Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Innrain 52, 6020 Innsbruck
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VU Gelände- und Labormethoden: Abflussbildungsprozesse (Boden und Hydrologie)

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Bodenkunde und Hydrologie haben umfangreiche Schnittstellen, deren Bearbeitung in der Lehre oft zu kurz kommt. Im Masterstudium Geographie: Globaler Wandel – regionale Nachhaltigkeit wird der Vermittlung von Methoden im Bereich der Sozialwissenschaften, der Fernerkundung, der Geographischen Informationssysteme und der Gelände- und Labormethoden große Bedeutung beigemessen. Pro Semester werden in jedem dieser vier Bereiche zwei Kurse angeboten. Ziel war es daher, eine Lehrveranstaltung zu konzipieren, mit der Identifikation von Abflussbildungsprozessen an unterschiedlichen Standorten mit Hilfe von dem aktuellen Stand der Forschung entsprechenden und teilweise gerade neu entwickelten Methoden diese Schnittstelle abzudecken. Die Studierenden sollen damit Kompetenzen erwerben, die ihnen sowohl im weiteren Verlauf des Studiums als auch in der Berufspraxis von großem Nutzen sein können. Am Ende des Kurses sollen sie sowohl die unterschiedlichen Abflussbildungsprozesse (Oberflächenabfluss durch Infiltrationsüberschuss sowie durch Sättigungsüberschuss, Zwischenabfluss, Tiefensickerung) kennen als auch die Faktoren, die zur Ausbildung dieser Prozesse führen. Sie sollen zudem Methoden zur Bewertung der Abflussbildungsprozesse am Standort sowie zur Überprüfung dieser Bewertung durch Messungen kritisch bewerten und anwenden können.

Die VU Gelände- und Labormethoden: Abflussbildungsprozesse (Boden und Hydrologie) wurde seit 2017 jährlich im Sommersemester abgehalten, bisher also 5x durchgeführt. Unter Berücksichtigung der dabei gewonnenen Erfahrungen, des Feedbacks der Studierenden und der covid-19-spezifischen Rahmenbedingungen wurde die Lehrveranstaltung kontinuierlich weiterentwickelt und von den Studierenden im Sommersemester 2021 sehr gut evaluiert.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Die VU Gelände- und Labormethoden: Abflussbildungsprozesse (Boden und Hydrologie) hat zum Ziel, die Studierenden mit einem umfassenden Hintergrundwissen zu den Abflussbildungsprozessen und den Methoden zu ihrer Identifizierung auszustatten. Der Kurs kombiniert unterschiedliche didaktische Methoden (Kurzreferate, detailliertes Feedback zu den schriftlichen Arbeiten, gemeinsame Diskussion, selbständiges Videostudium, selbständige Anwendung von Bewertungs- und Messmethoden unter Aufsicht, Zusammentragen aller Ergebnisse in einer Abschlusspräsentation). Neben den State-of-the-Art-Mess- und Labormethoden wird im Kurs ein Bewertungsverfahren vermittelt, das erst 2020 als Merkblatt DWA-M 922 publiziert wurde. Umfangreiches Hintergrundwissen zu dieser Methode steht im Kurs zur Verfügung, weil eine der beiden Lehrveranstaltungsleiter*innen Mitglied der Autor*innengruppe des Merkblatts (DWA-AG HW1.3) war. Die beiden Fachbereiche Bodenkunde und Hydrologie, an deren Schnittstelle die Lehrveranstaltung angesiedelt ist, werden durch die Kooperation der beiden Lehrveranstaltungsleiter*innen, die in der Bodenkunde bzw. Hydrologie forschen und u.a. zu den verwendeten Methoden publizieren, abgedeckt. Dass die Studierenden in Kleingruppen zu ca. vier Personen an den Profilen, den Messgeräten und im Labor arbeiten, steigert (bei einer Gruppengröße von bis zu 20 Studierenden) die Lerneffizienz und wird durch den erhöhten Zeitaufwand durch die Lehrveranstaltungsleitung ermöglicht.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

The course Field and Laboratory Methods: Runoff Formation Processes (Soil and Hydrology) aims to equip students with a comprehensive background knowledge of runoff formation processes and the methods to identify them. The course combines different didactic methods (short presentations, detailed feedback on the written work, joint discussion, independent video study, independent application of evaluation and measurement methods under supervision, synopsis of all results in a final presentation). In addition to state-of-the-art measurement and laboratory methods, the course teaches an assessment procedure that was just published in 2020 as Code of Practice DWA-M 922. Extensive background knowledge on this method is available in the course because one of the two course instructors was a member of the Merkblatt's author group (DWA-AG HW1.3). The two disciplines of soil science and hydrology, at the interface of which the course is located, are covered by the cooperation of the two course instructors, who conduct research in soil science and hydrology respectively and publish on the methods used, among other things. The fact that the students work in small groups of approx. 4 persons on the soil profiles, the measuring instruments and with soil samples in the laboratory (with a group size of up to 20 students) increases the learning efficiency and is made possible by the increased time required by the course lecturers.

Nähere Beschreibung des Projekts

Die VU Gelände- und Labormethoden: Abflussbildungsprozesse (Boden und Hydrologie) hat zum Ziel, die Studierenden mit einem umfassenden Hintergrundwissen zu den Abflussbildungsprozessen und den Methoden zu ihrer Identifizierung auszustatten. Nach dem didaktischen Prinzip der Selbsttätigkeit wird darauf geachtet, dass die Studierenden die besprochenen Methoden selbst aktiv ausführen. Die Lehrveranstaltung ist wie folgt aufgebaut:

1) In den ersten fünf Einheiten im Seminarraum (bzw. wenn Covid-19-bedingt notwendig, virtuell) werden in Form von Kurzreferaten und deren anschließender Diskussion die bodenkundlichen und bodenhydrologischen Grundlagen und die in der Folge angewandten Methoden erarbeitet. Zu den Kurzreferaten müssen je ca. fünfseitige Texte verfasst werden, zu denen es von den Lehrveranstaltungsleiter*innen detailliertes Feedback gibt und die am Ende des Kurses als ein konzentriertes Manual für alle zur Verfügung stehen.

2) Am ersten Tag im Gelände werden in Gruppen zu je vier Studierenden Bodenprofile gegraben. Ihre Aufnahme und Bewertung hinsichtlich der Abflussbildungseigenschaften dieser Standorte erfolgt anhand des Aufnahmeschlüssels und Bewertungstools des Merkblatts DWA-M922 (2020). Da die Lehrveranstaltungsleiterin Gertraud Meißl Mitglied der DWA-AG HW1.3 war, die dieses Merkblatt über Jahre entwickelt hat, steht im Rahmen der Lehrveranstaltung umfangreiches Hintergrundwissen zur Entstehung dieser neuen Methode bereit. Die Studierenden erarbeiten die Bewertung anhand ihres eigenen Bodenprofils und stellen den jeweils anderen Gruppen am Ende des Tages die Besonderheiten ihres Profils und den Diskussionstand dessen Bewertung vor. Außerdem werden Bodenproben für weitere Übungen und Analysen im Labor entnommen.

An einem weiteren Termin im Seminarraum werden die Bewertungsergebnisse der verschiedenen Profile diskutiert, wenn notwendig adaptiert und verglichen/zusammengefasst.

3) An einem zweiten Tag im Gelände werden auf denselben Flächen Messungen durchgeführt, die zur Plausibilisierung der Bewertung der Abflussbildungsprozesse anhand der Bodenprofile herangezogen werden können. Dabei werden Oberflächenabflussbeiwerte mit Hilfe von Beregnungsversuchen mit einer Kleinberegnungsanlage bestimmt und die Bodenpermeabilität mit dem Doppelringinfiltrometer und dem Guelph-Permeameter gemessen. Damit alle Studierenden selbst möglichst intensiv Hand anlegen und nicht in der Rolle von Zuschauer*innen verbleiben, gibt es für diese Lehrveranstaltungseinheit zwei Termine, an denen jeweils die Hälfte der Gruppe teilnimmt. Auf die Weise sind alle Kursteilnehmer*innen intensiv mit den unterschiedlichen Messungen befasst. Bei den komplexeren Verfahren (Guelph-Permeameter und Kleinberegnungsanlage) übernehmen jeweils die Studierenden, die diese Messverfahren im Seminar vorgestellt haben, Verantwortung für die praktische Umsetzung. An dem „Messtag“ werden immer wieder Zeiten eingerichtet, in denen sich die Kleingruppen gegenseitig die Verfahren vorstellen, damit trotz der Verantwortung für eine bestimmte Messung Erfahrungen zu den anderen Methoden geteilt werden.

4) Die entnommenen Bodenproben werden im Labor bearbeitet. Dabei wird zuerst die gesättigte hydraulischen Leitfähigkeit gemessen, im Anschluss daran werden der Skelettanteil (= Anteil an Steinen > 2mm), der Wurzelanteil, die Lagerungsdichte und der Glühverlust (zur Bestimmung des Anteils der organischen Substanz) ermittelt. Dabei werden sowohl die Verfahren der systematischen Probenvorbereitung als auch die nachfolgenden Berechnungsschritte vermittelt. Zudem die sogenannte „Fingerprobe“ zur Bestimmung der Korngrößenverteilung der Feinerde ausführlich getestet und im Vergleich zu alternativen Labormethoden diskutiert. Für alle angewandten Methoden, sowohl im Gelände direkt am Standort als auch im Labor gilt: die Studierenden lernen durch ihre eigenen Arbeit die Ausführung der Methode kennen, die notwendigen Dokumentationsarbeiten sowie mögliche Fehlerquellen bzw. Vor-und Nachteile bestimmter Methoden. Für die Tage im Gelände und die Laborarbeit steht ein*e Tutor*in zur Unterstützung bereit.

In den vergangenen beiden Studienjahren war die Arbeit im Labor wegen des Konflikts zwischen den eher beengten Platzverhältnissen und den Covid-19-Abstandsregeln nicht möglich. Um das zu kompensieren, haben die Lehrveranstaltungsleiter*innen Videos im Umfang von 1 h 25 min hergestellt, in denen die einzelnen Arbeitsschritte erläutert werden. Diese Videos werden auch in Zukunft für die Einführung in die Laborarbeit herangezogen, wodurch mehr Zeit im Kurs für die Diskussion bleibt. Sie können in der Vorbereitungsphase auf die Laborarbeit zu einem von den Studierenden selbst bestimmten Zeitpunkt angesehen werden und stehen den Studierenden auch nach Abschluss des Kurses zur Verfügung.

5) In abschließenden drei Terminen im Seminarraum werden die Ergebnisse aus der Arbeit im Gelände und im Labor zusammengetragen und auf Konsistenz geprüft. Es werden dabei die graphischen Darstellungsmöglichkeiten erörtert und mögliche Widersprüche im Vergleich der Methoden untereinander diskutiert. Auf diese Weise kann eine abschließende Bewertung der Abflussbildung an den Standorten durchgeführt werden. Die Studierenden fassen die Ergebnisse in einer Abschlusspräsentation zusammen und diskutieren dabei auch die Potentiale, Limitationen von unterschiedlichen Methoden sowie ihre Kombinierbarkeit.

 

Der Kurs kombiniert unterschiedliche didaktische Methoden (Kurzreferate; detailliertes Feedback zu den schriftlichen Arbeiten; gemeinsame Diskussion; selbständiges Videostudium; selbständige Anwendung von Bewertungs- und Messmethoden unter Aufsicht, so dass bei Bedarf angeleitet oder korrigierend eingegriffen werden kann; Zusammenschau und adäquate graphische Darstellung aller Ergebnisse in einer Abschlusspräsentation).

Die beiden Fachbereiche Bodenkunde und Hydrologie, an deren Schnittstelle die Lehrveranstaltung angesiedelt ist, werden durch die Kooperation der beiden Lehrveranstaltungsleiter*innen, die in der Bodenkunde bzw. Hydrologie forschen und u.a. zu den verwendeten Methoden publizieren, abgedeckt. Es zeigt sich dabei, dass sich gerade an der Schnittstelle von Fachbereichen, die ansonsten getrennt gelehrt sind, sich spannende, neue Fragestellungen ergeben und Forschungsmethoden angewandt werden können. Dass die Studierenden in Kleingruppen zu ca. vier Personen an den Profilen, den Messgeräten und im Labor arbeiten, steigert (bei einer Gruppengröße von bis zu 20 Studierenden) die Lerneffizienz und wird durch den erhöhten Zeitaufwand durch die Lehrveranstaltungsleitung ermöglicht.

