Karl-Franzens-Universität Graz
Universitätsplatz 3, 8010 Graz
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Proseminar "Wissenschaftliches Arbeiten"

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Das Verfassen wissenschaftlicher Texte kann als eine Kernkompetenz, die in einem Studium der Geisteswissenschaften benötigt wird, gesehen werden. Dabei stellt es für viele nicht nur eine Herausforderung dar, sondern wird geradezu als frustrierend wahrgenommen. Dies liegt zum einen daran, dass Studierende bis zur Absolvierung des Proseminars vorwiegend mit finalen Ergebnissen des Schreibens in Kontakt gekommen sind und zum anderen daran, dass in Schulen vermehrt eine andere Form des Schreibens gelehrt wird. Während schulische Texte häufig mit einer klaren Aufgabenstellung beginnen und anschließend in einem Anlauf verfasst werden, läuft das wissenschaftliche Schreiben in mehreren Phasen und Überarbeitungsschritten ab. Aus diesen Gründen haben Studierende oft den Anspruch, einen sprachlich guten, wissenschaftlich fundierten und einem gewissen Stil entsprechenden Text „in einem Rutsch“ zu schreiben. Da dies nicht funktioniert, kann sich Frust aufbauen, der schließlich dazu führen kann, an der eigenen Intelligenz zu zweifeln (vgl. Becker, 2000, S. 9–13). Im Bachelorcurriculum Erziehungs- und Bildungswissenschaft der Universität Graz folgen ab dem dritten Semester (also dem Folgesemester des Proseminars) elf Lehrveranstaltungen mit immanentem Prüfungscharakter, die meist mit einer schriftlichen Arbeit abgeschlossen werden. Hinzu kommt die Bachelorarbeit, welche ebenfalls ab dem 3. Semester verfasst werden kann (vgl. Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft, 2018, S. 13/29).

Vor diesem Hintergrund und im Bewusstsein über die Bedeutung des wissenschaftlichen Arbeitens und der Probleme, die Studierende oft mit dem wissenschaftlichen Schreiben haben, ist es ein Ziel des Proseminars „Wissenschaftliches Arbeiten“, welches im 2. Semester des Bachelorstudiums absolviert wird, den Studierenden einen positiven ersten Eindruck zu vermitteln und sie bestmöglich auf die kommenden Semester vorzubereiten.

Die Lehr- und Lernziele, die in dem Proseminar verfolgt werden und die den Studierenden zu Beginn der Lehrveranstaltung mitgeteilt werden, beziehen sich auf die wesentlichen Kompetenzen, die für das Verfassen von wissenschaftlichen Arbeiten benötigt werden. Dazu zählen das Finden und Eingrenzen eines Themas sowie die Strukturierung dieses Themas in einer Gliederung und dessen Überführung in eine erkenntnisleitende Fragestellung. Darüber hinaus beschäftigt sich das Proseminar damit, wie wissenschaftliche Literatur gefunden werden und diese hinsichtlich ihrer Wissenschaftlichkeit und Relevanz beurteilt werden kann. Zentral ist auch die Kenntnis über die formalen Richtlinien, die bei dem Verfassen eines Textes befolgt werden sollen bzw. müssen (beispielsweise Zitierrichtlinien, formaler Aufbau und Layout). Schließlich steht das Schreiben im Zentrum des Proseminars, indem kleinere Arbeiten, wie Zusammenfassungen und Exzerpte, verfasst werden und abschließend eine erste kleine Seminararbeit geschrieben wird.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Das Proseminar „Wissenschaftliches Arbeiten“ bietet den Studierenden einen Überblick über das wissenschaftliche Schreiben und setzt eine Grundlage für jene Kompetenzen, welche im weiteren Verlauf des Studiums für das Verfassen wissenschaftlicher Texte benötigt werden. Ziel der Lehrveranstaltung ist es, den ersten Kontakt mit der wissenschaftlichen Arbeitsweise herzustellen und die Studierenden auf die damit zusammenhängenden Herausforderungen vorzubereiten. Dazu erhalten die Studierenden einen umfassenden Einblick in die wichtigsten Kompetenzen. Diese werden im Zuge des Proseminars durch Übungen und einer abschließenden ersten Proseminararbeit direkt angewendet.

