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Zuletzt aktualisiert am 07.02.2025

"Körper, Raum und Objekt im Spannungsfeld zwischen Corona-Realität, ästhetischer Forschung und dem eigenen Ich."

Projektname des bereits eingereichten Projekts:

Ars Docendi Kategorie

Qualitätsverbesserung von Lehre und Studierbarkeit

Gruppengröße

< 20

Kurzzusammenfassung des Projekts

Die Implementierung von künstlerischen Denk- und Handlungsprozessen in der Primarausbildung vermehrt zu fordern und zu fördern und prozessorientierte Möglichkeiten und Methoden in grafischen, plastischen, medialen oder malerischen Disziplinen aufzuzeigen, sollte künstlerischen Fächern inhärent sein - selbstverständlich unter Einbezug aktueller Lebenswelten der Studierenden.

Das Projekt „Körper, Raum und Objekt im Spannungsfeld zwischen Corona-Realität, ästhetischer Forschung und dem eigenen Ich“ stellte sich dieser Herausforderung gerade auch im Corona Jahr 2020, und versuchte, trotz der schweren Voraussetzungen forschend und kommunikativ zu agieren, das persönliche Erleben der Situation aufzugreifen und zu thematisieren und künstlerisch individuell zu verwerten. Es entstand ein interessanter, ästhetisch forschender Zugang und konkrete künstlerische Positionen in visueller, auditiver und schriftlicher Form, die in einer neuen virtuellen Ausstellungpraxis dem Publikum präsentiert wurden und die Rezipienten und Rezipientinnen dazu aufriefen, in Kommunikation mit den Produzenten und Produzentinnen zu treten und selbstreflektierend zu agieren.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

Increasingly demanding and promoting the implementation of artistic thought and action processes in primary education and demonstrating process-oriented possibilities and methods in graphic, plastic, media or painting disciplines should be inherent in artistic subjects, always including the current life worlds of the students. The project "body, space and object in the field of tension between corona reality, aesthetic research and the self" faced this challenge, especially in the Corona year 2020 and tried to research and communicate in spite of the difficult prerequisites, to take up the personal experience of the situation and to thematize and to exploit artistically individually. An interesting aesthetic research approach, and concrete artistic positions in visual, auditory and written form emerged, which was presented to the public in a new virtual exhibition practice and called on the recipient to communicate with the producer and to act self-reflecting.

Nähere Beschreibung des Projekts

Fundament:

Eine wichtige Herausforderung für die Kunstpädagogik im Primarbereich der Pädagogischen Hochschulen ist die vertiefende Implementierung künstlerischer Handlungsvollzüge unter wissenschaftlichen und ästhetischen Gesichtspunkten und das Näherbringen prozesshafter Arbeitsweisen im Bereich Grafik, Bildhauerei-Plastik, Malerei und Neue Medien. Im Rahmen des Schwerpunktes „Kreatives Schaffen“ an der PH Tirol können diese Herausforderungen nun aufgrund einer hohen Zahl an Semesterwochenstunden (Gesamtumfang 60 ECTS) mit Freude und Enthusiasmus angegangen werden. Es entstehen interdisziplinäre Projekte, interessante künstlerische Positionen und tolle Kooperationen.

 

PH Tirol. (2020, 21. August). Curriculum für das Bachelorlehramt Primarstufe der Pädagogischen Hochschule Tirol. ph-tirol.ac.at/sites/default/files/download/mb_pht_bachelorstudium_primarstufe_curriculum2020_final_ae.pdf. Stand: 20.02.2021.

 

Alle Inhalte der Übung und des Seminars aus SKS_4 „Körper, Raum und Objekt“ orientieren sich weiters an den beschriebenen fachlichen Kompetenzen im Kompetenz-Leitfaden „BILD_ Visuelle Kultur, Kunst und Kommunikation“ der österreichischen Bundesarbeitsgemeinschaft für Bildnerische Gestaltung und visuelle Bildung aus 2013. Diese fachlichen Kompetenzen umfassen das

 

• Bild verstehen

• Bild machen

• Bild verwenden

 

„Bild verstehen“ heißt, Bilder inhaltlich, emotional und formal erfassen, diskutieren und reflektieren können.