Nutzen und Mehrwert

Der Mehrwert ergibt sich für die Studierenden durch die umfassende Zusammenschau verschiedener Methoden an der Schnittstellen zwischen Bodenkunde und Hydrologie, durch die Aktualität der besprochenen Methoden und durch die Verfügbarkeit der Unterlagen, insbesondere der Kursvideos auch nach Abschluss des Kurses. Zudem werden die Studierenden anhand der logischen Abfolge von Recherche der wissenschaftlichen Grundlagen, über Methodenkompetenz und –anwendung, Auswertung der Ergebnisse, adäquate Darstellung und kritische Diskussion in einen Forschungsprozess eingeführt, der sie für ein vergleichbares Prozedere bei der Erstellung der Masterarbeit optimal vorbereitet.

Nachhaltigkeit

Das Konzept der Lehrveranstaltung, möglichst viele unterschiedliche didaktische Elemente zu kombinieren und vor allem den Studierenden zu ermöglichen, sehr viele Arbeitsschritte selbst durchzuführen, lässt sich auf andere Lehrveranstaltungen übertragen, ebenso das systematische Durcharbeiten eines „Forschungsprozesses“. Limitierend ist jedoch der Aufwand für die Lehrveranstaltungsleitung.

Aufwand

Der zeitliche Aufwand für die Durchführung der Lehrveranstaltung ist groß. Die Lehrveranstaltungsleiter*innen teilen sich bisher die Lehrbeauftragung für den Kurs, somit wird jeder der beiden Personen 1,5 Semesterwochenstunden auf die Lehrverpflichtung angerechnet. Beide Lehrveranstaltungsleiter*innen sind während des 3 Semesterwochenstunden dauernden Kurses jedoch durchgehend bei jeder Lehrveranstaltungseinheit anwesend, um die Schnittstelle zwischen Bodenkunde (vertreten durch assoz. Prof. Dr. Geitner) und Hydrologie (vertreten durch Dr. Gertraud Meißl) in der Lehrveranstaltung umfassend beleuchten und auch Detailfragen unmittelbar, wenn sie auftreten, adäquat diskutieren zu können. Die Dopplung des zweiten Messtages im Feld (bei dem aus didaktischen Gründen nur die halbe Gruppe anwesend ist, damit alle selbst Hand anlegen können/müssen und niemand in der Rolle von Zuschauer*innen verbleibt) bedeutet einen zusätzlichen Mehraufwand für die Lehrveranstaltungsleitung. Kosten fallen für den Transport der Messgeräte zum Messstandort an (dazu muss ein Auto gemietet werden.) Da die Geländeeinheiten der Bodenaufnahme und Messungen nur bei guten Wetter sinnvoll durchgeführt werden können, müssen zudem mehrere Ersatztermine organisiert und freigehalten werden, um den Erfolg der Übung abzusichern.

Positionierung des Lehrangebots

Master, Wahlfach, 2. oder 4. Semester

Im Master Geographie Globaler Wandel – Regionale Nachhaltigkeit gibt es eine große Auswahl sogenannter Methodenkurse, mit denen die Studierenden methodisch-konzeptionell auf die eigenständige Arbeit bei der Masterarbeit vorbereitet werden können. Zudem dienen diese Kurse zur Unterstützung der methodischen Vielfalt bei den Vertiefungsrichtungen. Dieser Kurs führt in diesem Sinne in die Grundlagen und praktische Anwendung bodenhydrologischer Methoden ein.

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Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2022 nominiert.
Ars Docendi
2022
Kategorie: Forschungsbezogene bzw. kunstgeleitete Lehre
Ansprechperson
Gertraud Meißl, Mag. Dr.
Institut für Geographie
0512 507 54015
Nominierte Person(en)
Gertraud Meißl, Mag. Dr.
Institut für Geographie
Clemens Geitner, assoz. Prof. Dr.
Institut für Geographie
Themenfelder
  • Digitalisierung
  • Erfahrungslernen
  • Forschung/EEK geleitete Lehre
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Wissenschaftliche (Abschluss)Arbeiten
Fachbereiche
  • Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik/Ingenieurwissenschaften