Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Innrain 52, 6020 Innsbruck
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Vorkurs Darstellende Geometrie

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Die Universitätsberechtigungsverordnung verlangt als Voraussetzung für die Zulassung zu diversen technischen Studien den Nachweis von vier Jahreswochenstunden im Fach „Darstellende Geometrie“ in der Sekundarstufe 2. Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden, wird die Vorbildung im Fach „Darstellende Geometrie“ üblicherweise in Form einer ergänzenden Lehrveranstaltung nachgeholt. An der Universität Innsbruck handelt es sich dabei um den „Vorkurs Darstellende Geometrie“, bestehend aus einer zweieinhalbstündigen Vorlesung und einer zweistündigen Übung ohne ECTS-Zuordnung, die jedes Jahr von hunderten Studierenden der Architektur, der Bau- und Umweltingenieurwissenschaften und der Mechatronik absolviert wird. In der Vorlesung werden theoretische Grundlagen behandelt, in der Übung sind Konstruktionszeichnungen manuell oder am Computer zu erstellen.

 

Im „Vorkurs Darstellende Geometrie“ ist der Stoff von zwei Schuljahren in bloß einem Studiensemester und zusätzlich zum regulären Curriculum zu absolvieren. Dies stellt eine erhebliche Mehrbelastung am ohnehin schwierigen Studienanfang dar. Die teilnehmende Studierendengruppe ist außerdem sehr inhomogen. Sie umfasst Studierende zweier Fakultäten (Architektur beziehungsweise Technische Wissenschaften), die diverse schulische Hintergründe aufweisen und die das Fach auf Grund eines unterschiedlich ausgeprägten Raumvorstellungsvermögens subjektiv auch als unterschiedlich schwierig empfinden. Üblicherweise ist überhaupt keine Vorbildung in Darstellender Geometrie vorhanden. Es gibt jedoch auch zahlreiche Absolvent*innen Höherer Technischer Schulen, die eine fundierte konstruktive Ausbildung aber bloß drei Jahreswochenstunden im Fach Darstellende Geometrie nachweisen können. Diese Vorbildung entbindet nicht von der gesetzlichen Verpflichtung zur Absolvierung einer ergänzenden Prüfungen im Fach „Darstellende Geometrie“, erleichtert diese jedoch beträchtlich.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Der „Vorkurs Darstellende Geometrie“ ist eine am Anfang vieler technischer Studienrichtungen stehende außercurriculare Lehrveranstaltung zum gesetzlich vorgesehenen Nachholen fehlender Kenntnisse im Fach Darstellende Geometrie. Einer großen und inhomogenen Studierendengruppe sind in nur einem Semester diverse Fähigkeiten zu vermitteln, die normalerweise in vier Schulsemestern erworben werden – und das alles zusätzlich zum regulären Curriculum während des ohnehin schwierigen ersten Studiensemesters.

 

Diesen Herausforderungen begegnen die Lehrenden durch eine Umstellung auf ein weitgehend asynchrones Format, das zentral auf Videos und Screencasts basiert und Studierenden ihr eigenes Lerntempo erlaubt. Die Lehrveranstaltung kann alternativ bereits im September oder regulär während des Wintersemesters von Oktober bis Jänner absolviert werden. Eine Vielzahl unterschiedlicher Prüfungsformate wird den unterschiedlichen zu vermittelnden Fähigkeiten gerecht und erlaubt ein systematisches individuelles Feedback in einer Massenlehrveranstaltung mit hunderten Studierenden.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

The lecture „Precourse Descriptive Geometrie“ is placed at the beginning of a number of study programmes in engineering sciences in order to compensate for the lack of statutory prior education in Descriptive Geometry. A number of diverse abilities, usually presented during two years in senior high-school, are to be taught to a large and in-homogeneous group of students within just one semester, and all of this in addition to the regular curriculum of the anyway difficult first semester.

 

The teachers of this lecture meet these challenges by a transition to an almost asynchronous online format, fundamentally based on videos and screencasts that allow students their individual learning speed. The lecture can be completed either in September or during the regular winter term from October to January. A variety of different exam formats lives up to the different competences expected from students and even allows systematic individual feedback in a mass lecture with hundreds of students.

Nähere Beschreibung des Projekts

Die Lehrenden der Vorlesung/Übung „Vorkurs Darstellende Geometrie“ sehen sich mit verschiedenen Problemen konfrontiert: Sehr große und inhomogene Studierendengruppen mit unterschiedlichen Vorkenntnissen und Lerntempo, Zusatzbelastung im 1. Semester, notwendige Vermittlung unterschiedlicher Fertigkeiten (Theorie, manuelles Zeichnen und CAD-Konstruktionen). Im vorgestellten Projekt wird diesen Schwierigkeiten durch Umstellung auf eine Online-Lehrveranstaltung begegnet, welche es den teilnehmenden Studierenden erlaubt, Lernzeitpunkt und Lerntempo individuell zu bestimmen. Um den unterschiedlichen zu vermittelnden Fertigkeiten gerecht zu werden, wird eine Vielzahl von unterschiedlicher Prüfungsformate eingesetzt, die zeitnahes individuelles Feedback auch in einer Massenlehrveranstaltung möglich machen. Die endgültige Umstellung auf eine reine Online-Lehrveranstaltung erfolgte im Wintersemester 2020. Sie war unabhängig von der Covid-19 Pandemie geplant. Allerdings führten pandemiebedingte Nebenbedingungen zu einer radikaleren Umstellung, vor allem im Prüfungsbereich. Konkret wurden folgende Maßnahmen gesetzt:

 

Die Lehrveranstaltung ist als weitgehend asynchrone Online-Veranstaltung konzipiert. Aus diesem Grund ist es möglich, den „Vorkurs Darstellende Geometrie“ in geblockter Form bereits im September vor dem eigentlichen Studienbeginn zu absolvieren und so die hohe Arbeitsbelastung am Studienanfang auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Eine vollständig asynchrone Lehrveranstaltung wäre zwar möglich, wurde jedoch aus didaktischen Gründen verworfen, um die Möglichkeit zu individuellem Feedback während der Lehrveranstaltung zu erhalten.

 

Vorlesungen werden als Aufzeichnung angeboten und durch ein Skriptum sowie allenfalls durch Schritt-für-Schritt Anleitungen ergänzt. Übungsinhalte werden über kurze Screencasts und Videos von manuellen Konstruktionen erläutert. Das erlaubt den Studierenden eine individuelle Zeichen- und Konstruktionsgeschwindigkeit sowie die Wiederholung einzelner Schritte und stellt einen großen Fortschritt im Vergleich zur früher üblichen Unterrichtsweise dar, bei der Konstruktionen live vor einer mehr oder weniger großen Studierendengruppe nachvollzogen wurden: Langsame Studierende waren überfordert, schnelle Studierende gelangweilt, es blieb nur wenig Zeit für zusätzliche Erläuterungen und individuelle Erklärungen.

 

Die Beurteilung der Vorlesung erfolgt in einer Online-Prüfung mit einem Multiple-Choice Teil am Computer und manuellen Zeichnungen, die eingescannt und hochgeladen werden. Die Beurteilung der Übung erfolgt laufend durch kurze regelmäßige Computertests mit diversen Frageformaten und einfachen Konstruktionsaufgaben, ebenfalls am Computer. Dadurch werden Belastungsspitzen vermieden und die wichtige regelmäßige Mitarbeit in einem aufbauenden Fach gewährleistet. Zusätzlich gibt es am Computer zu erstellende Hausübungen. Der Entfall der Präsenzzeit im Hörsaal wird zu jeweils zwei mündlichen Einzelterminen pro Studierendem und Semester genutzt, um die Computerhausübungen zu besprechen. Auf diese Weise wird bidirektionales individuelles Feedback auch in einer Massenlehrveranstaltung möglich.

 

Zusätzlich können während der Lehrveranstaltung auftretende Fragen in einem Forum, einem begleitendem Tutorium oder Online-Sprechstunden besprochen werden.

Nutzen und Mehrwert

Zeitliche Flexibilisierung für Studierende, systematisches bidirektionales Feedback in einer Massenlehrveranstaltung, Entzerrung des Arbeitsaufwands für Studierende im 1. Semester

Nachhaltigkeit

Das Konzept ist prinzipiell auch auf andere Lehrveranstaltungen übertragbar und wird teilweise auch in weiterführenden Lehrveranstaltungen zu Geometrischer Modellierung, Visusalisierung und CAD eingesetzt.

Aufwand

Diese Frage ist kaum zu beantworten. Erste Videos wurden bereits vor ca. 13 Jahren erstellt. Sie mussten seither technisch und inhaltlich überarbeitet werden. Die Organisation des Online-Lehrens hat eine kürzere Tradition, erforderte aber ebenfalls gewaltigen Arbeitsaufwand im Rahmen der regulären Lehrverpflichtung. Direkte Finanzielle Unterstützung wurde nicht in Anspruch genommen.

Positionierung des Lehrangebots

Der aus Vorlesung und Übung bestehende „Vorkurs Darstellende Geometrie“ wird von Bachelorstudierenden bestimmter technischer Studienrichtungen (an der Universität Innsbruck sind das Architektur, Bau- und Umweltingenieurwissenschaften und Mechatronik) zusätzlich zum regulären Curriculum absolviert, wenn der von der Universitätsberechtigungsverordnung geforderte Unterricht im Fach „Darstellende Geometrie“ im Umfang von vier Jahreswochenstunden an der Sekundarstufe 2 nicht nachgewiesen werden kann. Es handelt sich also um eine am Studienanfang stehende außercurriculare Lehrveranstaltung.

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2021 nominiert.
Ars Docendi
2021
Kategorie: Digitale Transformation in der Lehre
Ansprechperson
Mag. Susanne Rupf
Arbeitsbereich für Geometrie und Vermessung, Institut für Grundlagen der Technischen Wissenschaften, Fakultät für Technische Wissenschaften
+43 512 507 61212
Nominierte Person(en)
Mag. Susanne Rupf
Arbeitsbereich für Geometrie und Vermessung, Institut für Grundlagen der Technischen Wissenschaften, Fakultät für Technische Wissenschaften
Dipl. Ing. Dr. Matthias Weber
Arbeitsbereich für Geometrie und Vermessung, Institut für Grundlagen der Technischen Wissenschaften, Fakultät für Technische Wissenschaften,
Dr. Jose Capco
Arbeitsbereich für Geometrie und Vermessung, Institut für Grundlagen der Technischen Wissenschaften, Fakultät für Technische Wissenschaften
assoz. Prof. Mag. Dr. Martin Pfurner
Arbeitsbereich für Geometrie und Vermessung, Institut für Grundlagen der Technischen Wissenschaften, Fakultät für Technische Wissenschaften
Norbert Schranz
Arbeitsbereich für Geometrie und Vermessung, Institut für Grundlagen der Technischen Wissenschaften, Fakultät für Technische Wissenschaften
Themenfelder
  • Digitalisierung
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Organisatorische Studierendenunterstützung
  • Flexibel Studieren
  • Rund ums Prüfen
Fachbereiche
  • Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik/Ingenieurwissenschaften