Medizinische Universität Graz
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Grazer Summer School für Ultraschall

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Die Art der ärztlichen Berufsausübung wandelt sich derzeit drastisch.

Durch den technischen Fortschritt werden diagnostische Möglichkeiten leichter zugänglich und stehen mittlerweile zum Teil direkt am Patientenbett zur Verfügung. Diese Entwicklung gilt im besonderen Maße auch für die Sonographie, entsprechende Geräte können mittlerweile in der Kitteltasche mitgeführt werden.

Mit der ubiquitären Verfügbarkeit ändert sich aber auch die Art der Verwendung. War die Sonographie vormals nur der*dem Spezialist*in zur umfassenden Untersuchung vorbehalten, kommt die Sonographie nun immer häufiger zum Einsatz, um innerhalb kurzer Zeit eine schnelle Aussage zu treffen.

Mit diesem Wandel der Arbeitswelt einhergehend, entsteht die Erwartung, das zukünftige Generationen von Mediziner*innen diese Methoden anwenden können - eine Realität, die die Curricula medizinischer Fakultäten nur unzureichend abbilden.

Die Grazer Summer School für Ultraschall soll Studierende bereits während ihres Studiums an dieser Weiterentwicklung der Medizin teilhaben lassen und so das Pflichtcurriculum ergänzen.

Der Fokus liegt auf der fächerübergreifenden, akut- und notfallsonographischen Untersuchung, die einen relevanten Beitrag zur Therapieentscheidung leisten kann.

Basierend auf drei etablierten, fokussierten Untersuchungs-Schemata - die Antwort auf klar definierte, symptomorientierte, klinische Fragestellungen geben – sollen die Studierenden lernen, wie sie selbstständig mittels Sonographie relevante Befunde erheben, in differentialdiagnostische Überlegungen einbeziehen und daraus Therapiekonsequenzen ableiten können.

Theoretische Inhalte sollen mit der praktischen Anwendung verschränkt und entsprechend trainiert werden.

Unabhängig von ihrem Vorwissen und persönlichen Interessen soll Studierenden so im klinischen Kontext ein fächerübergreifender Einstieg in die Sonographie geboten werden, der sie vom ersten Kontakt mit dieser Methode bis zur Anwendung am Patientenbett begleitet.

Die Summer School soll den Studierenden eine außergewöhnliche Lernerfahrung bieten, an die sie sich lange erinnern und sie so motivieren, sich weitergehend mit der Sonographie auseinanderzusetzen.

Neben der Präsenzveranstaltung, mit ihrer begrenzten Teilnehmeranzahl, sollen die Inhalte des Kurses, wie auch die Praktika für weitere Studierende zugänglich sein, sowohl in Graz als auch über die Landesgrenzen hinaus.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Die Grazer Summer School für Ultraschall ist ein extracurriculares Angebot in Form eines fächerübergreifenden, freien Wahlfachs, das Studierende der Humanmedizin ab dem fünften Fachsemester im Rahmen eines dreitägigen Kurses vom ersten Kontakt mit der Sonographie bis zur Anwendung am Patientenbett seit 2014 begleitet.

Neben der theoretischen Ausbildung erwerben die Studierenden gerade auch praktische Fertigkeiten und lernen die erhobenen Befunde in komplexe, klinische Fragestellungen zu integrieren.

An Hand relevanter, häufiger klinischer Szenarien werden drei fokussierte, fächerübergreifende und in sich geschlossene sonographische Untersuchungs-Schemata vermittelt.

Das Kursformat zeichnet dabei eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis aus. Für die Vermittlung der Inhalte wurden spezielle Medien entwickelt, die den Teilnehmer*innen teils offline, teils aber auch online zur asynchronen Verwendung zur Verfügung stehen. Im Rahmen der dreitägigen Präsenzlehre kommen in den Vorträgen unkonventionelle Vortragsformen, Live-Videoregie und online Voting zum Einsatz. Die Praktika werden in Form von Peer-Teaching durch studentische Instruktor*innen in einem engen, persönlichen Betreuungsverhältnis begleitet.

Der Kurs wird dabei klassisch in Präsenz in Graz, aber auch extern an anderen universitären Standorten mit den Theorievorträgen via Webkonferenz und Praktika vor Ort angeboten. Er kann aber auch gänzlich zeitlich gelöst im Flipped-Classroom Format absolviert werden.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

The Graz Summer School for Ultrasound is an elective course, offering students an introduction to sonography in a clinical context. Using common, relevant clinical scenarios, three focused ultrasound exams are taught with a mix of teaching techniques where theoretical and practical inputs are integrated. The course includes group lectures by physicians, peer-teaching by student tutors in small groups on volunteers, and bedside teaching on real patients. Innovative didactic tools, such as a specifically developed laser-ultrasound-probe and unconventional lecture formats are used. An interactive quiz increases student engagement and offers the possibility for self-evaluation. The 3-day course is held as a live event in Graz once a year and is streamed to various national and international partnering institutions. Practical training is organised locally by the partnering institutions. The whole course, however, can also be completed by students in their own time using the flipped classroom format.

Nähere Beschreibung des Projekts

Entwicklung des Formats

 

Die Summer School für Ultraschall wurde 2014 erstmalig angeboten und markiert den Grundstein für die Peer-Teaching Initiative Sono4You Graz.

Der Kursaufbau, die Lernziele, sowie die Verschränkung von Theorie und Praxis sind ein zentrales und unverändertes Merkmal des Formats. Die didaktischen Methoden und das Kursmaterial wurden über die Jahre verfeinert und einem immer breiteren Publikum zugänglich gemacht. So werden die Vorträge der Summer School mittlerweile in englischer Sprache abgehalten, sind seit der zweiten Auflage (2015) über einen Livestream auf YouTube weltweit erreichbar und werden seit 2016 in Konferenzschaltung für externe Kurszentren, an anderen universitären Standorten zur Verfügung gestellt, die dort jeweils lokal die Praktika umsetzen.

Mit dem simultanen Unterricht für 70 Studierende an 15 Ultraschallgeräten, alleine in Graz, ist die Summer School für Ultraschall einer der weltweit größten Präsenzkurse für Sonographie.

Über die Präsenzveranstaltung hinaus ist es Studierenden möglich die Aufzeichnungen der Vorträge asynchron zu studieren und die Praktika im Flipped-Classroom Format mit entsprechender Betreuung zu absolvieren.

 

 

Inhalte

 

Den klinischen Kontext bieten drei häufige, klinische Szenarien aus der Akutmedizin, innerhalb derer die Sonographie einen relevanten Beitrag zur Therapieentscheidung leisten kann:

- die*der schwerverletzte Patient*in

- die*der Patient*in mit Kreislaufversagen

- die*der Patient*in mit Atemnot und Lungenversagen

Diese Erkrankungen sind zentrale Inhalte des „Klinischen Lernzielkatalogs Österreichs“ und stellen klinische Herausforderungen dar, mit denen Ärzt*innen bereits in ihren Ausbildung konfrontiert sein können.

Den Studierenden wird der Einstieg in die sonographische Untersuchungstechnik erleichtert, indem dazu passende, in sich abgeschlossene, fokussierte Untersuchungs-Schemata unterrichtet werden, die eine klare Struktur vorgeben:

- Extended Focused Assessment with Sonography in Trauma (eFAST)

- Rapid Ultrasound for Shock and Hypotension (RUSH)

- Fokussierte Lungensonographie mit Kompression der tiefen Beinvenen

Mit diesen Schemata können klar definierte, klinisch äußerst bedeutsame Fragen, wie z.B. „Blutet mein*e Patient*in in den Bauchraum?“ oder „Pumpt das Herz akzeptabel?“ beantwortet werden. Für Einsteiger*innen bedeuten die überschaubaren, fokussierten Untersuchungen, dass ohne große klinische Erfahrung bereits valide Befunde selbstständig erhoben werden können.

