Wirtschaftsuniversität Wien
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Volunteering@WU - Lernen macht Schule

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Die 2010 von der WU gemeinsam mit Caritas der Erzdiözese Wien und der REWE International AG ins Leben gerufene Initiative „Volunteering@WU - Lernen macht Schule“ fördert Kompetenzentwicklung und soziales Verantwortungsbewusstsein unter WU-Studierenden und leistet dabei gleichzeitig einen gesellschaftlichen Mehrwert, indem sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche in ihrem Bildungsweg unterstützt werden. Als Service-Learning-Angebot für WU-Studierende verfolgt das Programm einen ganzheitlichen Bildungsauftrag, in dem es nicht nur auf die fachliche Qualifizierung, sondern auch auf Persönlichkeitsbildung und die Entwicklung sozialer Kompetenzen abzielt.

 

Im Rahmen von „Lernen macht Schule“ wird ein Brückenschlag zwischen Studierenden und Kindern/Jugendlichen aus sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen geschaffen, damit beide Seiten voneinander lernen können:

 

(i) Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen 6 und 18 Jahren erleben durch die Studierenden positive Rollenvorbilder, die mit ihnen gemeinsam Zeit verbringen, sie (als „Lernbuddys“, „Musikbuddys“ oder im Rahmen eines Sommercamps) unterstützen und in ihren Interessen fördern. Der Beziehungsaufbau zu den Studierenden - als Bezugspersonen aus einer anderen Lebenswelt - stärkt die Persönlichkeit und das Selbstvertrauen der Kinder, fördert Freude am Lernen und macht Mut neue Wege zu beschreiten. Damit wird nicht nur die schulische, sondern auch die soziale Entwicklung maßgeblich unterstützt.

 

(ii) Den Studierenden ermöglicht „Lernen macht Schule“, sich auf neuartigem Wege überfachliche Kompetenzen anzueignen: Sie lernen Kinder und Jugendliche aus anderen Kulturkreisen kennen und erleben wie es Menschen geht, die oftmals unter schwierigsten Rahmenbedingungen ihr Leben meistern. Das ist nicht immer einfach, stellt die Studierenden vor Herausforderungen und eröffnet neue Perspektiven. Die Studierenden sind in der Betreuung der Kinder/Jugendlichen gefordert, sich aktiv mit gesellschaftlichen Problemfeldern auseinanderzusetzen und eigene Ideen und Fähigkeiten in die freiwillige Arbeit einzubringen. Dabei lernen sie, kulturelle und soziale Unterschiede zu reflektieren, auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen, eigenständige Pläne für die gemeinsam gestaltete Zeit zu entwickeln und ihre Vorbildfunktion verantwortungsbewusst wahrzunehmen.

 

Zentrales Ziel von „Lernen macht Schule“ ist somit sowohl die Unterstützung sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher als auch insbesondere die Ausbildung von selbstbestimmten, kritisch-denkenden und reflexiven WU-Studierenden, die sich als Teil der Gesellschaft begreifen, über den eigenen Tellerrand blicken und bereit sind, Verantwortung für sich selbst und andere Mitglieder der Gesellschaft zu übernehmen.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Im Rahmen von „Volunteering@WU - Lernen macht Schule“ engagieren sich jedes Semester mehr als 120 WU-Studierende und betreuen rund 240 Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen der Caritas Wien (Mutter-Kind-Häuser, Beratungsstellen etc.). Als „Lernbuddys“ treffen die Studierenden die Kinder wöchentlich für den Zeitraum (mind.) eines Semesters, um miteinander für die Schule zu lernen und Freizeit zu gestalten. Als „Musikbuddys“ nehmen die Studierenden mit den Kindern wöchentlich an einem Chor teil und arbeiten auf mehrere Aufführungen pro Semester hin. Im Rahmen der jährlichen Sommercamps können die Studierenden als Betreuer/innen mitwirken und mit den Kindern intensive Lern- und Beziehungserfahrungen sammeln.

 

Über Aus- und Fortbildungsseminare werden die Studierenden an der WU auf ihre Tätigkeit vorbereitet. In der Arbeit mit den jungen Menschen können sie eigene Fähigkeiten – aber auch Grenzen - entdecken, in der begleitenden Supervision reflektieren und entwickeln sich dadurch in ihren persönlichen und sozialen Kompetenzen weiter. Der Lernerfolg wird von den Studierenden selbst über ein Lerntagebuch sowie eine abschließende Reflexionsarbeit dokumentiert. Eine Teilnahme am Programm wird als freies Wahlfach (3 ECTS/Semester) im Studium anerkannt und mit dem Social Skills Zertifikat der WU ausgezeichnet.