Das Proseminar verfügt über einen prüfungsimmanenten Charakter und bestand im Sommersemester 2021 aus sieben Einheiten zu je drei Stunden, die online (synchron) abgehalten wurden. In diesen Einheiten wurden die einzelnen Arbeitsschritte des wissenschaftlichen Arbeitens (Einführung, Themenfindung, Verfassen einer Forschungsfrage, Entwurf einer Gliederung, Findung und Bewertung wissenschaftlicher Literatur, Aufbau und Stil einer wissenschaftlichen Arbeit, formale Richtlinien, Zitierrichtlinien etc.) in Form von Input durch die LV-Leitung und in Kombination mit Übungen und Arbeitsaufträgen vorgestellt bzw. gefestigt.

Die Note der Studierenden setzte sich aus folgenden vier Bereichen zusammen: Digitale Anwesenheit & Mitarbeit, Vorstellung der Bibliotheken, Arbeitsaufträge sowie der abschließenden Proseminararbeit.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

The introductory seminar "Wissenschaftliches Arbeiten" offers students an overview about scientific writing. It lays the foundation for skills that are required for writing scientific texts during the studies of educational science. The aim of the course is to establish contact with scientific working methods and to prepare the students for the associated challenges. In addition, students receive a comprehensive insight into the most important competencies. These are applied directly in the course of the introductory seminar through exercises and a concluding first seminar paper.

The introductory seminar has an examination-related character and consisted of seven units of three hours each, which were held online (synchronously) in the Summer Semester 2021. In these units, the separate steps of scientific work (introduction, finding a topic, writing a research question, drafting an outline, finding and evaluating scientific literature, structure and style of a scientific work, formal guidelines, citation guidelines, etc.) are explained in the form of input from the lecturer, presented and consolidated in combination with exercises and assignments.

The grade was composed of: digital presence & participation, presentation of the libraries, work assignments, and the final seminar paper.

Nähere Beschreibung des Projekts

Das PS „Wissenschaftliches Arbeiten“ umfasst sieben Einheiten zu je drei Stunden, die online abgehalten wurden. Die Online-Lehre erfolgte, trotz der Länge der Einheiten, in einem synchronen Format via UniMeet. Da die Studierenden zum Großteil gut auf diese synchrone Form reagiert und sich in der Zwischenevaluation überwiegend zufrieden darüber geäußert haben, wurde diese über das Semester hinweg weitgehend beibehalten und auf eine vollkommene Teilung in asynchron und synchron verzichtet. Als zentral für die Lehrveranstaltung kann der dazugehörige Moodle-Kurs gesehen werden. In diesem werden den Studierenden alle Informationen zum Proseminar zur Verfügung gestellt. Dazu gehört der Syllabus, die besprochenen Folien, die Angaben zu Arbeitsaufträgen in Kombination mit den verwendeten Bewertungsrastern, aber auch Zusatzliteratur. Darüber hinaus dient der Moodle-Kurs als Medium, um die Arbeitsaufträge abzugeben und darauf Feedback zu erhalten sowie als Ort des kollegialen Austauschs. Zusätzlich hatten die Studierenden hier die Möglichkeit, Zusatzübungen durchzuführen, die nicht in die Bewertung des Proseminars einfließen und ihren derzeitigen Punktestand abzufragen.

Der Aufbau des Proseminars orientiert sich zum einen an den Lehr-/Lernzielen, die den Studierenden in der ersten Einheit bekannt gegeben wurden und zusätzlich jederzeit im Syllabus nachgelesen werden konnten und zum anderen an den einzelnen Arbeitsschritten, die bei der Erstellung eines wissenschaftlichen Textes durchlaufen werden. Der Syllabus beinhaltet darüber hinaus einen genauen Aufbau des Proseminars, wobei zusätzlich für jede Einheit Lehr-/Lernziele und Inhalte vermittelt wurden und Informationen über die an die Studierenden gerichteten Anforderungen bzw. eine klare Aufstellung, wie die Note für das Proseminar zustande kommt. Ergänzt wurde der Syllabus durch verwendete Literatur und weitere Literaturtipps, die Studierende für das wissenschaftliche Arbeiten nutzen können.

Die allgemeinen Lehr-/Lernziele des Proseminars lauteten wie folgt:

Studierende sind nach positiver Absolvierung des Kurses in der Lage…

(1) eine grobe Gliederung zu einem Thema zu erstellen.

(2) eine erste Fragestellung zu formulieren.

