Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Innrain 52, 6020 Innsbruck
Weitere Beispiele der Hochschule

The Presence of the Past in Urban Space: Chernivtsy – Innsbruck An international joint universities project on cultural heritage in public space

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Das kulturelle Erbe einer Gesellschaft ist vor allem im öffentlichen urbanen Raum in vielfacher Weise im Alltag präsent. Die Wahrnehmung und Pflege dieses Erbes in der Erinnerung ist indes einer ständigen Neukontextualisierung unterworfen. Gründe dafür liegen u.a. im veränderten gesellschaftlichen wie politischen Umfeld, aber auch im konstant diskursiven Umgang der jeweiligen Gesellschaft mit ihrer Vergangenheit. In den Jahrzehnten seit dem Fall des Eisernen Vorhangs haben sich zudem ältere Strukturen in den Vordergrund geschoben, Manches wurde vergessen oder verdrängt, Neues ist hinzugekommen. Gilt die Stadt gemeinhin als Grundgesamtheit eines verdichteten menschlichen Daseins, so sind der urbane Öffentliche Raum und seine Einschreibungen ihr Archiv, bzw. ihre Erinnerung. Zugriff und Verständnis dieses ‚Archives‘ sind dabei abhängig von den Möglichkeiten eines methodisch wissenschaftlichen Instrumentariums, vor allem aber auch vom Erkennen, Dokumentieren und Nutzen des vorhandenen Erbes. Ziel dieses Projektes ist es daher, in internationaler Zusammenarbeit zwischen den Universitäten ?ernivci und Innsbruck sowie den beteiligten Museen beider Städte eine junge Generation von Studierenden aus der Ukraine und aus Österreich mit dem facettenreichen Gedächtnisspeicher urbaner Raum vertraut zu machen. Dabei soll ihnen im interdisziplinären Austausch in Form eines wechselseitigen Praktikums das methodische Instrumentarium für den Umgang mit dieser wichtigen gesellschaftlichen Ressource vermittelt werden.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Das kulturelle Erbe einer Gesellschaft ist vor allem im öffentlichen urbanen Raum in vielfacher Weise im Alltag präsent. Die Wahrnehmung und Pflege dieses Erbes in der Erinnerung ist indes einer ständigen Neukontextualisierung unterworfen. Gründe dafür liegen u.a. im veränderten gesellschaftlichen wie politischen Umfeld, aber auch im konstant diskursiven Umgang der jeweiligen Gesellschaft mit ihrer Vergangenheit. In den Jahrzehnten seit dem Fall des Eisernen Vorhangs haben sich zudem ältere Strukturen in den Vordergrund geschoben, Manches wurde vergessen oder verdrängt, Neues ist hinzugekommen. Gilt die Stadt gemeinhin als Grundgesamtheit eines verdichteten menschlichen Daseins, so sind der urbane Öffentliche Raum und seine Einschreibungen ihr Archiv, bzw. ihre Erinnerung. Zugriff und Verständnis dieses ‚Archives‘ sind dabei abhängig von den Möglichkeiten eines methodisch wissenschaftlichen Instrumentariums, vor allem aber auch vom Erkennen, Dokumentieren und Nutzen des vorhandenen Erbes. Ziel dieses Projektes ist es daher, in internationaler Zusammenarbeit zwischen den Universitäten ?ernivci und Innsbruck sowie den beteiligten Museen beider Städte eine junge Generation von Studierenden aus der Ukraine und aus Österreich mit dem facettenreichen Gedächtnisspeicher urbaner Raum vertraut zu machen. Dabei wird ihnen im interdis. Austausch in Form eines wechselseitigen Praktikums das meth. Instrumentarium für den Umgang mit dieser wichtigen gesellsch. Ressource vermittelt.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

