Wirtschaftsuniversität Wien
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Weitere Beispiele der Hochschule

Förderung von Computational Thinking

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Die Antwort auf die Frage, ob Bildungsinstitutionen in ihrer Lehre die Digitalisierung der Lebenswelt

thematisieren sollen ist weltweit wohl unbestritten. Das zeigen unter anderem aktuelle Aktionen wie der

Digitalpakt Schule in Deutschland oder der Masterplan für Digitalisierung im Bildungswesen des BMBWF.

Die Antwort auf die Frage, wie „Digitale Kompetenz“ erworben werden kann, ist jedoch höchst umstritten.

Eine Seite des Meinungsspektrums moniert, dass das Bedienen grafischer Benutzeroberflächen „Digitale

Kompetenz“ nur unzureichend abbildet und daher „Coding“ als Basisfähigkeit Digitalkompetenter unerlässlich

sei. Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass der Mensch dem Computer in Zeiten künstlicher

Intelligenz durch Geist und Fantasie überlegen sei. Programmieren und „Coding“ sei daher keinesfalls als

Grundkompetenz in Lehrpläne aufzunehmen, sondern es gelte ein möglichst humanistisch geprägtes

Bildungsideal anzustreben. Man könne ja auch Autofahren, ohne selbst einen Motor gebaut zu haben.

In den Diskussionen um Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Datenanalyse und Datenschutz sowie Robotik

und schlussendlich digitaler Ethik zeigt sich oftmals, dass nicht nur unter Lernenden immer wieder

bemerkenswerte Fehlvorstellungen von der „Blackbox Computersystem“ (die App, die Cloud, der Roboter)

vorherrschen. Diese Fehlvorstellungen, ließen sich möglicherweise durch einen Blick unter die „Motorhaube“

relativ leicht korrigieren. Das Ziel der PI ist daher, dass Studierende der Wirtschaftspädagogik im Sinne eines

weiter gefassten Konzepts des „Computational Thinking“ bessere Vorstellung von der Funktionsweise von

Computersystemen erlangen, dadurch Neugierde an der Thematik geweckt wird und sie vielleicht sogar Spaß

daran haben, sich später eigenständig tiefer in die Thematik einzuarbeiten. Einerseits profitieren sie davon

unmittelbar in ihrer beruflichen und privaten Lebenswelt. Andererseits können sie selbst als künftige

Lehrerinnen und Lehrer Fehlvorstellungen von Schülerinnen und Schülern vermutlich besser auflösen.

Um das Ziel der Lehrveranstaltung zu erreichen, wurde ein 3-Phasen-Modell als Trilogie entwickelt. Diese

Phasen bilden unterschiedliche Zugänge zum Erlangen von Computational Thinking ab, konkurrieren jedoch

nicht, sondern greifen logisch ineinander. Diese sind:

1. Phase: der spielerische Zugang mit dem Ziel, Interesse und Neugierde wecken, spielerisch

Algorithmen zu entwickeln und durch das Erzielen möglichst greifbarer Ergebnisse eine positive

Grundmotivation herzustellen.

2. Phase: der fachpraktische Zugang mit dem Ziel, die spielerisch erlernten Grundelemente in einer

höheren Programmiersprache den semantischen und syntaktischen Regeln entsprechend

anzuwenden.

3. Phase: der anwendungsorientierte Zugang mit dem Ziel, anhand einer höheren

Programmiersprache kleine, aber reale, konkrete und sinnvolle IoT-Projekte zu entwickeln und

umzusetzen.

Die Rückmeldungen nach Erprobung des Konzepts der Lehrveranstaltung durch die Studierenden und die

erbrachten Leistungen sind vielversprechend. Trotz hohem zugeschriebenen Workload und hoher kognitiver

Anforderungen herrscht eine hohe Grundzufriedenheit. Die PI hilft den Studenten lt. Evaluierungsergebnissen

dabei, sich selbstständig in die Inhalte zu vertiefen und sich kritisch mit den Inhalten auseinanderzusetzen.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Die Lehrveranstaltung „Digital Business - Programmieren“ wird im Masterstudium Wirtschaftspädagogik abgehalten. Ziel ist die Förderung des Computational Thinking der Studierenden. Im Rahmen der Lehrveranstaltung lernen die Studierenden unter anderem, einfache Projekte im Rahmen des Internet of Things (IoT) umzusetzen. Das Lehrveranstaltungskonzept sieht einen drei-phasigen Prozess vor. Im ersten Teil des Prozesses steht der spielerische Zugang im Mittelpunkt. Studierende probieren und reflektieren und zeigen ihre Lösung in einem Video. Die zweite Phase ist dem fachpraktischen Zugang gewidmet, in dem Algorithmen in einer Programmiersprache umgesetzt werden. Repetitive Beispiele mit steigendem Schwierigkeitsgrad und Lecturecasts begleiten die Studierenden – ebenso wie der Lehrende – durch diese Phase. Ein Raspberry Pi ermöglicht den anwendungsorientierten Zugang in der dritten Phase der Lehrveranstaltung. So können einfache IoT-Projekte realisiert werden. Die Lehrveranstaltung wird – je nach Phase – von didaktisch wohlüberlegt ausgewählten, unterschiedlichen Medien begleitet, durch die auch eine Individualisierung des Lerntempos ermöglicht wird.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