(3) Literatur zu finden und hinsichtlich ihrer Wissenschaftlichkeit und Relevanz zu bewerten.

(4) die formalen Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens (Zitierrichtlinien, Aufbau wissenschaftlicher Arbeiten, Layout) anzuwenden.

(5) ein/e Exzerpt/Zusammenfassung zu schreiben.

(6) eine (kurze) Seminararbeit zu schreiben.

Wie bereits erwähnt, wurden zu den oben genannten Lehr-/Lernzielen der gesamten Lehrveranstaltung, für jede Einheit feinere Lernziele formuliert, welche in der Einheit erreicht werden sollten. Diese wurden immer zu Beginn jeder Einheit bekannt gegeben und am Ende jeder Einheit hinsichtlich ihres Erreichens besprochen.

An die Lehr-/Lernzielen angelehnt, sind die Kompetenzen, welche im Zuge des Proseminars erworben werden. Dabei handelt es sich um jene Kernkompetenzen, die im Zuge des wissenschaftlichen Arbeitens benötigt werden. Es wird nicht nur auf „praktische“ Aspekte geachtet, z. B. welche Tools zur Literaturrecherche verwendet werden können oder welche Zitierrichtlinien am Institut angewendet werden, sondern vor allem auch auf die Förderung des kritischen Denkens und des Reflektierens über Literatur. Um diese Fähigkeiten zu fördern, werden verschiedene Methoden angewendet, wobei der rege Austausch zwischen Studierenden untereinander und der LV-Leitung im Fokus steht. Zum einen erfolgt ein Input der LV-Leitung in Kombination mit einer praktischen Übung (z. B. Input zum Thema „Aktives Lesen“, Übung: Lesen eines Textes mit verschiedenen Lesezielen, Diskussion der unterschiedlichen Erkenntnisse, die aus einem Text herausgelesen werden können). Zum anderen werden die Studierenden wiederholt dazu angeregt Inhalte in Kleingruppen zu erarbeiten und anschließend im Plenum zu diskutieren. Die Festigung, der in den Einheiten behandelten Themen, erfolgt über Arbeitsaufträge zu den gelernten Inhalten in Kombination mit individuellem Feedback durch die LV-Leitung.

Im Sinne des Constructive Alignments sind jedem Lehr-/Lernziel ein oder mehrere Leistungsnachweis(e) zugeordnet. Zur Verdeutlichung wird hier beispielhaft das Lehr-/Lernziel (3) aufgegriffen. Demnach sind die Studierenden nach positiver Absolvierung des Kurses in der Lage, Literatur zu finden und hinsichtlich ihrer Wissenschaftlichkeit und Relevanz zu bewerten. Die Überprüfung der Erreichung dieses Lernziels besteht zum einen aus einem Arbeitsauftrag, in der die Studierenden die für das Studium wichtigsten Bibliotheken präsentieren. Die Vorstellung dieser ist frei zu gestalten, sodass sie die Informationen kreativ übermitteln können. Zusätzlich wird von jeder Gruppe ein Handout erstellt, damit am Ende der Lehrveranstaltungseinheit jede*r Studierende über die zentralen Informationen zu den Bibliotheken verfügt, die erfahrungsgemäß für das Studium der Erziehungs- und Bildungswissenschaft bedeutsam sind. Zum anderen erfolgt die Überprüfung durch einen Arbeitsauftrag, in dem die Studierenden angehalten sind, eine Literaturliste zu erstellen und zu argumentieren, warum sie die angeführten Werke für ihre Arbeit als relevant erachten. Damit soll erreicht werden, dass die Studierenden nicht nur interessant klingende Titel in die Liste aufnehmen, sondern sich von Beginn an damit auseinandersetzen, Literatur nicht nur zu finden, sondern auch hinsichtlich ihrer Relevanz zu bewerten. Schließlich wird die Erfüllung dieses Ziels auch in der Proseminar-Arbeit überprüft.

