Wirtschaftsuniversität Wien
Welthandelsplatz 1, 1020 Wien
Weitere Beispiele der Hochschule

Marketing Consulting Project, prüfungsimmanenter Projektkurs

Würdigung der Jury

Die Jury beeindruckte an diesem Projekt, das als Beispiel für die frühzeitige Praxisorientierung ökonomisch ausgerichteter Studiengänge gelten kann, ein organisatorischer Aufbau, der eine Vielzahl von Studienerträgen ermöglicht, durch die bislang erworbenes Wissen validiert und Perspektiven zukünftigen Kompetenzerwerbs seitens der Studierenden konturiert werden. Das Projekt aus dem Bereich Marketing schließt an Grundkurse an, in denen die Studierenden Konzept- und Methodenwissen erwerben konnten und bietet ihnen die Möglichkeit, die seminaristisch erworbenen Qualifikationen in der Rolle von Junior Consultants bei der Bearbeitung realer Problemstellungen anzuwenden. Diese Problemstellen erwachsen aus Herausforderungen von Unternehmen, die alternierend als Projektpartner ausgewählt werden - im beschriebenen Fall ein Museum mit dem Ziel, Familien als Besuchsinteressenten erfolgreicher anzusprechen. Bei der Erarbeitung der konkreten Problemhorizonte und ihrer wissenschaftlichen Situierung können die Studierendenteams auf die Kompetenzen der als Senior Consultants agierenden Lehrkräfte zurückgreifen. Um die Abstimmung mit dem Auftraggeber sicherzustellen, sind fixe Feedbacktermine in den Projektverlauf eingeplant. Hier wird zum Beispiel gewährleistet, dass die empirischen Untersuchungsdesigns mit ihren Erkenntniszielen erwartungskonform sind. Als Win-win-Situation für die Kooperation zwischen forschungsorientierter Hochschullehre und Unternehmenspraxis begriffen, richtet sich das Projekt prioritär an Nonprofit-Organisationen und Startups, deren limitierte Budgets ein reales Kooperationsinteresse fundieren. Die Jury hat neben dem Gesamtansatz, extrauniversitäre Kooperationen mit studentischen Kollaborationsgelegenheiten zu assoziieren, die klar strukturierte Projektorganisation beeindruckt, die neben Zwischen- und Endpräsentationen der Ergebnisse auch vorsieht, die individuellen Lernerträge abschließend auf einer Metaebene zu reflektieren.

Univ.-Prof. Dr. Michael Kämper-van den Boogaart
Humboldt-Universität zu Berlin

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Think! Marketing - Ausgangslage

Die Marketingausbildung der WU Wien bietet sehr gute Chancen für eine Karriere in allen Wirtschaftsbereichen, in denen marketingbezogene Fragestellungen existieren. Ein Großteil der Absolvent/inn/en geht nach Beendigung ihres betriebswirtschaftlichen Bachelor- und ev. anschließendem Master- oder MBA-Studiums in die Praxis, nur ein kleiner Teil strebt eine wissenschaftliche Karriere an einer Universität an. Diejenigen, die in die Praxis einsteigen, treffen am Arbeitsmarkt angesichts der hohen Absolvent/inn/enzahlen der Universitäten und Fachhochschulen auf große Konkurrenz. Beim Einstieg in das Berufsleben zählen nicht nur die in den Kursen erworbenen wissenschaftlichen Erkenntnisse als Schlüsselqualifikation, sondern es wird von den Arbeitgebern erwartet, dass die potenziellen Arbeitnehmer/innen ihr erlerntes Wissen in der Wirtschaftsrealität umsetzen und Projekt- bzw. Praxiserfahrung vorweisen können. Die Lehrveranstaltung „Marketing Consulting Project“ setzt hier an und bietet Studierenden die einmalige Möglichkeit, durch eine einzigartige Kooperation mit Praxispartnern aus einer geschützten Position managementrelevante Skills unter wissenschaftlicher Supervision zu erlernen.

Das innovative Lehrveranstaltungskonzept „Marketing Consulting Project“ wurde für Studierende, die sich im Rahmen ihres Bachelor-Studiums an der WU Wien im Bereich Marketing spezialisieren, entwickelt. Die Grundidee dieses Kurskonzepts basiert auf der Überlegung, dass bei einer universitären Marketingausbildung neben einer Wissensvermittlung sowie einer stark forschungsgeleiteten Lehre, die Anwendung der gelernten Marketing-Theorien und Konzepte zentraler Teil der Ausbildung sein sollte. Um den Herausforderungen der Berufswelt besser begegnen zu können, wird das echte Marketing-Leben mit dem Kurs „Marketing Consulting Project“ in die Ausbildung eingebaut.

 

Ziel des Konzepts: Ausbau von transferable skills durch Kooperationen

Der Fokus des Konzepts „Marketing Consulting Project“ liegt im Rahmen eines problemzentrierten Lernens auf der Schulung der transferable skills, d.h. der Anwendung und Umsetzung des Methodenwissens in konkreten realen Projekten, um Kompetenzen aufzubauen, die über die spezifische LV und Situation hinausgehen und sich in diversen Kontexten anwenden lassen (näheres unter „Nähere Beschreibung“).

Durch den Kurs „Marketing Consulting Project“ wird ein innovativer forschungsbasierter Ansatz zur Vermittlung notwendiger praxisrelevanter Fach- und Schlüsselkompetenzen im Marketing vorgestellt, mit der Zielsetzung der Berufsrelevanz im Rahmen der Ausbildung im Wirtschaftsstudium („Employability“) gerecht zu werden. Da sich die Welt der Wissenschaft und die Berufspraxis in einigen Bereichen stark unterscheiden, stellt das entwickelte Lehrveranstaltungskonzept einen Versuch dar, dass an Universitäten oftmals konfliktär gesehene Ziel der Wissenschafts- und Berufsorientierung zu verbinden. Die Aussage „Praxis kann man nur in der Praxis lernen - Studieren aber kann man nur Theorie" wird im Kurs „Marketing Consulting Project“ konterkariert.

Das Ziel dieses Konzepts ist es, die Bachelor-Studierenden der „Speziellen Betriebswirtschaftslehre Marketing“ durch eine Kooperation mit einem realen Unternehmen auf den Einstieg in die Unternehmenspraxis vorzubereiten und den aktuellen Anforderungen des dynamischen gesellschaftlichen und unternehmerischen Wandels gerecht zu werden. Die Kooperation eingebettet in ein gut abgestimmtes LV-Design ermöglicht den Studierenden, die in den anderen Kursen der Spezialisierung erworbenen wissenschaftlichen, theoretischen und methodenbezogenen Kenntnisse in einem realitätsnahen Kontext zu trainieren. Die Studierenden erhalten die Möglichkeit echte Probleme kennenzulernen, müssen nach geeigneten Verfahren zur Lösung suchen, das beste Verfahren gut argumentiert auswählen und anwenden und abschließend ihre ausgearbeiteten Vorschläge dem Kooperationspartner schlüssig präsentieren („gut verkaufen“). Der Projektfortschritt wird über die zentrale Lern- und Kommunikationsplattform „learn@wu“ laufend dokumentiert, d.h. die Arbeitsdokumente werden in chronologischer Abfolge zentral gespeichert, um sie innerhalb der Projektgruppe austauschen zu können (vgl. Screenshot).