The course “Digital Business - Programming” is held in the master program Business education. It is aimed to promote computational thinking among students in the fields of business and education. Students learn, among other things, how to implement simple projects in the context of the Internet of Things (IoT). The concept of the course bases on three phases:

First, the focus is on playful approach where students try, reflect and publish their solution for algorithmic problems in a visual programming language.

Second, distinct realistic small-sized problems are solved in a higher programming language. Repetitive examples with increasing levels of difficulty and lecturecasts accompany the students through this phase.

Third, simple IoT projects are implemented with a microcontroller with devices like sensors, motors etc. Depending on the phase, the course is accompanied by different media. Those are carefully didactically selected, which enables a high level of self-paced learning.

Nähere Beschreibung des Projekts

Welche Learning Outcomes sollen die Studierenden erreichen?

Das Ziel der Lehrveranstaltung besteht darin, dass die Studierenden nach Abschluss der

Lehrveranstaltung in der Lage sind:

LO A: Algorithmen zur Problemlösung zu strukturieren.

LO B: Algorithmen in einer bildungsorientierten visuellen Programmiersprache umzusetzen.

LO C: Algorithmen in einer höheren Programmiersprache umzusetzen.

LO D: Einfache IoT-Projekte zu konzipieren und zu realisieren.

LO E: Grenzen und Reichweiten von IoT Projekten zu reflektieren.

 

Wie ist die LV inhaltlich und strukturell aufgebaut?

Die Lehrveranstaltung ist inhaltlich, aber auch methodisch als Trilogie gestaltet. Der Gedanke der

Trilogie bildet sich inhaltlich logisch in der Struktur der Präsenzphasen ab. Die Methode folgt dem

gewählten Zugang. Die Präsenzphasen werden durch „Out-of-Class“-Übungen flankiert, die je nach

inhaltlicher und methodischer Ausrichtung wiederum unterschiedliche Kompetenzdimensionen fördern

sollen.

Nach Auseinandersetzung mit dem state of the art zu „Computational Thinking“ (siehe dazu 2b), der

Reflexion des Ansatzes in die intendierten Learning Outcomes und der Analyse der

Eingangsvoraussetzungen, wurden die folgenden drei Phasen konzipiert:

 

-) Phase 1: Der spielerische Zugang: Nach einem organisatorischen und kurzen generell inhaltlichen

Teil, startet die Informationsvermittlung in den ersten beiden Lehrveranstaltungseinheiten nach dem

Ansatz „Lernen durch Probieren und Reflektieren“. Anhand der visuellen Programmiersprache Scratch

sollen Programmabläufe spielerisch kennengelernt werden. Im Blickfeld stehen die Ebenen

Denkprozess, Abstraktion, Dekomposition, algorithmisches Design und Evaluation. Jedoch nicht

linearer, sondern als iterativer Prozess zwischen Dekomposition und Evaluation. Scratch wurde

aufgrund der lerntheoretischen Begründung gewählt, der guten Usability und der hohen

Fehlertoleranz. Es müssen keine Code-Zeilen geschrieben werden, sondern Programme können aus

vorgefertigten Blöcken, welche zum Beispiel Anweisungen darstellen, per Drag&Drop im

Baukastensystem zusammengestellt werden. Dies erlaubt ein hohes Maß an Flexibilität, vor allem

deshalb, da die Befehle nicht erst kompiliert werden müssen und die Änderungen am Algorithmus

unmittelbar sichtbar werden. Weiters ist keine Installation notwendig und Projekte können online

zwischen den Studierenden und dem LV-Leiter ausgetauscht und remixed werden.

 

-) Phase 2: Der fachpraktische Zugang: Nachdem die grundlegende Logik der Erstellung eines

einfachen Computerprogramms auf spielerische Weise erprobt wurde, erfolgt die Einführung in eine

Hochsprache. Hier wurde Python gewählt, da sie durch ihre klare Struktur und reduzierten Syntax

einen gut lesbaren und knappen Programmierstil fördert. Da Python-Programme zur Laufzeit

interpretiert werden, müssen sie nicht kompiliert werden. Das erleichtert das Adaptieren oder

Erweitern des Programms bzw. auch das Beheben von Fehlern und nochmalige Ausprobieren enorm.

Python ist nicht an spezifische Betriebssysteme gebunden und kann daher unter Windows, MacOS,

Linux, Android usw. ausgeführt werden. Obwohl Python als sehr einfach zu erlernen gilt, sind die

Befehle nun jetzt in der exakten Syntax anzuschreiben. Ein fehlender Doppelpunkt oder ein falscher

Datentyp bei einer Variablen führt unweigerlich zu einer Fehlermeldung. Die Überleitung von Phase 1

zu Phase 2 kann methodisch über das Tool EduBlocksiv begünstigt werden. Dieses Tool wandelt Blöcke,

wie man es aus Scratch gewohnt ist, in Python-Code um.

 

-) Phase 3: Der anwendungsorientierte Zugang: Ein wesentliches Problem beim Einstieg in eine

höhere (objektorientierte) Programmiersprache ist, dass es einen fundierten Sockel an Fähigkeiten

bedarf, um einfache, über das Banale hinausgehende, Algorithmen zu realisieren. Zwar werden im

Rahmen der Lehrveranstaltung brauchbare Anwendungsbeispiele erstellt (Prüfen von IBANS,

Visualisieren von Schulstandorten, Berechnung von Flächen bzw. Umfängen etc.). Aus Sicht der

Lernenden ist es zwar motivierend, wenn ein Programm funktioniert und ein nachvollziehbarer Output erreicht wird. Das Ergebnis wirkt aber oft abstrakt. Der Anspruch der Phase 3 ist aus diesem Grund,

das Ergebnis eines Programms genauso leicht fassen zu können wie in Phase 1, jedoch unter Einsatz

eines regelgeleiteten Vorgehens von Phase 2. Um dieses Ziel zu erreichen wird ein

Einplatinencomputer (Raspberry Pi) an die Studierenden ausgegeben. Über Python-Programme kann

auf dessen GPIO-Pins zugegriffen werden. Daran können Komponenten wie Sensoren (Luftdruck,

Luftfeuchte, Temperatur, Gyroskop und Beschleunigungssensor), Motoren, Bewegungssensor,

Distanzmesser, Monitor uvm. angeschlossen werden und somit einfache IoT-Projekte realisiert werden.

Nutzen und Mehrwert

In dieser Lehrveranstaltung wechseln sich Online-Phasen und Präsenzphasen bzw. synchrone Online-Phasen gezielt ab. Jede Aktivität wird durch mediendidaktische Methoden punktuell sinnvoll unterstützt. Das erleichtert im Vergleich zu traditionellen LV-Settings einerseits die Vorbereitung auf die einzelnen Input-Einheiten und eröffnet außerdem eine Individualisierung des Lernfortschritts durch gezielte Nachschlagemöglichkeit. Andererseits wird individuelles Feedback während der Reflexionsphasen durch onlinegestützte Methoden begünstigt.

Nachhaltigkeit

Der Einsatz der mediendidaktischen Methoden und Tools ist gut auf andere Lehrveranstaltungen zu übertragen. Exemplarisch kann hier das Streamen des Vortragenden-PCs bzw. des Arbeitsplatzes auf die PCs der Teilnehmerinnen und Teilnehmer genannt werden. Durch die Aufnahme wird die Nachbereitung optimal unterstützt. Für die Teilnahme an der Lehrveranstaltung benötigen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen PC. Da jedoch ein BYOD-Setting (Bring your own device) umgesetzt wird, ist ein EDV-Schulungsraum nicht zwingend notwendig. Gerade das BYOD-Konzept ist auf viele andere Lehrveranstaltungen übertragbar.

Positionierung des Lehrangebots

Die Lehrveranstaltung ist als Pflichtwahlfach im Studienplan des Masterstudiums Wirtschaftspädagogik

verankert. Sie kann im dritten Semester belegt werden und ist eine von zwei Lehrveranstaltungen aus

„Digital Business“. Während sich diese Lehrveranstaltung mit dem Erwerb von Computational Thinking im

engeren beschäftigt, zielt die zweite Lehrveranstaltung auf die Entwicklung, Reflexion und Promotion von

Digitalisierungsprojekten ab. Das Ziel der LV ist also, die Studierenden mit Computational Thinking vertraut zu

machen, die Mensch-Computer-Interaktion auf Programmebene für sie sichtbar zu machen und die

Studierenden in die Lage zu versetzen, Programme und Algorithmen in einer höheren Programmiersprache zu

interpretieren, adaptieren und auch konzipieren zu können.

Da Wirtschaftspädagogen auch die Lehrbefähigung für Unterricht aus Wirtschaftsinformatik an berufsbildenden

höheren Schulen erwerben, soll diese PI bei den Studierenden einerseits ein hohes Maß an Interesse und

Beg

Links zum Projekt
Links zu der/den Projektmitarbeiter/innen
Ansprechperson
Franz-Karl Skala, Dr.
Wirtschaftspädagogik
+431313364854
Projektverantwortliche/r
Franz-Karl Skala, Dr.
Wirtschaftspädagogik
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  • Lehr- und Lernkonzepte
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