 

„Bild machen“ bedeutet, Gefühle, Gedanken, Vorstellungen und Inhalte zu entwickeln und bildhaft darzustellen, Bilder herzustellen und zu erfinden. Der Bildbegriff umfasst dabei mehr als das zweidimensionale Bild und beschreibt auch dreidimensionale, performative und mediale Strategien der Bildfindung.

 

„Bilder verwenden“ meint, mit Bildern erzählen und agieren, durch Betrachten von Bildern private, berufliche und öffentliche Situationen zu erfassen und situationsgemäß mit Bildern zu kommunizieren.

 

Siehe dazu:

Bundesarbeitsgemeinschaft für Bildnerische Gestaltung & Visuelle Bildung (2013, Oktober). Visuelle Kultur, Kunst und Kommunikation. Schüler:innen Kompetenzen BE Leitfaden. llag-be.tsn.at/sites/llag-be.tsn.at/files/upload/LEITFADEN_SCHU_LER%26INNEN_KOMPETENZEN_BE_DRUCK_0.pdf, S.9-10. Stand: 02.03.2021.

 

Die Inhalte aus dem Curriculum und die Kompetenzbeschreibungen aus dem Leitfaden bilden die Grundlage für die Überlegungen aus SKS_4 „Objekt, Körper und Raum“ und werden genauer definiert und durch die Möglichkeiten der ästhetischen Forschung von Helga - Kämpf Jansen teilweise erweitert. Hierbei werden alltägliche Phänomene, künstlerische Positionen und wissenschaftliche Methoden verbunden und führen dabei zu einem umfassenden und innovativen Konzept ästhetischer Bildung.

 

Kämpf-Jansen, H. (2021). Ästhetische Forschung: Wege durch Alltag, Kunst und Wissenschaft. Zu einem innovativen Konzept ästhetischer Bildung (Kontext Kunst - Vermittlung - Kulturelle Bildung, Band 9) (4. Aufl., Bd. 9). Tectum Wissenschaftsverlag.

 

Die fünf Phasen der ästhetischen Forschung umfassen:

 

1. Thema und Frage finden

2. Forschen, Sammeln und Erfahren

3. Material aufbereiten

4. Präsentieren

5. Reflektieren

 

Wie diese einzelnen Phasen konkret in den Lehrveranstaltungen umgesetzt wurden, wird später noch erläutert.

Die Forschungsfelder, worin diese Phasen stattfinden sollen, sind: Forschungsfeld Alltagserfahrung, Kunst, Ästhetische Praxis und Wissenschaft. Die zu beforschenden Orte sind: Schule/Hochschule, Privates Umfeld, Kulturinstitutionen und Stadtraum.

 

Leuschner, C. (2012). Die fünf Phasen der Ästhetischen Forschung. www.kultur-forscher.de/fileadmin/system/dokumente/pdf/Phasenmodell_AEsthetische_Forschung_WEB.pdf. Stand: 20.02.2021.

 

Durch die prozesshafte, schrittweise und umfassende Herangehensweise an ein Thema bzw. eine Frage und das Schaffen von verschiedenen zu beforschenden Orten - wie oben genannt - entsteht ein weiter und vertiefender Blick, der mit einem schnell erzeugten Produkt zu einer Themenstellung nichts mehr zu tun hat. Ein Thema wird erforscht, in seine Kleinstteilen zerlegt, erweitert und reflektiert. Ein oder mehrere künstlerische Produkte sind nur Teil des Ganzen. Forscherhefte, Sammlungen, Texte, Filme, Fotos, Altes, Neues, Weggeworfenes, etc. machen das Gericht „Ästhetische Forschung“ erst „nahrhaft“. Diese teilweise den Studierenden noch fremde Herangehensweise im Bildnerischen Bereich soll Ihnen den Blick weiten und schärfen. Sie sollen wesentliche prozesshafte Grundzüge der Auseinandersetzung mit dem Begriff „Bild“ verstehen, konkret in einem Beispiel anwenden lernen und in Ihre spätere Lehrerlaufbahn sinnvoll integrieren und transferieren.

 

Konkret:

Durch die Gegebenheiten des ersten Lockdowns aufgrund der Corona-Pandemie war die ursprüngliche Themenstellung und wichtige zu beforschende Orte nicht mehr präsent. Es wurde weiter und anders gedacht und schlussendlich die Lehr- und Lernsituation den aktuellen Geschehnissen auch thematisch angepasst.

Das Projektthema „Körper, Raum und Objekt im Spannungsfeld zwischen Corona-Realität, ästhetischer Forschung und dem eigenen Ich“ entstand.

Den ersten perplexen Reaktionen zum praktischen Arbeiten im Distance Learning folgte, durch Austausch mit den Studierenden, die Idee dieses Projektthema zu wählen.

Ziel der Auseinandersetzung war es, einen persönlichen Blick auf die neue Situation zu legen und dabei alle noch möglichen Kanäle zur Forschung, zur plastischen Arbeit mit Material und Werkzeug und zur Reflexion zu nutzen und neue Wege zu erschließen. Ein künstlerisches Werk sollte im Zuge der Forschung auch entstehen und ganz konkret mit der eigenen Körperlandschaft in Verbindung gebracht werden. Eine virtuelle Möglichkeit der Präsentation wurde erarbeitet und eröffnete neue Mittel zur visuellen Kommunikation.

 

Die groben Grundzüge der ästhetischen Forschung zum Projektthema waren Folgende:

 

1. Eine persönliche Frage finden (z.B. „Was macht das Virus mit meinem Körper?“, „Wie geht es mir?“, ...). (aus Bereich: „Thema und Frage finden“)

 

2. Forschen im Sinne von „die Situation durch Sammeln, Ordnen, Skizzieren, Arrangieren und Notieren von Dingen des Alltags und Gedanken des NEUEN Alltags erfahrbar und greifbar machen“ - immer in Verbindung mit dem eigenen Sein, dem eigenen Körper, dem eigenen Tun. (aus Bereich: „Forschen, Sammeln und Erfahren“)

 

3. Text, Material und Form aus allem Gesammelten und Aufbereiteten zu bündeln und zu konkretisieren versuchen. (aus Bereich: „Material aufbereiten“)

 

4. Künstlerische Position und persönliche Aussage/ Statement in Form und Text bringen, dabei Materialitäten verwenden, die im unmittelbaren Umfeld trotz Quarantäne zur Verfügung stehen. (aus Bereich: „Material aufbereiten“)

 

5. Werk positionieren, in Körperkontakt bringen und inszenieren. (aus Bereich: „Material aufbereiten“)

 

6. Neue virtuelle Ausstellungspraxis erproben und einsetzen und dadurch das Werk einem Publikum präsentieren und im Austausch mit den Rezipienten und Rezipientinnen reflektieren. (aus Bereich: „Präsentieren und Reflektieren“)

 

 

Alle Bereiche wurden von den Studierenden individuell behandelt, was zu unterschiedlichsten Resultaten im Verlauf, Prozess und Endprodukt führte. Die Arbeit zeigte neben der fachlichen Vertiefung vor allem auch auf, dass es wichtig ist, aktuelle Befindlichkeiten, Ängste und Emotionen aufzufangen und -ganz generell- das Zeitgeschehen in bildnerischen Fächern aufzugreifen und zu nützen. Nicht nur aus der Not heraus, wie zuerst in der Pandemie, sondern ganz generell und andauernd. Die Studierenden der Schwerpunktveranstaltung schätzten in diesem Projekt die praktischen Handlungsvollzüge (die ansonsten digitalen wichen) sehr, ebenso die persönlich sehr individuellen Betreuungszeiten durch die Dozierende und die Möglichkeit durch künstlerisches Tun Zeitgeschehen persönlich zu verarbeiten und im Werk zu dokumentieren – einen anderen Blick auf das Virus und sich selbst evozierend.

 

Unter folgendem Link kann die Ausstellung „Virus. Eine Werkschau aus Körper, Raum und Objekt“ besichtigt werden. Wichtig dabei ist, dass man für das Konsumieren aller Teile der Ausstellung genau durch die virtuelle Galerie wandert und am rechten oberen Rand unter „Info“ auch die Texte zum Bild konsumiert. Im Bild 1 wurde zusätzlich auch ein auditives Moment hinzugefügt, das inhaltlich dem Titel der Ausstellung entspricht und den Rezipienten/ die Rezipientin emotional neu berührt.