Zum Auftakt des Kurses gibt es seitens des Kooperationspartners als Input-Element das Projekt-Briefing. In diesem stellt der jeweilige Projektpartner sein Unternehmen und seine spezifische unternehmerische Herausforderung vor, die zur Forschungsfrage des Kurses gemacht wird. In weiterer Folge gilt es, im Zeitrahmen von einem Semester, diese reale Problemstellung unter Auswahl und Anwendung geeigneter Marketing-Konzepte und Methoden zu lösen. Die Studierenden werden seitens der LV-Leiter in regelmäßigen Meetings gecoacht, um den Transfer der erlernten Theorien in die Praxis im notwendigen Ausmaß anzuleiten. Neben einer konsequenten Anwendung dieses in standardisierter Form vorliegenden didaktischen Konzepts ist eine gute Kooperation zwischen dem Institut für Marketing Management und dem jeweiligen Praxispartner, die aus unterschiedlichen Branchen des Profit- und Nonprofit-Sektors kommen können, das Fundament dieses Kurskonzeptes. Die Kooperationen sind sehr niederschwellig angelegt, d.h. es gibt keine aufwändigen Kooperationsverträge, sondern nur temporär (auf 1 Semester) angelegte Vereinbarungen, die auf den vereinbarten inhaltlichen Zielsetzungen basieren.

 

Die Erfahrungen der letzten zwei Semester haben gezeigt, dass dieses Konzept auch über Distance Learning gut umsetzbar ist.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Ein zentraler Baustein der forschungsgeleiteten Marketing-Lehre ist, Modelle, Theorien sowie konzeptionelle Ansätze anhand konkreter Fragestellungen der Wirtschaft zu erarbeiten. Beim Konzept dieser LV handelt es sich um ein innovatives Lehrveranstaltungskonzept, im Rahmen dessen das von den Studierenden in den Grundkursen erworbene Konzept- und Methodenwissen durch eine enge Kooperation mit einem Praxispartner auf eine reale Problemstellung angewendet wird.

Die Studierenden arbeiten in der Rolle von Junior Consultants an aktuellen Fragestellungen, die seitens des Kooperationspartners eingebracht werden, und trainieren neben der Wissensanwendung, Projektmanagement-Skills und das Arbeiten in Teams unter Leistungs- und Zeitdruck. Zur Reflexion und Weiterentwicklung finden wöchentliche Fortschrittsmeetings statt, in denen die Studierenden Unterstützung und Hilfestellung von projekterfahrenen LV-Leitern („Senior Consultants“) bekommen. Ergänzend werden Treffen mit dem Kooperationspartner festgelegt, um den Projektfortschritt, z.B. das für die Empirie entwickelte empirische Design mit dem Auftraggeber abzustimmen. Von den erarbeiteten datengestützten Erkenntnissen profitieren beide Seiten (Win-win-Situation): die Studierenden durch die Arbeit an einem realen Praxisprojekt und dessen Reflexion und die Kooperationspartner, v.a. budgetknappe Startups und Nonprofit-Organisationen durch den wertvollen umsetzungsrelevanten Input für ihre strategischen und operativen Herausforderungen.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

A central component of research-led marketing studies is to develop models, theories and conceptual approaches based on concrete business issues. The concept of this course involves an innovative teaching concept, wherein, during the basic coursework, the conceptual and methodological knowledge that students acquire is applied to a real problem on the ground by means of close cooperation with a partner from the business world.

The students take on the role of junior consultants and work on current issues brought forward by the cooperation partner. In addition to applying their knowledge, they improve their project management skills and work in teams under performance and time pressure. Weekly progress meetings take place for reflection and further development, in which the students receive support and assistance from experienced project course leaders ("senior consultants"). In addition, meetings are scheduled with the cooperation partner to coordinate the progress of the project, e.g. the empirical design developed with the client for the empirical study. Both sides benefit from the data-based findings (win-win situation): the students work on a real-life practical project which they then reflect upon, and the cooperation partners ⎯ especially budget-restricted start-ups and non-profit organisations ⎯ obtaining valuable implementation-relevant input for their strategic and operational challenges.

Nähere Beschreibung des Projekts

1. Anspruch praxisorientierter Lehre

Seit Jahrzehnten fordern Expert/inn/en, sich von klassischen rein wissensvermittelnden Formaten zu verabschieden und diese durch eine Lehre zu ersetzen, die selbständiges Lernen fördert und fachliche, soziale aber auch digitale Kompetenzen der Studierenden schult. Eine Möglichkeit, erlerntes betriebswirtschaftliches Wissen im Marketing-Studium praxisorientiert umzusetzen, sind Fallstudien, die ein (historisches oder fiktives) Problem eines Unternehmens beschreiben, für das eine Lösung erarbeitet werden soll.

„Marketing Consulting Project“ kann als Weiterentwicklung dieser Case Study Methode gesehen werden. Bei dieser LV gibt es, wie im realen Consulting, ein Unternehmen, das ein aktuelles Problem hat, für das konkrete umsetzbare Lösungsvorschläge erarbeitet werden.

 

2. Kompetenzvermittlung durch Kooperation

Diese LV ist aufgrund der jedes Semester wechselnden Unternehmen und Problemstellungen gut geeignet, um die Studierenden auf die aktuellen komplexen Dynamiken der Berufspraxis vorzubereiten. Die Kooperation mit einem realen Unternehmen ermöglicht den Studierenden Einblicke in deren Abläufe zu bekommen und sie können, durch ihre Arbeit in der LV, aktiv in einem geschützten Rahmen Prozesse mitgestalten. Durch die Einbettung dieser Kooperation in ein innovatives Konzept werden v.a. folgende transferable skills trainiert:

 

Moderations- und Präsentations-Skills

Im Zuge der Kooperation ergibt sich für Studierende die besondere Möglichkeit ihre Ergebnisse, nicht nur - wie gewöhnlich - vor anderen Studierenden und Lehrenden zu präsentieren, sondern vor Kooperationspartnern aus der Praxis. Hierdurch lernen Studierende vor einem kritischen Publikum komplexe methodische Fragestellungen in verständlicher Form auszuformulieren und wissenschaftlich basierte Ergebnisse anwendungsnahe und erlebbar zu machen. Zusätzlich stärken die Studierenden ihre Moderations- und Präsentations-Skills im Rahmen von Präsentationen und Workshops (z.B. Elevator Pitch). Durch die Abhaltung einer Zwischenpräsentation vor den Kooperationspartnern haben die Studierenden die Möglichkeit, ihre Erfahrungen zu reflektieren, an ihrem Entwicklungspotenzial zu arbeiten und diese in die Endpräsentation einzubringen.

Marketingwissen und Methoden-Skills

Die Studierenden lernen aktuelle Marketingmodelle sowie Methoden der empirischen Forschung fundiert zu bewerten und für den Anwendungsfall auszuwählen. Die Herausforderung des Lösens einer konkreten und realen Problemstellung, die durch die Kooperationspartner gegeben ist, schult die Fähigkeit, aus einem Pluralismus an Methoden eine zielgerichtete Kombination auszuwählen. Die in der „Speziellen Betriebswirtschaftslehre Marketing“ erarbeiteten Fähigkeiten in Bezug auf Theorie und Methoden der empirischen Sozialforschung können dabei entsprechend eingesetzt werden. Das erworbene Wissen wird durch die konkrete Anwendung in der Unternehmenspraxis kritisch überprüft und verbleibt nicht nur theoretisch.

Consulting-Skills

Kennenlernen und Durchlaufen eines gesamten Consultingprojekts anhand einer realen und aktuellen Problemstellung. Es handelt sich nicht um eine ex-post-Analyse vergangener und teilweise bereits gelöster Probleme. Vielmehr sind die Studierenden essentieller Bestandteil eines realen Prozesses, der sich nur durch eine Kooperation mit einem Praxispartner ergibt. In diesem dynamischen Umfeld mit u.a. Zeitdruck, unvollständigen Informationen, und komplexen Aufgabenstellungen, werden die Problemlösungskompetenzen der Studierenden intensiv geschult. Ebenso erlernen die Studierenden die Fähigkeit, neue Information zu generieren, bestehende zu selektieren und als Grundlage für das Ableiten von Handlungsempfehlungen strukturiert zu verdichten.

Projektmanagement-Skills und Persönlichkeitsentwicklung

Die Projektmanagement-Skills der Studierenden werden in der Realsituation trainiert. Innerhalb des grundlegenden LV-Ablaufes müssen die Studierenden die Prozessschritte unter Zeitdruck eigenverantwortlich in der Gruppe koordinieren und ev. auftretende Konflikte in der Gruppe bewältigen, wodurch Zeitmanagement, Teamarbeit und Ergebnisorientierung trainiert wird.

 

Das Erreichen der dargestellten Outcomes wird neben einem laufenden inhaltlichen Monitoring und dem Feedback seitens der Kooperationspartner durch die LV-Evaluation ergänzt. Die hohe Zufriedenheit der Studierenden bei der LV-Evaluierung bestätigt den modellgebenden Charakter. Die häufigsten Nennungen auf die offene Frage „Was mir an der LV besonders gut gefällt“ sind: praxisorientiert, Erlebnischarakter, eigenständiges Erarbeiten und hervorragende Betreuungsqualität. Weitere Ergebnisse sind, dass die Studierenden eine hohe Workload wahrnehmen, aber den hohen persönlichen Lernerfolg und Wissenszuwachs als qualitativ-hochwertige Vorbereitung für die Berufspraxis sehr wertschätzen. Die Erfahrungen bestätigen, dass das inhaltliche Interesse seitens der Studierenden so groß ist, dass alle Gruppen freiwillig bereit sind, einen überdurchschnittlich hohen Lerneinsatz zu leisten, weil sie höchst motiviert sind, die LV-Leiter und Auftraggeber mit ihren Projekten zu begeistern.

Die Notengebung als Beurteilungsmaßstab, Motivationsfaktor oder gar „Druckmittel“ tritt bei diesem Kurs in den Hintergrund. Mit wenigen Ausnahmen schneiden die Studierenden „sehr gut“ ab, weil alle Teilleistungen (10% Einarbeitung ins Themenfeld + Literaturaufarbeitung, 20% Entwicklung eines geeigneten empirischen Erhebungsdesigns, 10% Zwischenpräsentation, 20% Durchführung der Erhebungen, 25% Daten-Auswertung und Ableitung geeigneter Handlungsempfehlungen, 15% Endpräsentation) aufgrund der hohen Eigenmotivation und zielorientierten konsequenten Umsetzung des Feedbacks seitens der LV-Leiter und Kooperationspartner sehr gut umgesetzt werden. Für die Studierenden bietet die LV die Chance, wertvolle Insights zum Businessalltag jenseits der akademischen Ausbildung zu sammeln. Diese wichtige Ausbildungsexperience, die jede/r Studierende im Rahmen ihrer/seiner Ausbildung machen sollte, kann nur in Form dieser engen Kooperationen zwischen Auftraggeber und Studierenden und durch konsequentes Umsetzen der didaktischen Designelemente (u.a. Input, selbständiges Arbeiten in Teams, duales Coaching, Reflexion) erreicht werden. Nicht zuletzt steigert dieser Kurs die Beziehung und Loyalität zur Universität. Die meisten Studierenden erinnern sich noch Jahre später sehr positiv an diesen ganz besonderen Kurs und einige der Absolvent/inn/en dieser Kurse kommen ein paar Jahre später in der Rolle der Kooperationspartner zurück auf die WU Wien.

Als Kooperationspartner konnten in den letzten Semestern sowohl namhafte Unternehmen aus dem profitorientierten Bereich gewonnen werden, als auch Startups und Nonprofit-Organisationen deren jeweilige aktuellen Herausforderungen als Consulting-Themen herangezogen wurden.

Für eine erfolgreiche Durchführung der LV ist das durchgängige Engagement aller Partner notwendig. Durch das duale Coaching durch den/die wissenschaftliche/n Mitarbeiter/innen und Vertreter/innen des Kooperationspartners wird ein maximaler Lernerfolg und perfekter Wissenstransfer erzielt. Die generierten Werte sind neben einer Persönlichkeitsentwicklung, v.a. ein Wissenszuwachs an Theorie und Praxis für die Studierenden und für das Kooperationsunternehmen.

 

3. Didaktische Umsetzung

Die LV gliedert sich in 11 Designelemente und wird exemplarisch am Beispiel der LV aus dem SS 2019 ausgeführt:

1.) Gewinnung eines Kooperationspartners & 2.) Gemeinsame Definition des Problems und des Projektzieles

Vor Semesterbeginn wird seitens der LV-Leiter die Entscheidung getroffen, mit welchem Unternehmen kooperiert wird. Im SS 2019 war dies das größte Museum im Zentrum Europas für die Kunst seit der Moderne – Das museum moderner kunst stiftung ludwig wien (kurz mumok genannt). Das seitens des mumok eingebrachte Thema war „Familien als Zielgruppe - eine Analyse des Freizeitverhaltens von Familien, sowie der Wahrnehmung und Nutzung von Familienangeboten im mumok“. Im Rahmen der LV sollte seitens der Studierenden hinterfragt werden, was zur Familienfreundlichkeit im mumok beiträgt und was sich Familien vom mumok wünschen. Basierend auf der Empirie sollten Ideen und Handlungsempfehlungen zur besseren Kommunikation und Angebotsgestaltung abgeleitet werden.

3.) Lehrveranstaltungsankündigung und Anmeldung & 4.) Kick-off Meeting und Briefing der Studierenden

Im Rahmen eines Kick-Off-Meeting fand das Projektbriefing im mumok statt. Dabei wurde der Problemhintergrund und die Veränderungen mit denen das mumok aktuell konfrontiert ist thematisiert und die Zielsetzungen des Projektes vorgestellt. Um die Experience aus Besuchersicht zu erleben, bekamen die Studierenden eine Kunstführung. Aus Geheimhaltungsgründen und um die Professionalität und Wichtigkeit des Consulting-Auftrags zu signalisieren, wurde von allen Studierenden eine Vertraulichkeitserklärung unterschrieben.

5.) Erarbeitung des Problemhintergrunds und des theoretisch-konzeptionellen Rahmens

Als erstes wurde eine geeignete Methodik zur Erarbeitung des Problemhintergrunds gemeinsam mit den Studierenden festgelegt. Studierende konnten Vorschläge einbringen, erhielten pro Gruppe einen Arbeitsauftrag betreffend einer systematischen Literaturrecherche und stellten diese in der Folgewoche vor. Dann folgte ein zweiter Arbeitsauftrag betreffend der Entwicklung eines geeigneten empirischen Designs. Die Ausarbeitungen der Gruppen wurden in Form von Coachings und Workshops reflektiert und überarbeitet. Diese internen Feedback-Schleifen mit den LV-Leitern sind für die Qualitätssicherung gegenüber dem Auftraggeber unabdingbar.

6.) Zwischenpräsentation der Studierenden vor dem Kooperationspartner

Ca. 4 Wochen nach Projektstart wurde dem Kooperationspartner in einer Zwischenpräsentation seitens der Studierenden der geplante inhaltliche und methodische Aufbau vorgeschlagen. Der Kooperationspartner konnte Änderungsvorschläge einbringen, die bei der Finalisierung der Designs berücksichtigt wurden.

7.) Durchführung der notwendigen empirischen Erhebung/en und Datenauswertung

Basierend auf den Änderungswünschen wurde ein geeigneter Moderationsleitfaden und Befragungs- bzw. Beobachtungsbogen entworfen, und die Feldarbeit konnte beginnen. Die Akquisition der Teilnehmer/innen wurde von den Studierenden basierend auf den vereinbarten Vorgaben selbständig durchgeführt.

Im Anschluss an die Datengewinnung erfolgte die Auswertung und Ergebnisdarstellung. Die Auswertungsschritte wurden in zahlreichen internen Meetings diskutiert. Um methodisch komplexere Auswertungen durchführen zu können, bekamen die Studierenden vertiefende methodische Schulungen. Bei der Auswertung wurde auch ein regelmäßiges Monitoring seitens der LV-Leiter durchgeführt, um ev. auftretende statistische Auswertungsfehler sofort korrigieren zu können.

8.) Formulierung der Key Learnings und der Handlungsempfehlungen

Im letzten Arbeitsschritt leiteten die Studierenden Key Learnings ab und entwickelten geeignete Handlungsvorschläge. Dabei lernten sie das evidenzbasierte Ableiten geeigneter Strategien und Maßnahmen. Im Rahmen von Rollenspielen wurde die Schlüssigkeit der Ableitungen kritisch hinterfragt. Nach einigen Diskussions- und Feedback-Runden lag der finale Endbericht vor.

9.) Endpräsentation vor dem Kooperationspartner & 10.) Teilnehmer-Zertifikate und Incentivierung für das/die Siegerteam/s

Nach der Generalprobe der Präsentationen, fand der abschließende Höhepunkt - die Endpräsentation vor dem Kooperationspartner - statt. Die Präsentation direkt beim Kunden erhöhte den wahrgenommenen Druck der Studierenden und unterstützte den Echtheitscharakter dieses Consulting-Kurses. Die anschließende Diskussion mit den verantwortlichen Managern zeigte eine hohe Anerkennung für die erbrachten Leistungen. Hervorgehoben wurde der innovative und inspirierende Charakter der gewonnenen Erkenntnisse. Für die Studierenden war das Feedback hinsichtlich der möglichen Realisierbarkeit der ausgearbeiteten Ideen besonders spannend. Ideen auszuarbeiten, die sie bereits einige Monate später in der Umsetzung erleben können und das von den Managern unterschriebene Zertifikat, machten sie sehr stolz. Das Siegerteam durfte sich über ein goodie-bag als Preis freuen.

11) Interne Reflexion und Nachbesprechung

Zum Abschluss fand eine interne kritische Nachbetrachtung statt, um das Learning auf Seiten der Studierenden zu reflektieren sowie die laufende Weiterentwicklung des Kurses sicherzustellen. Das Ziel war es, die teilweise unbewussten, weil spielerisch stattfindenden Learnings sichtbar zu machen. Es war seitens der LV-Leiter schön zu beobachten, wie den Studierenden bewusst wurde, was sie im Laufe ihres Studiums an Hard- und Soft-Skills gelernt haben. Ergänzend zum Feedback der Lehrveranstaltungseiter konnten sich die Studierenden im Rahmen eines Peer-Review Verfahrens wechselseitig Feedback geben und ihre Rolle in der Gruppe reflektieren.

Nutzen und Mehrwert

Mehrwert für den Kooperationspartner

Da es kaum ein Unternehmen gibt, das nicht kleinere und größere, operative oder strategische Probleme zu lösen hat, nützen Unternehmen gerne die Möglichkeit zur Kooperation und vereinbaren ein unverbindliches Briefing-Gespräch, um ihre Projektideen und Problemstellungen zu diskutieren und die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zu klären.

Das Projektthema kann sehr unterschiedliche Marketingfragestellungen umfassen. Es geht aber immer um die Analyse und Lösung von marketingrelevanten Problemstellungen (z.B. Wettbewerbs- und Kundenanalyse, Segmentierung und Positionierung, Produkt- und Markenstrategieentwicklung, Neuproduktentwicklung, 4Ps, CRM, etc.) zur Optimierung einer Marketingstrategie oder des Marketingplans, besseren Erreichen einer Zielgruppe oder Schärfung der Positionierung.

Je nach Fragestellung wird mit den aktuellen und bewährten qualitativen und/oder quantitativen Methoden gearbeitet und es werden geeignete auf die jeweilige Problemstellung abgestimmte experimentelle Untersuchungsdesigns entwickelt.

Die konkrete Fragestellung kann von den verantwortlichen Mitarbeiter/inne/n des jeweiligen Unternehmens frei gewählt werden. Immer dann, wenn eine externe Meinung zur Problemlösung wünschenswert ist, kann die Bearbeitung im Rahmen dieser Marketing Consulting Project Lehrveranstaltung zu einem neutralen wissenschaftsbasierten Untersuchungsbefund und darauf basierenden Handlungsempfehlungen führen.

Darüber hinaus lernt das Unternehmen engagierte Marketing-Studierende kennen, die ev. für ein künftiges Employment (Praktikum oder Fixanstellung) während oder nach Abschluss des Studiums in Frage kommen können.

Die bisherigen Kooperationspartner bewerteten diesen Marketing Consulting Project Kurs durchwegs positiv. Im Feedback werden sowohl die Designelemente des Konzepts, als auch die Möglichkeit für Studierende, zentrale Management-Skills im Rahmen von realen Herausforderungen zu trainieren hervorgehoben, wie ausgewählte Originalzitate der bisherigen Kooperationspartner zeigen:

1. Magdalena S. Höbarth, MA, Head of Marketing im mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien (größtes Museum im Zentrum Europas für die Kunst seit der Moderne): „Ambitionierte Studentinnen und Studenten mit einem offenen Mindset, frischen Perspektiven in Kombination mit akademisch fundierten Methoden machen diese Kooperation so unglaublich wertvoll und bereichernd für uns. Toll ist, dass wir die Learnings direkt in der Praxis umsetzen können. Danke an Frau Prof.in Dr.in Klausegger für die wunderbare langjährige Zusammenarbeit!“

2. „Der Einsatz der StudentInnen im Zuge dieser Kooperation aus Wissenschaft und Praxis kann sich sehen lassen! Die Erkenntnisse dieses viermonatigen Praxistests sind für uns überaus wertvoll und werden in unsere Planungen jedenfalls einfließen.“

3. „Unternehmen klagen oft darüber, dass die Vernetzung von Wissenschaft und Praxis in der Ausbildung unzureichend ist – diese Lehrveranstaltung schlägt hier eine Brücke, über die wir gerne gemeinsam gehen.“

 

Mehrwert für die WU

Nicht zuletzt trägt dieser Kurs dazu bei, den Austausch zwischen der Wirtschaftsuniversität Wien und Akteuren aus der Praxis zu stärken und einen Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis zu erreichen.

 

Der Mehrwert für die Studierenden wird detailiert im Teil „Nähere Beschreibung“ aufgegriffen.

Nachhaltigkeit

Die grundlegenden Designelemente können auch auf andere betriebswirtschaftliche Lehrbereiche übertragen werden, womit die Generalisierbarkeit sowie der modellgebende Charakter des Konzeptes unterstrichen werden.

Aufwand

Der Kurs „Marketing Consulting Project“ verursacht keine zusätzlichen Kosten, da etwaige entstehende Projektkosten (z.B. Reisekosten für vor Ort Recherchen oder Incentivierung der Probanden bei Befragungen) vom Kooperationspartner getragen werden. Der zeitliche Aufwand dieses Kurses für die Lehrveranstaltungsleiter ist aufgrund der intensiven Coaching-Aufgaben überdurchschnittlich hoch. Seitens der WU wird dieser Mehraufwand durch das sog. „Team-Teaching Label“ abgegolten. Das Team Teaching Label berücksichtigt bei Lehrveranstaltungen, die zu zweit abgehalten werden, den Mehraufwand, der für die beiden Lehrenden entsteht, und führt bei einem 2-stündigen Kurs zu einer Erhöhung der jeweiligen Lehranteilsstunden von 1,0 auf 1,5.

Positionierung des Lehrangebots

Bachelorprogramm: 3. Semester, Abschlusskurs der Spezialisierung Marketing (SBWL-Marketing)

Links zu der/den Projektmitarbeiter/innen
Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2021 nominiert.
Ars Docendi
Nominiert 2021
Kategorie: Kooperative Lehr- und Arbeitsformen
Ansprechperson
Claudia Klausegger, Ass. Prof. Dr.
Department Marketing, Institut für Marketing Management
+43/1/313 36, DW. 4400
Nominierte Person(en)
Claudia Klausegger, Ass. Prof. Dr.
Department Marketing, Institut für Marketing Management
Themenfelder
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Schnittstelle zum Arbeitsmarkt
  • Erfahrungslernen
Fachbereiche
  • Wirtschaft und Recht