In everyday life, a society‘s cultural heritage is present in public urban space in a variety of ways. How this heritage is perceived and maintained, however, depends on an ongoing recontextualization in response to changes in the social and political circumstances as well as to the ongoing discursive handling of the past by the relevant society. In the decades since the fall of the Iron Curtain, older structures have come to the fore, some elements have been forgotten or repressed, others added. With the city as a whole generally understood as condensed human existence, public urban space and its ascriptions are its archive and its memory. Access to and understanding of these archives are contingent on instruments of scientific method, but also and importantly, on the recognition, documentation and use of the existing heritage. The project aims to introduce a young generation of students from Austrian and the Ukraine to the multi-faceted memory of the urban space through the international cooperation of the universities of ?ernivci and Innsbruck, plus the relevant museums of both cities. An interdisciplinary exchange in the form of mutual internships will provide the students with an opportunity to acquire the methods and instruments for handling this essential societal resource.

Nähere Beschreibung des Projekts

Das kulturelle Erbe von Städten wie Czernowitz, dem heutigen ukrainischen Cernivtsi beschränkt sich nicht nur auf seine gebaute Substanz, sondern ist vor allem im öffentlichen urbanen Raum in vielfacher Weise alltäglich präsent. Allerdings verändert sich der Charakter – Ausstrahlung und Lesbarkeit – dieser Einschreibungen in den Öffentlichen Raum über die Zeit. Einerseits ist es die Wahrnehmung. In den seit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges mehr als 100 vergangenen Jahren, hat sich in der Stadt Czernowitz die Gesellschaft erheblich verändert und damit ihr Blickwinkel. Andererseits sind manche Erinnerungselemente in Vergessenheit geraten oder neue hinzugekommen. In den zweieinhalb Jahrzehnten seit dem Fall des Eisernen Vorhangs haben sich zudem wieder ältere Strukturen in den Vordergrund gearbeitet oder werden – aus verschiedenen Gründen – neuerlich besonders betont; andere hingegen mit einem Schleier des Undeutlichen verhängt, z.T. auch verdrängt. Auf diese Weise präsentiert sich nicht nur die Stadt als Grundgesamtheit verdichteten menschlichen Daseins (E. Lichtenberger), sondern der Öffentliche Raum fungiert dabei als greifbares Archiv der Vergangenheit. Der jeweilige Zugriff auf dieses Archiv und dessen Auswertung ist dabei abhängig von den Möglichkeiten eines methodisch wissenschaftlichen Instrumentariums, vor allem aber auch vom Erkennen des vorhandenen Erbes.

 

Background information

Die Forschung hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von Studien vorgestellt, welche die Problematik des Öffentlichen städtischen Raumes als Gedächtnisspeicher (mit einem Schwerpunkt auf dem östlichen Europa) in besonderer Weise thematisieren. Dieses neue Forschungsfeld galt es nunmehr einer jüngeren Generation von Studierenden zu erschließen. Dabei erschien der Erfahrungsaustausch, der sich aus einem Vergleich zunächst unterschiedlicher Räume ergab, ein grundlegendes Element in der didaktischen Methodik dieses Vorhabens. Neben der notwendigen wissenschaftlichen Einführung in die Besonderheiten des zu behandelnden Raumes (der zu behandelnden Räume) war daher auch ein phänomenologischer Zugang in Form eines empirisch angelegten Praktikums in Zusammenarbeit bzw. im Austausch mit Studierenden vor Ort angestrebt worden. Gleichzeitig bot dieser Ansatz indes auch die Möglichkeit, Institutionen, die sich in ihrer Grundaufgabe dem Erinnern widmen – nämlich Museen – über die Grenzen hinweg zu vernetzen und Studierende an diesem Erfahrungsaustausch teilhaben zu lassen.Als Arbeitsräume waren die ukrainische Stadt Cernivci (das frühere rum. Cernauti bzw. österreichische Czernowitz), die Hauptstadt der gleichnamigen Oblast‘ und Innsbruck, die Landeshauptstadt des österreichischen Bundeslandes Tirol auszuwählen. Seitens des Projektleiters (Kurt Scharr / Gunda Barth-Scalmani) bestehen zu Czernowitz seit über 15 Jahren intensive Beziehungen aus mehreren Forschungs- wie Lehraufenthalten auch mit Studierenden. Diesbezüglich konnte eine umfangreiche Lehrerfahrung mit eingebracht werden. Inhaltlicherseits boten sich beide urbane Räume als Provinzhauptstädte durch ein weites Spektrum des historischen Gedächtnisses im Öffentlichen Raum besonders im Verlauf des 19. wie 20. Jahrhunderts an. Zudem existierte zwischen Innsbruck und Cernivci im Rahmen der Habsburgermonarchie ein intensiver akademischer Austausch, der damit einen neuen Impuls erfuhr. Durch die praktische wie interaktive Kooperation mit den Landesmuseen (sowohl in Cernivci als auch Innsbruck) wurde zudem die Basis für eine künftige engere Zusammenarbeit im Hinblick auf gemeinsame Aktivitäten bereitgestellt. Gleichzeitig eröffnete sich für die Studierenden beider Seiten ein potentielles Arbeitsfeld, auf dem durch dieses Praktikum – neben dem interkulturellen Austausch – erste Erfahrungen gesammelt werden konnten.