 

 

Kursaufbau, eingesetzte Methoden & bisherige, exemplarische Umsetzungen

 

Den Auftakt der Veranstaltung markiert die Keynote Lecture einer*s Expert*in, in der sie*er erläutert welche Bedeutung der Sonographie in ihrem*seinem Arbeitsbereich gewonnen hat.

Für diesen Vortrag konnte in der Vergangenheit unter anderem eine Ärztin aus Südafrika engagiert werden, die exemplarisch an einem Patienten mit einem im Herz steckenden Pfeil die Verbesserung der Versorgung durch fokussierte Sonographie in einem Land mit begrenzten Ressourcen darstellte. In einem anderen Jahr stellte ein Hausarzt dar, wie er täglich mittels Sonographie seine Patient*innen auf vermeidbare, gefährliche Verläufe sichtet.

Mit diesem Auftakt hebt sich die Summer School vom universitären Alltag ab, bringt ein internationales Element ein, bietet Einblicke in andere Bereiche, mit teils unbekannten Herausforderungen und unterstreicht die Relevanz der kommenden Lerninhalte.

Im daran anschließenden Vortrag werden die relevanten physikalischen Grundlagen der Bildentstehung, die Funktionsweise eines Ultraschallgeräts und dessen Bedienung erläutert. Es wird auf die Entwicklung eines allgemeinen Verständnisses geachtet, mit dem die Studierenden im Verlauf des Kurses Zusammenhänge selber erkennen und erklären können.

Als ein Beispiel der eingesetzten, innovativen Methoden darf ein eigens entwickelter Laser-Schallkopf hervorgehoben werden. Im Zusammenspiel mit einer Nebelmaschine visualisiert dieser die sonst unsichtbare Ausbreitung der Ultraschallwellen im Raum und macht an einem angestrahlten Luftballon die Schnittbildgebung, analog der Sonographie, sichtbar.

Der engen Verzahnung von Theorie und Praxis wird an dieser Stelle besondere Beachtung geschenkt. So werden die relevanten Bedienmöglichkeiten an den Geräten einheitlich mit Farbstickern markiert. Für die Studierenden ergibt sich so, ungeachtet ihrer Vorerfahrung, eine Orientierung, die ihnen den Einstieg in die Praxiseinheiten erleichtert.

Die relevanten anatomischen Grundlagen, die bereits zuvor im Studium gelehrt wurden, werden in einem weiteren Vortrag wiederholt und in Bezug zu den Besonderheiten der sonographischen Darstellung gesetzt. Außergewöhnliche Vortragsformen, mit kreativen, teils unterhaltsamen Elementen lockern die Wiederholungen dabei auf. Exemplarisch sei die Maskierung eines Vortragenden mit einer Strumpfhose über dem Kopf erwähnt, mittels derer er die Umschlagfalten der Gewebshäuten des Herzens verdeutlichte.

Eine professionelle Live-Videoregie ermöglicht es, während der Vorträge unterschiedlichste Bildquellen und Inhalte zu kombinieren und direkt zu projizieren. Die vielfältigen, visuellen Inhalte der Sonographie werden auf diese Weise optimal dargestellt.

So kann z.B. das Bild des Ultraschallgerätes in Kombination mit Videoaufnahmen der Bedienung dargestellt werden, um den komplexen, manuellen Prozess der Schallkopfführung nachvollziehbar zu machen. Dabei kann das Bild durch die*den Vortragende*n für Erläuterungen eingefroren werden. Das dargestellte und bereits gemischte Bild kann vor- und zurückgespult werden. Auf diesem Bild können darüber hinaus z.B. Organgrenzen als Überlagerung eingezeichnet werden. Die Videoregie kann dies leisten, ohne dabei den Fluss des Vortrags zu unterbrechen.

Dieser Aufbau erlaubte in der Vergangenheit ein lebhafte Doppelconférence eines Anatomieprofessors mit einem Studierenden am Ultraschallgerät. In dieser Vortragsform wurden die klassischen, Handzeichnungen der Organe, mit der sonographischen Darstellung live kontrastiert und ineinander überführt.

Dem zentralen Ansatz, Studierenden mit unterschiedlichem Wissensfortschritt, unterschiedlichen Vorerfahrungen und unterschiedlichen persönlichen Interesse gleichsam zu ermöglichen die Inhalte zu erlernen, wird auch im Bezug auf die klinischen Szenarien Rechnung getragen. Zu den drei Szenarien werden jeweils in einem Vortrag die pathophysiologischen Zusammenhänge, die differentialdiagnostischen Überlegungen, so wie die therapeutischen Möglichkeiten besprochen. Damit wird die Verknüpfung von Inhalten aus verschiedenen Fachbereichen gefördert und Wissensunterschiede werden egalisiert.

Diese Einführungen in die klinischen Szenarien werden gefolgt von der Vorstellung des jeweiligen fokussierten, sonographischen Untersuchungs-Schemas. Die klinischen, vornehmlich theoretischen Vorträge werden von ärztlichen Expert*innen gehalten. Teilnehmer*innen externer Kurszentren können in der Konferenzschaltung Fragen direkt an die Vortragenden in Graz richten.

Den Vorträgen folgen ausgedehnte Praktika, in denen die fokussierten Untersuchungs-Schemata ausgiebig in Kleingruppen geübt werden. Diese praktischen Fertigkeiten vermitteln studentische Peer-Teacher von Sono4You im kollegialen Rahmen. Die Kursteilnehmer*innen führen dabei die Ultraschalluntersuchung gegenseitig an sich durch. Den Peer-Teachern kommt eine moderierende Rolle zu, in der sie die lernenden Studierenden durch die Untersuchung führen. Sie fördern damit das aktive Beobachten der Untersuchungsgänge durch die gesamte Gruppe und regen durch gezielte Fragen zur aktiven Reflexion an. Gegebenenfalls bieten sie Unterstützung bei der Gerätebedienung und Schallkopfführung an. Anknüpfend an die Vorträge werden die theoretischen Inhalte nochmals besprochen. Um dies leisten zu können, werden die studentischen Lehrenden in strukturierter Form fachlich und didaktisch ausgebildet.

Eine der eingesetzten Methoden der Peer-Teacher ist es, nach der Darstellung der Organe in der Sonographie die Lernenden aufzufordern das soeben Gesehene nachzuzeichnen und zu erläutern. Damit werden die Schnitte nochmals aktiv in Erinnerung gerufen und gefestigt.

Die technische Bedienung eines Ultraschallgerätes ist dabei schnell zu erlernen, die sichere und gezielte Schallkopfführung hingegen ist eine komplexe, sensomotorische Leistung. Für die Orientierung im Bild ist ein gutes räumliches und anatomisches Vorstellungsvermögen notwendig. Im Gegensatz zu der im Curriculum behandelten Anatomie, die primär in aus einer Betrachtungsperspektive gelehrt wird, ist für die Sonographie ein Verständnis der Schnittbildanatomie, mit teils verkippten Ebenen und Bewegungen in allen drei räumlichen Achsen wichtig.

Um dem zu begegnen kommen während der Summer School unterschiedliche visuelle Medien zum Einsatz. Exemplarisch sei hier, neben einer interaktiven Anatomie-App, ein Knetmasse-Herz erwähnt, welches die Studierenden nach einer Anleitung formen. Anschließend können die Studierenden dieses Herz entsprechend der Schnittebenen in der Sonographie mit einem Küchenmesser zerschneiden. Die Darstellung der verschiedenen Herzhöhlen im sonographischen Schnittbild wird so nachvollziehbar.

In einem interaktiven Quiz, das eine Publikumsbeteiligung mittels eines Online-Voting-Systems ermöglicht, werden Fallbeispiele und pathologische Befunde aufgearbeitet. Dies hält die Teilnehmer*innen an, sich abermals aktiv mit den Inhalten zu beschäftigen und bietet die Möglichkeit, sich direkt selbst zu evaluieren.

Den Abschluss des Kurses bildet eine "Ultraschallvisite" als Bedside-Teaching im Krankenhaus unter ärztlicher Supervision. Die Studierenden haben so die Möglichkeit, die erlernten Fähigkeiten am Patientenbett anzuwenden, pathologische Befunde eigenständig zu erheben und unter erfahrener ärztlicher Begleitung in den klinischen Kontext zu setzen. Verbliebene Unklarheiten können hier nochmals besprochen werden und das Vertrauen in die eigene Kompetenz wird gestärkt.

Nutzen und Mehrwert

Die Grazer Summer School ergänzt die Lehrinhalte im Pflichtcurriculum. Fachgebietsübergreifend, in konzentrierter Form werden sonographische Lerninhalte vermittelt, die von den Studierenden unmittelbar in die Praxis umgesetzt werden können.

Dabei haben die praktischen Übungsmöglichkeiten einen Umfang, der sich kurzfristig nur schwer in einem Pflichtcurriculum abbilden lässt. Dies ist in erster Linie dem ehrenamtlichen Engagement der Peer-Teacher geschuldet, die das enge Betreuungsverhältnis von zwei Tutor*innen pro fünf Teilnehmer*innen ermöglichen. Studentische Peer-Teacher begegnen dabei ihren Mitstudierenden auf Augenhöhe, können die Bedürfnisse der Lernenden noch besser nachvollziehen und schaffen eine kollegiale Lernatmosphäre. Die vortragenden, ärztlichen Expert*innen präsentieren die fachlich-theoretischen Inhalte. Während der Kleingruppenpraktika sichern sie durch ihre Supervision die Qualität bei der Vermittlung der praktischen Lerninhalte. In dieser Aufgabenteilung ergänzen sich die studentischen und ärztlichen Lehrenden optimal.

Die Organisation der Summer School als dreitägiges Ereignis, mit dem Charakter eines Symposiums, ermöglicht es, diese personellen Ressourcen gebündelt an einem Ort zu versammeln. Insbesondere haben sich sowohl die Studierenden als auch die ärztlichen Lehrenden extra für diesen Kurs zusammenhängend Zeit eingeräumt, wodurch die volle Aufmerksamkeit den Inhalten des Formats zu teil kommt. Dies erlaubt die Vermittlung der Lerninhalte in einer Effizienz, Effektivität und Tiefe, die sich im universitären Alltag nur schwer erreichen lässt.

Da der Kurs auch internationale Expert*innen anzieht, gewinnt er zum einen an Qualität, zum anderen profitieren aber auch gerade die studentischen Peer-Teacher. So ist die Summer School auch für sie eine essenzielle Aus- und Weiterbildung.

Während der Summer School werden insbesondere auch neue Generationen von Peer-Teacher vertieft ausgebildet und an die eigenständige Lehrtätigkeit herangeführt.

Im Rahmen der Summer School ergibt sich für alle Peer-Teacher die Möglichkeit an der Seite ausgewiesener Expert*innen zu unterrichten und von ihnen theoretisch - aber auch didaktisch - zu lernen. Mit diesem Blick über den Tellerrand und den damit einhergehenden Kontakten entsteht eine einmalige internationale Vernetzung. Zeugnis für die Fruchtbarkeit dieses Austauschs sind die zahlreichen Praktika und Gegenbesuche, die Studierende der Initiative Sono4You an internationalen Zentren absolviert haben.

Studierenden der Medizinischen Universität Graz bietet sich so bereits während des Studiums die Gelegenheit von ausgewiesenen internationalen Expert*innen zu lernen.

Die Peer-Teacher werden auf Grund ihre Erfahrung bevorzugt als studentische Hilfskräfte in der Lehre eingesetzt. So profitiert gerade auch die universitäre Pflichtlehre, die auf qualifizierte Tutor*innen zurückgreifen kann, die bereits mit kurzer Einarbeitung entsprechende Aufgaben übernehmen können.

Die Summer School gilt an der Medizinischen Universität Graz als best practice example für studentische Sonographie-Ausbildung. Dabei erlaubt es der extra curriculare Rahmen kreative, unkonventionelle Methoden auszuprobieren und so neue innovative Ansätze zu entwickeln. In dieser Form bewährte Methoden und Inhalte können in abgestimmter Form in das Curriculum der Medizinischen Universität Graz übernommen werden. Eben dies erfolgt derzeit in der Arbeitsgruppe Sonographie der Curriculums-Kommission, die daran arbeitet, sonographische Lehrinhalte abgestimmt und stufenweise auf einander aufbauend in allen Fächern zu implementieren. Wichtige Impulse für diesen Prozess finden sich in der Grazer Summer School für Ultraschall.

Die Kooperation der Medizinischen Universität Graz mit der Studierendeninitiative Sono4You hat mit der Grazer Summer School für Ultraschall eine Veranstaltung in einer Größenordnung und Qualität hervorgebracht, welche sonst nur mit großem finanziellem Aufwand möglich wäre. Dabei stellt die Universität mit ihren ärztlichen Lehrkräften, den zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten und technischen Ressourcen einen verlässlichen Grundbau für ein hochqualitative Veranstaltung, welcher durch die Studierenden der Initiative Sono4You mit Leben gefüllt wird.

Die Universität, die ihre Ressourcen einbringt, profitiert so direkt, in dem sie mit der Summer School eine hochqualitative Ergänzung der Ausbildung für ihre Studierenden erhält.

Die mitarbeitenden Peer-Teacher profitieren neben der fachlichen und didaktischen Ausbildung im Rahmen der Summer School, aber gerade auch von den Erfahrungen in der organisatorischen Umsetzung einer Veranstaltung dieser Größenordnung. In der Arbeit mit dem aufgebauten internationalen Netzwerk erwerben sie Fertigkeiten des professionellen klinisch-wissenschaftlichen Austauschs. Für die Peer-Teacher ergibt sich die Möglichkeit, Erfahrungen auf einer großen Bühne zu sammeln, die dabei gleichzeitig einen relativ geschützten Rahmen darstellt.

Wesentlich dabei ist der Ehrenschutz durch das Vizerektorat für Studium und Lehre, durch dessen Legitimation des Kurses es erst möglich ist, die sich eingestellte Reichweite zu erzielen. Von der damit einhergehenden Außenwahrnehmung profitieren alle Beteiligten, der Standort Graz aber auch der Lehrstandort Österreich wird international wahrgenommen.

Die Vernetzung funktioniert aber auch auf studentischer Ebene. Da der gesamte Kurs von Beginn an als gemeinnütziges Angebot konzipiert war und alle Materialien prinzipiell unter der Creative-Commons-Lizenzen veröffentlicht werden, bietet er anderen Organisationen Orientierung bei der Gestaltung ähnlicher Angebote. Diese Hilfestellung wurde mittlerweile formalisiert, indem gesonderte Plätze für Hospitant*innen geschaffen wurden, denen so ein Blick hinter die Kulissen der Veranstaltung geboten wird.

Aus den Videoaufzeichnungen der Präsenzveranstaltung ergibt sich ein echter Sekundärnutzen für Studierende an der Medizinischen Universität Graz. Im Rahmen von Flipped-Classroom-Kursen bereiten sich die Studierenden mit den Vortragsvideos vor und absolvieren die Praktika begleitet von Peer-Teachern von Sono4You. Damit gelingt es, die Inhalte, über die Präsenzveranstaltung hinaus, einer breiten Student*innenschaft in Theorie und Praxis zu vermitteln.

Nachhaltigkeit

Die Grazer Summer School für Ultraschall wird seit 2014 mit jährlichen Anpassungen, aber dem gleichen Grundkonzept durchgeführt. Insgesamt konnten in Graz bis heute knapp 1.000 Studierende der Humanmedizin an dem Kurs teilnehmen und damit wichtige Fertigkeiten für ihre klinische Tätigkeit erwerben, um für ihre Patient*innen eine zielgerichtete und strahlungsfreie Differentialdiagnostik zu ermöglichen. Im gleichen Zeitraum wurden mehr als 130 Peer-Teacher nach einem standardisierten Curriculum mit fachlichen und didaktischen Aspekten ausgebildet. Die Peer-Teacher sind erfahrungsgemäß auch nach Abschluss ihres Studiums, insbesondere aufgrund ihres Verständnisses für die Herausforderungen in der Vermittlung von Sonographie-Fertigkeiten, in ihrem Arbeitsumfeld wertvolle Multiplikatoren.

An der Medizinischen Universität Graz wirkte die Veranstaltung als Wegbereiter für die Verankerung der Vermittlung von Sonographie-Fertigkeiten im Pflichtcurriculum, und legte als Best-Practice-Beispiel die Latte insbesondere für die didaktische Qualität hoch.

Als besonders nachhaltig darf die simultane Nutzung der Vorträge durch mehrere Standorte im Rahmen einer Videokonferenz eingestuft werden, so dass mehrere hundert Teilnehmer*innen den Kurs an anderen Standorten als in Graz selbst absolviert haben. Die Dissemination der Vorträge internationaler Expert*innen via Videoübertrag an ein breites Publikum, darf auch angesichts der insgesamt reduzierten Reisetätigkeit für Teilnehmer*innen als ökologisch nachhaltig bewertet werden.

An mehreren Standorten, die via Videokonferenz teilgenommen haben, wurden ähnliche Veranstaltungen etabliert, teilweise mit ähnlicher, teilweise mit abgeänderter inhaltlicher Ausrichtung. Das Kursmaterial, unter anderem Skripten, Plakate oder Zeichnungen, wird seit der ersten Abhaltung online unter der Creative-Commons-Lizenz zur Verfügung gestellt und wiederverwendet.

Innerhalb der Initiative Sono4You waren die Erfahrungen aus der Summer School Grundlage für die Entwicklung von weiteren Flipped-Classroom-Kursen zu anderen Teilbereichen der Sonographie, die von der Initiative Sono4You über das gesamte Studienjahr abgehalten werden. Während der Summer School erprobte Lehrmethoden wurden adaptiert und in andere Kursformate übertragen.

Mit dem gezielten Einsatz von Audio- und Videotechnik seit 2015 konnte ein umfassender Erfahrungsschatz aufgebaut werden. Die kontinuierliche, kritische Auseinandersetzung mit digitalen Lehrformen, Blended-Learning und den technischen Umsetzungsmöglichkeiten hat eine Expertise hervorgebracht, die es erlaubte, die Veranstaltung mit minimalen Anpassungen auch in den Jahren der COVID-19-Pandemie in gewohnter Qualität durchzuführen. Impulse für die Digitalisierung und Virtualisierung des Pflichtcurriculums konnten weitergegeben werden.

Aufwand

Die Teilnehmer*innen finanzieren mit ihrem Unkostenbeitrag Speisen und Getränke während der Veranstaltung.

Über einen durch Sponsoring aufgebrachten niedrigen vierstelligen Betrag können die anfallenden Unkosten für die Übertragungstechnik, Druckwerke und Verbrauchsmaterialien gedeckt werden.

Die für die Veranstaltung benötigten Ultraschallgeräte werden im Rahmen einer Firmenkooperation unentgeltlich von einem lokalen Unternehmen zur Verfügung gestellt, welches sich auf die Wartung und Reparatur von Ultraschallgeräten spezialisiert hat. Die Aufwendung von rund 15 Geräten, inklusive einer breiten Palette entsprechender Ultraschallköpfe ist eine echte logistische Herausforderung, deren Bewältigung dank dieser Kooperation einmalig ist.

Die Durchführung einer Veranstaltung dieser Größenordnung ist dabei nur aufgrund der ehrenamtlichen Tätigkeit der Peer-Teacher möglich, die im Vorfeld große Teile der Kursorganisation übernehmen und während des Kurses in den Kleingruppenpraktika unterrichten.

Der zeitliche Aufwand für die ehrenamtlichen Peer-Teacher variiert stark, abhängig von der Rolle im Projekt. Eine exakte Erfassung findet in diesem Rahmen nicht statt. Für einen großen Teil der jedes Jahr rund 35 an der Veranstaltung beteiligten Tutor*innen darf angenommen werden, dass diese neben den drei Tagen der Veranstaltung auch einen ähnlichen Zeitaufwand für verschiedene organisatorische Tätigkeiten im Vorfeld haben. Die Ausbildungszeit der Tutor*innen umfasst sechs Ausbildungswochenenden und zusätzliche frei einteilbare Übungszeit.

Für einen kleinen Teil der Tutor*innen, die das organisatorische Kernteam der Veranstaltung bilden, geht der zeitliche Aufwand eindeutig über das oben genannte Maß hinaus. Diese arbeiten in enger Abstimmung mit den ärztlichen Organisator*innen des Wahlfachs.

Für die ärztlichen Vortragenden werden keine Vortragshonorare ausgezahlt. Die Kosten für Reisen und Unterbringungen haben in der Vergangenheit die externen Vortragenden teilweise selbst aufgewendet. Das Motiv hierfür ist der altruistische Wunsch ihr Wissen in einem innovativen Kurs an Studierende weiterzugeben und die universitäre, sonographische Lehre weiterzuentwickeln.

Bei Keynote-Vortragenden mit besonderer Expertise, bei denen eine Anreise organisatorisch kaum möglich oder nicht finanzierbar war, wurde bereits seit 2016 vereinzelt auf Video-Zuschaltungen zurückgegriffen, um einen Vortrag zu ermöglichen. Es wurde jedoch immer ein Vortrag vor Ort bevorzugt, um eine direkte, persönliche Interaktion zu ermöglichen.

Positionierung des Lehrangebots

Die Summer School für Ultraschall ist ein extracurriculares Angebot in Form eines fächerübergreifenden, freien Wahlfachs von zwei ECTS, das sich an Studierende der Humanmedizin ab dem zweiten Studienabschnitt richtet.

Das Diplomstudium der Humanmedizin zielt darauf ab, neben der theoretischen Ausbildung den Studierenden insbesondere auch praktische, klinische Fertigkeiten zu vermitteln. Die Studierenden sollen lernen, komplexe klinische Fragestellungen zu verstehen, diese zu analysieren, sowie die erworbenen praktischen Fertigkeiten im klinischen Kontext unter Aufsicht selbständig anzuwenden.

Die Summer School für Ultraschall greift die die Inhalte der Krankheitslehre des Pflichtcurriculums gezielt auf und ergänzt diese, im Sinne der allgemeinen Zielsetzung des Studiums, um die Sonographie – eine Methode, die in der zukünftigen Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken sein, wird.

Links zu der/den Projektmitarbeiter/innen
Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2022 nominiert.
Ars Docendi
2022
Kategorie: Lehre und Digitale Transformation
Ansprechperson
Simon Orlob, Dr. med. univ.
Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin
0316/38581117
Nominierte Person(en)
Simon Orlob, Dr. med. univ.
Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin
David Purkarthofer, BA cand. med.
Medizinische Universität Graz, Sono4You Graz
Esta Leimer, cand. med.
Medizinische Universität Graz, Sono4You Graz
Christian Röbl, cand. med.
Medizinische Universität Graz, Sono4You Graz
Gerhard Prause, Ao.Univ.-Prof. Dr.med.univ.
Medizinische Universiät Graz
Stefan Heschl, Priv.-Doz. DDr.
Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Themenfelder
  • Curriculagestaltung
  • Lehr- und Lernkonzepte
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Fachbereiche
  • Medizin und Gesundheitswissenschaften