Die Leistungsbeurteilung erfolgt generell anhand von vier Bereichen. Zu diesen gehört (1) Anwesenheit & Mitarbeit: Während die Anwesenheit durch die LV-Leitung geprüft wird, erfolgt die Überprüfung der Mitarbeit über eine Selbsteinschätzung der Studierenden. Sie sind angehalten, nach jeder Einheit auf Moodle kurz zu begründen, ob und warum sie sich für die Einheit (k-)einen Mitarbeitspunkt eintragen wollen. (2) Vorstellung der Bibliotheken: Den Studierenden ist in der Gestaltung ihrer Präsentationen vollkommen freie Hand gelassen. Beispielsweise können sie einen Podcast oder ein Video erstellen oder ein (interaktives) Plakat präsentieren. Die Präsentation erfolgt dann in Form eines Symposiums, d. h., die Präsentationen müssen selbsterklärend sein, während die Studierenden lediglich für Rückfragen zur Verfügung stehen. Für die Vorstellung der Bibliotheken wurde die Plattform „padlet“ genutzt. Die Bewertung erfolgte über einen vorab kommuniziertes Bewertungsraster, das die Beurteilungskriterien Plakat/Präsentation, Handout, (mündliche) Präsentation und Bonusinformation enthält. (3) Arbeitsaufträge: Wie bereits erwähnt, werden nach jeder Einheit Arbeitsaufträge bestimmt, die die gelernten Inhalte der Einheit festigen sollen. Ein Beispiel für einen solchen Arbeitsauftrag ist die Erstellung einer Literaturliste. Auch für diesen Beurteilungsbereich existiert ein Bewertungsraster, das die Beurteilungskriterien Abgabe & Vollständigkeit und formale Kriterien umfasst. Von der Bewertung der inhaltlichen Qualität wurde bewusst Abstand genommen, da der Übungscharakter im Vordergrund steht. Da die Studierenden zu jedem Arbeitsauftrag individuelles Feedback erhalten, wird sichergestellt, dass die Qualität der erbrachten Leistung stetig verbessert wird. (4) Proseminararbeit: Die Proseminararbeit stellt die finale Leistungsfeststellung dar. Die Beurteilungskriterien, welche im Bewertungsraster vermittelt werden, sind: Wissenschaftliche Basis, innere Gliederung, Eigenleistung, äußere Form, Quellenarbeit und Sprache.

Die erwähnten Bewertungsraster, welche für die Bewertung der Vorstellung der Bibliotheken, die Arbeitsaufträge und die Proseminararbeit verwendet werden, sind so aufgebaut, dass zu den Beurteilungskriterien Fragen formuliert sind, die sowohl für die Studierenden, als auch für die LV-Leitung bei der Beurteilung als eine Checkliste fungieren. Für jedes Kriterium werden zwischen 0 (=das Kriterium wurde nicht erfüllt) und 5 (=das Kriterium wurde sehr gut erfüllt) Punkte vergeben.

Da der Übungscharakter in dem Proseminar im Vordergrund steht, kommt der Rückmeldung an die Studierenden in Form von Feedback eine besondere Bedeutung zu. Die Erarbeitung eines wissenschaftlichen Textes in Arbeitsschritten hat den Vorteil, den Studierenden das elaborierte Schreiben näher zu bringen und dem Druck entgegenzuwirken, alles von Beginn an bzw. auf Anhieb perfekt formulieren zu müssen. Um die Studierenden in jeder Etappe zu unterstützen, erhalten sie auf jeden Arbeitsauftrag ein individuelles schriftliches Feedback über Moodle. Darüber hinaus erhalten die Studierenden das ausgefüllte Bewertungsraster mit einer Begründung warum gegebenenfalls Punkte abgezogen wurden. Zusätzlich können bei Bedarf kurze Feedbackgespräche mithilfe von Break-Out-Rooms während bzw. nach den Einheiten erfolgen. Dieses Bedürfnis nach einer persönlichen Unterredung kann entweder von der LV-Leitung oder von den Studierenden ausgehen. Diese sind darüber hinaus dazu angehalten, jederzeit via E-Mail zusätzliches Feedback von der LV-Leitung einzuholen (z. B. wenn sie einen Arbeitsauftrag nochmals überarbeitet haben). Neben diesen kurzen Feedbacks auf die Arbeitsaufträge erhalten die Studierenden ein umfassendes Feedback gegen Ende des Semesters. Sie haben die Möglichkeit, eine Erstversion der Proseminararbeit abzugeben und darauf Feedback in Form eines persönlichen Gesprächs zu erhalten, um dies in die finale Abgabe einfließen zu lassen (auf die finale Abgabe erhalten Studierende, die dieses Angebot genutzt haben, ein kurzes schriftliches Feedback in Kombination mit dem ausgefüllten Bewertungsraster). Falls die Studierenden dieses Angebot nicht nutzen, erhalten sie ein abschließendes, schriftliches Feedback von mind. einer Seite Länge auf die finale Abgabe ihrer Arbeit. Auch hier werden zusätzlich zu dem Feedback über das Bewertungsraster die erreichten Punkte bekannt gegeben.