 

Zur Ausstellung:

artspaces.kunstmatrix.com/de/exhibition/1446236/virus-eine-werkschau-aus-k%C3%B6rper-raum-objekt

 

 

Im Anhang befindet sich weiteres Bildmaterial aus der Ausstellung, sowie der Ausstellungskatalog gesondert in PDF-Form. Hierbei wurden nur die visuellen Bildmomente erfasst.

 

Weitere dokumentierte Bilder aus dem Bereich der ästhetischen Forschung liegen auch im Dokument bei und sollen die forschenden, vertiefenden und interessanten Herangehensweisen in den individuellen Arbeiten beispielhaft aufzeigen.

 

 

Ausstellungstext (auch im Anhang nochmals erwähnt):

 

"VIRUS", EINE WERKSCHAU AUS"KÖRPER, RAUM,OBJEKT"

Montag, Juni 22, 2020 – Dienstag, Juni 30, 2020

 

die übung und das seminar "körper, raum und objekt" wurde im schwerpunkt "kreatives schaffen" mit den studierenden des 6. semesters unter erschwerten bedingungen, nämlich virtuell, d.h. auf distanz, abgehalten. ursprünglich angedachte praktische handlungsvollzüge im bereich formbau konnten nur bedingt und zu beginn des semesters umgesetzt werden. corona machte vieles – im praktisch orientierten unterricht - unmöglich. und doch, es wurde um- und offener gedacht, und am ende entstand etwas spannendes, ein statement, etwas persönliches zum aktuellen geschehen. definitiv eine künstlerische position von jeder_jedem einzelnen...konkret wurden die studierenden dazu angehalten, die situation in den eigenen vier wänden künstlerisch zu verwerten. dazu sollten ihnen bereits erworbene kenntnisse im bereich der bildhauerei und im speziellen in der objektkunst als basis dienen. der materialeinsatz richtete sich nach den gegebenheiten im eigenen haus, in der eigenen wohnung, somit „arte povera" in seiner reinsten form! eine inszenierung des objektes mittels kamera war auch ein erfordernis. jenseits des formalen wurde auch thematisch erweitert: ursprünglich sollten neben den theoretischen inhalten die erworbenen erkenntnisse aus der materialkunde und dem formbau (in alginat, silikon und gips) zu einer art körperarchitektur am eigenen leib führen. interessante strukturen, oberflächen, module, etc. sollten entstehen und am eigenen körper angebracht eine landschaft bilden, die sich teilweise anschmiegt und auch gerne über sich - in einer art „bodyextansion“ - hinauswachsen kann. in der umsetzung sollten die einzelnen module, teile, gegossen werden und anschließend zusammengefügt eine organisch gewachsene oberfläche ergeben. technisch war dies aber aufgrund der quarantänevorschriften viel zu ambitioniert, und somit wurde auch thematisch erweitert: das thema virus wurde aufgegriffen. dieses sollte sich am körper in irgendeiner weise dreidimensional zeigen bzw. ausbreiten. die technische umsetzung geriet in den hintergrund, dafür sollte eine künstlerische position mit text entwickelt werden. die resultate können nun in einer virtuellen ausstellung besichtigt und natürlich viral weiter verschickt und geteilt werden ;-)

 

Nutzen und Mehrwert

Ausgehend von den neuen Lernerfahrungen können Studierende für sich und im späteren Arbeitsfeld erschwerte Rahmenbedingungen für künstlerische Handlungsweisen als wertvoll erachten und künstlerisches Handeln in Verbindung mit realen Krisen als Chance nutzen.

Die neu erarbeitete Möglichkeit der Ausstellungspraxis bietet Ihnen eine neue Plattform der Kommunikation und Vernetzung und spricht sehr viele Rezipienten und Rezipientinnen an. Des Weiteren kann die neue Ausstellungspraxis später auch im Sinne der Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden.

Die Arbeitsweise der „ästhetischen Forschung“ soll als prozesshaftes Verfahren fest in der Kunstlehrpraxis verankert und zu jeglichen künstlerischen Auseinandersetzungen herangezogen werden.