In der interdisziplinären Verknüpfung verschiedener universitärer Fächer (im konkreten Fall der Geschichte/Ethnologie sowie der Geographie) bereiteten die Studierenden zunächst auf den Raum in Form einer spezialisierten Lehrveranstaltung durch ihre akademischen Lehrer an ihrer Heimatuniversität (Innsbruck/Cernivci) vor. Dabei waren die Fragestellungen des Praktikums bzw. Forschungsvorhabens vor Ort in Kooperation mit den zusätzlich beteiligten Museen (d.h. in Innsbruck/Cernivci) zu erarbeiten.

 

Presentation

Die Vorstellung der vorläufigen Ergebnisse erfolgte nach Ausarbeitung durch die Studierenden beider Universitäten im Rahmen der Arbeitsgruppen in der Stadtbibliothek von Cernivci, während des Praktikums. Die Stadtbibliothek hat sich in den letzten Jahren als ein zentraler Ort der Kommunikation und des Gedankenaustausches innerhalb der städtischen Kulturlandschaft von Cernivci etabliert. In Form von kleinen Veranstaltungen treffen sich dort regelmäßig Schüler, Studierende, Lehrende wie Forschende zu Buchvorstellungen, Diskussionsabenden u.a. Daher wurde dieser innerstädtische Mikroraum bewusst für die Präsentation der Zwischenergebnisse gewählt und in das Gesamtprojektvorhaben eingebunden. Umgekehrt galt das selbstverständlich auch für die Bibliothek des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum. Im Verlauf des Wintersemesters erfolgte im Rahmen einer eigenen Lehrveranstaltung (Übung) die Ausarbeitung der Ergebnisse in Textform. Am Semesterende lagen die druckfertigen Texte der Studierenden und der beteiligten Lehrenden sowie der Museologen aus Innsbruck zur Übersetzung ins Ukrainische vor. Der Ablauf erfolgte im zweiten Jahr in umgekehrter Reihenfolge. Nach eingehender Vorbereitung an ihrer Heimatuniversität in der Ukraine besuchten die Czernowitzer Studierenden/Lehrenden sowie zwei Museologen der Stadt für eine Woche Innsbruck, um hier in Kooperation mit der Universität Innsbruck (den beteiligten Studierenden und Lehrenden, sowie dem TLMF) ihr Praktikum zu absolvieren. Die Präsentation der Zwischenergebnisse am Ende des Praktikums erfolgte in der Bibliothek des Tiroler Landesmuseums. Während des folgenden Semesters wurden an der Universität Cernivci die Texte zur Publikation bzw. Übersetzung ins Deutsche vorbereitet.