Nutzen und Mehrwert

Wissenschaftliches Arbeiten ist eine der zentralen Aufgaben des Studiums der Erziehungs- und Bildungswissenschaften. Insofern ist es von hoher Bedeutung, dass die Studierenden eine solide Basis erhalten, auf die sie im weiteren Studium aufbauen können. Die Lehrveranstaltung ergibt einen Mehrwert sowohl für Studierende, als auch für Lehrende. Diese lassen sich unter folgenden Schlagworten zusammenfassen: (1) Strukturiertheit, (2) Transparenz und (3) Partizipation bzw. Austausch.

Durch die stringente (1) Strukturierung anhand des Constructive Alignment, das zu einem gezielten Kompetenzerwerb der Studierenden führt, ist sowohl den Studierenden – als auch der Lehrenden – immer klar, welche Inhalte zu welchem Zweck behandelt werden. Der Syllabus dient dabei der Lehrveranstaltungsleitung und den Studierenden gleichermaßen als Richtschnur. Durch die Formulierung und Überprüfung von Lehr-/Lernzielen, sowohl für das Semester, als auch für jede Einheit, wissen die Studierenden immer, welchen Sinn eine Übung erhält. Dies wirkt sich positiv auf die Motivation aus und erhöht die Bereitschaft, bei Übungen wirklich mitzuarbeiten. Der Syllabus gibt neben den Lehr-/Lernzielen und den Beurteilungsinhalten auch Aufschluss über den Workload von 79 Stunden, der sich daraus ergibt, dass für das Proseminar vier ECTS-Punkte vergeben werden, die je 25 Arbeitsstunden entsprechen. Abzüglich der 21 Stunden die für die Einheiten aufgewendet werden müssen, bleiben noch 79 Arbeitsstunden, die für Arbeitsaufträge, Zusatzübungen und dem Verfassen der Proseminararbeit verwendet werden können. Daher wissen die Studierenden von Beginn an, wie viel Zeit sie für das Proseminar einplanen müssen.

 

Die (2) transparente Gestaltung des Proseminars stellt ebenfalls einen Mehrwert für die Studierenden und die LV-Leitung dar. Zum einen wissen die Studierenden von Beginn an, wie ihre Note konkret zustande kommt, da im Syllabus genau aufgeschlüsselt ist, welche Aspekte mit welchem Gewicht in die Note einfließen. Zum zweiten werden den Studierenden, wo immer angewendet, konkrete Bewertungsraster zur Verfügung gestellt, die die Beurteilungskriterien und -inhalte bekannt geben. Diese Bewertungsraster sind mittels Fragen wie eine Checkliste aufgebaut, sodass sie immer genau wissen, worauf die LV-Leitung bei der Beurteilung achtet. Für die LV-Leitung haben diese Checklisten den Vorteil, dass eine faire Beurteilung gefördert wird und diese als Basis für das individuelle Feedback verwendet werden können, wodurch sich eine Zeitersparnis ergibt. Zum dritten trägt das individuelle Feedback dazu bei, dass die Studierenden genau wissen, welche Aspekte bereits gut klappen und in welchen Bereichen sie sich noch verbessern können. Dazu wird das Feedback teilweise so formuliert, dass ihnen Fragen gestellt werden um sie zum kritischen Nachdenken über ihre eigene Arbeit anzuregen. Durch dieses Feedback erhält jede*r Studierende die Chance, die eigenen Kompetenzen gezielt zu verbessern.

 

Schließlich ist das Proseminar geprägt durch den Anspruch (3) der Partizipation bzw. eines Austausches zwischen den Studierenden und der LV-Leitung. Dies geschieht durch die Entwicklung eines angenehmen Arbeitsklimas, durch das die Studierenden das Gefühl erhalten, sich mit Schwierigkeiten (bezüglich der Lehrveranstaltung) an die LV-Leitung wenden zu können oder bei Unsicherheiten zusätzliches Feedback einfordern zu können. Der Grundstein dieses Arbeitsklimas wird bereits in der ersten Einheit gesetzt, indem auf eine klassische Vorstellungsrunde verzichtet wird (dies würde bei bis zu 30 Studierenden auch zu viel Zeit in Anspruch nehmen) und stattdessen auf ein Kennenlern-Spiel zurückgegriffen wird. Ein Beispiel hierfür ist das Kennenlern-Bingo, wobei die Studierenden ein 5 mal 5 großes Raster erhalten, in dem unterschiedliche Eigenschaften, Erlebnisse etc. (z. B. Finde jemanden, der alle Harry Potter Bücher gelesen hat; Finde jemanden, der mind. drei Sprachen sprechen kann; Finde jemanden, der schon eine Seminararbeit geschrieben hat; Finde jemanden, der ein Zweitstudium belegt hat) geschrieben stehen. Die Studierenden haben dann die Aufgabe, Kolleg*innen zu finden, die über diese Eigenschaften, Erlebnisse etc. verfügen. Wenn es gelingt, fünf Kolleg*innen zu finden, die eine Reihe bilden, ist das Spiel vorbei. Der Vorteil dieses Spiels ist es, dass die Studierenden mit mehreren Kolleg*innen ins Gespräch kommen müssen und insofern die Stimmung aufgelockert wird und die LV-Leitung die Möglichkeit erhält zu erheben, über welche Vorkenntnisse die Studierenden bereits verfügen. Dadurch ist es der LV-Leitung möglich, ein Gespür für die Heterogenität der Studierenden zu erhalten und bei der Gruppeneinteilung auf die Vorkenntnisse Rücksicht zu nehmen und beispielsweise Studierende mit viel Erfahrung mit jenen zusammen zu bringen, die noch über wenig Kenntnisse zu dem wissenschaftlichen Arbeiten verfügen. Auch in die Gestaltung der Lehrveranstaltung sind die Studierenden aktiv miteinbezogen, beispielsweise können sie im Zuge der Zwischenevaluation Änderungswünsche äußern auf die, nach Möglichkeit, nach Absprache mit den Studierenden eingegangen wird. Die letzte Einheit ist darüber hinaus so gestaltet, dass zumindest ein Teil der Einheit mit Inhalten befüllt wird, die die Studierenden angeregt haben. Dazu wird eine anonyme Umfrage gestartet, sodass die Studierenden Wünsche frei äußern können. Die letzte Einheit ist dann wie ein Symposium gestaltet, in der von der LV-Leitung verschiedene Inhalte aufbereitet wurden (z. B. Problemgalerie, Zitierrichtlinien-Quiz) und die Studierenden selbst auswählen können, welche der Inhalte sie konsumieren möchten. Schließlich werden auch während der gesamten LV-Laufzeit zusätzliche Übungen angeboten, die sie erledigen können, aber nicht zwingend müssen und die auch nicht in die Beurteilung einfließen. In der abschließenden Evaluation werden die Studierenden dann u. a. um eine Beurteilung der Übungen gebeten. Sie können so das Proseminar für die folgenden Studierenden aktiv mitgestalten, indem sie der LV-Leitung bekannt geben, welche Übungen sie für die Erreichung der Lehr-/Lernziele für hilfreich empfunden haben und welche nicht. Zu diesem Zweck werden in der Endevaluation alle angebotenen Übungen und Methoden aufgelistet, wobei die Studierenden ihr Empfinden auf einer Skala von „sehr hilfreich“ bis „gar nicht hilfreich“ bekannt geben können. Darüber hinaus werden die Studierenden in der Endevaluation um eine Einschätzung gebeten, ob das Proseminar und die damit verbundenen Arbeitsaufträge dem Workload entspricht, sodass im kommenden Semester gegebenenfalls eine Anpassung passieren kann.

 

Durch die drei erörterten Aspekte ergibt sich ein Mehrwert, der sich bei den Studierenden vor allem durch eine hohe Motivation zur Mitarbeit und einen angenehmen ersten Kontakt mit dem wissenschaftlichen Arbeiten äußert. Durch den wiederholten Erhalt von Feedback können die Kompetenzen der Studierenden gezielt entwickelt werden, sodass eine solide Basis für die Entwicklung ihrer Schreibkompetenzen in den folgenden Semestern gelegt wird.

 

Für Lehrpersonen ergibt sich aus der stringenten Planung des Proseminars eine gewisse Zeitersparnis, die wiederum in individuelles Feedback investiert werden kann. Aufgrund der transparenten Gestaltung mit Rückmeldungen auf jeden Arbeitsauftrag fällt es der LV-Leitung leichter zu erkennen, wo die Studierenden gerade stehen und welche Inhalte evtl. noch einmal wiederholt werden sollten. Insgesamt besteht ein Mehrwert außerdem darin, dass die Zusammenarbeit mit motivierten Studierenden leichter fällt und auch für die Lehrperson erfüllender ist – und so die eigene Motivation und Begeisterung für die Lehre aufrecht erhalten werden kann.

Nachhaltigkeit

Grundsätzlich kann das Konzept, welches für das Proseminar erarbeitet wurde, auch in kommenden Semestern und anderen LV-Leitungen angewendet werden. Der Syllabus als Grundgerüst kann leicht verändert und angepasst werden, während die angewendeten Methoden zur Erreichung der Lehr-/Lernziele immer wieder aktualisiert werden können. Auch die Bewertungsraster sind so formuliert, dass sie nicht lediglich in einem Semester, sondern auch in den kommenden angewendet werden können und unabhängig von der Lehrperson funktionieren. Die formulierten Kriterien entsprechen den generellen Ansprüchen an wissenschaftliche Arbeiten, die am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft vertreten werden.

 

Zusätzlich ist eine Handreichung in Arbeit, die von der LV-Leitung gemeinsam mit drei weiteren Lehrkräften der Parallelgruppen verfasst wird (das Proseminar wird pro Sommersemester von sieben verschiedenen Lehrenden angeboten, um sicherzustellen, dass alle Bachelorstudierenden daran teilnehmen können). Diese folgt zum einen der Struktur sowie dem Inhalt des Proseminars und zum anderen dem Aufbau einer wissenschaftlichen Arbeit. Zur Verdeutlichung der behandelten Inhalte und der Struktur wird an dieser Stelle das Inhaltsverzeichnis eingefügt:

 

1 Einleitung

 

2 Was bedeutet wissenschaftliches Arbeiten?

2.1 Besonderheiten wissenschaftlichen Arbeitens

2.2 Wichtige Elemente wissenschaftlichen Arbeitens

2.3 Arten von wissenschaftlichen Arbeiten

 

3 Von der Idee zur Fragestellung

3.1 Themenfindung und -eingrenzung

3.2 Literatur recherchieren, finden und bewerten

3.3 Die Forschungsfrage

 

4 Lesen, Schreiben und Argumentieren

4.1 Wissenschaftliche Texte lesen, verstehen und verarbeiten

4.2 Der wissenschaftliche Schreibprozess

4.3 Schreibtechniken

4.4 Argumentation, Verständlichkeit und Roter Faden

4.5 Inhalt und Gliederung einer Seminar-, Bachelor- oder Masterarbeit

 

5 Zitation und Richtlinien

5.1 Plagiat

5.2 Zitierrichtlinien

5.3 Formale Richtlinien

 

6 Häufige Fragen und Fehler

6.1 Inhaltlich

6.2 Literatur

6.3 Aufbau/Formales

6.4 Sprache

6.5 Umgang mit Word

 

7 Fazit

Mit dieser Handreichung werden mehrere Ziele verfolgt. Zum einen dient die Handreichung als Sicherung von bestehendem Wissen, auf das die Studierenden nach dem Proseminar und im weiteren Verlauf ihres Studiums zurückgreifen können, um sich die wichtigsten Inhalte zum wissenschaftlichen Arbeiten ins Gedächtnis zu rufen. Zum zweiten können Studierende, welche von anderen Universitäten oder Studienrichtungen in das Studium der Erziehungs- und Bildungswissenschaften (oder in eines der aufbauenden Masterstudien) wechseln, sich mit den Anforderungen, die am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaften vertreten werden, vertraut machen. Zum dritten können Lehrende bevor Studierende mit dem Verfassen von Bachelor- oder Masterarbeiten beginnen auf die Handreichung verweisen um eine gewisse Qualität der Arbeit sicherzustellen. Schließlich dient die Handreichung auch neuen Lehrenden, die das Proseminar „Wissenschaftliches Arbeiten“ zum ersten Mal abhalten, als eine Art Leitlinie, wie sie das Proseminar aufbauen können bzw. welche Inhalte unbedingt vermittelt werden sollten.

Aufwand

Der Aufwand erscheint auf den ersten Blick sehr groß zu sein, vor allem vor dem Hintergrund von individuellem Feedback auf jeden Arbeitsauftrag. Allerdings kann festgehalten werden, dass der Aufwand gut bewältigbar ist, da die Strukturiertheit des Proseminars Zeiteinsparungen an anderen Stellen erlaubt. Vor allem in der Vorbereitungsphase nimmt die Erstellung eines Syllabus und Überlegungen zu Lehr-/Lernzielen, der Entwurf des LV-Aufbaus und die Entscheidung für bestimmte Methoden viel Zeit ein. Sobald der Syllabus einmal ausformuliert ist, kann dieser von einem Semester ins andere mitgenommen werden und benötigt nur noch kleinere Anpassungen. Auf Grundlage der Evaluationsergebnisse aus dem vorangegangenen Semester können auch einzelne Methoden schnell und unkompliziert ausgetauscht werden.

 

Ebenso sind die ausformulierten Bewertungsraster nicht nur hilfreich für die Studierenden, sondern erlauben es auch der LV-Leitung, Arbeitsaufträge etc. schneller zu bewerten, da Bewertungsinhalte klar mittels Fragen vorformuliert sind. Im Zuge des individuellen Feedbacks auf die Arbeitsaufträge wird parallel eine Liste erstellt welche einige Sätze zu Fehlern beinhaltet, die besonders häufig vorkommen. Diese Liste wird zum einen aus den vorangegangenen Semestern übernommen und zum anderen laufend aktualisiert. Beispiele zu diesen vorformulierten Feedbackphrasen sind: „Achten Sie darauf, dass bei der finalen Arbeit auf dem Titelblatt ein ansprechender Titel zu finden ist und die Forschungsfrage in der Einleitung bekannt gegeben wird“, „Ist dies wirklich für die Beantwortung Ihrer Forschungsfrage relevant?“, „Dies ist das zentrale Kapitel Ihrer Arbeit. Stellen Sie sicher, dass dies auch anhand der Kapitellänge sichtbar ist.“. Auch bei der Erstellung des umfassenden finalen Feedbacks auf die Proseminararbeit kommen die Bewertungsraster der LV-Leitung zugute, da sie die Struktur des Feedbacks vorgeben. Dadurch können der Bewertungsinhalte und die damit verbundenen Fragen der Reihe nach durchgegangen und beantwortet werden. Während die Sichtung plus Rückmeldung der Arbeitsaufträge ca. 15 bis 30 Minuten pro Studierende*n in Anspruch nehmen, sind für das Lesen der Proseminararbeiten und dem Verfassen des abschließenden Feedbacks zwischen 30 und 60 Minuten pro Studierende*n einzuplanen.

 

Während für das Proseminar kein monetärer Aufwand besteht, kann ein erhöhter zeitlicher Aufwand nicht negiert werden. Allerdings erscheint dieser Einsatz vor dem Hintergrund der großen Bedeutung, Studierende bei der ersten wissenschaftlichen Arbeit zu begleiten und insofern ihr Fortkommen und ihre Motivation im restlichen Studium zu prägen, absolut vertretbar.

Positionierung des Lehrangebots

Das Proseminar „Wissenschaftliches Arbeiten“ richtet sich an Bachelorstudierende des Studiums Erziehungs- und Bildungswissenschaft. Laut Musterstudienplan wird das Proseminar im zweiten Semester absolviert und stellt somit den ersten Kontakt der Studierenden mit dem Verfassen eigener wissenschaftlicher Texte dar.

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2022 nominiert.
Ars Docendi
2022
Kategorie: Lernergebnisorientierte Lehr- und Prüfungskultur
Ansprechperson
Elena Stuhlpfarrer, BA BA MA
Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft; Arbeitsbereich Sozialpädagogik
0316/380-2545
Nominierte Person(en)
Elena Stuhlpfarrer, BA BA MA
Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft; Arbeitsbereich Sozialpädagogik
Themenfelder
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Digitalisierung
  • Rund ums Evaluieren der Lehre
  • Rund ums Prüfen
  • Wissenschaftliche (Abschluss)Arbeiten
Fachbereiche
  • Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften