Universität Wien
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Lehren und Lernen im Labor (Chemiedidaktisches Laborpraktikum)

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Die Naturwissenschaft Chemie ist eine experimentelle Wissenschaft, die mit Hilfe von Experimenten zielgerichtet Fragen an die Natur zum Zweck der Erkenntnis stellt. Auch im Chemieunterricht in der Schule geht es darum, dass Schüler/innen durch den Einsatz von Experimenten in ihrem praktischen und theoretischen Chemielernen unterstützt werden. In diesem Sinne stellen Experimente im Chemieunterricht ein Erkenntnisverfahren dar, das der Bildung der Schüler/innen dient (vgl. u.a. Scharf 1984, Reiners 2017, 37ff.). Damit einher geht das zentrale Ziel des Chemieunterrichts, dass die Schüler/innen durch das eigenständige Experimentieren naturwissenschaftliche Denk-, Vorgehens- und Arbeitsweisen lernen und verstehen, um fachwissenschaftliche, chemische Fragestellungen auch außerhalb des Chemieunterrichts lösen zu können. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen die Chemielehrer/innen selbst entsprechende experimentelle Kompetenzen besitzen, die es ihnen erlauben, das Experiment fachlich angemessen und didaktisch reflektiert in ihren Unterricht einzusetzen. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass bereits angehende Chemielehrer/innen in ihrem universitären Studium die Möglichkeit erhalten, schulorientierte Experimente kennenzulernen, diese fachlich aufzubereiten, selbstständig durchzuführen und schließlich ihre Stellung bzw. ihren Einsatz im Chemieunterricht fachdidaktisch zu reflektieren.

Gleichzeitig ist es für eine nachhaltige Entwicklung ihrer Kompetenzen zentral, dass solche universitären Angebote ebenso die Vorerfahrungen, Voraussetzungen und Vorstellungen der Studierenden angemessen berücksichtigen (Studierendenzentrierung). So stellt für Studierende ebendiese Auswahl und Aufbereitung von Schüler/innenexperimenten eine besondere Herausforderung dar, da in den meisten, selbst schulorientierten Praktika, der rein fachliche Aspekt von Experimenten im Mittelpunkt steht und die Studierenden kaum die Möglichkeit haben, aus der Rolle des/der Lernenden in die Rolle des/der Lehrenden zu wechseln. So zeigt auch die regelmäßige Befragung der Studierenden mit Hilfe von halbstrukturierten Fragebögen vor der Teilnahme an der Lehrveranstaltung „Lehren und Lernen im Labor“, dass sie nicht nur wenig Erfahrung im Bereich des schulorientierten Experimentierens besitzen, sondern auch das Zutrauen in ihre Fähigkeiten, Schüler/innenexperimente fachlich und fachdidaktisch zielführend für den Chemieunterricht auszuwählen, aufzubereiten und schließlich umzusetzen, gering ist. Dabei geben sie an, dass ihnen einerseits Kompetenzen im Bereich des sicheren Experimentierens von Schüler/innen fehlen (z.B. „Gefahren/Entsorgung/Sicherheit der SuS“, „sicheres Experimentieren“ oder „Umgang mit gefährlicheren Stoffen“) und sie andererseits Schwierigkeiten haben, Schüler/innenexperimente nicht nur in ihrer fachlichen Zielsetzung für die Schüler/innen angemessen einzuschätzen (z.B. „fachliche Korrektheit“), sondern vor allem den Einsatz von Schüler/innenexperimenten adressaten- und zielgerecht zu gestalten (z.B. „Einsatz Experiment (Beachtung Altersangemessenheit, didaktische Einbettung, Aufmerksamkeit der SuS, Organisation)“, „Wie, wo, wann, welches Experiment“ oder „Wie Experiment einbauen, Zeitmanagement“). Im Sinne der forschungsbasierten Lehre werden die Ausgangslagen der Studierenden in den Zielen und Inhalten der Lehrveranstaltung „Lehren und Lernen im Labor“ angemessen berücksichtigt.

Ziel des chemiedidaktischen Laborpraktikums ist es, dass die Studierenden frühzeitig schulrelevante Experimente kennenlernen, eigenständig durchführen und ihren Einsatz im Unterricht didaktisch-methodisch reflektieren. Dadurch sollen eigene experimentelle Fähigkeiten und Fertigkeiten, die in ihrem späteren Beruf als Chemielehrer/in von großer Bedeutung sind, entwickelt und praktisch geschult werden. Im Gegensatz zu üblichen Fachpraktika der experimentellen Naturwissenschaft Chemie, die in der Regel eine rein fachliche Kompetenz- bzw. Wissensentwicklung durch das eigenständige Experimentieren und Dokumentieren im Blick haben, zielt diese Lehrveranstaltung insbesondere darauf ab, die fachdidaktische Perspektive angemessen einzubeziehen und damit die Studierenden ausgehend von ihrem aktuellen Wissenstand in der Entwicklung ihrer fachlichen und fachdidaktischen Kompetenzen zu fördern. Aus diesem Grund verbleiben die Studierenden nicht nur in der Rolle der Lernenden, indem sie ihre Experimentierergebnisse fachlich angemessen durchführen und protokollieren, sondern werden auch stets zu einem reflektierten Rollenwechsel angeleitet, indem sie in der Rolle als Chemielehrende eben auch die Erkenntnisfunktion und die Stellung des jeweils durchgeführten Schüler/innenexperiments im Unterrichtsgang erkennen, überdenken und gemeinsam reflektieren.

Das chemiedidaktische Laborpraktikum verfolgt demnach folgende kompetenzorientierte Ziele, die die Studierenden im Verlauf der Lehrveranstaltung sukzessive erreichen sollen:

 

Fachliche Kompetenzen:

• Die Studierenden setzen sich mit den notwendigen Sicherheitsmaßnahmen der jeweiligen Schüler/innenexperimente vertiefend auseinander, indem sie eine Gefahrstoffbeurteilung schreiben und eine Ersatzstoffprüfung durchführen.

• Die Studierenden entwickeln ein vertieftes fachwissenschaftliches Wissen, indem sie den fachwissenschaftlichen Gehalt der Schüler/innenexperimente didaktisch angemessen rekonstruieren.

 

Experimentelle Kompetenzen:

• Die Studierenden vertiefen ihre eigenen experimentellen Kompetenzen, indem sie das Durchführen von Schüler/innenexperimenten erlernen und üben.

 

Fachdidaktische Kompetenzen:

• Die Studierenden entwickeln eine chemiespezifische Vermittlungskompetenz, indem sie Schüler/innenexperimente vorbereiten, aufbauen und vorführen.

• Die Studierenden entwickeln chemiedidaktische Kompetenzen zur Planung, Gestaltung und Anleitung von Schüler/innenexperimenten, indem sie den Einsatz der jeweiligen Schüler/innenexperimente im Chemieunterricht didaktisch reflektiert aufbereiten und verorten.

• Die Studierenden erläutern und begründen die Unterrichtsziele, die mit dem Einsatz von Schüler/innenexperimenten erreicht werden können, indem sie eigenständig und didaktisch begründet Schüler/innenexperimente im Hinblick auf den Grad der Offenheit (geschlossene, anwendungsbezogene oder problemorientierte Aufgabenstellungen) und dem Ausmaß an Selbstständigkeit der Schüler/innen aufarbeiten.

 

Um die Ziele der Lehrveranstaltung zu erreichen, erhalten die Studierenden im chemiedidaktischen Laborpraktikum die Möglichkeit, verschiedene Schüler/innenexperimente zu den wesentlichen Themenbereichen des Chemieunterrichts eigenständig durchzuführen (experimentelle Kompetenzen) und diese mit Hilfe fachlicher und fachdidaktischer Leitfragen zu den Möglichkeiten des Experimentiereinsatzes im Chemieunterricht (u.a. Welche Kriterien müssen bei der Auswahl eines geeigneten Experiments bedacht werden?, Wie kann das sichere Experimentieren der Lehrer/innen oder der Schüler/innen gewährleistet werden? oder Wie kann das Experiment didaktisch sinnvoll in die konkrete Unterrichtsstunde eingebettet werden? (vgl. auch Bader & Lühken 2018, Bader, Lühken, & Sommer 2018, Wambach & Wambach-Laicher 2018, Pfeifer, Schaffer & Sommer 2011) zu reflektieren (fachliche und fachdidaktische Kompetenzen).

 

Die zu erwerbenden Kompetenzen sind aus rein taxonomischen Gründen getrennt voneinander dargestellt, stehen aber in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis zueinander: Je nachdem welche Kompetenzen bei den Schüler/innen angestrebt werden (fachliche Perspektive), ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten des didaktisch sinnvollen Einsatzes des Experiments im Chemieunterricht (fachdidaktische Perspektive). Damit die Studierenden das Ineinandergreifen der einzelnen Möglichkeiten angemessen erlernen können, werden die einzelnen Perspektiven im chemiedidaktischen Laborpraktikum zunächst getrennt (Reduktion der Komplexität der Anforderungen) betrachtet und im weiteren Verlauf dann sukzessive zusammengeführt (vgl. nähere Beschreibung des Projekts).

 

Im Sinne eines anwendungsbezogenen Chemielernens vereint die Lehrveranstaltung sowohl fachlich- als auch fachdidaktisch-relevante Aspekte des Chemieunterrichts. In der Blockveranstaltung erhalten sie genügend Raum und Zeit, die inhaltlich und thematisch an den Schullehrplan Chemie angepassten Schüler/innenexperimente durchzuführen, aufzubereiten und zu dokumentieren.

 

Die genauen Angaben zur verwendeten Literatur finden sich unter: ctl.univie.ac.at/ars-docendi/gross/literatur

Kurzzusammenfassung des Projekts

Im chemiedidaktischen Laborpraktikums sollen die Studierenden fachliches und fachdidaktisches Wissen aufbauen und verknüpfen, um entsprechende Kompetenzen für den Einsatz von Schüler/innenexperimenten zu erwerben. Sie werden schrittweise an die selbstständige, lernzielorientierte Auswahl und den reflektierten Umgang mit diesen Experimenten herangeführt. Nach Wiederholung der wichtigsten schulrelevanten fachlichen Konzepte, wählen die Studierenden Schüler/innenexperimente zu einem Themengebiet des Chemieunterrichts aus, betten sie inhaltlich ein, erproben, reflektieren und überarbeiten sie, um sie anschließend von ihren Kommiliton/innen erneut erproben und evaluieren lassen. Abschließend präsentieren die Studierenden die Ergebnisse ihrer praktischen Arbeit, die dann als ausführliches Skript mit erprobten Experimentiermöglichkeiten zu verschiedenen Themenbereichen des Chemieunterrichts allen Kursteilnehmer/innen zur Verfügung gestellt werden. Durch die formativen Feedbackprozesse lernen die Studierenden ihre eigenen Planungsentscheidungen kritisch zu reflektieren und gleichzeitig sachlich, konstruktives Feedback zu geben.

Auf Grund der Seminargestaltung haben die Studierenden im Laufe des Praktikums die Möglichkeit, sowohl die Rollen der Lernenden als auch die Rolle der Lehrenden einzunehmen, wodurch sie einen multiperspektivischen Blick auf ihre zukünftigen Aufgaben als Chemielehrer/innen erhalten und damit wesentliche Kompetenzen für ihren beruflichen Alltag aufbauen können.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

In the course of this practical laboratory course pre-service chemistry teachers shall gain and combine chemical content knowledge with didactic knowledge in order to be able to acquire necessary competences for planning and conducting experiments with school students. The pre-service teachers learn how to select and reflect upon learning objective-oriented experiments autonomously. After revisiting the most important concepts of chemistry taught at school, the pre-service teachers choose experiments suitable for school students covering one particular topic of chemistry education. They are supposed to embed the experiments within their topic, try them, reflect upon them and revise them where necessary. Afterwards their peers try them again following the revised instructions and evaluate the experiments. Finally, the pre-service teachers present their results and insights and put together manuals with the instructions for experiments and relevant considerations. These manuals are available for all the other students in the course. Due to the formative feedback processes the students learn to reflect upon their own decisions and to give factual, constructive feedback themselves.

Due to the overall structure of the course the students have the chance to take different roles of learners and teachers in the course of seminar, which allow them to face the challenges as chemistry teachers from multiple perspectives and acquire the necessary skills to meet these demands.

Nähere Beschreibung des Projekts

In der Lehrveranstaltung (LV) entwickeln die Studierenden sukzessive fachliche, experimentelle und fachdidaktische Kompetenzen im Bereich des Einsatzes von Schüler/innenexperimenten (im Folgenden: SE) im Chemieunterricht. Dafür setzen sie sich sowohl theoretisch als auch praktisch mit SE aus verschiedenen Themenbereichen des Chemieunterrichts auseinander.

Insgesamt wird die LV in 2 Praktikumsphasen eingeteilt, wobei der Fokus der einzelnen Phasen auf der Vermittlung unterschiedlicher Kompetenzen liegt.

 

1. Praktikumsphase: Fachliche Verortung und Hinführung zu fachdidaktischen Denkweisen

Die erste Praktikumsphase zielt vorrangig auf die fachliche Kompetenzentwicklung der Studierenden ab. Dabei stehen folgende Leitfragen im Mittelpunkt: „Welche fachlichen Kriterien müssen bei der Auswahl eines geeigneten SEs bedacht werden?“ und „Wie kann das sichere Experimentieren von Schüler/innen gewährleistet werden?“.

 

a. Fachliche Reflexion eines SEs

Aufbauend auf einer einleitenden Wiederholung der lehrplanrelevanten fachlichen Themenbereiche des Chemieunterrichts zielt der erste Praktikumsteil auf die Erarbeitung der fachlich-inhaltlichen Perspektive des Experimentiereinsatzes in der Schule ab.

Am Beispiel eines vorgegebenen SEs erarbeiten die Studierenden konkrete fachliche Lernziele und wie sich diese im Lehrplan Chemie verorten lassen. In der anschließenden Diskussionsphase wird deutlich, dass SE und fachliche Lernziele unterschiedlich miteinander verknüpft werden können. Dies ist ein erster Schritt, um die Studierenden auf den didaktisch reflektierten Einsatz von SE im Chemieunterricht zu sensibilisieren. Zudem reflektieren sie die notwendigen fachlichen und experimentell-handwerklichen Voraussetzungen der Schüler/innen sowie die damit einhergehenden Sicherheitsmaßnahmen. Sie werden sich bewusst, dass jedes SE sowohl an die individuellen fachlichen und experimentell-handwerklichen Lernvoraussetzungen von Lerngruppen als auch an die schulischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen angepasst werden muss, um Sicherheit gewährleisten und eine erkenntnisstiftende Funktion einnehmen zu können.

 

b. Auswahl der SE

Im Sinne der Differenzierung nach Lernvoraussetzung und Interesse suchen sich die Studierenden in Zweiergruppen dann einen Themenbereich des Lehrplans aus, arbeiten die fachlichen Lernziele heraus und stellen mögliche SE, die diese verdeutlichen können, zusammen. Die Auswahl der 10-12 SE sowie deren fachliche Reflexion werden auf vorbereiteten Arbeitsblättern, die gleichzeitig die Versuchsvorschriften bilden, dokumentiert. Die Lehrperson gibt formatives Feedback in Form von offenen Reflexionsfragen, die sich auf die Passung von Experiment, Lernziel und (sicherheitsrelevanten) Lernvoraussetzungen der Schüler/innen beziehen, woraufhin die Studierenden das Feedback in ihre Versuchsvorschriften einarbeiten.

Die Studierenden müssen in dieser vertiefenden Analyse fachliche Zusammenhänge innerhalb eines Themenbereichs des Chemieunterrichts erkennen bzw. selbstständig herstellen (anwendungsbezogenes Chemielernen). Gleichzeitig werden sie zu ihrer Rolle als Lehrende hingeführt, indem sie (Lern)Inhalte mit passenden SE verknüpfen müssen. Durch die Sichtung aller ausgewählten SE erhält die Lehrperson einen ersten Einblick in die Lernprozesse der Studierenden.

 

c. Erprobung der ausgewählten SE

Die Zweiergruppen führen nun ihre ausgewählten SE mit Hilfe ihrer Versuchsvorschriften eigenständig durch und reflektieren ihre grundsätzliche Umsetzbarkeit. Dies ist besonders bedeutsam, da viele in der Literatur beschriebenen SE in der praktischen Durchführung neue bzw. andere experimentelle Herausforderungen bereithalten und sich dadurch auch die fachliche Erkenntnisfunktion sowie die antizipierten Schüler/innenvoraussetzungen ändern können. Die Studierenden erhalten in dieser Phase Hilfestellungen und Feedback von der Praktikumsleitung.

 

d. Zwischensicherung und Aufweitung der fachlichen Perspektive hin zur fachdidaktischen Perspektive auf SE

Nach der praktischen Erprobung überarbeiten alle Gruppen ihre Versuchsvorschriften. Danach erfolgt ein Austausch in Kleingruppen über die erlebten Herausforderungen und die überlegten Lösungsansätze. So kommen die Studierenden nicht nur fachlich miteinander ins Gespräch (Förderung der Fach(sprach-)kompetenz), sondern erhalten auch im Peer-Feedback weitere Anregungen zur Optimierung ihrer SE. Die zentralen Erkenntnisse des ersten Praktikumsteils werden anschließend gesammelt und in entsprechende Cluster „fachliche Auswahl eines geeigneten Experiments“ sowie „Sicheres Arbeiten/Experimentieren und sicherer Umgang mit Chemikalien“ überführt. Da das Thema „Sicherheit gewährleisten“ auch zentraler Bestandteil der Chemielehrer/innenkompetenz ist, werden die Studierenden zu einer „Gefahrstoffbeurteilung“ und „Ersatzstoffprüfung“ angeleitet. Dies führt zur Frage nach dem sicheren und lernförderlichen Einsatz des SE im Chemieunterricht. Dadurch weitet sich der Blick auf fachdidaktische Fragen des Experimentiereinsatzes in der Schule, die sich sowohl auf die Organisation des SEs (u.a. Fragen nach der Sozialform im SE) als auch auf die didaktische Einbettung beziehen (u.a. Fragen nach der didaktisch-methodischen Funktion von SE).

Mit Hilfe des einleitenden Beispielexperiments werden nun diese fachdidaktischen Aspekte des Experimentiereinsatzes gemeinsam mit den Studierenden erarbeitet, diskutiert und reflektiert.

 

2. Praktikumsphase: Praktische Erprobung aller SE und fachdidaktische Reflexion

Aufbauend auf den erarbeiteten fachdidaktischen Fragen des Experimentiereinsatzes geht es nun um die gegenseitige Erprobung aller SE durch die Studierenden. Die Studierenden lernen auf diese Weise nicht nur eine Vielzahl an möglichen SE für ihren späteren Chemieunterricht kennen, sondern werden durch die Bereitstellung von Feedbackbögen ebenso zu einem didaktisch kritisch-reflektierten Umgang mit diesen angeleitet. In diesem Sinne zielt die zweite Praktikumsphase sowohl auf die fachliche als auch auf die fachdidaktische Kompetenzentwicklung der Studierenden ab.

 

a. Praktische Erprobung aller SE unter Einsatz von Feedbackbögen

Im Rahmen eines Stationenlernens nehmen die Studierenden zunächst die Schüler/innenrolle ein und führen zu zweit die ausgewählten SE ihrer Kommiliton/innen durch und protokollieren diese mit Hilfe eines Laborjournals, wodurch sie aufgefordert sind, die durchgeführten Experimente fachlich zu durchdringen („hands on – mind on“) und in der Rolle als Schüler/in die jeweiligen fachlichen und experimentellen Herausforderungen zu erkennen (Selbsterfahrung). Schließlich nehmen sie erneut die Rolle der Lehrenden ein, indem sie auch mögliche Fehleranalysen und Gefahrenpotentiale für Schüler/innen dokumentieren. Die von den Studierenden nach jedem Experiment ausgefüllten Feedbackbögen beinhalten sowohl fachlich- methodische Leitfragen nach Einsatzmöglichkeiten und Sicherheit der SE als auch konkrete fachdidaktische Leitfragen zur Passung von Voraussetzungen, SE und Kontextualisierung.

 

b. Fachdidaktische Überarbeitung der SE

Die Studierenden erhalten nun jeweils diejenigen Feedbackbögen, die zu ihrem Themenbereich von ihren Kommiliton/innen verfasst wurden. Mit Hilfe dieses schriftlichen Peer-Feedbacks überarbeiten sie erneut ihre ausgewählten SE, insbesondere im Hinblick auf die fachdidaktischen Leitfragen. Auf der Grundlage von fachdidaktischer Literatur zu den Möglichkeiten der Öffnung eines SEs üben die Studierenden, ihre geschlossenen Versuchsanleitungen in Richtung anwendungs- und problemorientierter Aufgaben mit Alltagsbezug zu öffnen. Die Studierenden sollen erkennen, dass es für den Lernprozess der Schüler/innen zwar nicht immer förderlich ist, jedes SE fachlich-methodisch zu öffnen (offene Aufgabenstellung statt „rezeptartige“ Beschreibung des Experiments), aber, dass jedem Experiment eine Problemstellung vorangestellt werden kann, die die Schüler/innen zur Durchführung des Experiments motiviert und ihren Erkenntnisprozess aktiv unterstützt.

 

c. Abschlusssicherung und Reflexion

Zum Abschluss suchen sich die Studierenden ein SE aus ihrem Themenbereich aus und stellen es im Rahmen einer Kurzpräsentation, insbesondere im Hinblick auf eine gelingende Durchführung und sicheres Arbeiten vor. Darüber hinaus präsentieren sie ihre didaktischen Ausarbeitungen, die dann gemeinsam diskutiert werden. Dabei führen die Studierenden an jeweils einem Beispielexperiment alle wesentlichen Aspekte, die einen sinnvollen Einsatz von SE im Chemieunterricht charakterisieren, zusammen und reflektieren diese mit dem Ziel, sie im Hinblick auf die komplexen Anforderungen des Experimentiereinsatzes in der Schule zu professionalisieren.

Das im Laufe des Praktikums entstehende Portfolio (Skript über reflektierte Experimentiermöglichkeiten) wird allen Studierenden auf der Lernplattform moodle zur Verfügung gestellt.

 

Innovative Hochschuldidaktik

Das Konzept dieser LV bricht die traditionellen Kategorien „Fach“ und „Fachdidaktik“ auf, indem es das fachliche Lernen und Arbeiten im Labor mit der fachdidaktischen Perspektive zielführend verbindet und die Studierenden zu einem vernetzten Denken auffordert. Ein besonderes Merkmal stellt dabei die hohe Eigenständigkeit der Studierenden dar, da diese kein vorgefertigtes Skript an Experimentieranleitungen nacharbeiten. Durch die selbstständige Auswahl der Experimente und den gezielten Einsatz von Reflexions- und Feedback-Aufgaben wechseln die Studierenden aktiv zwischen der Rolle als Lernende und als verantwortliche Lehrende. Sowohl die Reflexion der SE aus fachlicher und fachdidaktischer Sicht als auch die steten formativen Feedbackschleifen während des Laborpraktikums ermöglichen einen multiperspektivischen Blick auf ihr späteres Anwendungsfeld und tragen damit zum sukzessiven Aufbau wesentlicher Chemielehrer/innenkompetenzen bei, die sie zur eigenverantwortlichen Durchführung des Chemieunterrichts befähigen.

 

Studierendenzentrierung und Heterogenität

Die eigenständige Auswahl der SE und damit die aktive Beteiligung der Studierenden an den Inhalten der LV berücksichtigt in hohem Maße ihre Lern- und Leistungsvoraussetzungen sowie ihr Vorwissen und ihre Interessen. Sowohl durch die selbstständige Bearbeitung der Inhalte als auch durch den intensiven Austausch mit den Kommiliton/innen sowie durch das regelmäßige Feedback unterstützt der gesamte Aufbau der LV den individuellen Kompetenzerwerb der Studierenden. Die auf diese Weise gelebte Vielfalt ermöglicht es den Studierenden, ein umfassendes Handlungsrepertoire zu entwickeln, das sie in die Lage versetzt, SE situations-, ziel- und lerngruppenadäquat in ihrem späteren Chemieunterricht einzusetzen ohne dabei die fachliche Zielsetzung zu vernachlässigen.

Durch die explizite Thematisierung unterschiedlicher Schüler/innenvoraussetzungen werden die Studierenden auch für die Unterschiedlichkeit von Schüler/innen sensibilisiert, verstehen, dass die Berücksichtigung von Heterogenität nicht in einer zusätzlichen Aufgabe mündet, sondern bereits bei der Planung und Vorbereitung sinnvoll und arbeitsökonomisch berücksichtigt werden kann.

 

Kompetenzorientierung

Durch die spezifische Gestaltung der LV, die eine hohe Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Studierenden fordert, werden sie sukzessive auf diese anspruchsvolle Aufgabe als Lehrende vorbereitet. Sie lernen, begründet und reflektiert in experimentellen Lernumgebungen zu agieren. In diesem Sinne werden sie in ihrem Professionalisierungsprozess gefördert, da sie in ihrem zukünftigen Beruf als Chemielehrer/in ebenfalls Verantwortung für die Auswahl an geeigneten (experimentellen) Lernmaterialien tragen (Förderung des berufsbezogenen Handelns). Die enge Verzahnung von theoriegeleiteter Reflexion und praktischer Anwendung ermöglicht es den Studierenden, ein umfangreiches fachdidaktisches Wissen über experimentellen Unterricht aufzubauen, das auf jegliche Experimente sowie auf andere naturwissenschaftliche Fächer übertragen werden kann. Darüber hinaus erleben sie, dass eine effektive, zielorientierte Unterrichtsplanung ein vielschichtiger, aufwendiger Prozess ist, der nur mit ausreichenden fachlichen und fachdidaktischen Kompetenzen gelingen kann und Zeit bedarf. Schließlich lernen sie nicht nur Feedback zu erhalten und ergebnisorientiert damit umzugehen, sondern gleichzeitig auch die Arbeit anderer sachlich und konstruktiv zu kommentieren und zu bewerten.

 

Europäische und internationale Ausrichtung

Die gesamte LV folgt in ihrer kompetenzorientierten Gestaltung dem Constructive Alignment und damit den Prinzipien des Bologna-Prozesses und bezieht nationale und internationale Standards der Chemielehrer/innenbildung ein. Aufbauend auf der hohen Studierendenzentrierung und auf Grund der einmaligen Verbindung von Fach und Fachdidaktik bildet es ein umfassendes Lehrformat, das domänenspezifische Kompetenzen der Studierenden zu entwickeln und sie im Prozess des lebenslangen Lernens zu unterstützen vermag.

Nutzen und Mehrwert

Die komplexe Struktur des chemiedidaktischen Laborpraktikums bietet einen vielschichtigen Mehrwert für die Studierenden, da es lernerorientiert gestaltet ist und damit ein selbstbestimmtes Lernen und Arbeiten in einem vorstrukturierten Rahmen ermöglicht. Die Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen der Studierenden sowie die Freiheit, Selbstorganisation und Eigenverantwortung in der Bearbeitung und Analyse der Inhalte, die gleichzeitig durch den steten Einbezug von Feedback gekennzeichnet ist, tragen in hohem Maße zur persönlichen Bildung und Professionalisierung der Studierenden bei. Die Studierenden können auf diese Weise eine persönliche Bedeutsamkeit zu den Lerninhalten aufbauen, die sie nicht nur zu motivieren, sondern auch in ihrem individuellen Lernprozess angemessen zu unterstützen vermag.
Aber auch der Lehrende selbst erfährt durch die hohe Studierendenzentrierung immer wieder neue Zugänge zu den ihm bekannten Inhalten und kann diese für die Kompetenzentwicklung der Studierenden sichtbar und nutzbar machen (dialogisches Lernen).
Durch die aktive Nutzung der Lernplattform moodle sind alle Lernmaterialien einsehbar und können ohne großen Verwaltungsaufwand kommentiert, verbessert und heruntergeladen werden. Auf diese Weise ist auch die Transparenz über die Zielsetzung und Leistungsanforderungen der Lehrveranstaltung stets gegeben.

Nachhaltigkeit

Die Lehrveranstaltung ist als dynamische Lehrveranstaltung zu sehen, die sich jedes Semester neu an die Ausgangslagen der Studierenden anpasst. In diesem Sinne wird sie stets weiterentwickelt. Sowohl durch den Einsatz von halbstrukturierten Fragebögen an die Studierenden vor und nach dem Besuch der Lehrveranstaltung als auch durch die Evaluation am Ende des Semesters können nicht nur Einblicke in deren grundsätzliche Akzeptanz, sondern insbesondere auch Einblicke in die Lernwirksamkeit für die Studierenden gewonnen werden (s. auch Evaluierungsergebnisse).

Das Konzept kann für andere schulorientierte Laborpraktika von naturwissenschaftlichen Fächern adaptiert werden.

Längerfristig ist geplant, auch die Prüfungsform der Lehrveranstaltung weiterzuentwickeln und zielgerichteter anzupassen, was aus Zeit und Ressourcengründen erst ab den kommenden Semestern umgesetzt werden kann. Während sich die Prüfungsleistung der Studierenden derzeit insbesondere in Teilleistungen auffächert (Portfolio mit den überarbeiteten und reflektierten Experimentiermöglichkeiten, das Laborjournal und die Kurzpräsentation), soll in Zukunft eine zusammenfassende kombinatorische Prüfung erfolgen, die die intendierten fachlichen, fachdidaktischen und experimentellen Kompetenzen der Studierenden angemessen abfragen kann:

Übergeordnetes Ziel der Lehrveranstaltung stellt die fachliche und fachdidaktische Verortung von Schüler/innenexperimenten in Theorie und Praxis dar. Mit diesem Ziel soll sich nicht nur das Laborpraktikum selbst, sondern auch die anvisierte kombinatorische Prüfung (schriftliche Ausarbeitung eines Experiments und dessen Präsentation und Diskussion in einem praktischen Prüfungsteil) an den beschriebenen, realen Anforderungen des Chemielehrer/innenberufs orientieren. Die schriftliche Ausarbeitung bezieht sich auf die vertiefende fachliche und fachdidaktische Auseinandersetzung mit einem Experiment. Die hierfür benötigten Kompetenzen erwerben die Studierenden vorrangig im Rahmen dieses Laborpraktikums, knüpfen aber an ihr fachdidaktisches Vorwissen des Studiums an, in dem sie bereits Kompetenzen erworben haben, die sie u.a. dazu befähigen, Chemieunterricht unter Berücksichtigung konstituierender Elemente chemiebezogener Lern- und Kommunikationsprozesse (z.B. Experimente, Modelle, Fachsprache) fachlich zu fundieren und lerntheoretisch im Hinblick auf die (fachlichen) Lernziele unter besonderer Berücksichtigung der Lernvoraussetzungen der Schüler/innen zu begründen. Der praktische Prüfungsteil beinhaltet die Präsentation eines Schüler/innenexperiments. Einerseits geht es in diesem Prüfungsteil darum, die eigenen experimentellen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Studierenden zu überprüfen, die einen wesentlichen Teil der Chemielehrer/innenkompetenz bilden und durch die aktive Teilnahme am Praktikum entwickelt werden können. Andererseits geht es um die begründete Verortung des Schüler/innenexperiments in den didaktischen Gesamtzusammenhang: Vor, während und nach der experimentellen Prüfungspräsentation erklären die Studierenden die fachlichen und fachdidaktischen Besonderheiten des Experiments, indem sie dieses im Hinblick auf die zu erreichenden Lernziele, die didaktisch-methodischen Einsatzmöglichkeiten in den konkreten Unterrichtsgang sowie mögliche Fehlerquellen für Lehrende und Lernende auch unter Einbezug von Sicherheitsaspekten erläutern und reflektieren. Insbesondere die Abschlusssitzungen des Laborpraktikums sollen die Studierenden angemessen auf diesen praktischen Prüfungsteil vorbereiten.

Im Rahmen der kombinatorischen Prüfung werden die Leistungen der Studierenden in beiden Prüfungsteilen gleichermaßen berücksichtigt. Die schriftliche Ausarbeitung dient als Grundlage für den experimentell- praktischen Prüfungsteil. Dabei werden die Prüfungsteile nicht getrennt voneinander bewertet, sondern es wird im Anschluss an die experimentelle Präsentation und Diskussion eine Note für beide Prüfungsteile gegeben. Bewertet werden die Qualität der schriftlichen Ausarbeitung und der praktischen Prüfung unter besonderer Berücksichtigung der intendierten kompetenzorientierten Ziele des chemiedidaktischen Laborpraktikums. Das hierfür zugrundeliegende Bewertungsraster berücksichtigt die intendierten kompetenzorientierten Ziele des Praktikums, indem sich die Bewertungsmaßstäbe an den drei übergeordneten Kompetenzbereichen (fachliche Kompetenzen, experimentelle Kompetenzen, fachdidaktische Kompetenzen) orientieren. Darüber hinaus beinhaltet es ebenfalls drei Anforderungsbereiche als Ausprägungen der von den Studierenden erbrachten Leistung (vgl. ctl.univie.ac.at/ars-docendi/gross/bewertungsraster ).

Neben dem Bewertungsraster, das für beide Prüfungsteile, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung gültig ist, werden ebenfalls spezifische Bewertungsmaßstäbe an die einzelnen Prüfungsteile gestellt. So werden bei der schriftlichen Ausarbeitung zusätzlich formale Kriterien (u.a. sachlicher und logischer Aufbau, sachgerechte und übersichtliche Struktur, schlüssige und stringente Ausführungen, angemessener Umgang mit Fachwörtern, Fachbegriffen und Definitionen, bibliographische Arbeit oder Grammatik, Interpunktion und Orthographie) und im praktischen Prüfungsteil Präsentationskompetenzen (u.a. angemessene Verwendung der Fachsprache, Verständlichkeit und Übersichtlichkeit) der Studierenden beurteilt.

Mit dem gesamten Prüfungsraster soll es gelingen, eine möglichst kriteriale bzw. sachliche Bezugsnorm in der Bewertung zu fokussieren, um Urteilsungenauigkeiten und -verzerrungen, die durch psychologischen Wahrnehmungstäuschungen oder Beobachtungsfehler (u.a. Rosenthal-Effekt, Primacy-Effekt oder Halo-Effekt; vgl. Werth & Sedlbauer 2015, Groß 2017), insbesondere im praktischen Prüfungsteil entstehen können, angemessen entgegenzuwirken. Mit Blick auf die Bewertung der Studierendenleistungen anhand des Vergleichs mit den angestrebten Lehr- und Lernzielen des Laborpraktikums ist es bedeutsam, dass der ausgewählte Prüfungsinhalt, d.h. die jeweiligen Experimente möglichst gleichwertig in Bezug auf die handwerklich-experimentellen, fachlichen und fachdidaktischen Anforderungen sein müssen. Die Auswahl und Einstufung der Experimente erfolgt deshalb durch die Praktikumsleitung, die ein Ungleichgewicht in den Anforderungen in ihre Beurteilung mit aufnehmen. Zu den genauen Prüfungsmodalitäten wird auf Groß, 2019 verwiesen.

Die Grundlage zur Auswertung der durchgeführten praktischen Prüfung bildet das in ctl.univie.ac.at/ars-docendi/gross/bewertungsraster vorgestellte Prüfungsraster. Durch die transparente Darlegung der Anforderungen an die Studierenden mit Hilfe der aufgestellten Prüfungskriterien sowie der Kenntnis der Studierenden über den konkreten Prüfungsablauf, steht zu erwarten, dass eine möglichst objektive Beurteilung erfolgen kann. Darüber hinaus werden die eingesetzten Prüfungsexperimente im Vorfeld durch die Praktikumsleitung im Hinblick auf mögliche Schwierigkeiten und Fehlerquellen antizipiert. Insbesondere die Präsentationskompetenzen der Studierenden ermöglichen einen breiteren Spielraum der Bewertung. Im Sinne eines nachhaltigen Kompetenzerwerbes stellt zum Beispiel der angemessene Umgang der Studierenden mit Fehlern sowohl in der experimentellen Durchführung als auch in der fachlichen und fachdidaktischen Reflexion des Experiments eine nicht unbedeutende Rolle. In diesem Sinne geht es bei der Bewertung dieser Fähigkeiten und Fertigkeiten der Studierenden nicht nur darum, dass sie möglichst fehlerfrei präsentieren, sondern vor allem auch darum, dass sie ihr fehlerbehaftetes Verhalten erkennen, reflektieren und schließlich Lösungsvorschläge darlegen können, die das Ausmaß ihres Kompetenzzuwachses deutlich zu zeigen vermögen.

Die Studierenden werden durch die spezifische Gestaltung des Laborpraktikums sukzessive sowohl auf die kombinatorische Prüfung als auch langfristig auf die anspruchsvolle Aufgabe als Chemielehrende angemessen vorbereitet. Allerdings wird erst die konkrete Durchführung der vorgestellten kombinatorischen Prüfung zeigen, ob das Bewertungsraster den intendierten Kompetenzerwerb der Studierenden tatsächlich abdecken kann.

Neben der Weiterentwicklung der Prüfungsform wird darüber hinaus versucht, die Lehrveranstaltung mit neuen Lehrveranstaltungen des außerschulischen Lernortes ELKEAustria an der Universität Wien zu verknüpfen, in denen die Studierenden die Möglichkeit erhalten, Schüler/innen in experimentellen Lernumgebungen zu betreuen und damit ihre erworbenen Kompetenzen anzuwenden und weiter auszubauen.

Die genauen Angaben zur verwendeten Literatur finden sich unter: ctl.univie.ac.at/ars-docendi/gross/literatur

Akzeptanz

Neben der allgemeinen Evaluation der Lehrveranstaltung durch die Universität Wien, in der die Lehrveranstaltung von den Studierenden sehr positiv bewertet wird, erfolgt auch eine interne Evaluation im Sinne einer Prä-/Post-Erhebung. Der zu Beginn der Lehrveranstaltung eingesetzte halbstrukturierte Fragebogen wird ebenso am Ende des Laborpraktikums eingesetzt. Die Aussagen der Studierenden zeigen, dass sie wesentliche Chemielehrer/innenkompetenzen entwickeln konnten, die den intendierten fachlichen, fachdidaktischen und experimentellen Kompetenzen entsprechen:

Beispielaussagen zu der Frage: Welche Erkenntnisse nehmen Sie aus der Lehrveranstaltung mit?