 

Contribution/Relevance

Das Projekt bot beiden Universitäten die Gelegenheit einer ersten projektbezogenen internationalen wie fachübergreifenden Kooperation sowohl auf Ebene der Lehrenden als auch Studierenden und ermöglichte es, die historischen Beziehungen, die über Jahrzehnte hin durch die politischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts unterbrochen worden waren, wieder aufzunehmen. Zudem bot die dadurch eingeleitete Kooperation mit den Museen beider Städte eine sinnvolle Erweiterung im Hinblick auf eine zu erwartende breitenwirksame Umsetzung von Ergebnissen aus diesen oder zukünftigen gemeinsamen Forschungs-/Praktikumsvorhaben.

 

Correlation

Der Umgang mit dem historischen Erbe ist zentraler Gegenstand der historischen Wissenschaften. Die Hereinnahme des Raumes als Quelle für die Gesellschaft stellt ein gewisses Novum in den Geisteswissenschaften dar. Beide Universitäten setzen in ihrem Forschungsauftrag einen klaren Schwerpunkt auf ihren jeweiligen Universitätsstandort, i.e. die Stadt bzw. Region. Der Austausch auf verschiedenen Ebenen (besonders der beteiligten Universitätsinstitute) trägt wesentlich zur Wiederaufnahme der wissenschaftlichen Vernetzung und zur Erweiterung des Ausbildungsspektrums zukünftiger Forscher- wie Lehrergeneration an beiden Standorten bei. Zudem erfahren die in der Präsentationsphase beteiligten Bibliotheken eine Stärkung ihrer Mittlerfunktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Das Projektvorhaben stellte eine Möglichkeit dar, neue wissenschaftliche Netzwerke auf Basis einer zunächst ebenso überschaubaren wie auf eine konkrete Fragestellung bezogenen Thematik unter Einbeziehung der Lehre zu knüpfen.

Alle Ergebnisse wurden in zweisprachig, jeweils in Ukrainisch und in Deutsch in Innsbruck als auch in Cernivtsi herausgegeben. Der Band ist auch in Form einer open Access Publikation zugänglich. Durch die Zweisprachigkeit wird die Rezeption der Ergebnisse sowohl unter Studierenden als auch in der Forschung gefördert.

 

Internetlink zur Publikation in Ukrainisch

diglib.uibk.ac.at/urn:nbn:at:at-ubi:3-5826

Internetlink zur Publikation in Deutsch

diglib.uibk.ac.at/urn:nbn:at:at-ubi:3-5384

Nutzen und Mehrwert

Erfahrungswerte: Austausch, Kennenlernen anderer akademischer

Traditionen, eines anderen Landes (bei ähnlicher, z. T. gemeinsamer

staatlicher Vergangenheit), Projektkonzeption und Durchführung: von der

Antragstellung über die Datensammlung bis zur Publikation und

Präsentation.

Nachhaltigkeit

Auf jeden Fall in der Grundkonzeption des Studierenden-/Lehrendenaustausches an einer gemeinsam erarbeiteten Fragestellung.

Akzeptanz

-

Aufwand

Vorbereitungs- / Konzeptionszeit / Projektantrag, Reisekosten etc. (waren über Drittmittel gesichert), Auswertung und Druckvorbereitung, Projektwoche vor Ort (Czernowitz), Betreuung der Studierenden aus der Ukraine (Projektwoche Tirol)

Positionierung des Lehrangebots

Masterstudierende zweier Universitäten (Innsbruck/Czernowitz (Ukraine))

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2020 nominiert.
Ars Docendi
2020
Kategorie: Forschungsbezogene bzw. kunstgeleitete Lehre
Ansprechperson
Univ.-Prof. Mag. Dr. Kurt Scharr
Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie
0043-512-507-43202
Nominierte Person(en)
Univ.-Prof. Mag. Dr. Kurt Scharr
Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie
Gunda Barth-Scalmani, Ao. Univ.-Prof. Mag.a Dr.in
Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie
Themenfelder
  • Erfahrungslernen
  • Internationalisation@home
  • Wissenschaftliche (Abschluss)Arbeiten
Fachbereiche
  • Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften