6+1 Kompetenzen für erfolgreiche Lehre in Grundlagenfächern

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Ziel ist es ein anwendbares Konzept zu liefern, welches von Lehrenden adoptiert und adaptiert werden kann, um die Lehrqualität zu steigern, vor allem in der Eingangsphase von IT-Studien. Insbesondere fokussiert der Ansatz darauf Studierende optimal beim Erlernen der wesentlichen Kompetenzen zu unterstützen, Transparenz zu schaffen, Themenrelevanz zu forcieren, Feedback als aktives Werkzeug zur kontinuierlichen Qualitätssteigerung zu nutzen und einen aktiven Austausch zwischen Lernenden und Lehrenden zu fördern. Gleichzeitig werden die individuellen Stärken des Lehrenden nicht eingeschränkt, da die einzelnen Kompetenzen, aus denen das Konzept besteht, in verschiedenster Weise Anwendung finden können.

 

Motive:

Bei der Planung und Erstellung eines Lehrkonzeptes oder einer Lehrveranstaltung ist ein essenzieller erster Schritt zunächst über das eigene Lernen zu reflektieren. Welche Lehrveranstaltungen, welche Lehrenden haben während der eigenen Studienzeit einen positiven Einfluss auf das eigene Lernen gehabt und ein motivierendes Lernumfeld geschaffen? Dies sind zum Beispiel die Veranstaltungen, bei welchen der/die Lehrende selbst Enthusiasmus zeigt und die Studierenden spüren, dass es das Ziel der/des Lehrenden ist ihr Interesse zu entfachen. Also Lehrende, die zugänglich sind und versuchen auf Fragen und Probleme der Studierenden einzugehen; Lehrende, die die Anforderungen an die Studierenden transparent darstellen; Lehrende, die ein angstfreies, förderndes (und forderndes) Arbeitsklima schaffen; Lehrende, die mit Menschlichkeit, Humor und Authentizität Stoff vermitteln.

Ebenso muss man sich bewusstmachen, in welchem Zeitalter wir lehren und welche Generationen wir heutzutage in der Hochschullehre weiterbilden. Reine Informationsdarstellung genügt Millennials (Geburtsjahr 1981 bis 1996) und Centennials (Geburtsjahr 1997 bis 2012) nicht mehr, da dieses Wissen in einfachster Weise über Wikipedia, YouTube, Udacity oder sonstige Angebotsstellen im Internet abgerufen werden kann. Die Rolle der/des Lehrenden ist mehr die eines „Edutainers“, der in unterhaltsamer Weise Konnex zwischen Themen und Fachbereichen herstellt, praxisrelevante Beispiele liefert und „The Big Picture“ zeichnet.

 

Ausgangslage:

Das folgende Konzept ist ein sich kontinuierlich weiterentwickeltes Projekt, welches 2015 erstmals in einer rudimentären Form in einem Bachelorpflichtfach mehrerer Informatikstudien an der Technischen Universität Graz Anwendung gefunden hat und über die Jahre durch Lehrerfahrung und didaktische Weiterbildungsmaßnahmen verfeinert wurde. Insbesondere die Zuhilfenahme der „sechs Kompetenzen für Erfolg“ von Daniel Pink (2006, A whole new mind: Why right-brainers will rule the future. New York: Riverhead Books.) hat das Konzept wie es in heutiger Form vorhanden ist geprägt.

Aktuell findet dieses Konzept in Grundlagenfächern im ersten Studienjahr zweier IT-Studiengängen an der FH CAMPUS 02 und der FH Joanneum Anwendung. Die Besonderheiten der Studieneingangsphase in Softwareentwicklungsstudiengängen ist die stark ausgeprägte Heterogenität der Studierendengruppe. Einerseits verfügen einige der Studierenden bereits einen hohen Wissensstand von Anfang an zum Beispiel durch eine HTL-Ausbildung oder durch Berufserfahrung. Andererseits haben viele der Studierende noch keinerlei Informatikausbildung genossen und weisen somit kein bis sehr geringes Vorwissen auf.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Hochschullehre ist einem ständigen Wandel unterzogen, da sich die Landschaft der Studierenden und ihre Ansprüche an Bildung ständig weiterentwickeln. Das hier vorgestellte Lehrkonzept versucht verschiedene Kompetenzen aufzuzeigen, die auch im Zeitalter von Youtube, Wikipedia, etc. ein kompetenz- und lernergebnisorientiertes Lehrangebot schaffen und in Summe die Lehrqualität hochhalten können.

 

Das Konzept basiert auf 7 Kompetenzen erfolgreicher Lehre: Logic, Empathy, Design, Story, Play, Symphony und Meaning. Dabei bildet ein nachvollziehbarer Aufbau der Lehrveranstaltung und jeder einzelnen Einheit (in der z. B. die Motivation, Erklärung der Lernziele als auch eine Lernzielkontrolle einen festen Bestandteil ausmachen) die Basis des Konzeptes. Diese wird erweitert durch einen Fokus auf Lernergebnisorientierung sowie auf die Berücksichtigung der heterogenen Studierendengruppe, die in der Eingangsphase von IT-Studien auftritt. Zudem werden die Inhalte in einem dialogischen Verfahren mit den Studierenden erarbeitet. Diese Vorgehensweise hat einerseits den Vorteil, dass direkt auf Fragen und Anmerkungen eingegangen werden kann und andererseits wird die Beziehung zwischen Lernenden und Lehrenden gestärkt, um einen sinnhaften, angstfreien Austausch zu ermöglichen. Zusätzlich finden Feedback und Evaluierungen der Studierenden immer wieder Eingang in verschiedenen Phasen der Lehrveranstaltung und Einheiten um basierend darauf das Konzept zu verfeinern.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

Higher education is subject to constant change, as the student landscape and their demands on teaching are constantly evolving. The teaching concept presented here attempts to highlight various competencies that–even in the age of YouTube, Wikipedia, etc.–are necessary to create skill-oriented and learning outcome-oriented courses that meet high-quality standards.

 

The concept is based on 7 competencies of successful teaching: Logic, Empathy, Design, Story, Play, Symphony and Meaning. A comprehensible structure of the course and each individual unit is the basis of the concept (in which e.g. motivation for the topic, explanation of the learning objectives as well as a learning objective control are an integral part). This is extended by a focus on learning outcome orientation as well as on the consideration of the heterogeneous group of students that occurs in the initial phase of IT studies. In addition, the course material is developed in a dialogical process with the students. This approach has the advantage that questions and remarks can be answered directly and the relationship between students and teachers is strengthened to enable a meaningful exchange without fear. In addition, student feedback and evaluations are used again and again in different phases of the course and units with the goal to refine the concept continuously.

Nähere Beschreibung des Projekts

Die 6+1 Kompetenzen

 

Laut Pink wechseln wir vom Informationszeitalter in das „konzeptionelle Zeitalter“, in dem Logik und Analyse alleine nicht mehr für den beruflichen Erfolg und die persönliche Erfüllung ausreichen (werden). Dabei behauptet Pink nicht, dass Logik und Analyse im „konzeptionellen Zeitalter“ unwichtig sind, sondern weist darauf hin, dass diese Fähigkeiten – alleine betrachtet – unzureichend sind. Daher führt er die sechs kreativen Kompetenzen Empathy, Design, Story, Play, Symphony und Meaning ein, die auf alle möglichen Lebensbereiche, sowohl privat als auch beruflich, angewendet werden können. In diesem Lehrkonzept werden die sechs Kompetenzen ergänzt durch Logic. Logic ist zwar nicht ausreichend für Erfolg, trotzdem bildet eine strukturierte, logische und nachvollziehbare Gestaltung die Basis für jedes qualitativ hochwertige Lehrdesign.

 

1. Logic

Eine für die Studierenden logisch nachvollziehbare Lehrveranstaltung bzw. Lehreinheit zu gestalten ist der Ausgangspunkt für deren erfolgreichen Wissenserwerb. Hier geht es vor allem um Struktur und Transparenz. Einerseits sollten Lehreinheiten chronologisch und logisch aufeinander abgestimmt und ein transparentes Bewertungsschema vorhanden sein, andererseits hilft ein konsistenter Aufbau jeder einzelnen Einheit, um Studierenden einen Fahrplan für jedes Thema zu geben. Der typische Aufbau einer Einheit sieht wie folgt aus (Grabl, 2016. Didaktik 3: Lehrverhalten im akademischen Bildungsbereich): Themenbekanntgabe, Themenbegründung/Motivation, Agenda, Wiederholung der letzten Lehreinheit, Lernziele dieser Einheit, Stofferarbeitung und Querverbindungen, Zusammenfassung, Lernzielkontrolle, 1-Minute Fragen.

 

2. Empathy

Das Zurückversetzen in die eigene Studienzeit kann ein wertvolles Werkzeug sein, um die Lehrveranstaltung aus der Perspektive der Studierenden zu sehen: Welche Konzepte waren im eigenen Studium schwer verständlich? Welche Erklärungen waren damals hilfreich? etc. Eine Auseinandersetzung mit diesen Fragen kann bereits ein wesentlicher Schritt in Richtung eines kompetenzorientierten Lehrdesigns sein. Durch dieses reflektierte Nachdenken kann auch die Heterogenität der Studierenden besser berücksichtigt werden, in dem beispielsweise komplexe Sachverhalte besonders sorgfältig erklärt werden aber gleichermaßen für die Experten unter den Studierenden spannenden Zusatzfakten geboten werden.

Die Themenbegründung (Warum sollen die Studierenden dieses Wissen/Können überhaupt erlernen?) ist ein essenzieller Bestandteil im Ablauf. Dabei spielt Empathie eine große Rolle. Inwieweit kann eine Verbindung zwischen dem Thema und der beruflichen Zukunft der Studierenden bzw. im Idealfall auch zu ihrem Alltag oder aktuellen Ereignissen hergestellt werden. Für Grundlagenfächer ist das Erzeugen von Themenrelevanz ausschlaggebend, um Interesse zu wecken, da die Themen ansonsten oftmals als theoretisch, praxisfremd und trocken wahrgenommen werden. Zusätzlich bedeutet Empathie auf das Publikum auch während jeder Lehreinheit einzugehen und zu versuchen die Bedürfnisse der Studierenden wahrzunehmen: Bedarf es z. B. bei diesem Algorithmus noch weiterer Erklärungen? Ist eine Pause notwendig? etc. Dialogisches Arbeiten hilft hier insbesondere, da direkt auf die Rückmeldung der Studierenden eingegangen werden kann.

Eine weitere Methode (wenn nicht gar Voraussetzung), um Studierende zu animieren aktiv am Unterricht teilzunehmen und sich mit dem Stoff auseinanderzusetzen, ist es selbst Begeisterung für das Stoffgebiet auszustrahlen; wenn der Lehrende für ein Thema brennt, werden die Studierenden mitgerissen.

 

3. Design

Design beschäftigt sich einerseits mit der visuellen Darstellung, andererseits spielt auch das Lehrveranstaltungsdesign im Allgemeinen bzw. die Art der Aufbereitung des Stoffes eine Rolle.

 

3.1. Kohärenz von Lernzielen, Lernprozess und Leistungsfeststellung

Die Wissensvermittlung dient primär dem Erreichen der Lernziele durch die Studierende damit diese die grundlegenden Kompetenzen, die sie für ihr weiteres Studium und Berufsleben benötigen, erlangen können. Um Lernergebnisorientierung und Transparenz sicherzustellen, sollten (1) die operationalen Lernziele für jede Einheit klar kommuniziert werden, (2) die Art der Wissensvermittlung dazu geeignet sein, dass die Studierenden diese Lernziele möglichst effizient und nachhaltig erreichen können, und (3) die Leistungsfeststellung auf den Lernzielen basieren.

Lernziele werden am Anfang des Lehrveranstaltungsdesigns definiert, denn eine Abstimmung zwischen Lernzielen, dem Lernprozess und der Leistungskontrolle ist unabdingbar. Um Transparenz zu gewährleisten werden die themenspezifischen Lernziele am Anfang jeder Stoffeinheit erklärt.

Basierend auf den Lernzielen und unter Berücksichtigung des (nicht) vorhandenen Vorwissens der Studierendengruppe ist das Design der Wissensvermittlung zu wählen. Für gewisse Konzepte kann eine animierte PowerPoint-Folie den Studierenden helfen ein mentales Modell zu erstellen, während andere Lernziele besser durch eine Grafik an der Tafel erreicht werden können, oder etwa durch eine kurze Videosequenz. Übungen, um die theoretisch erarbeiten Konzepte praktisch anzuwenden, sind besonders wirksam. In der IT bietet es sich oftmals an die Studierenden erlernte Software- oder Informatik-Prinzipien in Source Code umsetzen zu lassen. Projektarbeiten im Team eignen sich beispielsweise, um neben Fach- und Methodenkompetenzen auch die Sozial- und Problemlösungskompetenzen der Studierenden zu fördern und sie auf das Arbeiten im Team im Berufsalltag eines Softwareentwicklers vorzubereiten. Mehrmaliges Wiederholen der wichtigsten erlernten Prinzipien sowohl in der Einheit (während der Stofferarbeitung und in der Zusammenfassung) als auch in der darauffolgenden Einheit hilft das Gelernte zu festigen.

Am Ende jeder Lehreinheit gibt es eine Lernzielkontrolle, in der Studierenden etwa 10 Minuten Zeit gegeben wird Fragen zu beantworten bzw. Aufgaben zu lösen. Um Lernergebnisorientierung sicherzustellen, stehen die Aufgaben direkt im Zusammenhang mit den Lernzielen. Nach Ablauf der Zeit wird das korrekte Ergebnis präsentiert und die Studierenden können hierdurch selbst kontrollieren, inwieweit sie das Lernziel bereits erreicht haben. Da die Leistung nicht bewertet und nicht kontrolliert wird, können Fehler ohne negative Konsequenzen gemacht werden. Zusätzlich bekommen die Studierenden einen Eindruck wie die Lernziele bei der Leistungsbeurteilung überprüft werden könnten, damit diese sich auch geeignet auf Prüfungen vorbereiten können.

Am Ende der Stoffeinheit wurde im letzten Semester die „1-Minute Fragen“ eingeführt. Dabei werden die Studierenden geben in den letzten Minuten der Lehreinheit anonym über das Online-Tool Feedbackr (https://www.feedbackr.io/) zwei Fragen zu beantworten: „Was habe ich in dieser Einheit gelernt?“ und „Was habe ich in dieser Einheit nicht verstanden?“. Diese beiden Fragen dienen einerseits der Selbstreflexion der Studierenden über den Wissenserwerb, den sie aus der Lehreinheit gezogen haben, und andererseits erhält die/der Vortragende direkt Informationen darüber, welche Lernziele die Studierenden (noch nicht) erreicht haben. Durch die Anonymität ist sichergestellt, dass die Studierenden hier „gefahrlos“ angeben können welche Konzepte sie nicht verstanden haben. Dieses Feedback kann dann wiederum direkt in die Wiederholung in die kommende Lehreinheit integriert werden, um auch die Studierenden, die noch Schwierigkeiten mit dem Stoff haben, abzuholen. Dies ist bei einer heterogenen Studierendengruppe essenziell.

Zusätzlich wird vor jeder Prüfung eine Prüfungsvorbereitung durchgeführt. Die Studierenden können im Vorfeld anonym über Feedbackr angeben, welche Themengebiete sowie Lernziele wiederholt bzw. geübt werden sollen. Dies ist vor allem dann zielführend, wenn die Studierenden bereits vor dieser Einheit sich mit der Klausurvorbereitung auseinandergesetzt haben.

 

3.2. Dialogisches Arbeiten

Fragen und dialogisches Arbeiten sind wirksame Instrumente in der Stofferarbeitung, da diese die Studierenden aktivieren und das Lernen lenken. Darüber hinaus werden Denkprozesse angeregt und bereits bekannte Fakten in Erinnerung gerufen. Interaktiver Unterricht und das gemeinsame Erarbeiten von Stoff unterstützt die Studierenden immens beim Erreichen der Lernziele. Insbesondere das Lösen einzelner Beispiele mit den Studierenden an der Tafel erlaubt es aktive Phasen zwischen die Frontalvortragsphasen zu streuen. Dieses gemeinschaftliche (Er)Arbeiten trägt auch stark zur Beziehung zwischen Lernenden und Lehrenden bei. Diese Beziehung auf Augenhöhe ist essenziell um auch während der Lehreinheit Fragen und Feedback zu erhalten.

Eine andere Möglichkeit hier zusätzlich die Beteiligung der Studierenden zu fördern ist es diese selbst etwas erarbeiten und dann Freiwillige ihre Lösung präsentieren zu lassen. Die Kommilitonen können dann den Präsentator/die Präsentatorin Fragen zur Lösung stellen und erhalten womöglich eine etwas anders formulierte Erklärung als sie die/der Lehrende hätte geben können. Dies kann bei durchaus komplexen Aufgabenstellungen hilfreich sein, da die Studierenden automatisch mehrere Erklärungen erhalten und voneinander lernen können.

 

4. Story

Menschen merken sich Geschichten leichter als trockene Fakten. Daher erfreut sich Storytelling in vielen Bereichen, etwa in der Werbung, großer Beliebtheit. Dies kann auch in der Lehre genutzt werden, indem Beispiele, Anekdoten und Geschichten, aber auch leicht verständliche Metaphern und Analogien, in die Lehre integriert werden. Dies ist ein ganz wesentlicher Punkt, der vor allem für die Studierenden ohne Vorwissen relevant ist und sie dabei unterstützt komplexe Sachverhalte zu begreifen. Diese können während der Stofferarbeitung, aber auch in der Themenbegründung, effektiv eingesetzt werden.

 

5. Play

Spiel als Gegenstück zur Ernsthaftigkeit kann im Lehrkontext Game-Based Learning beinhalten, muss es aber nicht. Spiel bedeutet z. B. Emotionalisierung und Freude am Lernen zu erreichen. Dies kann durch Humor des Vortragenden stattfinden, zum Stoffgebiet passende Comics (z. B. xkcd in der Informatik) oder amüsante, lehrreiche Videos. Aber auch tatsächliche Teambuilding-Aktivitäten am Anfang von Gruppenarbeiten (z. B. Spaghetti Marshmallow Challenge) oder Spiele zur Aktivierung nach einer Pause (z. B. Guess the Movie anhand von Emojis) lockern die Atmosphäre auf, sind sehr beliebt bei den Studierenden und schaffen ein positives Arbeitsklima in weiterer Folge.

 

6. Symphony

Symphony sieht Pink als Fähigkeit Beziehungen herzustellen und das große Ganze zu erfassen. In der Lehre sind Querverweise unerlässlich. Daher sollte die/der Lehrende die Studierenden immer wieder auf Verbindungen zu anderen Themengebieten der Lehrveranstaltung und anderen Fachbereichen hinweisen. Insbesondere in der Themenbegründung und Zusammenfassung einer Lehreinheit können Relationen nochmals explizit angesprochen werden.

 

7. Meaning

Lehrveranstaltungen sollen sinnstiftend sein; für die Lernenden als auch die Lehrenden. Die Basis hierfür ist eine Gemeinschaft in der alle das gleiche Ziel haben: Die Studierenden sollen die Lernziele erreichen, da diese für ihre Zukunft relevant sind. Diese Beziehung kann aber nur dann für alle Beteiligten erfüllend sein, wenn wertschätzend und respektvoll auf Augenhöhe miteinander umgegangen wird. Eine gute Beziehung zwischen Studierenden und Vortragenden bzw. Raum für Fragen zu schaffen ist essenziell, damit die Studierenden, egal ob Experten oder Anfänger, für sich das Maximum aus einer Lehrveranstaltung herausholen können, sei es um grundlegende Zweifel und Verständnisprobleme auszuräumen oder tiefer gehende Details aus Interesse zu erfragen. Ein offenes, angstfreies Arbeitsklima, in welchem Studierende Fragen, Meinungen und Erfahrungen äußern dürfen und können, schafft nicht nur ein interaktives Erlebnis für die Studierenden, sondern auch die/der Lehrende profitiert und lernt davon.

 

Resümee

Die Basis jeder Lehrveranstaltung sollte immer ein logischer Lehrveranstaltungsaufbau, welcher Struktur und Transparenz schafft, sein. Die anderen Kompetenzen unterstreichen die Wichtigkeit Lehre unterhaltsam und sinnhaft zu gestalten. Dies ist besonders relevant bei technischen bzw. IT Lehrveranstaltungen, die oftmals herausfordernd für die Studierenden sind; im Speziellen gilt dies für diejenigen, die keine oder wenig Vorerfahrung mitbringen. In dieser Art von Lehrveranstaltung können die 6+1 Kompetenzen das Lernerlebnis der Studierenden besonders positiv beeinflussen.

Nutzen und Mehrwert

Der Mehrwert, den dieses Konzept bietet, ist eine verbesserte Qualität in der Lehre, dadurch, dass Feedback der Studierenden kontinuierlich in den Lehrveranstaltungen einfließt. Zum Beispiel über das dialogische Arbeiten in den Einheiten, die „1-Minute Fragen“ bzw. auch am Ende des Semesters über die Evaluierung.

 

Neben dem Feedback baut das Konzept auch stark auf Transparenz auf und darauf die, in den Grundlagenfächern notwendige, Praxisrelevanz durch die Themenbegründung und Motivation am Anfang der Lehreinheiten hervorzuheben. Zusätzlich kann durch das dialogische Arbeiten mit den Studierenden begünstigt werden, dass bei einer heterogenen Studierendengruppe (wie sie im ersten Studienjahr eines Softwareentwicklung-Studienganges auftritt) alle Studierenden unabhängig vom Vorwissen die relevanten Kompetenzen erlangen: unerfahrenen Studierenden wird genügend Raum geschaffen, um notwendige Fragen zu klären oder Konzepte nochmals zu besprechen, während die Studierenden, die bereits eine weitreichende Informatikausbildung haben bzw. Praxiserfahrung mitbringen, auch über tiefer gehende Details Fragen stellen können, um ihr Wissen zu vertiefen.

Nachhaltigkeit

Das präsentierte Lehrkonzept basiert auf dem Wissen mehrerer Didaktik-Veranstaltungen sowie subjektiver Lehr- und Lernerfahrungen. Durch die Überarbeitung des Lehrkonzeptes, unter Rücksichtnahme der Kompetenzen nach Pink, soll ein allgemeines Framework entstanden sein, welches auch auf andere Lehrveranstaltungen angewendet werden kann.

