Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Innrain 52, 6020 Innsbruck
Weitere Beispiele der Hochschule

Organizing in Times of Crisis: The Case of Covid19

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Wie alle Lehrenden an Universitäten und Hochschulen standen auch wir, Leonhard Dobusch (Universität Innsbruck) und Elke Schüßler (Universität Linz), im März vor der Herausforderung, unsere Lehre kurzfristig auf virtuelle Formate umzustellen. Da wir selbst, ebenso wie Kolleg:innen aus unserem Forschungsnetzwerk, bereits direkt zu Krisen und Krisenmanagement geforscht hatten, haben wir kurzfristig beschlossen, unsere organisationstheoretischen Master-Kurse direkt auf dieses Thema zu beziehen. Gemeinsam entwickelten wir ein Kurskonzept zum Thema “Organizing in Times of Crisis: The Case of Covid19”.

 

In der Tat ist die Krisenforschung ein ganz zentrales Thema in der Organisationsforschung. Wer Organisationen als soziale Systeme versteht, die besonders gut darin sind, Unsicherheit zu absorbieren und Komplexität zu reduzieren, kommt nicht umhin, die Regeln, Routinen und Praktiken zu erforschen, durch die Organisationen Koordinations- und Handlungsfähigkeit auch in maximal unsicheren Situationen herstellen: In Ausnahmesituationen wie der aktuellen Pandemie oder in Organisationen, die routinehaft mit Krisenereignissen umgehen wie beispielsweise Notfallkliniken oder die Feuerwehr. Ein Kurs zum Thema “Organizing in Times of Crisis” kann damit zweierlei: Organisationstheoretisches Grundwissen vermitteln und gleichzeitig den Studierenden einen Reflexionsraum für die aktuelle Krisensituation eröffnen.

 

Doch nicht nur das - mit dem Kurs wollten wir auch aus einer Not (Wie schaffen wir es in extrem kurzer Zeit, neue Lehrinhalte zu entwickeln?) eine Tugend machen (Wissen offen - für Lehrende wie Studierende auch an anderen Hochschulen - zur Verfügung stellen). Wir haben deshalb kurzfristig unser Forschungsnetzwerk aktiviert und führende OrganisationswissenschaftlerInnen aus dem deutschsprachigen Raum gebeten, ihre Expertise zu unterschiedlichen Facetten des Krisenmanagements in einer Video-Kurzvorlesung aufzuzeichnen.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Der Online-Kurs „Organizing in Times of Crisis: The Case of Covid-19” bündelt aktuelle Forschung aus den Bereichen Krisenmanagement und Krisenbewältigung und bezieht sie auf die globale Covid-19-Pandemie. Leonhard Dobusch (Universität Innsbruck) und Elke Schüßler (Universität Linz), gemesinam mit sechs Kolleg:innen aus Österreich und Deutschland, beleuchten dabei Themenbereiche wie Entscheidungsprozesse, Krisenkommunikation und Entrepreneurship sowie staatliche Bürokratie, Fragen der Führung in Organisationen bis hin zu Open Science und Open Data im Kontext der Corona-Krise in insgesamt 12 Einheiten.

 

Alle Kursmaterialien sind auf der Webseite timesofcrisis.org sowie einem begleitenden YouTube-Kanal offen lizenziert verfügbar: Vorlesungsvideos, Foliensätze, Aufgabenstellungen und ein Standard-Syllabus sind für alle Interessierten jederzeit zugänglich. Der Online-Kurs nimmt nicht nur inhaltlich zentrale Gesellschaftsbereiche in der Corona-Krise wissenschaftlich in den Fokus, sondern hat auch die Lernumgebung mittels asynchroner Gestaltung an die geänderten Umstände angepasst.

 

Der im Hinblick auf Gestaltung und Inhalt bislang einzigartige Kurs erhielt nun den „Ideas Worth Teaching Award 2020“ des „Aspen Institute Business and Society Program“ der renommierten Nonprofit-Organisation Aspen Institut, als einer von insgesamt neun herausragenden Kursen weltweit:

www.ideasworthteachingawards.com/2020-course-winners/organizing-crisis-covid19

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

The online course "Organizing in Times of Crisis: The Case of Covid-19" bundles current research in the fields of crisis management and crisis resolution and applies it to the global Covid-19 pandemic. Leonhard Dobusch (University of Innsbruck) and Elke Schüßler (University of Linz), together with six colleagues from Austria and Germany, cover topics such as decision-making processes, crisis communication and entrepreneurship as well as state bureaucracy, questions of leadership in organizations up to Open Science and Open Data in the context of the corona crisis in a total of 12 units.

 

All course materials are available on the website timesofcrisis.org and an accompanying YouTube-Channel under an open license: lecture videos, slides, assignments and a standard syllabus are available to all interested users at any time. The course does not only focus on central social areas in the Corona crisis but has also adapted the learning environment to the changed circumstances by means of an asynchronous design.