 

Fachlich-experimentelle Erkenntnisse:

„Die notwendige Ausarbeitung der Experimente und deren vorherige Durchführung“, „Welche Experimente möglich sind bzw. welche passend sind, um bestimmte Ergebnisse zu zeigen“, „Einordnung in Lehrplan“, „wichtige Konzepte der Laborsicherheit in der Schule“, „Sicherheit und Entsorgung, rechtliche Aspekte“, „Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung sehr wichtig und relevant für mich. Wie man sich am besten auf Schulversuche vorbereitet.“

 

Fachdidaktische Erkenntnisse:

„Kritisches Hinterfragen wurde geprüft“, „Problemlösevorgänge bei Schülern wecken größeres Interesse und sind didaktisch sinnvoller als Kochrezepte“, „Experimente prüfen vor Einsatz auf Gefahr, mir war das Ausmaß nicht so bewusst; Experimente im Kontext sind im Unterricht zielführend“, „Öffnung der Experimente, wo möglich, um Alltagsbezug herzustellen“.

 

Beurteilung der Lehrveranstaltung:

Insgesamt beurteilen die Studierenden die Lehrveranstaltung als zielführend für ihren individuellen Professionalisierungsprozess:

„Alles in allem eine interessante und gewinnbringende Veranstaltung“, „Sehr gutes Labor, bringt sehr viel fürs Arbeiten als Lehrerin“, „Eine der besten Veranstaltungen meines Studiums“, „Strukturiert und bereitet einen wirklich auf die tatsächlichen Aufgaben einer Chemielehrerin vor“

 

Auch die Art und Weise der Gestaltung der Lehrveranstaltung wurde positiv hervorgehoben:

„Bis jetzt waren alle Labore sehr theoretisch bzw. nicht lehramtsorientiert. [...] Diese Lehrveranstaltung hat mich besser vorbereitet“, „Gut war, viele verschiedene Experimente auszuprobieren, zu reflektieren und Verbesserungen zu finden“, „Das selbstständige Arbeiten und Organisieren“, „Betreuung, Versuche, eigenständiges Erarbeiten von Versuchen“, „Hohe Varietät an Versuchen, guter fachlicher Input, viel eigenständiges Arbeiten, angenehmes Arbeitsumfeld“, „Sehr angenehmes, offenes, freundliches, lernunterstützendes Klima! Sehr eigenständiges und flexibles Arbeiten, Möglichkeit, sich selbst einzubringen“, „Das Seminar hat großen Spaß gemacht. Ich habe einiges dazu gelernt und auch gesehen, dass didaktische und experimentelle Ideen meinerseits von den KollegInnen gut positiv angenommen wurden“.

Aufwand

Die Lehrveranstaltung lebt von der Selbstorganisation und Eigenverantwortung der teilnehmenden Studierenden. Nichtsdestotrotz liegt die übergreifende Verantwortung für die notwendigen infrastrukturellen Bedingungen einerseits und die inhaltliche Klarheit und Stringenz der Lehrveranstaltung andererseits bei der Praktikumsleitung, die die Lernprozesse der Studierenden systematisch im Blick behalten muss. Im Vergleich zu üblichen Laborpraktika verursacht diese Lehrveranstaltung deshalb sowohl einen zum Teil erhöhten organisatorischen Aufwand (u.a. Gewährleistung, dass die benötigten Materialien und Chemikalien, die sich in jedem Semester ändern können, vorhanden sind) als auch einen erhöhten zeitlichen Aufwand in der Betreuung und Supervision der Studierenden während der Lehrveranstaltung.
Schließlich wird auch in Zukunft die kombinatorische Prüfung einen erhöhten zeitlichen und organisatorischen Aufwand an die Lehrenden darstellen, der sich allerdings mit gut ausgebildeten Lehrkräften mehr als rechtfertigen lassen kann.

Positionierung des Lehrangebots

Die Lehrveranstaltung „Lehren und Lernen im Labor“ ist eine prüfungsimmanente Pflichtlehrveranstaltung im Bachelorstudium Unterrichtsfach Chemie (BEd) am Institut für Didaktik der Chemie an der Universität Wien. Bis zum WS 19/20 war sie ebenfalls im fortgeschrittenen Diplomstudium Lehramt Unterrichtsfach Chemie, Pflichtmodul „Fachdidaktik“ verortet. Derzeit ist sie Teil des Pflichtmoduls „Wahlbereich UF CH17“ und wird von den Studierenden im 6.-7. Semester belegt. Die Lehrveranstaltung setzt voraus, dass die Studierenden bereits ein ausreichend chemisch-fachliches Wissen und die damit einhergehenden experimentellen Kompetenzen durch die Teilnahme an chemischen Fachpraktika sowie ein grundlegendes fachdidaktisches Wissen erworben haben. Die Verortung im letzten Studienabschnitt ist auch deshalb zielführend, da die Studierenden in den nachfolgenden Praxisphasen des Masterstudiengangs ihre hier erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten zeitnah in der realen Schulpraxis erproben können.

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2020 nominiert.
Ars Docendi
2020
Kategorie: Lernergebnisorientierte Prüfungskultur und deren Verankerung in der Lehrveranstaltung
Ansprechperson
Katharina Groß, Univ.-Prof. Dr.
Institut für Didaktik der Chemie, Fakultät für Chemie und Zentrum für Lehrer/Innenbildung
01 4277 70400
Nominierte Person(en)
Katharina Groß, Univ.-Prof. Dr.
Institut für Didaktik der Chemie, Fakultät für Chemie und Zentrum für Lehrer/Innenbildung
Themenfelder
  • Curriculagestaltung
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Schnittstelle zum Arbeitsmarkt
  • Erfahrungslernen
  • Rund ums Evaluieren der Lehre
  • Rund ums Prüfen
  • Sonstiges
Fachbereiche
  • Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik/Ingenieurwissenschaften