Zuletzt aktualisiert am 07.02.2025
Notfall4You - Notfallmedizin von Studierenden für Studierende
Projektname des bereits eingereichten Projekts:
Ars Docendi Kategorie
Qualitätsverbesserung von Lehre und Studierbarkeit
Gruppengröße
< 20
Kurzzusammenfassung des Projekts
Als Teil des ÖH Trainingszentrums Innsbruck ist Notfall4You für die studentische Lehre in der Notfallmedizin verantwortlich. Inklusive der zwei Leitungspositionen besteht Notfall4You derzeit aus 40 aktiven studentischen TutorInnen im Ehrenamt und wird durch ÄrztInnen der Anästhesie und Intensivmedizin supervidiert.
Unseres Erachtens ist die Notfallmedizin im Medizinstudium weiterhin unterrepräsentiert, und wir haben es uns zur Aufgabe gemacht die Notfallmedizin für alle Studierenden leicht zugänglich zu machen. Das Projekt ergänzt die universitäre Lehre in der Notfallmedizin, da nur eine große Anzahl an Kursen ein ständiges Üben gewährleisten kann. Durch inzwischen 5 verschiedene Kursformate sehen wir uns in der Lage viele Bereiche der Notfallmedizin abzudecken. Die Basis bilden unsere Kurse: “ALS: Leitliniengerechte Reanimation” und “Treat First What Kills First: Strukturierte PatientInnenbeurteilung”, um den Studierenden die Möglichkeit zu geben die essenzielle Erstmaßnahmen zu erlernen bzw. zu festigen. Der Fokus im fortgeschrittenen Format “Atemwegsmanagement: Kommunikation im Stress” liegt auf einer guten Kommunikation und einer positiven Fehlerkultur, um Studierende mit Vorwissen in puncto Crew Resource Management weiterzubilden. Mit dem im Aufbau befindlichen Kurs zu pädiatrischen Notfällen wird es in Zusammenarbeiten mit pädiatrischen Intensivkrankenpflegerinnen ein neues Format geben. Der Kurs “BergdoktorInnen: Lawinenübung am Berg” ergänzt unser Spektrum im Winter.
Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache
As part of the ÖH Trainingszentrum Innsbruck, Notfall4You is responsible for student teaching in emergency medicine. Including the two leadership positions, Notfall4You currently consists of 40 active student tutors in an honorary capacity and is supervised by physicians of anesthesiology and intensive care medicine.
In our opinion, emergency medicine continues to be underrepresented in medical school, and we have made it our mission to make emergency medicine easily accessible to all students. The project thus complements university teaching in emergency medicine, as only many courses can ensure continuous practice. With now five different course formats we see ourselves in the position to cover many areas of emergency medicine. The basis is formed by our courses: “ALS: Leitliniengerechte Reanimation” and “Treat First What Kills First: Strukturierte PatientInnenbeurteilung” to give students the opportunity to learn or consolidate the essential first measures. The focus in the advanced format “Atemwegsmanagement: Kommunikation im Stress” is on good communication and a just culture to further educate students with prior knowledge of Crew Resource Management. With the course on pediatric emergencies under development, there will be a new course format in collaboration with pediatric critical care nurses. The course “BergdoktorInnen: Lawinenübung am Berg” completes our spectrum in the winter.
Nähere Beschreibung des Projekts
Einleitung
Nach einer Neuzusammensetzung des Teams 2020 ist das erklärte Ziel von Notfall4You ein niederschwelliges Angebot von qualitativ hochwertigen notfallmedizinischen Kursen für eine Vielzahl von Medizinstudierenden, und der damit verbundenen adäquaten, umfangreichen und nachhaltigen Verbesserung der notfallmedizinischen Lehre. In der Coronapandemie konnte keine Präsenzlehre von Notfall4You stattfinden, deshalb wurde die Zeit für eine Neuaufstellung und Weiterentwicklung der bisherigen Kurse sowie dem Erstellen von gänzlich neuen Kursformaten genutzt. Nach Evaluierung des damaligen Status quo wurde beschlossen, die organisatorische Struktur sowie den Kursaufbau gänzlich neu zu gestalten.
Das Ergebnis der Konsensfindung unter den TutorInnen war, dass die notfallmedizinische Grundausbildung der Studierenden nach einem klaren Konzept und didaktisch sinnvoll aufgebaut sein muss, um einen maximalen Lerneffekt zu erzielen. Somit wurde deutlich, dass Kursmaterialien in Form von Skripten und Präsentationen für die TutorInnen bzw. KursteilnehmerInnen benötigt werden. Zudem wurde ersichtlich, dass nur eine Vielzahl an Kursen mit ständigem Üben und eine offene Analyse von Fehlern der Kursteilnehmenden zur Verbesserung der notfallmedizinischen Kenntnisse zielführend ist. Übereinstimmend wurde festgelegt, die Kurse praxislastig zu konstruieren, da es in der notfallmedizinischen Lehre in Innsbruck für die große Anzahl an Studierenden zu wenig praktische Möglichkeiten gab. Um die organisatorische Neuaufstellung und den großen Aufwand umzusetzen, wurden weitere neue TutorInnen eingestellt, was bis zum heutigen Zeitpunkt zu 40 aktiven studentischen TutorInnen führte. Des Weiteren wurde beschlossen, dass aktive TutorInnen von Notfall4You pro Semester jeweils mind. zwei Kurse für Studierende anbieten sollten.
Zudem wurde ein Einstellungsverfahren eingeführt, um ein Team aus TutorInnen mit Motivation, Engagement und Zielstrebigkeit aufzubauen. Den freien Zugang zu notfallmedizinischer Lehre sollte ebenfalls für TutorInnen gelten, somit wurde beschlossen, dass auch Notfallmedizininteressierte ohne Vorerfahrung TutorInnen werden können. Dadurch wird jedem Studierenden die Möglichkeiten gegeben Teil von Notfall4You zu werden und damit den größten Mehrwert des Tutorieren ausschöpfen zu können: “Lernen durch Lehren”. Allgemeine Zustimmung erfuhr somit die Ausbildung neuer Notfall4You TutorInnen, welche es auch Studierenden ohne vorige notfallmedizinische Ausbildung ermöglicht auf einem hohen Niveau notfallmedizinische Kurse durchzuführen.
Umsetzung
Die Inhalte der Kurse sind nach den neuesten Leitlinien und Erfahrungen aus Kursbesuchen erstellt worden und konstant im Sinne einer Qualitätsverbesserung überarbeitet worden. Seit dem Wintersemester 2021/22 werden die Inhalte auch mit Hilfe von ärztlicher Unterstützung aus der Anästhesie und Intensivmedizin auf Richtigkeit und Sinnhaftigkeit überprüft. Durch Leitlinien, eigene Erfahrung sowie ärztliche Supervision können wir die fachliche Qualität der Kurse sicherstellen.
Um die Vermittlung von Inhalten zu verbessern wurde die Theorie in drei Teile gegliedert. Zur theoretischen Vorbereitung auf die Kurse erhalten alle Teilnehmenden Vorbereitungsskripte. Diese wurden durch TutorInnen nach den neuesten Leitlinien erstellt bzw. laufend aktualisiert und von ÄrztInnen der Anästhesie und Intensivmedizin Korrektur gelesen. Der zweite Teile besteht aus einem Vortrag vor Kursbeginn, hierbei werden die Aspekte der Vorbereitungsskripte erneut aufgegriffen und durch zusätzliche Theorie ergänzt. Abschließend können die Teilnehmenden ihre theoretische Kompetenz durch ein ausführliches Skript nach dem Kurs festigen. Eine mehrmalige Wiederholung der Theorie in Form dieser drei Teile ist unseres Erachtens maßgeblich für eine Festigung der theoretischen Kompetenz. Zudem kann durch eine teilweise Trennung von Praxis und Theorie der Kurs praxislastiger aufgebaut werden und führt zu einer Verbesserung der praktischen Kompetenz für die Behandlung realer PatientInnen in der Zukunft.
Der Fokus in den Kursen liegt auf den praktischen Übungen, die unserer Auffassung nach einen wichtigen Baustein für eine stetig wachsende notfallmedizinische Kompetenz der Studierenden darstellen. Zur Verbesserung der praktischen Fähigkeiten der Teilnehmenden wurde die Kursgröße auf 8 Teilnehmende begrenzt. Durch die Minimierung der Kursgröße können die Teilnehmenden mehrere Übungen bzw. Fallbeispiele durchführen, dies führt letztlich zur Steigerung des Lernprozesses. Im Sinne des Crew Resource Managements beginnt der Kurs mit einer kurzen Materialeinweisung, Kennenlernrunde und Beschriften der Namensschilder für eine sichere Kommunikation als Basis einer guten Teamarbeit. Die Zeitspanne der Kurse variiert je nach Kursformat, übersteigt jedoch nicht 3 Stunden pro Tag, da danach die Aufmerksamkeit erfahrungsgemäß deutlich sinkt. Die Betreuung der Kurse durch studentische TutorInnen ermöglicht eine entspannte Atmosphäre ohne Prüfungsdruck und erfolgt auf Augenhöhe mit den KursteilnehmerInnen. Durch die offene Auseinandersetzung von Fehlern und deren Analyse im Anschluss wird eine positive Fehlerkultur gewährleistet. Da nur ständiges Üben die erworbenen Fähigkeiten festigt, gibt es für die Studierenden die Möglichkeit jeden Mittwoch beim freien Üben des ÖH Trainingszentrums ihre erlernten Kompetenzen zu wiederholen.
Für realitätsnahe Fallbeispiele wurde in neue Materialien, einen neuen Notfallrucksack und in das Simulationsprogramm iSimulate investiert. Hinzu kommt die Verwendung von Kameras zur Videodokumentation der Fallbeispiele und eine zweite Simulationspuppe, den Ambu Man Advanced. Mithilfe des integrierten Feedback-Systems des Ambu Mans über ein externes iPad können im Anschluss Reanimation und Atemwegsmanagement hinsichtlich Frequenz, Pausen, Drucktiefe genau analysiert werden. Zur Unterstützung der TutorInnen können diese auf einen Ordner mit 50 Fallbeispielen zurückgreifen.
Für eine hohe Qualität der Kurse benötigt es Studierende mit einer notfallmedizinischen Ausbildung. Der Großteil der TutorInnen haben rettungsdienstliche Erfahrung und wurden von erfahrenen TutorInnen mit ärztlicher Hilfe weitergebildet. Zudem finden interne Fortbildungen von ÄrztInnen der Anästhesie und Intensivmedizin statt. Externe Fortbildungen, Kongressbesuche und Kursbesuche der AHA bzw. ERC komplementieren die Aus- und Fortbildung der TutorInnen. Das jede Woche donnerstags stattfindende Teamtraining ermöglicht den TutorInnen eine regelmäßige Auffrischung ihrer Fähigkeiten.
Ein wichtiger Punkt von Notfall4You ist die Durchführung der eigens entwickelten Ausbildung, die Notfallmedizininteressierten ohne Vorwissen die Möglichkeit gibt qualitativ hochwertige studentische Kurse zu geben. Die Ausbildung erfolgt durch erfahrene TutorInnen und werden von ärztlicher Seite supervidiert.
ALS: Leitliniengerechte Reanimation
Dieser Kurs gibt den Studierenden die Möglichkeit theoretische und praktische Fähigkeiten der Reanimation zu erlernen. Grundlage bilden die Algorithmen des BLS und ALS-Algorithmus. Durch das Feedback-System des Ambu Man wird die Effizienz der Reanimation im Anschluss analysiert. Der Inhalt der Kurs wird nach den neuen Leitlinien aktualisiert.
Treat First What Kills First: Strukturierte Beurteilung im Notfall
Dieses Kursformat ermöglicht den Studierenden eine strukturierte PatientInnenbeurteilung praxisorientiert zu erlernen. Je nach Szenario wird die Beurteilung an TutorInnen oder an Simulationspuppen durchgeführt.
Atemwegsmanagement im Notfall: Kommunikation unter Stress
In diesem neuen Kursformat wird den Studierenden die Möglichkeit gegeben theoretische und praktische Grundlagen des Atemwegsmanagements im Notfall zu erlernen. Der Fokus liegt hierbei auf den Handlungsabläufen und der professionellen Kommunikation, die als Schlüssel zur optimalen Teamleistung in Ausnahmesituationen angesehen wird.
Freies Training
Wöchentlich können Studierende spontan mit TutorInnen Notfallszenarien üben.
PALS
Der momentan im Aufbau befindliche Kurs wird voraussichtlich zum Wintersemester in das Kursprogramm mit aufgenommen. Momentan wird durch den Kursverantwortlichen mit Hilfe der IntensivkrankenpflegerInnen ein Konzept erarbeitet.
Bei den Fallbeispielen rotieren die KursteilnehmerInnen über die Positionen: der/die LeiterIn, zwei Zuarbeitende und eine Person mit einer Checkliste, die auf jeden jeweiligen Kurs abgestimmt ist. Letztere wird das Fallbeispiel beobachten und danach mit Hilfe der kursspezifischen Checkliste Feedback an die anderen Kursteilnehmer*innen geben. Den Kursteilnehmer*Innen werden Checklisten oder Schablonen während den Fallbeispielen zur Verfügung gestellt, um menschliche Fehler zu minimieren. Die Fallbeispiele werden mit Videokameras aufgenommen und im Anschluss mittels des Notfall4You Debriefing-Konzepts in einem separaten Raum besprochen.
BergdoktorInnen: Lawinenübung am Berg
Für den Winter hat Notfall4You einen Lawinenkurs für wintersportbegeisterte Studierende der Medizinischen Universität Innsbruck erstellt. Aktuell ist der Kurs in der Pilotphase.
Die Kurse können je nach Vorwissen der Studierenden von den TutorInnen moduliert werden.
Fazit
Dieses Semester wurden 93 Kurse von Notfall4You für 566 Studierende der Medizinischen Universität Innsbruck zur Verfügung gestellt, das stellt eine Steigerung um 900% seit Neuzusammensetzung dar. Unser Konzept praxislastige Kurse mit mehrmaliger kompakter theoretischer Wiederholung anzubieten, führt zu einer vollständigen Belegung aller notfallmedizinischen Kurse von Notfall4You. Hierdurch wird den Studierenden die Chance gegeben, die Theorie im notfallmedizinischen Kontext praxisorientiert anzuwenden, das führt zu einer stetig wachsenden notfallmedizinischen Kompetenz der Studierenden. Wir sind sehr zuversichtlich das Angebot an notfallmedizinischen Kursen weiter ausbauen zu können, um den Studierenden die Möglichkeit zu geben ihre Fähigkeiten in der Notfallmedizin weiterzuentwickeln.
Nutzen und Mehrwert
Notfall4You bietet den Studierenden der Medizinischen Universität die Möglichkeit einen leichten Zugang zur Notfallmedizin zu finden. Durch die große Anzahl der Kurse und den unterschiedlichen Zeiten des Kursbeginns finden alle Studierende einen für sich passenden Kurs mit optimaler Uhrzeit. Der Mehrwert zeigt sich zu dem in der Lernerleichterung der Studierenden, durch eine komprimierte wiederholende Theorie und der Möglichkeit die erlernten Kompetenzen praktisch mehrmals zu wiederholen. So wird eine nachhaltige Festigung der Kompetenz erzielt. Hinzu kommt, dass die Studierenden die Möglichkeit haben in studentischem Rahmen ohne Prüfungsdruck realitätsnahe Fallbeispiele durchführen zu können und somit eine geschützte Umgebung für ihre Lernprozesse in der Notfallmedizin bekommen. Diese Umgebung führt erfahrungsgemäß zu einer stetig wachsenden Motivation der Studierenden ihre notfallmedizinischen Kenntnisse weiterzuentwickeln und damit einhergehend zu einer niedrigeren Hemmschwelle, im Ernstfall die Initiative zu ergreifen und z.B. im Privaten eine professionelle Erste Hilfe zu leisten.
Durch den großen Zuwachs im Team konnte der Arbeitsaufwand, gerechnet auf die Zeit pro TutorIn, deutlich gesenkt werden und dennoch zu einer Steigerung der Kursangebote führen.
Neben dem Fortschritt an Kenntnissen im medizinischen Bereich vor allem für die Kursteilnehmenden, ermöglicht die Arbeit als TutorIn bei Notfall4You die Übernahme von Verantwortung und eine Fortbildung hinsichtlich didaktischer Fähigkeiten.
Notfall4You zeichnet sich durch eine flache Hierarchie aus und verfügt neben den beiden organisatorischen Leitungspositionen über mehrere kleine Gruppen, welche gezielt an einzelnen Kursformaten oder der Präsentation in den sozialen Medien arbeiten. Dies erfordert eine gute Absprache der TutorInnen untereinander um eine reibungslose Organisation sicherzustellen, die Planung von längerfristigen Projekten sowie das aufstellen und einhalten von Deadlines um diese zeitgerecht voranzubringen und fertig zu stellen. Während das Medizinstudium vor allem auf die Vermittlung von medizinischem Fachwissen getrimmt ist, ermöglicht die Mitarbeit bei Notfall4You das Erlangen von Soft Skills, welche für eine später im Berufsleben zweifellos geforderte Führungsqualität und Kommunikation im Team von hohem Wert sind.
Die Vermittlung von Wissen im ärztlichen Bereich erfolgt auch heute noch hauptsächlich von ärztlichem Personal ohne gesonderte pädagogische Ausbildung oder Erfahrung. Die Mitarbeit als TutorIn bei Notfall4You erfordert es, sich mit Didaktik zu beschäftigen und auf eine gute Kursstruktur, welche den Teilnehmenden zugute kommt, zu achten. Des Weiteren sind die TutorInnen dazu angehalten, bei den wöchentlichen Teamtrainings eigene kleine Präsentationen zu gestalten und dem versammelten Team zu präsentieren. Über die Zeit erfolgt so eine Routine im Sprechen vor Publikum sowie einer verbesserten Struktur im eigenen Erklären. Diese didaktische Weiterbildung bei Notfall4You führt zu pädagogisch erfahrenen späteren ÄrztInnen, welcher der Ausbildung zukünftiger Generationen von medizinischem Personal zugute kommt.