Fachhochschule Burgenland GmbH
Campus 1, 7000 Eisenstadt
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Berufliche Handlungsreflexion - Verknüpfen einer praktikumsbegleitenden Lehrveranstaltung mit der praktischen Ausbildung in Gesundheitseinrichtungen

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

In Österreich ist die Ausbildung zum/r Physiotherapeut/in in der FH-MTD-Ausbildungsverordnung (FH-MTD-AV) geregelt. Diese gibt vor, dass die praktische Ausbildung im Ausmaß von mindestens 1125 Stunden in Krankenanstalten und Gesundheitseinrichtungen zu erfolgen hat.

Im Bachelorstudiengang Physiotherapie der Fachhochschule Burgenland GmbH ist der Umfang der praktischen Ausbildung laut Akkreditierungsantrag mit 50 ECTS festgelegt.

Die Studierenden absolvieren im Laufe des Studiums insgesamt sieben Praktika jeweils in den 5 Pflichtbereichen sowie in zumindest 2 Wahlbereichen. Die Fachbereiche der jeweiligen Praktika richten sich nach den gesetzlichen Vorgaben der FH-MTD-AV sowie nach dem jeweiligen Ausbildungsstand der Studierenden.

Der gesamte Prozess der Praktikumskoordination obliegt dem Aufgabenbereich eines/r Hochschullehrenden aus dem Bachelorstudiengang Physiotherapie.

Basis für die Organisation von Praktikumsplätzen sind bestehende Kooperationen der Hochschule mit verschiedenen Gesundheitseinrichtungen. An diesem „3. Lernort“ stellt sich die Herausforderung, dass Personen ohne direkten Bezug zur Hochschule die Studierenden betreuen. Daher ist eine Abstimmung zwischen der Praktikumsstelle und der Ausbildungsstelle unumgänglich.

Zur Intensivierung dieser Zusammenarbeit findet jährlich eine Praktikumsanleiter/innen-Konferenz statt, welche zur Vermittlung von praktikumsrelevanten Informationen und zum Erfahrungsaustausch dient, mit dem Ziel einen Konsens an der Schnittstelle Theorie und Praxis zu finden.

Praktikumsbegleitend wird an der Fachhochschule zusätzlich die Lehrveranstaltung „Berufliche Handlungsreflexion“ (I-IV) im Umfang von 4 ECTS abgehalten, die der professionellen Vorbereitung, Evaluation und Reflexion der Praktika sowie der gesetzlich vorgegebenen Physiotherapeutischen Prozesse (PT Prozesse) dient. Als Lern- bzw. Kommunikationsplattform steht zur Sammlung von praktikumsrelevanten Dokumenten ein eigens dafür eingerichteter, semesterübergreifender Moodle-Kurs zur Verfügung.

Ziel ist, den Studierenden eine optimale Vor- und Nachbereitung für die insgesamt sieben fünfwöchigen Praktika zu ermöglichen und sukzessive am Aufbau der beruflichen Handlungskompetenz als Physiotherapeut/in zu arbeiten.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Die Lehrveranstaltung „Berufliche Handlungsreflexion“ (I-IV) findet parallel zu den Praktika vom 3. bis zum 6. Semester statt. Sie dient der professionellen Vorbereitung, Evaluation und Reflexion der praktischen Ausbildung und wird in Form von Kleingruppen, Einzelcoachings und mittels vor-Ort-Besuchen an den jeweiligen Praktikumsstellen abgehalten. In der Beruflichen Handlungsreflexion I-III diskutieren die Studierenden in Kleingruppen zu max. 8 Personen ausgewählte PT Prozesse, die sie mit realen Patient/innen während ihres Praktikums durchgeführt haben. Die Vorgaben für die Bearbeitung und Reflexion variieren je nach Semester und richten sich nach dem Ausbildungsstand der Studierenden.

Zusätzlich werden die von Hochschullehrenden beurteilten PT Prozesse in Einzelcoachings reflektiert sowie auf Basis einer Stärken-Schwächen-Analyse individuelle Lernziele auf fachlich-methodischer und sozial-personaler Ebene für die weitere praktische Ausbildung besprochen und schriftlich vereinbart.

Im 6. Semester (Berufliche Handlungsreflexion IV) findet im Rahmen von Vor-Ort-Besuchen der Hochschullehrenden an ausgewählten Praktikumsstelle eine praktische Prüfung mit einem/r Patient/in statt. Dabei führen die Studierenden unter Supervision der Hochschullehrenden einen PT Prozess durch, der Anamnese, Befundung, Ableitung der Physiotherapeutischen Diagnose, Therapieplanung, Behandlung und Evaluation umfasst.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

The lecture "Reflective practice in physiotherapy" (I-IV) takes place parallel to the internships from the 3rd to the 6th semester. It supports the professional preparation, evaluation and reflection of the clinical placement and is held in form of small groups, individual coaching and by on-site visits at selected clinical placements. In the lecture “Reflective practice in physiotherapy I-III” the students discuss, in small groups of max. 8 people, selected PT processes which they have performed with real patients during their clinical placements. The guidelines for processing and reflection vary from semester to semester and depend on the students' educational level.

In addition, the PT processes assessed by university lecturers are reflected in individual coaching sessions. As well as based on a strength-weakness-analysis, individual learning objectives are discussed with students at a professional-methodological and social-personal level for further clinical training and are agreed in writing.

In the 6th semester (Reflective practice in physiotherapy IV), a practical examination with a patient takes place within the framework of on-site visits by university lecturers to the clinical placements. The students carry out a PT process under the supervision of the university lecturers, which includes anamnesis, findings, derivation of physiotherapeutic diagnosis, therapy planning, treatment and evaluation.

Nähere Beschreibung des Projekts

Die Lehrveranstaltungen „Berufliche Handlungsreflexion“ (BHR) I-IV werden in Kleingruppen zu max. 8 Personen abgehalten und sind darauf ausgerichtet, die Studierenden schrittweise zu der für eine/n Physiotherapeut/in erforderlichen beruflichen Handlungskompetenz zu führen. Die laufende Selbst- und Fremdreflexion und die daraus resultierende Anpassung des eigenen professionellen Handelns ist ein Kernelement sowohl in der Lehre als auch im späteren Berufsleben und Voraussetzung dafür, dass die berufliche Handlungskompetenz als Physiotherapeut/in erreicht bzw. kontinuierlich weiterentwickelt wird.

Im Curriculum sind die Kompetenzen wie folgt definiert:

Die Studierenden

• kennen Methoden der Reflexion und können diese anwenden

• können physiotherapeutische Kenntnisse und Fertigkeiten mit medizinischen Kenntnissen sowie Kenntnissen aus anderen relevanten Disziplinen zum eigenverantwortlichen physiotherapeutischen Handeln verknüpfen, um diese in den relevanten Fachbereichen anzuwenden

• beherrschen die Arbeitsschritte der Physiotherapie, die der Erhaltung, Förderung, Verbesserung oder Wiedererlangung der Bewegungsfähigkeit in der Gesundheitsförderung, Prävention, Therapie und Rehabilitation dienen

• können nach ärztlicher Anordnung die Physiotherapie als Teil des medizinischen Gesamtprozesses im entsprechenden klinischen Bereich hypothesengeleitet durchführen und die Arbeitsschritte Problemidentifizierung, Planung und Umsetzung der Therapie sowie Qualitätssicherung, Evaluation, Dokumentation und Reflexion im Prozess umsetzen

• können das gesundheitliche Problem der Patientin/des Patienten erfassen und aus den bereits vorhandenen Befunden die physiotherapeutisch relevanten Informationen erkennen

• können einen physiotherapeutischen Befund basierend auf den Ergebnissen der Informationsaufnahme hypothesengeleitet mittels berufsspezifischer Untersuchungsverfahren erstellen, auf Basis einer physiotherapeutischen Diagnose Ziele festlegen sowie einen Therapieplan erstellen und durchführen

• können Indikationen und Kontraindikationen für die Therapie in bereits unterrichteten klinischen Bereichen erkennen und entsprechend handeln

• können den Behandlungsverlauf dokumentieren sowie die Ergebnisse analysieren und auswerten

• können die erworbenen sozial-kommunikativen und Selbstkompetenzen wie z.B. Kommunikationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Rollendistanz, Selbstreflexionsfähigkeit im Umgang im intraprofessionellen und interprofessionellen sowie im internationalen Austausch adäquat einsetzen

 

Berufliche Handlungsreflexion I

Die erste der aufeinander aufbauenden BHR-Lehrveranstaltungen, „Berufliche Handlungsreflexion I“, wird im 3. Semester abgehalten, in dem das erste Praktikum stattfindet. Gerade zu Beginn der praktischen Ausbildung benötigen die Studierenden zur Planung, Umsetzung und Nachbereitung der Praktika sehr viele Informationen über organisatorische und gesetzliche Rahmenbedingungen. Hierzu wurde im Bachelorstudiengang Physiotherapie der Leitfaden „Praktikum“ erstellt, in dem auch alle erforderlichen Formulare inkludiert sind. Dieser wird den Studierenden im Rahmen von BHR I rechtzeitig vor ihrem ersten Praktikum nähergebracht. Zudem erhalten sie noch vor ihrem Erstkontakt mit Patient/innen einen Impulsvortrag zum Thema interkulturelle Kommunikation, um auf Basis der Erfahrungen eines/r Expert/in auf einen achtsamen Umgang mit unterschiedlichen Kulturen sensibilisiert zu werden.

Weiters werden die Studierenden über die allgemeinen Lernziele für das erste Praktikum informiert. Diese berücksichtigen den aktuellen Ausbildungsstand und sind wie folgt definiert:

• adäquate verbale und nonverbale Kontaktaufnahme mit den Patient/innen

• ausreichende Erhebung therapierelevanter Informationen im Rahmen der Anamnese

• korrekte und patient/innenangepasste Anwendung physiotherapeutischer Basisuntersuchungs- und Basisbehandlungstechniken

• (sofern an der Praktikumsstelle möglich) professionelle Durchführung von Gruppentherapien und physikalischen Maßnahmen

 

Nach dem Praktikum finden zwei Präsenztermine in der Kleingruppe statt. Der erste startet mit einer allgemeinen Feedbackrunde, in der die Studierenden über ihre Praktikumsstellen berichten. Leitfragen dabei sind:

• Welche typischen Diagnosen bzw. Patient/innen wurden behandelt?

• Was waren die Herausforderungen mit den Patient/innen bzw. mit den Praktikumsanleiter/innen?

• Was hat mir gut / was hat mir weniger gut gefallen?

• Wie ist es mir mit der Dokumentation bzw. mit der Erstellung der drei geforderten PT Prozesse ergangen?

 

Danach und auch beim 2. Präsenztermin präsentieren die Studierenden einzeln definierte Schritte eines ausgewählten PT Prozesses, mit dem Ziel diese unter Supervision eines/r Hochschullehrenden in der Gruppe gemeinsam zu reflektieren und in Bezug auf das fachlich-methodische und sozialkommunikative Handeln zu bewerten. Für BHR I sind dies der Erstkontakt mit dem/r Patient/in und das Einholen der therapierelevanten Informationen im Rahmen der Anamnese, mit dem Ziel erste Hypothesen für eine physiotherapeutische Diagnose generieren zu können. Als Vorbereitung für die Gruppendiskussion erlernen die Studierenden Feedbackregeln und Techniken zu Reflexionsprozessen.

 

Im abschließenden Einzelcoaching wird ein weiterer PT Prozess, der von dem/r Hochschullehrenden beurteilt wurde, ausführlich besprochen. Außerdem wird der von den Studierenden auf der Lernplattform hochgeladene Evaluierungsbogen besprochen, der einerseits die Praktikumsstelle standardisiert evaluiert und andererseits über offene Fragen die „lessons learned“ bewusstmacht. Dieser Lernbericht dient den Studierenden zur Reflexion ihrer Lernprozesse während des Praktikums, fördert die Selbstregulation und Selbstreflexion des eigenen Lernens und identifiziert fördernde und hemmende Faktoren.

Auf Basis dieser Selbstevaluierung sowie der Beurteilung des/r Praktikumsanleiter/in und des/r Hochschullehrenden können individuelle Stärken und Schwächen des/r Studierenden identifiziert werden. Von diesen ausgehend werden in Folge fachlich-methodische und/oder sozialkommunikative Lernziele besprochen und, um ihnen auch eine hohe Wertigkeit zukommen zu lassen, schriftlich vereinbart. Unter Berücksichtigung der nächsten Praktikumsstelle werden im Anschluss passende Maßnahmen fürs zweite Praktikum abgeleitet.

Um sicherzustellen, dass diese individuellen Lernziele an den/die nächste/n Praktikumsbetreuer/in kommuniziert werden, werden diese ins Beurteilungsformular fürs Praktikum II eingetragen und zu Beginn des Praktikums besprochen.

 

Berufliche Handlungsreflexion II

Die Lehrveranstaltung „Berufliche Handlungsreflexion II“ wird im 4. Semester begleitend zu Praktikum II abgehalten. Alle Präsenztermine finden nach dem Praktikum statt und beinhalten die Feedbackrunde, die Präsentation und Diskussion der PT Prozesse in der Kleingruppe sowie das Einzelcoaching. Zum Unterschied zu BHR I werden in den Präsentationen die Prozessschritte Anamnese und physiotherapeutische Untersuchung vorgestellt, um über die Interpretation der Untersuchungsergebnisse gemeinsam zu einer konkreten physiotherapeutischen Diagnose zu kommen.

Das Einzelcoaching läuft wie im 3. Semester ab, allerdings werden zusätzlich die in BHR I vereinbarten Lernziele reflektiert. Wurden diese aus Sicht des/r Studierenden nicht bzw. noch nicht vollständig erreicht, werden weiterführende Maßnahmen für Praktikum III festgelegt. Eventuell können in Absprache mit dem/r Hochschullehrenden auch neue Lernziele definiert werden. Falls die BHR I-Lernziele erfüllt wurden, werden in jedem Fall neue Lernziele vereinbart.

 

Berufliche Handlungsreflexion III

Im 5. Semester findet analog zu BHR II „Berufliche Handlungsreflexion III“ statt. In diesem Semester absolvieren die Studierenden zwei Praktika, Praktikum III und IV. Diese werden von einer Präsenzwoche unterbrochen, in der die Gruppenpräsentationen stattfinden. Hier werden im Vergleich zu BHR II neben der Anamnese und physiotherapeutischen Untersuchung zusätzlich die Prozessschritte Interpretation der Ergebnisse und die daraus abgeleitete Physiotherapeutische Diagnose vorgestellt. Die Gruppe diskutiert diese Punkte, einigt sich auf eine gemeinsame PT Diagnose und leitet eine geeignete und zielorientierte Behandlungsplanung ab. Die Einzelcoachings werden nach dem Praktikum IV am Ende des Semesters abgehalten.

 

Berufliche Handlungsreflexion IV

In der LV „Berufliche Handlungsreflexion IV“ im 6. Semester, in dem Praktikum V, VI und VII hintereinander eingeteilt sind, finden in den Gesundheitseinrichtungen Vor-Ort-Besuche der Hochschullehrenden statt. An ausgewählten Praktikumsstellen werden praktische Prüfungen mit Patient/innen abgehalten, indem die Studierende unter Supervision der Hochschullehrenden und im Beisein des/r Praktikumsanleiter/in sowohl in einer Gruppe zu dritt als auch einzeln PT Prozesse durchführen, die Anamnese, Befundung, Ableitung der Physiotherapeutischen Diagnose, Therapieplanung, Behandlung und Evaluation umfassen. Die Einzelprüfung wird von der Hochschullehrenden in Abstimmung mit dem/r Praktikumsanleiter/in beurteilt. Der positive Abschluss der LV BHR IV ist eine wesentliche Voraussetzung für die Berufsbefähigung als Physiotherapeut/in.

 

Praktikumsanleiter/innen-Konferenz

Die Praktikumsanleiter/innen-Konferenz findet jährlich im Wintersemester statt und ist im Studiengang als sonstige Veranstaltung ausgewiesen. Sie steht in engem Kontext zu den BHR-Lehrveranstaltungen, da über den intensiven Austausch zwischen der Hochschule und den Kooperationspartnern im Gesundheitswesen der Wissenstransfer von der Theorie in die Praxis und umgekehrt sichergestellt wird.

Im Rahmen der Konferenz werden die Physiotherapeut/innen, die die Studierenden in den Gesundheitseinrichtungen betreuen, über aktuelle Erneuerungen in Bezug auf die Praktikumsorganisation, über den aktuellen Ausbildungsstand sowie über die jeweiligen Lernziele informiert.

Die Praktikumsbetreuung ist in der FH-MTD-AV genau definiert, u.a. hat nach § 6 des MTD-Gesetzes die Betreuung der Studierenden durch fachkompetente Personen zu erfolgen, die über eine mindestens einjährige facheinschlägige Berufserfahrung in einem, für das jeweilige Praktikum relevanten, Berufsfeld verfügen und pädagogisch geeignet sind.

Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, wurden in der Praktikumsanleiter/innen-Konferenz 2018 wichtige Eigenschaften als Voraussetzung für die pädagogische Eignung diskutiert, gemeinsam definiert und in den Praktikumsleitfaden wie folgt aufgenommen:

• Unvoreingenommenheit Studierenden gegenüber

• psychische Belastbarkeit

• Unterstützen beim Erstellen des PT Prozesses

• Unterstützung im Lernprozess Patient/innenbehandlung

• Erkennen von Schwierigkeiten in der Kommunikation und Kennen von Strategien, um die Beziehung zu optimieren

• Reflektieren der eigenen Expertise

• Kooperation mit der Ausbildungsstelle

 

Weitere thematische Schwerpunkte in den Konferenzen waren:

• Bedarfserhebung für Fortbildungen (2014)

• PT Prozess, Clinical Reasoning (2015)

• Evidenz in der Physiotherapie (2016)

• Hypothesenkategorien, Kompetenzprofil „Die Physiotherapeutin/ der Physiotherapeut“ (2017)

• Ergebnisse der externen Evaluierung, Präsentation des Forschungsprojektes „Regenerationsforschung“ (2018)

• praxisrelevante Assessments und Tools, Reflexion des Wissenstransfers von der Lehre in die Praxis (2019)

 

Die Ergebnisse der jährlichen Konferenz werden in einem Protokoll zusammengefasst und an alle Praktikumsstellen ausgeschickt. Zudem werden relevante Informationen in den BHR-Lehrveranstaltungen an die Studierenden weitergegeben und etwaige Änderungen auf der Lernplattform zugängig gemacht.

 

Auf Basis der Bedarfserhebung für Fortbildungen im Jahr 2014 wurden im Zuge der folgenden Praktikumsanleiter/innen-Konferenzen Workshops zu gewünschten Themen wie Recherche in Datenbanken, hypothesengeleiteter PT Prozess, Clinical Reasoning abgehalten.

Weiters wurde es den Praktikumsanleiter/innen ermöglicht, am FH Burgenland internen Seminar „Häusliche und sexualisierte Gewalt erkennen und richtig damit umgehen“ kostenlos teilzunehmen. Für die Zukunft sind weitere Seminare und Workshops wie z.B. „Lernsetting und Clinical Reasoning in der praktischen Ausbildung“ geplant.

Nutzen und Mehrwert

Nicht nur der/die Studierende, auch der/die betreuende Physiotherapeut/in in der jeweiligen Gesundheitseinrichtung kann sich aufgrund der guten Vernetzung gezielt auf das Praktikum vorbereiten. Aufgrund der Informationen durch die Hochschule passen die Praktikumsanleiter/innen ihre Anforderungen an die Studierenden an den jeweiligen Wissensstand an und wählen die Patient/innen dementsprechend aus. Sie erklären den Studierenden die physiotherapeutischen Prozessschritte und zeigen ihnen geeignete Maßnahmen direkt an betroffenen Personen, welche die Studierenden umgehend unter Supervision anwenden.

 

Studierende

Für die Studierenden ist diese Art des Lernens für die Entwicklung der beruflichen Handlungskompetenz extrem wertvoll, da sie im praktischen Unterricht an der Hochschule, wo vorwiegend aneinander und damit an Gesunden geübt wird, nur sehr eingeschränkt umgesetzt werden kann. Zudem erwerben sie über das Praktikum vor allem im sozial-kommunikativen Bereich eine hohe Kompetenz. Erst der reale Umgang mit Patient/innen fördert die Selbstkompetenz, das Einfühlungsvermögen und die Selbstreflexionsfähigkeit im Umgang mit betroffenen Personen.

Um den Studierenden auch während des Praktikums Sicherheit in Bezug auf eine positive Absolvierung des Praktikums geben zu können, findet etwa in der Mitte des Praktikums eine verbale Zwischenbeurteilung mit dem/der jeweiligen Praktikumsanleiter/in statt. Ziel dieses Gespräches ist es, einerseits die an der Fachhochschule gemeinsam vereinbarten Lernziele zu überprüfen und andererseits die bisherige Arbeit am/an der Patienten/in zu reflektieren. Damit soll rückgemeldet werden, ob die bisherigen Leistungen den Anforderungen einer positiven Beurteilung entsprechen oder ob die Arbeitsweise des/r Studierenden gemäß dem derzeitigen Ausbildungsstand nicht ausreicht und somit eine negative Beurteilung zur Folge hätte. Bei fraglichem positivem Abschluss wird von der Praktikumsanleitung mit dem Hochschulpersonal telefonisch Kontakt aufgenommen, um gemeinsam Strategien zu überlegen. Ziel ist es, den/die Studierende/n während des Praktikums von der Hochschule aus zu unterstützen, um das Praktikum doch noch positiv abschließen zu können. Möglichkeiten sind die Empfehlung von methodisch-didaktischen Tools wie z.B. Lerntagebuch, Erstellen eines strukturierten Zeitplans sowie auch die Weitergabe von Kontaktdaten für psychologische Betreuung, Lernberatung, etc.

 

Praktikumsanleitende

Mit der Betreuung von jedem/r Studierenden erweitern die Praktikumsanleiter/innen ihre pädagogisch-didaktischen und sozialen Fähigkeiten und profitieren zusätzlich von den Studierenden, indem diese aktuellen Informationen aus Lehre und Forschung ins Praktikum mitbringen. Die neu dazu gewonnenen Erkenntnisse aus dem Theorie-Praxis-Transfer können sowohl dem Team in der Gesundheitseinrichtung als auch an der Hochschule weitergeben werden.

 

Hochschullehrende

Durch die gewonnenen Informationen aus der Praktikumsanleiter/innen-Konferenz und der LV BHR können neue Anforderungen sofort vom Hochschulpersonal aufgegriffen und in Folgelehrveranstaltungen berücksichtigt werden. Durch diese Rückkoppelung zwischen Praktikumsstellen und Hochschule wird gewährleistet, dass die Hochschullehrenden die Studierenden in ihrem Lernprozess unterstützen können, sodass diese durch ihre theoretische und praktische Ausbildung eine optimale berufliche Handlungskompetenz erreichen.

Nachhaltigkeit

Das Konzept wurde für die LV BHR I-IV maßgeschneidert, jedoch sind einzelne Teilbereiche gut in andere Lehrsituationen übertragbar. Beispielsweise können Lernziele, wie sie im Einzelcoaching definiert werden, auch in anderen Lehrveranstaltungen, welche einen hohen praktischen Anteil beinhalten, ausgearbeitet werden, um so einen optimalen Lernerfolg erreichen zu können.

Der zweite Teil des Konzeptes von BHR – die Arbeit in der Kleingruppe – kann in anderen Unterrichten, bei denen die Anwendung von theoretischem Wissen, theoriegeleiteten Modellen, aktuellen Forschungsergebnissen, etc. im Vordergrund steht, angewendet werden. Durch eine Ausarbeitung, bei der die Mitarbeit jeder anwesenden Person erwartet wird, kommt es zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema, die in der Großgruppe in dieser vertieften Form nicht möglich ist. Zusätzlich ist auch der soziale Lerneffekt ein höherer, da in der Gruppe die Rollen- und Aufgabenverteilung abgestimmt werden muss, damit die Zielvorgabe erreicht werden kann.

Unabhängig vom Bachelorstudiengang Physiotherapie könnte das Konzept auf andere Ausbildungen übertragen werden, die ebenso einen hohen Anteil an praktischer Ausbildung an einem 3. Lernort aufweisen (Gesundheits- und Krankenpflege, andere medizinisch-technischen Dienste, etc.).

 

Das Konzept wird begleitend zur praktischen Ausbildung ab dem 3. Semester bis zum Ende des 6. Semesters eingesetzt. Durch die jährlichen Vernetzungstreffen mit den Praktikumsanleitungen und dem Unterricht BHR I-IV werden Neuerungen, Anregungen, gesetzliche Änderungen usw. jederzeit berücksichtigt. Somit wird das Konzept durch die erforderlichen Anpassungen kontinuierlich weiterentwickelt.

Mit der Reakkreditierung 2019 ist im Rahmen der LV „Berufliche Handlungsreflexion I“ in Zukunft auch die Teilnahme an einer internationalen, berufsspezifischen Veranstaltung vorgesehen, sodass die Studierenden die Möglichkeit haben, Forschungsergebnisse nicht nur im Unterricht, sondern auch bei Kongressen, Symposien, Konferenzen, etc. präsentiert zu bekommen. Damit erhalten sie einerseits einen praxisnahen Einblick in die Welt der Forschung, andererseits lernen sie bereits während des Studiums ein Netzwerk von internationalen Vortragenden und Studierenden anderer Hochschulen kennen.

Akzeptanz

In der jährlichen Praktikumsanleiter/innen-Konferenz wurde die Form des Einzelcoachings und das Erstellen und Weiterleiten von individuellen Lernzielen sehr begrüßt. Das beschriebene methodisch-didaktische Vorgehen wird im Studiengang seit vier Jahren umgesetzt, mit den Praktikumsanleiter/innen stetig weiterentwickelt und wurde von den Studierenden bislang ausgezeichnet evaluiert (Durchschnittswert von 1,14). Zudem konnte die Anzahl der negativen Prüfungsergebnisse der im Rahmen der LV „Berufliche Handlungsreflexion IV“ durchgeführten PT Prozesse mit realen Patient/innen reduziert werden.

 

Auszüge aus dem Feedback:

„Die LV hat mir sehr gut gefallen, weil mir die neuen Informationen sicher sehr gut bei den weiteren PT-Prozessen helfen werden. Die gemeinsame Diskussion der Hypothesen ist sehr hilfreich und man bekommt dadurch mehrere Sichtweisen auf ein Problem.“

„Einheiten waren für mich sehr wertvoll, weil wir relevante Probleme gut und strukturiert aufgearbeitet haben.“

„Für mich gute Wiederholung der PT-Prozesse, die viele offene Fragen geklärt hat.“

„Die Aufarbeitung der Hypothesenkategorien ist in dieser Form sehr gut, weil man auch in anderen Bereichen, die man nicht selbst absolviert hat, einen wertvollen Einblick bekommt.“

„Sehr erfolgreiche Lehrveranstaltung, in Bezug auf Lernerfolg-da ich durch das anschließende diskutieren der Hypothesenkategorien jetzt besser meine Hypothesen eingliedern kann und weiß in welche Kategorie was hineingehört!“

Aufwand

Die Organisation der Praktikumsanleiter/innen-Konferenzen und die Einzelcoachings erfordern einen hohen zeitlichen Ressourceneinsatz.

Durch die Umsetzung der Lehrveranstaltung in Kleingruppen steigen die angebotenen Semesterwochenstunden (ASWS) und damit die Kosten für die Lehre.

Zusätzlich fallen Kosten für die jährlichen Konferenzen an, die internen Veranstaltungen zugerechnet werden.

Positionierung des Lehrangebots

Die vier aufeinander aufbauenden Lehrveranstaltungen "Berufliche Handlungsreflexion" (BHR I-IV) werden als Anwendungslehrveranstaltung im Bachelorstudiengang Physiotherapie der Fachhochschule Burgenland begleitend zu den insgesamt sieben in Gesundheitseinrichtungen zu absolvierenden Praktika angeboten (BHR I zu Praktikum I, BHR II zu Praktikum II, BHR III zu Praktikum III und IV, BHR IV zu Praktikum V, VI und VII).

Links zu der/den Projektmitarbeiter/innen
Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2020 nominiert.
Ars Docendi
2020
Kategorie: Kooperative Lehr- und Arbeitsformen
Ansprechperson
Marlene Szupper, MSc
Department Gesundheit / STG Physiotherapie
+ 43 57705 4239
Nominierte Person(en)
Heike Bauer-Horvath, MA
Department Gesundheit / STG Physiotherapie
Marlene Szupper, MSc
Department Gesundheit / STG Physiotherapie
Themenfelder
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Schnittstelle zum Arbeitsmarkt
  • Erfahrungslernen
  • Kommunikation/Plattform für Lehrende
Fachbereiche
  • Medizin und Gesundheitswissenschaften