 

The course, which is unique in terms of design and content, was awarded the "Ideas Worth Teaching Award 2020" by the renowned Aspen Institute Business and Society Program of the non-profit organization Aspen Institute, which awards nine outstanding courses worldwide:

www.ideasworthteachingawards.com/2020-course-winners/organizing-crisis-covid19

Nähere Beschreibung des Projekts

Die weltweite Verbreitung des "Coronavirus" stellt uns vor enorme Herausforderungen quer durch alle gesellschaftlichen Bereiche. Mit Hilfe von klassischen und neuen Organisationstheorien und auf Basis aktueller Forschung zu Krisenmanagement und -bewältigung möchte der Kurs "Organizing in Times of Crisis: The Case of Covid-19" einen kleinen Beitrag dazu leisten, diesen Herausforderungen zu begegnen. Die zwölf Einheiten des Kurses werden von insgesamt acht ProfessorInnen aus Deutschland und Österreich gemeinsam gestaltet.

 

Strukturell ist der Kurs angesichts von Ausgangsbeschränkungen und möglicherweise verstärkten Betreuungspflichten von Studierenden als radikal asynchrones, online-basiertes Lehrangebot ausgestaltet. Auf virtuelle Co-Präsenz sämtlicher Studierender wird bewusst verzichtet. Gleichzeitig sind sämtlich Inhalte des Kurses - Vorlesungsvideos, Foliensätze, Aufgabenstellungen und ein Standard-Syllabus - offen lizenziert und auf Englisch auf der Webseite timesofcrisis.org verfügbar. Zusätzlich zu den offen und frei lizenziert im Rahmen eines zentralen Blogs zugänglich gemachten Inhalten der Lehrveranstaltung wird die Durchführung durch die jeweiligen Lehrveranstaltungsleiter mit ihren jeweiligen Kursmanagementsystemen nach eigenem Ablaufplan begleitet.

 

Der Kurs, der aus insgesamt 12 Lehreinheiten besteht und von insgesamt acht Forschungspersönlichkeiten von verschiedenen Universitäten in Deutschland und Österreich gestaltet wurde (konkret neben Universität Innsbruck und Universität Linz aus Österreich noch die Universität Hamburg, Leuphana Universität Lüneburg, Freie Universität Berlin, Europa-Universität Viadriana Frankfurt/Oder und das Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft Berlin), kann somit weltweit von Lehrenden dezentral eingesetzt und für die lokalen Bedürfnisse konfiguriert werden.

 

Die Kombination aus öffentlich zugänglichem und kollaborativ erstelltem Materialienpool mit einem begleitenden Kurs samt Forensystem im universitätseigenen Kursmanagementsystem ist eine innovative Maßnahme. Sie erlaubt es die Potentiale von kollaborativ erstellten offenen Lehr- und Lernunterlagen (Open Educational Resources, OER), mit Vorteilen von geschlossenen Online-Lernräumen von Kursmanagementsystemen zu kombinieren; letztere sind für bestimmte Aufgabenstellungen alleine schon aus Datenschutzüberlegungen heraus erforderlich.

 

Die Studierenden profitieren in mehrfacher Hinsicht von der Forschungsorientierung der Lehrveranstaltung:

- Studierende erhalten Einblick in aktuelle Forschung zu Krisenbewältigungsstrategien in verschiedenen Bereichen

- Sämtliche Aufgabenstellungen zielen auf die Anwendung dieser Erkenntnisse auf die aktuelle Covid19-Krise ab

Im Ergebnis werden die Studiereden ermächtigt, systematisch und wissenschaftlich fundiert in ihren jeweiligen persönlichen und organisationalen Kontexten auf Herausforderungen der Corona-Krise zu reagieren. Gleichzeitig ist auch ein allgemeiner Lerneffekt Krisenmanagement im Allgemeinen betreffend zu erwarten.

Eine Liste mit konkreten Lernzielen findet sich hier: timesofcrisis.org/about/

 

Bei jedem der 12 Einheiten müssen die Studierenden in einem Einzelassignment einen Transfer zwischen den eher allgemeinen Readings und Vorlesungen im Bereich Krisenmanagement und Organisation auf der einen und aktuellen empirischen Fällen und Entwicklungen rund um Corona herstellen. Genau diese Anwendung und Weiterentwicklung von theoretischen Konzepten auf neue empirische Phänomene und Fragestellungen ist von zentraler Bedeutung für jedes empirische Forschungsvorhaben.

 

Zusätzlich müssen alle Studierende im Rahmen einer Gruppenaufgabe Fragestellungen, die von ihren Mitstudierenden auf Basis der Lektüre der Readings mit Bezug auf Covid19 formuliert wurden, sortieren, clustern und adressieren. Diese Aufgabenstellung soll an die Herausforderung bei der Formulierung von Forschungsfragen heranführen.

 

Die Lern- und Leistungsfortschritte werden an Hand von kurzen Einzelaufgabenstellungen (Posten von Fragen zu Readings, Post-Lecture-Aufgabenstellung) für jede der zwölf Einheiten erfasst. Feedback erfolgt hier insbesondere durch die Präsentation besonders gelungener Beantwortungen im Online-Forum zur jeweiligen Einheit. Die Beurteilung der Einzel- und Gruppenaufgaben ist für 50% der Beurteilung ausschlaggebend.

 

Die weiteren 50% entfallen auf einen Forschungsessay. Zur Unterstützung beim Verfassen des Esssays gibt es ein eigenes Video, das insbesondere auf die Unterschiede zwischen Essay und Seminararbeit eingeht und Hinweise für das Verfassen des gibt. Es ist wie alle Kursunterlagen am Blog timesofcrisis.org verlinkt bzw. im Youtube-Channel zur Veranstaltung verfügbar: youtu.be/BpzShqbRkt8

 

 

 

Nutzen und Mehrwert

Mit dem Projekt ist ein mehrfacher Mehrwert verbunden:

- Zeitersparnis für Lehrende, da nur einzelne Einheiten im Detail ausgearbeitet werden müssen, die noch dazu in die jeweiligen Forschungsgebiete fallen

- Flexibilität auf Seiten der Studierenden durch das radikal asynchrone Kursdesign

- Internationale Sichtbarkeit für die beteiligten Lehrenden sowie deren Institutionen (Exemplarisch sei diesbezüglich auf die Reaktionen auf Twitter zu "timesofcrisis.org" verwiesen: twitter.com/search )

Nachhaltigkeit

Die freie Lizenzierung sämtlicher Lernmaterialien räumt Dritten maximale Freiheit zur Weiternutzung und Adaptierung der Kursinhalte ein, ohne dass dafür Rechteklärung erforderlich wären. Eine Übertragbarkeit auf andere Lehrveranstaltungen ist nicht nur gegeben, sondern durch das offene Format auch ausdrücklich erwünscht und naheliegend. Innovativ ist auch das Blog zur Lehrveranstaltung: timesofcrisis.org/blog-2/

 

Zusätzlich zu den Videos sind nicht nur PDF-Versionen der Vortragsfolien, sondern auch bearbeitbare Fassungen in offenen Formaten Teil des Materialkorpus. Die offene Bereitstellung sämtlicher Lernunterlagen unter offenen Formaten und Lizenzen erhöht auch klar den Freiheitsgrad bei der Nutzung in neuen Anwendungskontexten bzw. im Rahmen von Werkzeugen zur Unterstützung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen.

Aufwand

Der Zusatzaufwand besteht vor allem in der Koordination der größeren Zahl an geografisch verteilten Beitragenden sowie in der Adaption des allgemeinen Kurs-Syllabus an die jeweils eigenen Bedürfnisse. Gleichzeitig ist mit dem Kursdesign auch ein reduzierter Vorbereitungsaufwand verbunden, weil nur für jeweils 1-2 Einheiten sämtliche Inhalte aufbereitet werden müssen. Der Zusatzaufwand fällt also vor allem im Bereich der Koordination der Erstellung der Unterlagen sowie deren Veröffentlichung im Rahmen einer eigenen Webpräsenz an.

Der Kurs “Organizing in Times of Crisis“ wurde im April 2020 entwickelt und in diesem und im darauffolgenden (Winter-)Semester auch an mehreren Universitäten (Universität Linz, Universität Innsbruck, Universität Lüneburg, Universität Hamburg, Universität Frankfurt/Oder) in jeweils adaptierter Fassung durchgeführt.

Positionierung des Lehrangebots

Masterstudierende in sozialwissenschaftlichen Studiengängen. Der Kurs wurde, jeweils leicht adaptiert, im Rahmen von verschiedenen Masterstudiengängen an österreichischen und deutschen Universitäten durchgeführt.

Links zu der/den Projektmitarbeiter/innen
Links zu Social Media-Kanälen
Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2021 nominiert.
Ars Docendi
2021
Kategorie: Digitale Transformation in der Lehre
Ansprechperson
Leonhard Dobusch, Univ.-Prof. Dr.
Institut für Organisation und Lernen
+43 512 507-71470
Nominierte Person(en)
Leonhard Dobusch, Univ.-Prof. Dr.
Institut für Organisation und Lernen
Elke Schüßler, Univ.-Prof. Dr
Johannes Kepler Universität Linz
Themenfelder
  • Digitalisierung
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Sonstiges
  • Kommunikation/Plattform für Lehrende
  • Internationalisation@home
Fachbereiche
  • Wirtschaft und Recht