hochschule institutionell verankert durch die spezifisch eingerichteten Räume, durch die Lehrveranstaltungen im Rahmen der freien Wahlfächer sowie durch Implementierung im Qualitätsmanagementsystem.
  • Darüber hinaus wirkt das Lehrangebot nachhaltig, weil es ein Vorbild für schulische Lehr-/Lernsituationen ist und einen Beitrag zur Unterrichtsentwicklung und Steigerung von Unterrichtsqualität an Schulen leisten kann.

Dissemination/Transfer

Die beschriebene LV schafft die Möglichkeit, das Konzept „Hochschullernwerkstättisches Arbeiten“ zu erproben, um es auf Basis der gewonnenen Daten weiterzuentwickeln und im Rahmen der laufenden Curriculumsüberarbeitung in der Pflichtlehre zu implementieren. Konkret ist derzeit ein Curriculum zum neuen Schwerpunkt „MINT“ im Bachelorstudium Primarstufe ebenso wie das Bachelorstudium der Primarstufe als Ganzes in Überarbeitung. In diesem Überarbeitungsprozess werden die Erfahrungen, die bisher im Wahlfach gesammelt wurden, gebündelt und werden darauf basierend umfangreiche, fächerübergreifende Lehrveranstaltungen in den Hochschullernwerkstätten konzipiert. Die offene, fächerverbindende Organisation und die interessensbasierte, individualisierte Inhaltsgestaltung sollen damit auch Teil des verpflichtenden Grundstudiums werden. Ein Evaluationsprojekt zur Umsetzung des Wahlfaches und zu einzelnen daraus entstandenen Projekten läuft derzeit.

Fortbildungen wurden im vergangenen Studienjahr mit dem freien Wahlfach verknüpft und liefen teilweise parallel dazu in den Hochschullernwerkstätten. Derzeit laufen gerade Planungen für die Ausweitung des Konzeptes des Wahlfaches auf ein offenes Fortbildungsformat.

Die Studierenden arbeiten in Rahmen des Wahlfaches regelmäßig mit der Praxisvolksschule und den Schulen, in denen sie ihre Praktika absolvieren, zusammen. Nachhaltige Kooperationen werden angebahnt, um den Transfer offener und geöffneter Lernformen zu ermöglichen.

Die Erfahrungen, die im Rahmen des Wahlfaches gemacht wurden, wurden in Kongressen, Tagungen und Veröffentlichungen geteilt und zur Diskussion gestellt (siehe Links).

Die Hochschullernwerkstätten und die darin stattfindenden Lehrveranstaltungen sind in das internationale Netzwerk der Hochschullernwerkstätten (NeHle) eingebunden. Die beschriebene Lehrveranstaltung wird national und international sichtbar gemacht, diskutiert und für Kooperationen und zur Übertragung auf andere Hochschulen bereitgestellt (siehe Links)

Institutionelle Unterstützung

Die Durchführung der beschriebenen Lehrveranstaltungen wurde vor allem in den ersten Semestern durch die Ermöglichung kleiner Studierendengruppen und durch den Auf- und Ausbau passender Räumlichkeiten, den Ankauf notwendiger Materialien und die Moderation des Vernetzungsprozesses institutionell unterstützt. Die Ausrichtung der 17. Internationalen Hochschullernwerkstättentagung 2024 in Graz und damit die Präsentation der bisherigen Ergebnisse aus der Arbeit im Wahlfach wird seitens des Rektorates ermöglicht und unterstützt.

Zur Einrichtung und Ausstattung der Räume für die Hochschullernwerkstätten hat die PH Steiermark im Zuge der Modernisierung von Seminarräumen in die spezifische Raumausstattung und Raumgestaltung investiert und Budgetmittel dafür gewidmet.

Die Entwicklung der Konzepte und konkreten Angebote, die fachübergreifende und bereichsübergreifende Kooperation, der Aufbau der hochschuldidaktischen Kompetenzen und der offene Betrieb der Hochschullernwerkstätten sind mit nicht unerheblichem zeitlichem Aufwand für die Hochschullehrenden verbunden, der nicht unmittelbar im Rahmen der Lehrverpflichtung abgedeckt ist, der jedoch in individuell geschnürten Arbeitspaketen abgebildet und verankert ist.

Positionierung des Lehrangebots

Das Wahlfach „Hochschullernwerkstatt“ (1 EC) richtet sich an alle Studierenden der Bachelor- und Masterstudiengänge in den Elementar-, Primar- und Sekundarstufenlehramtsstudien (derzeit ca. 2000 Personen). Pro Semester werden in acht Gruppen je 16 Plätze (gesamt 128) vergeben; eine wiederholte Anmeldung ist sinnvoll und erwünscht. In fünf Lernwerkstätten werden die jeweiligen Präsenzeinheiten von den Fokus-Gruppen Mathematik, Deutsch, Sachunterricht, Englisch, Radio und TV-Produktion, Wissenschaftliches Arbeiten und Digital Learning Lab abgehalten. Die Studierenden planen und reflektieren dabei gemeinsam mit ihrer*m Lernbegleiter*in ihre Lernprozesse. Je nach Interesse und individueller Zielsetzung können sie eine oder mehrere Lernwerkstätten besuchen und zusätzliche Online-Angebote nutzen.

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2023 nominiert.
Ars Docendi
2023
Kategorie: Kooperative Lehr- und Arbeitsformen
Ansprechperson
Longhino, Daniela, MEd.
Institut für Elementar- und Primarpädagogik
0316/80676111
Nominierte Person(en)
Longhino, Daniela, MEd.
Institut für Elementar- und Primarpädagogik
Frauscher, Eva, MEd
Institut für Elementar- und Primarpädagogik
Mag.a Freytag, Eva, BEd
Institut für Elementar- und Primarpädagogik
Frieß, Michaela, BEd
Institut für digitale Medienbildung
Dr.in Gigerl, Monika, MA, BEd
Institut für Elementar- und Primarpädagogik
Mag.a Herunter Elisabeth
Institut für Elementar- und Primarpädagogik
Leanne Hill, BA BEd MA
Institut für Elementar- und Primarpädagogik
Holzer Angelika, Bakk.art, MA
Institut für Elementar- und Primarpädagogik
Imp Christina, Mag, BSc
Institut für Praxislehre und Praxisforschung
Wolfgang Kolleritsch, BEd
Institut für digitale Medienbildung
Reitbauer Michaela, MA
Institut für Elementar- und Primarpädagogik
PD Dr. Stöckl, Claudia
Zentrum für Hochschuldidaktik und Personalentwicklung
Widmann-Brandstätter, Daniel, BEd
Institut für Sekundarstufe Berufsbildung, Institut für digitale Medienbildung
Themenfelder
  • Diversität und Soziales
  • Erfahrungslernen
  • Flexibel Studieren
  • Infrastruktur/Lehrmaterialien
  • Kooperationen in der Lehre
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Internationalisation@home
  • Schnittstelle zum Arbeitsmarkt
Fachbereiche
  • Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik/Ingenieurwissenschaften
  • Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften