Medizinische Universität Wien
Spitalgasse 23, 1090 Wien
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Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) für Mediziner:innen

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

- Dieses Lehrangebot setzt sich zum Ziel, angehenden Mediziner: innen auf die heterogene Vielfalt der Menschen mit Gehörlosigkeit und Schwerhörigkeit vorzubereiten, die unterschiedliche Formen von Hörbehinderung aufweisen (gehörlos, schwerhörig in unterschiedlicher Ausprägung) und daher unterschiedliche Kommunikationsformen benötigen. Zum Beispiel ist ein Mensch von Geburt an gehörlos und mit Gebärdensprache aufgewachsen bzw. benutzt die Gebärdensprache als Erstsprache neben der deutsche Lautsprache (bilingualer-bimodaler Sprachgebrauch). Diese Gruppe von Menschen stellt eine sprachliche Minderheit in der Mehrheitsgesellschaft dar, deren Sprache, die österreichische Gebärdensprache (Abk.: ÖGS), seit 2005 in Art. 8 Abs. 3 B-VG als eigenständige Sprache in der österreichischen Bundesverfassung anerkannt und als immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO seit 2013 als schutzbedürftig eingestuft ist.

- Da für gehörlose Menschen ÖGS als bevorzugtes Ausdrucksmittel und wesentlicher Teil der Identität ist, können sie so ihr Denken und Wissen vermitteln, und vor allem stoßen sie insbesondere sehr oft auf Barrieren im Arzt-Patienten Gespräch, und daher ist auch das Ziel dieser besonderer Lehrveranstaltung den Studierenden eine Einführung in die nonverbale und visuell - gestische Kommunikation, Sensibilisierungsmaßnahmen, Aufbau von Basiswortschatz in ÖGS (A1) zu vermitteln und diese soziale und kommunikative Kompetenzen zu erwerben.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Die Lehrveranstaltung bietet für Studierende der Medizin ohne Vorkenntnisse oder mit geringen Vorkenntnissen eine Einführung in die österreichische Gebärdensprache (ÖGS) und umfasst die Aufklärung, Bewusstseinsbildung und den Umgang mit gehörlosen und schwerhörigen Menschen. Es ist das erste und einziges Angebot österreichweit für die angehende Ärzte/Ärztinnen dieses Wissen mit innovativer Lehr-und Lernformen diese sozialen Kompetenzen als Teil im Medizinstudium zu erwerben, z.B. Rollenspiele, welche Umgangsregeln mit gehörlosen Personen beachtet werden sollen, sowie mit diesem Sprachkompetenzniveau nach der GERS (Gemeinsame europäische Referenz für Sprachen) im A1.1.1. sowie A1.1.2 – elementare Sprachverwendung – ein mögliches Gespräch mit gehörlosen Menschen zu erzielen.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

The course offers an introduction to Austrian Sign Language (ÖGS) for medical students with little or no previous knowledge and includes education, awareness and interaction with deaf and hard of hearing people. It is the first and only offer in Austria for future doctors to acquire this knowledge with innovative forms of teaching and learning these social skills as part of medical studies, e.g. role plays, which rules of interaction with deaf people should be observed, as well as to achieve a possible conversation with deaf people on a level of language competence according to the CEFR (Common European Reference for Languages) in A1.1.1. as well as A1.1.2 - elementary language use.

Nähere Beschreibung des Projekts

Die Vielfalt zeigt sich bei gehörlosen Menschen in ihren kulturell–sprachlichen Unterschieden, durch ihren Migrationshintergrund, in ihrer Mehrfachbehinderung, durch ihre sexuelle Orientierung sowie in ihrem Alter. Die Gebärdensprachcommunity (dazu gehören z.B. hörende Kinder von gehörlosen Eltern, die mit der Gebärdensprache aufwachsen) sowie die Gehörlosengemeinschaft sind in ihren unterschiedlichen Dimensionen sehr breit und in ihrer medizinischen Versorgung durch eine Kommunikationsbarriere stark benachteiligt. Mit einer lernergebnisorientierten Lehr- und Prüfungskultur können Studierende mit diesen Barrieren vertraut gemacht werden und mit verschiedenen Lernformen ihr Basiswissen sowie ihren ÖGS-Wortschatz aufbauen.

Nutzen und Mehrwert

Gefühl der Sicherheit im Umgang mit gehörlosen Menschen (Abbau von Berührungsängsten) und intensives Körper- und Kommunikationsbewusstsein

Nachhaltigkeit

Ja, es kann auf andere Lehrveranstaltungen übertragbar sein

Aufwand

Die Pandemiezeit stellte bisher einen hohen Aufwand mit Home-Distant-Learning (Umstellung auf digitale Lehre) dar, welche eine große Herausforderung ÖGS im Online-Unterricht virtuell mit sich brachte, da die ÖGS eine dreidimensionale Sprache ist und daher ein gutes technisches Equipment sowie eine robuste Internetverbindung für Videoconferencing sowie vermehrte Videoproduktion notwendig wurde.

Positionierung des Lehrangebots

Vorwiegend für alle Medizin-Studierende an der Medizinische Universität Wien. Die Lehrveranstaltungsart ist in Form von Seminar als freies Wahlfach und es finden pro Semester drei Lehrveranstaltungen mit 15 Studierenden pro Lehrveranstaltung statt – insgesamt besuchen 45 Studierende jedes Sommer- und Winter-Semester. Das Lehrangebot richtet sich an Studierende, die ein Diplomstudium Human- und Zahnmedizin sowie Masterstudium Medizinische Informatik und Masterstudium Molecular Precisions anstreben, unabhängig davon in welchem Studienabschnitt sich die Studierende befinden, und die Lehrveranstaltung kann mit 2 ECTS-Credits abgeschlossen werden. Das Lehrangebot kann ein Jahr lang besucht werden, da beim ersten Semester das Fach „Österreichische Gebärdensprache für Mediziner:innen – A1.1.1.“ für Studierende ohne Vorkenntnisse (2 LV) und im zweiten Semester „Österreichische Gebärdensprache für Mediziner:innen – A1.1.2.“ mit Vorkenntnissen (1 LV) besucht werden kann.

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Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2022 nominiert.
Ars Docendi
2022
Kategorie: Lernergebnisorientierte Lehr- und Prüfungskultur
Ansprechperson
Paulina Spelbrink, BSc MSc
Medizinische Universität Wien
0681 203 230 97 (SMS)
Nominierte Person(en)
Paulina Spelbrink, BSc MSc
Medizinische Universität Wien
Themenfelder
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Erfahrungslernen
  • Sonstiges
Fachbereiche
  • Medizin und Gesundheitswissenschaften