 

Seit 2010 haben sich bereits über 1.200 Studierende in diesem Rahmen engagiert und mehr als 115.000 Stunden freiwillige Arbeit geleistet.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

“Volunteering@WU - Lernen macht Schule” benefits around 120 students each term by encouraging social responsibility and volunteering and supports approx. 240 kids from socially disadvantaged backgrounds in their educational career. WU students can participate as “learning buddies” to work with kids from various Caritas institutions (i.e. mother-child-homes, counseling centers). They meet with the children once a week during one or more terms to assist them with schoolwork as well as to spend joint leisure time. “Music buddies” participate in a choir together with the kids. They meet once a week to work on different performances each semester. In addition, students can volunteer as supervisors during a yearly summer camp in order to gain intensive learning experiences.

 

All students receive formal training to support them in their fieldwork. By working with the children, students discover their abilities, but also their limits and are challenged to develop their personal and social skills. Accompanying supervision stimulates reflection and further self-development. In order to evaluate learning outcomes, students keep a learning-diary and write a reflection essay at the end of their participation. Taking part in the program is recognized as a free elective in WUs curriculum (3 ECTS/term). Furthermore, students are entitled to receive WUs Social Skills certificate.

 

Since 2010, more than 1.200 students took part in the program and carried out 115.000 hours of voluntary work.

Nähere Beschreibung des Projekts

1. Innovative Hochschuldidaktik

„Lernen macht Schule“ basiert auf dem didakt. Konzept des Service Learnings, einer Lern- und Lehrmethode in der Hochschulbildung, die das Engagement für die Gesellschaft (service) mit der Schulung fachlicher, methodischer und sozialer Kompetenzen (learning) verbindet. Im Rahmen von Service-Learning-Projekten engagieren sich Studierende in gemeinnützigen Organisationen, die praktische Lernerfahrung wird mit theoretischen Ausbildungsinhalten verknüpft und in einem strukturierten Rahmen reflektiert und begleitet. Wesentliches Kriterium ist dabei, dass die Projekte über einen klaren Bezug zu den universitären Lernzielen verfügen und den Bedürfnissen der Gemeinschaft gerecht werden (vgl. Bartsch 2009: 10).

In Hinblick auf die Lernziele wird im Rahmen von „Lernen macht Schule“ ein „fächerübergreifender Ansatz“ (Bartsch 2009; 21ff.) verfolgt, d.h. im Vordergrund steht die Schulung von Sozial- und Persönlichkeitskompetenzen der Studierenden. Der Lernerfolg wird durch den engen Theorie-Praxis-Bezug erhöht, zentrales Element ist dabei die Reflexion, die dem Herausarbeiten der individuellen Kompetenz- u. Persönlichkeitsentwicklung der Studierenden sowie dem damit verbundenen Transfer in die eigene Berufs- und Lebensrealität dient.

 

2. Kompetenzorientierung

Nachdem es sich bei „Volunteering@WU-Lernen macht Schule“ um ein Service-Learning-Programm handelt, sind folgende didaktische Prinzipien für die Kompetenzentwicklung von höchster Bedeutung (vgl. Eyler/Giles 1999):

2.1 Die Vermittlung theoretischen Wissens als Grundlage für praktische Tätigkeiten

2.2 Die kontinuierliche Reflexion der praktischen Aktivitäten in Kleingruppen

2.3 Die Dokumentation und Evaluation der Lernerfahrungen

 

2.1 Vermittlung theoretischen Wissens

Die theoretischen Seminare im Rahmen von „Lernen macht Schule“ unterteilen sich in eine Grundausbildung, an der die Studierenden zu Beginn der Tätigkeit teilnehmen sowie Praxisseminare, die in Form von Wahlmodulen während des Semesters angeboten werden und darauf abzielen, die Studierenden in ihrer laufenden Arbeit zu unterstützen. Sowohl die Grundausbildung als auch die Praxisseminare sind für die Teilnahme an „Lernen macht Schule“ verpflichtend und widmen sich 3 spezifischen Themengebieten:

(i) Den Lebenssituationen und Entwicklungsbedürfnissen von Kindern/Jugendlichen aus sozialen Randgruppen:

Learning Outcomes: Die Studierenden kennen die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen, die am Programm teilnehmen und wurden über Rollenspiele in ihrer Empathiefähigkeit gestärkt. Sie sind mit verschiedenen Aspekten der Entwicklungspsychologie (z.B. altersspezifische Krisen der Kindheit/Pubertät/Adoleszenz) vertraut und können altersadäquat auf Kinder/Jugendliche eingehen.

(ii) Der Beziehungsgestaltung zu den Kindern und Jugendlichen:

Learning Outcomes: Die Studierenden kennen Begriffe und Instrumente der Sozialpädagogik. Sie sind in der Lage, die eigene Rolle als Buddy zu reflektieren, Handlungsoptionen und Abgrenzungsstrategien zu entwickeln und die Buddy-Beziehung sensibel zu gestalten.

(iii) Den Methoden der Lernförderung:

Learning Outcomes: Die Studierenden sind mit Methoden zur Sprachförderung und sprachsensiblen Arbeit vertraut und können die Grenzen der eigenen Einflussmöglichkeiten im Rahmen der Lern- und Freizeitbetreuung ausloten. Sie wissen über (zweit)sprachliche Anforderungen Bescheid und können motivations- u. konzentrationsfördernde Rahmenbedingungen für die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen schaffen.

 

Im Rahmen der 2-tägigen Grundausbildung werden den Studierenden alle oben genannten Themengebiete vermittelt. Durch die Teilnahme an den Praxisseminaren haben sie darüber hinaus jedes Semester die Möglichkeit, sich in eines der Themen im Rahmen eines ganztägigen Moduls zu vertiefen. Zusätzlich können die Studierenden an semesterweise wechselnden Fortbildungsangeboten teilnehmen, deren Themen sich an ihren Wünschen und Interessen orientieren (bisher wurden u.a. folgende Seminare gewünscht: Argumentationstraining gegen diskriminierende Äußerungen, Kommunikation u. Interkulturalität, Spielpädagogik, Asylrecht).

 

2.2 Die kontinuierliche Reflexion der praktischen Aktivitäten in Kleingruppen

Die Reflexionseinheiten finden jedes Semester in Form einer 2-stündigen Team- bzw. Gruppensupervision statt. Dieser Supervisionstermin dient sowohl der Teamentwicklung und dem gemeinsamen Erarbeiten von Problemlösungsstrategien als auch der Reflexion individueller Lernziele u. -ergebnisse. Zusätzlich haben alle Studierenden während ihrer gesamten Tätigkeitzeit die Möglichkeit bei Bedarf Einzel- od.Teamsupervision in Anspruch zu nehmen.

Bei Beendigung der Tätigkeit seitens der Studierenden, nehmen diese darüber hinaus an einer 2-stündigen Abschluss-Reflexion teil. Hier werden einerseits das Beziehungsende und die Abschiedsgestaltung von den Kindern/Jugendlichen thematisiert, andererseits steht der Raum für die abschließende Reflexion der gemachten Lernerfahrungen sowie Impulsen zur weiteren Persönlichkeitsentwicklung zur Verfügung.

 

2.3 Die Dokumentation und Evaluation der Lernerfahrungen

Die Evaluierung des Lernerfolgs gestaltet sich bei fächerübergreifenden Service-Learning-Programmen, die den Schwerpunkt auf persönliche und soziale Kompetenzen legen, naturgemäß schwierig. Im Rahmen von „Lernen macht Schule“ wurden deshalb mit einem Lerntagebuch sowie einer abschließenden Reflexionsarbeit Instrumente entwickelt, über die die Studierenden ihre persönliche Entwicklung und individuellen Lernergebnisse laufend sichtbar machen und selbst dokumentieren können:

Das Lerntagebuch wird von den Studierenden während der gesamten Teilnahmedauer geführt. Es beinhaltet die Zeiterfassung der Treffen mit den betreuten Kindern/Jugendlichen, eine detaillierte Dokumentation der gemeinsam verbrachten Zeit sowie die damit verbundenen eigenen Erkenntnisse und Lernerfahrungen.