Womöglich fühlt sich nicht jede/r Lehrende wohl in der Rolle als „Edutainer“ und wird daher nicht mit Witz und Spielen durch die Lehrveranstaltung schreiten. Aber die Kompetenzen können für jede/n Lehrende/n eine Inspiration sein, um die eigene Lehre zu reflektieren und individuelle, zu der/dem Vortragenden passende, Elemente in die Lehre zu integrieren. Dies ist auf jeden Fall ein valider Ansatz, denn es gibt kein/e Lehrkonzept/Lehrveranstaltung, welches/welche nicht Verbesserungspotenzial aufweist und über die Zeit hinweg angepasst werden muss.

 

Dieses Lehrkonzept ist einem ständigen Wandel unterzogen. Einerseits wird der Ablauf je nach Lehrveranstaltungstypus und -inhalt angepasst. Andererseits werden die Evaluierungsergebnisse und sonstigen Rückmeldungen der Studierenden miteinbezogen entweder bereits im Semester oder in darauffolgenden Lehrveranstaltungen.

 

Beispielsweise wurde im aktuellen Wintersemester 2019/2020 die „1-Minute Fragen“ hinzugefügt als Möglichkeit anonymisiert und schnell Feedback zum Verständnis eines Themengebietes der Studierenden zu erlangen.

Akzeptanz

Die Evaluierungen zu den Lehrveranstaltungen, bei denen dieses Konzept zum Einsatz kommt, sind sehr zufriedenstellend und spiegeln im Wesentlichen die Kernziele des Konzeptes wider: Die Studierenden sind motiviert sich mit dem Stoff auseinander zu setzen und sehen einen Mehrwert in den Lehrveranstaltungen sowohl inhaltlich als auch in Bezug auf den Austausch mit der/dem Lehrenden. Dies kann aus den Kommentaren der Studierenden aus den Evaluierungen abgeleitet werden.

Quantitativ gesehen haben die Lehrveranstaltungen eine durchschnittliche Gesamtbewertung zwischen 1,04 und 1,42 (mit einer Bewertungsskala der unterschiedlichen Evaluierungsfragen zwischen 1,0 und 5,0) seit Einführung des Konzeptes an den Fachhochschulen.

Aufwand

Die Umsetzung dieses Konzeptes verursacht anfangs natürlich Aufwand in der Lehrplanung, da die Lernziele, Art der Wissensvermittlung und Leistungsfeststellung aufeinander abgestimmt sein müssen und zusätzlich Maßnahmen gewählt werden müssen, die die anderen Kompetenzen unterstreichen aber auch gleichermaßen zum Stoffgebiet, dem Lehrveranstaltungstypus und der Anzahl der Studierenden passen.

Dadurch, dass es sich aber bei diesem Prozess um einen iterativen und evolvierenden handelt, in dem während bzw. nach dem Semester Anpassungen vorgenommen werden, ist nach der initialen Erstellung nur mehr ein geringer aber kontinuierlicher Aufwand notwendig. Dieser ist allerdings mit keinerlei direkt messbaren Kosten außer Arbeitszeit verbunden.

Positionierung des Lehrangebots

1. und 2. Semester der Bachelorstudiengänge Business Software Development (FH CAMPUS 02) und Mobile Software Development (FH Joanneum)

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2020 nominiert.
Ars Docendi
2020
Kategorie: Qualitätsverbesserung von Lehre und Studierbarkeit
Ansprechperson
Roxane Koitz-Hristov, Dipl.-Ing. Dipl.-Ing. Dr.techn.
Institut für Softwaretechnologie – Technische Universität Graz
+43 (316) 873 - 5748
Nominierte Person(en)
Roxane Koitz-Hristov, Dipl.-Ing. Dipl.-Ing. Dr.techn.
Institut für Softwaretechnologie – Technische Universität Graz
Themenfelder
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Rund ums Evaluieren der Lehre
  • Rund ums Prüfen
  • Vor dem Studium/Beginn des Studiums
Fachbereiche
  • Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik/Ingenieurwissenschaften