Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Innrain 52, 6020 Innsbruck
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Animating Soil Models

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Ziel des Projektes ’Animating Soil Models’ ist es, Visualisierungen zu sog. Materialmodellen für Lehrzwecke zu erstellen. Die Projektinhalte sind innovativ, unterstützen die Vorstellung abstrakter Inhalte durch Visualisierung: Rund fünfzig Animationen und interaktive Grafiken sind als offene Bildungsressource auf der Plattform soilmodels.com/soilanim/ dauerhaft frei zugänglich. Damit fördert das digitale Projekt orts- und zeitflexibles Lernen und bringt nachhaltig Verbesserungen in der Lehre. Durch den Austausch mit Student:innen und Lektor:innen an vielen anderen Universitäten wurde das Projekt mehrfach angepasst und weiterentwickelt. Viele Studierende als auch Lehrpersonen haben rückgemeldet, dass sie sich durch das Projekt weitergebildet haben. Innerhalb des Projektes sind internationale Kooperationen entstanden, die derzeit eine Fortführung des Projektes ermöglichen.

 

Motivation: Seit mehreren Jahren nutzt Gertraud Medicus Visualisierungen von abstrakten mechanischen und mathematischen Inhalten für Lehrzwecke und zur Veranschaulichung ihrer Forschungsergebnisse. Die Rückfragen von Kolleg:innen anderer Universitäten, ob sie ihre Animationen verwenden dürften, war Anstoß für die Projektidee: weitere Visualisierungen zu erstellen und diese als offene Bildungsressource für andere dauerhaft frei zugänglich zu machen.

 

Ausgangslage: Materialmodelle sind mechanische Theorien zur Beschreibung von Bodenverhalten. Für viele Student:innen ist die sog. Materialmodellierung in der Ausbildung im Ingenieurswesen ein sehr abstraktes, mathematisches und schwer verständliches Themengebiet. Um Materialmodelle in der Praxis sinnvoll anzuwenden, werden vertiefte Kenntnisse der Bodenmechanik und der Materialmodellierung benötigt. Durch die richtige Anwendung von Materialmodellen können dann geotechnische Simulationen realitätsnah erfolgen.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Ziel des Projektes ’Animating Soil Models’ ist es, Visualisierungen zu sog. Materialmodellen zu erstellen. Die Projektinhalte unterstützen die Vorstellung abstrakter Inhalte durch Visualisierung und stehen als innovative, offene, digitale Bildungsressource dauerhaft zur Verfügung.

Die Visualisierungen können zeit- und ortsunabhängig ergänzend zu herkömmlichen Lehr- und Lernmethoden, wie Lehrveranstaltungen, Durchführen von Berechnungen und Lesen von Texten verwendet werden. Sie erleichtern das Verständnis von Konzepten im Zusammenhang mit Materialmodellen.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

The project ’Animating Soil Models’ aims to increase the understanding of so-called constitutive modeling with animations to improve the visual aspect of teaching and learning soil models.

The visualizations are shared under the open license CC BY license to use them as open educational resource. The visualizations certainly do not replace studying the equations, computing or reading texts. However, they can facilitate teaching and understanding concepts related to constitutive modeling.

Nähere Beschreibung des Projekts

Das Projekt wurde an der Universität Innsbruck im Rahmen eines sog. AURORA Challenge Domains Projektes durchgeführt und finanziert. AURORA ist ein europäisches Universitätsnetzwerk, das sich u.a. für innovative Lehreprojekte einsetzt, die nachhaltig und international sind und Diversität berücksichtigen. Damit entspricht das Projekt ‚Animating Soil Models‘ den Schwerpunkten des AURORA Netzwerks und den Kriterien des Ars Docendi Staatspreises. Eine Erläuterung einiger Schwerpunkte des Projektes wird nun in den folgenden Abschnitten gegeben.

Innovative Hochschuldidaktik

Die mathematische Beschreibung von Materialmodellen erfolgt drei- und mehrdimensional. Studierenden fällt die Vorstellung bereits im dreidimensionalen Raum schwer. Geometrische Formen, als auch entsprechende Projektionen und Schnitte bleiben mit statischen Bildern aus Lehrbüchern und mit der formelmäßigen Beschreibung oft abstrakt. Beispielhaft sind hier Formeln zur Beschreibung der sog. ‚Grenzzustandsfläche der Hypoplastizität‘ abgebildet: soilmodels.com/wp-content/uploads/2020/12/ASBS_hypoclay_equations.png

 

Animierte und interaktive Darstellungen erleichtern das Verständnis und sind im Bereich der Materialmodellierung eine innovative Lehr- und Lernmethode. Eine Animation der ‚Grenzzustandsfläche‘ (https://soilmodels.com/wp-content/uploads/2020/12/hypo_clay_csl_pqe.gif) und interaktive Grafiken (https://soilmodels.com/soilanim/#link_tab-1622049055372-5-1) sind hier verlinkt. Viele weitere Beispiele sind auf der Projektseite zu finden: soilmodels.com/soilanim

 

Das digitale Projekt ‚Animating Soil Models‘ soll v.a. die Vorstellung abstrakter Inhalte durch Visualisierung unterstützen. Die Visualisierungen können ergänzend zu Online- und Präsenzveranstaltungen eingesetzt werden. Sie eignen sich sowohl zur Demonstration im Zuge einer Vorlesung als auch für Übungen/Seminare oder für das Selbststudium. Die Visualisierungen helfen damit Studierenden, zeitlich und örtlich unabhängig Materialmodelle zu verstehen und ihr Wissen zu vertiefen. Auch Lehrpersonen haben rückgemeldet, dass sie sich durch das Projekt weitergebildet haben und dass ihnen das Lehren der abstrakten Inhalte nun leichter fällt.

Außerdem wird Programmcode auf der Projektseite (hauptsächlich: MATLAB-Skripte) allen zur Verfügung gestellt. Die einfach gehaltenen und gut kommentierten Skripte sollen den Einstieg in das Programmieren erleichtern: Damit werden Studierende ermutigt, ihre digitalen Kompetenzen anhand konkreter Beispiele weiterzuentwickeln.

Studierendenzentrierung

Der Austausch mit Studierenden außerhalb der Universität Innsbruck und die Verbreitung des Projektes fand überwiegend auf den Social-Media-Kanälen LinkedIn und Twitter statt. Damit bezieht das Projekt moderne und interaktive Kommunikationsmedien ein und passt so die Kommunikation der Digitalisierung und dem technologischen Wandel an. Durch den intensiven Austausch von Gertraud Medicus mit Studierenden wurden Inhalte entsprechend adaptiert und auch fortlaufend nach Bedarf ausgebaut: Ursprünglich waren mehrere zweidimensionale Animationen geplant. Aufgrund der Rückmeldungen von Studierenden wurde der Schwerpunkt im Projekt auf dreidimensionale Grafiken gelegt.

 

Gesellschaftliche Ungleichheiten - Gender diversity in den Ingenieurwissenschaften: Unabhängig von der Disziplin nimmt der Anteil der Frauen in der Wissenschaft mit zunehmender Position in der akademischen Hierarchie ab. Verstärkt wirkt sich die Abnahme des Frauenanteils in den Ingenieurwissenschaften aus, da dort der Frauenanteil schon unter den Studierenden gering ist. Dieses Projekt hat sich positiv auf die internationale Sichtbarkeit von Gertraud Medicus innerhalb der Geotechnik-Community ausgewirkt und damit auch positiv auf ihre Wirkung als Rollenmodell: Es haben sich zum Beispiel im Zuge des Projektes auffallend viele Studentinnen mit Fragen zu Materialmodellen an sie gewandt. Außerdem konnte Gertraud Medicus ihr eigenes Netzwerk durch das Projekt um folgende Kooperationspartnerinnen erweitern:

(i) Merita Tafili (PostDoc Wissenschaftlerin, Ruhr-Universität Bochum), Feedback zum Projekt: twitter.com/MeritaTafili/status/1456198205436215304

(ii) Katerina Ziotopoulou (Assist. Professor, University of California, Davis, US), Feedback: twitter.com/KaterinaZiot/status/1284179191714340864) Nejan Huvey (Assoc. Professor, Middle East Technical University, Ankara, Türkei),

(iv) Katherine Kwa (PostDoc Wissenschaftlerin, University of Southampton, UK).

 

Kompetenzorientierung

Student:innen sollen die Kompetenz erwerben, aus den unzähligen Materialmodellen zur Beschreibung von Bodenverhalten ein geeignetes Materialmodell für die gegebene Fragestellung auszuwählen. Rückmeldungen aus der Praxis zeigen, dass die Auswahl eines Materialmodells oftmals der Fragestellung nicht gerecht wird.

Kompetenz: Das Projekt fördert durch ein vertieftes Verständnis von Materialmodellen den Aufbau der Kompetenz, ein geeignetes Modell für eine gegebene Fragestellung einzusetzen.

Lernziele:

(i) Die Student:innen erkennen Theorien in den jeweiligen Modellen.

(ii) Die Student:innen verstehen die zugrunde liegenden mechanischen und mathematischen Konzepte der Materialmodelle.

(iii) Die Student:innen kennen die Grenzen und Stärken der einzelnen Modelle.

 

Europäische und internationale Ausrichtung

Das Projekt wurde und wird in Lehrveranstaltungen der Universität Innsbruck (Lektor:innen: Barbara Schneider-Muntau, Wolfgang Fellin, Gertraud Medicus) und auch an zahlreichen anderen Universitäten verwendet. Mit Lektor:innen der folgenden Universitäten hat ein persönlicher Austausch bezüglich der Anwendung und/oder der Inhalte des Projektes stattgefunden:

TU Graz, Lektor: Franz Tschuchnigg; Hong Kong University of Science and Technology, Lektor: Jidong Zhao; KAIST, South Korea, Lektor: Jinhyun Choo; University of California, Davis, USA, Lektorin: Katerina Ziotopoulou; Universität Grenoble, Lektor: Gioacchino Viggiani; Aalto University, Finnland, Lektor: Wojciech Solowski; Karlsruher Institut für Technologie, Lektor: Hans H. Stutz; Carleton University, Ottawa, Canada, Lektor: Mehdi Pouragha; Charles University, Prag, Lektor: David Mašín; University of Rijeka, Kroatien, Lektor: Vedran Jagodnik; Oregon State University, USA, Lektor: Matt Evans; TU Dresden, Lektor: Ivo Herle; University of British Comumbia, Vancouver, Canada, Lektor: Mahdi Taiebat; Universidad Nacional Autónoma de México, Lektor: Ricardo Ortiz; Middle East Technical University, Ankara, Türkei, Lektorin: Nejan Huvey.

Weitere Universitäten haben rückgemeldet, dass sie das Projekt nutzen werden.

 

Die Projektseite soilmodels.com/soilanim ist seit 15.12.2020 online, wird fortlaufend erweitert und hat seitdem 7700 Zugriffe (Stand 21.01.2022). Das große internationale Interesse am Projekt ermöglichte es, dass Lehrende/Studierende von anderen Universitäten Kritik/Feedback/Input geben. Das internationale Netzwerk diente daher auch der Qualitätssicherung. Für die Verbreitung und die Nutzung des Projektes war es sicher ein großer Vorteil, dass viele Lehrpersonen und Studierende aufgrund der Pandemie digitale Lernressourcen nutzen wollten. Die Inhalte des Projektes wurde über einen dafür eingerichteten Newsletter (500 Abonnent:innen, Versand alle 2-3 Monate) und über die sozialen Netzwerke Twitter und LinkedIn (> 2000 Follower:innen) verbreitet. Außerdem wurde Gertraud Medicus eingeladen, mehrere Vorträge über das Projekt zu halten:

(i) ’Animating Soil Models’: Animations as teaching and learning material for soil constitutive modeling. The Canadian Geotechnical Society, 2021/02/26, > 3000 Zugriffe: www.youtube.com/watch

(ii) Teaching and learning soil constitutive models with the help of visualisations. Karls-Universität Prag, 2021/04/26

(iii) The Use of Visualizations for Teaching Soil Constitutive Models. Sociedad Mexicana de Ingenieria Geotecnica, Mexiko, 2021/08/16

englisch: www.youtube.com/watch

spanische Simultanübersetzung: www.youtube.com/watch

 

Da die Vorträge (i) - (iii) aufgrund der Pandemie virtuell stattfinden mussten, fanden Diskussion und Feedback im Anschluss auf den Social-Media-Kanälen statt, siehe zum Beispiel Feedback zu Vortrag (i) von Matt Evans (Professor, Oregon State University): twitter.com/TMatthewEvans/status/1365374250580799488.

Von der Kanadischen Gesellschaft für Geotechnik wurde Gertraud Medicus eingeladen, einen

Kurzartikel über das Projekt zu schreiben:

(iv) Teaching and Learning Critical State Constitutive Models with Animations. Canadian Geotechnique - The CGS Magazine, 2:3, Fall 2021

Im September 2022 wird Gertraud Medicus das Projekt an der TU Hamburg präsentieren:

(v) Workshop: Numerische Methoden in der Geotechnik, 12.-13.09.2022: ‚Animating soil models: Visualisierung von Stoffmodellen als offene Lehr- und Lernressource‘

Die zahlreichen konstruktiven Rückmeldungen von Student:innen und Lektor:innen haben die Weiterentwicklung des Projektes rasch gefördert. Interaktion und Diskussion im Rahmen des Projektes haben Gertraud Medicus sehr motiviert und waren ein willkommener Ersatz für die reduzierte Interaktion während der Pandemie. Zudem war das Projekt Anlass für Kooperationen mit internationalen Wissenschaftler:innen.

Zusammenfassung

Das Projekt ‚Animating Soil Models‘ ist ein innovatives, internationales, digitales Projekt, das nachhaltig Verbesserungen in der Lehre bringt und als freie Bildungsressource dauerhaft allen zur Verfügung gestellt wird. Das internationale Interesse am Projekt ist groß, das Feedback von Lehrpersonen und Studierenden positiv. Außerdem zeigt ‚Animating Soil Models‘ eindrucksvoll, wie ein Lehreprojekt der Netzwerkbildung dienen kann.

Von den vielen neuen Kontakten wird Gertraud Medicus auch in Zukunft profitieren. Die Vorarbeiten für eine Fortführung des Projektes laufen bereits.

Nutzen und Mehrwert

Folgender Mehrwert ergibt sich auch dem Projekt: Zeitersparnis für Lehrende, Qualitätssteigerung in der Lehre, Lernerleichterung für Studierende, Stärkung des internationalen Netzwerks, Qualitätssicherung durch das internationale Netzwerk.

Zudem ermöglicht das Projekt als offene Bildungsressource Zugang und Partizipation für alle: Da die digitalen Lehr- und Lernmaterialien für alle frei zugänglich sind, gibt es kaum Zugangsbarrieren.

Nachhaltigkeit

Übertragbarkeit: Das Konzept ist auf andere Lehrveranstaltungen übertragbar, das Projekt wird längerfristig eingesetzt und fortlaufend erweitert werden, Nachfolgeprojekte für andere Fächer des Bachelorstudiums sind geplant.

Nachhaltigkeit: Für die nachhaltige Bereitstellung und Archivierung eignet sich SoilModels.com. SoilModels.com ist eine Plattform zur Förderung des Einsatzes fortschrittlicher Materialmodelle. Auf der Plattform werden kostenlos verschiedene Werkzeuge zur Verfügung gestellt.

Zudem ist auch die Archivierung auf dem DOI-Repositorium der Universität Innsbruck geplant. Gertraud Medicus wird die universitätsinternen Möglichkeiten der AB Digitale Medien und Lerntechnologien nutzen, sobald sie verfügbar sind (geplant für Frühling 2022).

Aufwand

Das Projekt wurde mit 8 Stunden/Woche für ein Jahr (12/2020-11/2021) finanziell unterstützt. Die Personalkosten für Gertraud Medicus wurden vom Vizerektorat für Lehre der Universität Innsbruck übernommen, ProLehre Projekt, AURORA Challenge Domains, € 13.808,00.

Positionierung des Lehrangebots

Das Projekt wurde überwiegend von Master- und PhD Student:innen genutzt.

Links zu Social Media-Kanälen
Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2022 nominiert.
Ars Docendi
2022
Kategorie: Lehre und Digitale Transformation
Ansprechperson
Manfred Kleidorfer, Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.
Fakultät für Technische Wissenschaften
0512 507 62134
Nominierte Person(en)
Gertraud Medicus, Dr.
Fakultät für technische Wissenschaften, Institut für Infrastruktur, Arbeitsbereich für Geotechnik
Themenfelder
  • Digitalisierung
  • Diversität und Soziales
  • Flexibel Studieren
  • Infrastruktur/Lehrmaterialien
  • Kommunikation/Plattform für Lehrende
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Weiterbildung Lehrende
Fachbereiche
  • Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik/Ingenieurwissenschaften