Die Reflexionsarbeit baut auf dem Lerntagebuch auf und zielt darauf ab, das Erlebte auf einer Metaebene zu beleuchten und damit die persönlichen Lernergebnisse vertieft herauszuarbeiten. Die Studierenden werden dazu angeleitet, die praktischen Erfahrungen im Feld unter folgenden Gesichtspunkten zu beleuchten:

 

(i) Die freiwillige Tätigkeit mit den Kindern/Jugendlichen (Wie ist der Beziehungsaufbau gelungen? Wie hat sich die Beziehung im Zeitverlauf verändert? Wie haben die Studierenden dazu beitragen? Welche Wirkungen haben sie in ihrer freiwilligen Arbeit erzielt? Wo gab es Erfolge/Schwierigkeiten?)

(ii) Die Zusammenarbeit im Team sowie in den Einrichtungen (Welche Rollen haben die Studierenden eingenommen? Wie hat sich die Zusammenarbeit im Laufe des Semesters entwickelt? Welche Rahmenbedingungen waren dabei förderlich/hinderlich?)

(iii) Persönliche Lernerfahrungen (Welche eigenen Werthaltungen und Ziele haben die Studierenden in die freiwillige Tätigkeit eingebracht? Wie haben sich diese entwickelt? Wo wurden sie vor Herausforderungen gestellt und wie sind sie damit umgegangen? Was haben sie auch aus Enttäuschungen lernen können? Welche Entscheidungen würden sie heute anders treffen?)

(iv) Transfer der Lernergebnisse (Was können die Studierenden aus ihrer Teilnahme am Programm in Hinblick auf ihre weitere persönliche und berufliche Entwicklung mitnehmen?)

 

Eine Forschungsarbeit (Modelhart 2014) hat den Kompetenzerwerb unter Studierenden im Rahmen von „Lernen macht Schule“ untersucht. Die Ergebnisse sind in die Entwicklung eines Social-Skills-Zertifikats eingeflossen, das den Studierenden nach mind. zwei-semestriger Teilnahme den Erwerb folgender Kompetenzen bescheinigt:

 

(i) Umgang mit Unsicherheit und Risiko: Die Studierenden lernen bewährte Methoden der Stressbewältigung anzuwenden sowie die eigene Resilienz zu stärken und dadurch vermeintliche Rückschläge, Enttäuschungen und persönliche Krisen als Chance zur persönlichen Weiterentwicklung zu sehen und zum eigenen Vorteil zu nutzen.

(ii) Soziale Verantwortung: Die Studierenden lernen gesellschaftlich verantwortungsbewusst zu agieren, d.h. Verantwortung für ihr eigenes Handeln sowie gegenüber Mitmenschen zu übernehmen und eine aktive Rolle in der Mitgestaltung unserer Gesellschaft einzunehmen. Sie setzen sich differenziert mit gesellschaftlichen Problemfeldern auseinander und lernen, anderen respektvoll und authentisch zu begegnen sowie ihre Vorbildfunktion verantwortungsbewusst wahrzunehmen.

(iii) Umgang mit kulturellen Unterschieden und Diversität im Alltag: Durch die Arbeit mit Kinder/Jugendlichen aus anderen Kulturkreisen und sozialen Schichten können die Studierenden ihre eigene kulturell geprägten Denk- und Verhaltensmuster reflektieren und sind in der Lage, eigene Erfahrungen mit Diversität konstruktiv zu nutzen.

(iv) Empathie: Nach ihrer Teilnahme können sich die Studierenden gut in ihr Gegenüber hineinversetzen und Gespräche unter Anwendung kommunikativer Strategien (z.B. Fragetechniken, aktives Zuhören) führen. In der Freiwilligenarbeit sind sie gefordert, zu verstehen, was die betreuten Kinder/Jugendlichen aus ihrem Erfahrungshorizont zu bestimmten Handlungen und Meinungen bewegt, um möglichst einfühlsam darauf einzugehen.

(v) Motivationskompetenz: Die Studierenden lernen ihre Rolle als „Role Model“ wahrzunehmen und was es heißt, auch in schwierigen Situationen Verantwortung zu übernehmen. Weiters erlernen sie unterschiedliche Motivationstechniken und können diese praktisch umsetzen um andere zu unterstützen, sich Ziele zu setzen und diese zu erreichen.

 

3. Studierendenzentrierung und Heterogenität

Um einen Rahmen für positive Lernerfahrungen zu schaffen, stehen bei „Lernen macht Schule“ die individuellen Interessen und unterschiedlichen Vorerfahrungen der Studierenden im Vordergrund. Folgende Maßnahmen tragen dazu bei, das Programm möglichst gut auf das Studium abzustimmen und die Bedürfnisse der Studierenden zu berücksichtigen:

 

i. Bevor die Studierenden ihre freiwillige Tätigkeit beginnen, erfolgt im Rahmen eines Einführungsmoduls eine umfassende Erwartungs- u. Rollenklärung. Klarheit betreffend der jeweiligen Aufgaben, Motive und Zielsetzungen ist Voraussetzung für eine Teilnahme am Programm und beugt Enttäuschungen auf Seiten der Studierenden sowie der Kinder/Jugendlichen vor.

ii. Die inhaltliche Gestaltung der Seminare und Supervision richtet sich zentral am Feedback der Studierenden aus. Dazu finden regelmäßige Evaluierungen der Ausbildungsmodule sowie laufende Bedarfserhebungen unter den Studierenden statt.

iii. Generell soll das freiwillige Engagement möglichst gut mit dem Studium zu vereinbaren sein. Insofern orientieren sich sowohl das begleitende Seminar- u. Supervisionsangebot als auch die Betreuungszeiten der Kinder- u. Jugendlichen nach den zeitlichen Verfügbarkeiten der Studierenden während des Studienjahrs, vorlesungsfreie Zeiten werden ausgespart und lern- bzw. prüfungsintensive Phasen an die teilnehmenden Caritas-Einrichtungen kommuniziert.

iv. Viel Zeit wird auch in den informationsintensiven Matching-Prozess zwischen den Studierenden und Kindern/Jugendlichen investiert. Dabei werden die Kompetenzen und Wünsche der Studierenden hinsichtlich der Art des Betreuungssettings (Einzel, Gruppe), Dauer der Anreise, Altersgruppe etc. mit den Bedürfnissen der Kinder/Jugendlichen abgestimmt.

v. Sowohl an der WU als auch in den Caritas-Einrichtungen gibt es für die Studierenden klar definierte Ansprechpartner/innen, die sie im Rahmen ihrer freiwilligen Tätigkeit begleiten und bei Fragen jederzeit unterstützen können. Um Schwierigkeiten in der freiwilligen Tätigkeit frühzeitig zu erkennen und Lösungsmöglichkeiten gemeinsam zu erarbeiten, werden laufend „Stimmungsbilder“ seitens der Studierenden und Einrichtungsverantwortlichen eingeholt. Darüber hinaus finden mehrmals jährlich sowohl Treffen mit den Studierenden, als auch mit den Einrichtungsverantwortlichen statt, um den Nutzen des Programms für alle Beteiligten (Studierende/Kinder) zu evaluieren und Verbesserungsvorschläge für die Weiterentwicklung aufzunehmen.

 

Diese Elemente der Studierendenzentrierung ermöglichen in vielen Fällen eine langfristige Teilnahme am Programm sowie damit verbunden einen nachhaltigen Beziehungsaufbau zu den Kindern und Jugendlichen. Obwohl die Mindestteilnahmedauer ein Semester beträgt, nehmen die meisten Studierenden ein ganzes Studienjahr am Programm teil. Manche sind sogar schon seit vielen Jahren in der Betreuung ihrer Kinder/Jugendlichen aktiv, haben enge Beziehungen geknüpft und führen die freiwillige Tätigkeit auch noch nach Abschluss ihres Studiums fort.

Quellen

Bartsch, G., Reiß, K., 2009. Do it! Learn it! Spread it! Service Learning für Studierende. Mehrwert-Agentur für soziales Lernen gGmbH. Stuttgart.

Eyler, J., Gyles, D., 1999. Where’s the Learning in Service Learning. San Francisco. Jossey Bass.

Modelhart, S., 2014. Kompetenzerwerb von Studierenden durch die Teilnahme an Service Learning Projekten von Hochschulen. Masterarbeit, Insti für Nonprofit Management, Wirtschaftsuniversität Wien

Nutzen und Mehrwert

Durch die Teilnahme im Rahmen von „Volunteering@WU - Lernen macht Schule“ werden persönliche Weiterentwicklung und soziale Kompetenzen unter den Studierenden gefördert. Die Studierenden erhalten Einblick in die Realitäten gemeinnütziger Organisationen und werden dazu befähigt, die in der Theorie erlernten Inhalte auf praktische Problemstellungen anzuwenden. Sie sind dabei gefordert, ihre Lernerfahrungen über Reflexion (Supervision, Lerntagebuch, Abschlussarbeit) herauszuarbeiten und entwickeln dadurch Kompetenzen wie problemanalytische Fähigkeiten, selbstreflexive und kommunikative Kompetenzen und Umgang mit Diversität etc. weiter. Darüber hinaus erwerben die Studierenden ein besseres Verständnis für andere Kulturen sowie ein erhöhtes Bewusstsein für gesellschaftspolitische Fragestellungen und soziales Verantwortungsbewusstsein. Nicht zuletzt wird durch die Teilnahme im Rahmen von „Lernen macht Schule“ auch das soziale Kapital der Studierenden gestärkt, indem sie sich mit Kolleg/inn/en, Projektpartner/inne/n und Unternehmen vernetzen, die ebenfalls soziale Anliegen vertreten.

 

Auch für die teilnehmenden Einrichtungen der Caritas Wien schafft das Programm einen echten Mehrwert, indem das freiwillige Engagement der Studierenden (mehr als 115.000 Stunden seit 2010) für sie zu einer zentralen Ressource geworden ist. Aus der mittlerweile 10-jährigen Erfahrung zeigt sich, dass ein erfolgreicher Brückenschlag zwischen jungen Menschen mit unterschiedlicher sozialer Herkunft und einer komplett anderen Lebensrealität wesentlich komplexer ist, als ein bloßes „Zusammenschließen“ oder „In-Verbindung-bringen“ beider Seiten. Voneinander Lernen setzt den Aufbau von Beziehung voraus, Beziehung wiederum benötigt adäquate Rahmenbedingungen, um entstehen und wachsen zu können. Dazu zählen bei „Lernen macht Schule“ sowohl die intensive Vorbereitung und Begleitung der Studierenden (über Seminare, Supervision, Reflexion und Rollenklärung...) als auch eine entsprechende Gestaltung des Settings für die Tätigkeit (engmaschige Betreuung der Studierenden vor Ort, Vertrauenspersonen für die teilnehmenden Studierenden und die Familien der Kinder…). Das Zusammenspiel dieser qualitätssichernden Maßnahmen auf den unterschiedlichsten Ebenen unterstützt dabei die Entwicklung der Buddy-Beziehungen maßgeblich und ermöglicht damit einen Kompetenzerwerb aller Teilnehmer/innen sowie wechselseitige Horizonterweiterung.

Nachhaltigkeit

„Lernen macht Schule“ wird seit 2010 an der WU umgesetzt und laufend weiterentwickelt. Das Konzept des Lernbuddy-Programms wurde 2013 an die Pädagogische Hochschule Niederösterreich und 2014 an das Internationale Forschungszentrum für soziale und ethische Fragen an der Universität Salzburg weitergegeben. So sind mittlerweile nach dem Vorbild der WU auch Studierende in anderen Bundesländern als Buddys für Kinder und Jugendliche im Einsatz.

Akzeptanz

 „Lernen macht Schule“ wird auf verschiedenen Ebenen durch Forschungsarbeiten begleitet und evaluiert. So wurde im Rahmen eines universitären Forschungsprojektes am Institut für Nonprofit Management der WU (Meyer, Neumayr, Rameder 2019) insbesondere der Einfluss der Lernbuddy-Tätigkeit auf Einstellungen (generalisiertes Vertrauen, Armutszuschreibungen, etc.) und Verhaltensweisen (ehrenamtliches Engagement) der Studierenden im Zeitverlauf untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass „Lernen macht Schule“ vor allem für Studierende, die - verglichen mit anderen Studierenden der WU - bisher keine oder nur wenig Erfahrung im ehrenamtlichen Engagement haben, ein attraktives Engagement- und Lernfeld darstellt. Das Programm ermöglicht den Studierenden ihre persönlichen Einstellungen zu Armutsursachen einem Reality Check zu unterziehen und auf Grundlage ihrer reflektierten Erfahrungen entsprechend anzupassen. Darüber hinaus haben sich Master- bzw. Bachelorarbeiten bislang mit den Motiven der teilnehmenden Studierenden sowie den Wirkungen und dem Nutzen des Programms aus unterschiedlichen Perspektiven (Kinder, Studierende, Einrichtungen) beschäftigt. Die Ergebnisse der Forschungsarbeiten fließen wiederum in die Weiterentwicklung des Projekts ein.

 

„Lernen macht Schule“ knüpft in seiner Konzeption an zahlreiche interdisziplinäre Forschungsarbeiten an, die sowohl die Wichtigkeit qualitätssichernder Maßnahmen im Service Learning als auch den vielschichtigen Kompetenzerwerb von Studierenden im Rahmen derartiger Aktivitäten dokumentieren. So zeigt sich einerseits, dass eine intensive Vorbereitung der Studierenden, engmaschige Begleitung im Feld sowie tiefgehende Nachbereitung und Reflexion maßgeblich zur Sicherstellung des Lernerfolges beitragen. Andererseits wird deutlich, dass die Verbindung von Theorie und Praxis im Kontext gemeinnütziger Einrichtungen den Erwerb zentraler Schlüsselkompetenzen fördert und die Studierenden auf eine künftige - (sozial) verantwortungsvolle - berufliche Position vorbereitet (vgl. Bartsch 2009: 23).

 

Ein Student der Wirtschaftspädagogik beschreibt seine Erfahrung als Lernbuddy folgendermaßen: „Wir Studierende können unsere Grenzen ausloten. Die Problem- und Konfliktlösekompetenz wird gefördert. Außerdem sind wir als Motivator/inn/en, Animateur/inn/en, Tröster/innen, Vorbilder, uvm. im Einsatz. Dafür werden wir mit vielen tollen Erlebnissen gemeinsam mit den Kindern reichlich belohnt. Diese Lernerfahrung der etwas anderen Art möchte ich nicht missen und ich werde noch sehr lange positiv daran zurückdenken.“

 

Zahlreiche Erfahrungsberichte der Studierenden als Lernbuddys, Musikbuddys und vom Sommercamp finden sich unter: www.wu.ac.at/students/volunteering („Lernen macht Schule“ – Buddy-Programme)

 

Quellen

Bartsch, G., Reiß, K., 2009. Do it! Learn it! Spread it! Service Learning für Studierende. Mehrwert-Agentur für soziales Lernen gGmbH. Stuttgart.

Meyer, Michael, Neumayr, Michaela, Rameder, Paul. 2019. Students’ Community Service: Self-Selection and the Effects of Participation. Nonprofit and Voluntary Sector Quarterly. 48 (6), 1162-1185

Aufwand

An der WU sind aktuell für das Programm drei Mitarbeiter/innen (2,5 Vollzeitäquivalente) beschäftigt. Die Personalkosten der Programmleitung werden zu 100% über das Globalbudget der WU abgedeckt, die Koordinator/inn/en für die einzelnen Projekte (Lernbuddy, Musikbuddy, Sommercamps) werden sowohl über WU-Mittel als auch über Sponsorengelder finanziert.

 

Die Sach- und Programmkosten wie die Vorbereitungs- und Fortbildungsseminare, die Supervision für Studierende, das „Buddy-Budget“ (€ 50.- pro Studierender und Semester für den Ankauf von Arbeitsmaterial und gemeinsame Freizeitgestaltung mit den Kindern), die Durchführung der Sommercamps u.v.m. belaufen sich auf rund 75.000,- Euro jährlich und werden ebenfalls aus den Sponsoringmitteln bezahlt. Neben den Gründungspartnern WU, Caritas Wien und REWE International AG unterstützen zahlreiche Handelspartner der REWE International AG die Initiative in Form von Geld- und Sachspenden.

Positionierung des Lehrangebots

Wahlfach-Angebot für alle Studierenden der WU (unabhängig von Studienrichtung und –fortschritt)

Links zu der/den Projektmitarbeiter/innen
Links zu Social Media-Kanälen
Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2020 nominiert.
Ars Docendi
2020
Kategorie: Lernergebnisorientierte Prüfungskultur und deren Verankerung in der Lehrveranstaltung
Ansprechperson
Mag.a Stefanie Mackerle-Bixa
Volunteering@WU
01-31336-5875
Nominierte Person(en)
Mag.a Stefanie Mackerle-Bixa
Volunteering@WU
Mag. Mag. Dr. Paul Rameder
Institut für Nonprofit Management, Social Entrepreneurship Center
Univ.Prof. Dr. Michael Meyer
Institut für Nonprofit Management
Themenfelder
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Erfahrungslernen
  • Sonstiges
Fachbereiche
  • Wirtschaft und Recht