Universität für Bodenkultur Wien
Gregor Mendel Straße 33, 1180 Wien
Weitere Beispiele der Hochschule

Angewandte Statistik, Vorlesung mit Übung (VU)

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Ziele:

Softwaregesteuerte Datengenerierung und Ergebniskontrolle

Verbesserung der Lernmöglichkeiten für große Studierendenzahlen in der Statistik

 

Motiv:

Motiv für die spezielle Gestaltung der Lehrveranstaltung war der mit herkömmlichen Methoden nicht zu bewältigende Aufwand, um obige Ziele zu erreichen.

 

Ausgangslage:

stetig steigende Anzahl an Studierenden

Kurzzusammenfassung des Projekts

Die hohe Anzahl anStudierenden, die eine einführende Statistikvorlesung besuchen müssen, macht es unmöglich, mit den vorhandenen personellen Ressourcen den Studierenden ein solides Basiswissen der Statistik zu vermitteln. Eine vorlesungsbegleitende Überprüfung des erworbenen Wissens wäre nur mit extremem personellem Aufwand zu bewältigen, was die personelle Situation des Instituts nicht zulässt. Um die hohe Qualität der Lehre gewährleisten zu können, hat man sich daher bewusst für das Blended Learning und die Entwicklung eines E-Learning-Tools entschieden. Dieses E-Learning-Tool erzeugt individuelle Übungs-Datensätze für jede/n einzelne/n Studierende/n. Die erhaltenen Daten werden von den Studierenden mit einem geeigneten statistischen Verfahren ausgewertet und die Ergebnisse online in E-Learning-Tool eingegeben. Das E-Learning Tool beurteilt die Richtigkeit der Resultate und vergibt entsprechend Punkte. Zusätzlich müssen einige dieser Beispiele mit einem Statistik-Paket bearbeitet werden. Durch die Möglichkeit die Resultate innerhalb einer vorgegeben Frist mehrmals eingeben zu können, kann der Lernfortschritt selbst individuell überprüft werden. Bei Fragen können die Tutorien bzw. das Online-Forum genutzt werden. Persönliche physische Anwesenheit ist lediglich beim abschließenden Multiple-Choice-Test notwendig. Die Benotung basiert auf den erworbenen Punkten bei den Online-Beispielen, der Auswertung mit einem Statistikpaket und den Ergebnissen des Abschlusstests.

Nähere Beschreibung des Projekts

1. Einleitung

An der Universität für Bodenkultur Wien muss jede/r Studierende einen einführenden Statistikkurs absolvieren. Etwa 60% dieser Studierenden werden vom Institut für Angewandte Statistik und Informatik betreut. Das waren beispielsweise im Jahr 2015 etwa 1800 Personen.

Da das wissenschaftliche Stammpersonal des Instituts nur vier Personen umfasst und zusätzlich zur statistischen Grundausbildung auch weiterführende Statistikkurse angeboten werden, wurde die Ausbildung auf Blended Learning bzw. eine Kombination von Vorlesung und Online- und Offline-Tools umgestellt.

 

Das Ziel dieser Art des Unterrichts ist einerseits, das Niveau der Wissensvermittlung für die Studierenden hoch und andererseits die Belastung für die Mitarbeiter/innen des Instituts gering zu halten.

 

Die nachfolgende Beschreibung basiert auf der Vorlesung für Studierende des Bachelorstudiums "Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur", wo diese Art des Lehrens und Lernens zum ersten Mal angewendet wurde.

 

2. Zielgruppe der Lehrveranstaltung

Die Vorlesung mit Übung ist Teil des Bachelorstudiums und fand bis 2013 im ersten bzw. zweiten Semester, danach im 5. Semester statt. Im Durchschnitt waren in den letzten Jahren etwa 250 (max. 350) Studierende für die Lehrveranstaltung eingeschrieben. Davon sind ~60% Frauen.

 

3. Überblick über den Statistikkurs

Bis zur Einführung des E-Learning-Tools mussten drei schriftliche Prüfungen und eine mündliche Prüfung bestanden werden, um die Lehrveranstaltung positiv abzuschließen. Dies war für den Leiter der Lehrveranstaltung wegen der ständig steigenden Hörer/innen-Zahlen nicht mehr zu bewältigen. Es wurde daher ein E-Learning-Tool entwickelt, das eine laufende Selbstevaluierung des studentischen Wissens über die gelehrten Verfahren ermöglicht.

 

3.1 E-Learning-Tool

 

Um das E-Learning-Tool nutzen zu können, müssen sich die Studierenden mit Name und Matrikelnummer registrieren.

 

In der ersten Eingabemaske ist auszuwählen, ob:

1. Daten (Angaben) für ein bestimmtes Beispiel erzeugt werden sollen,

2. Ergebnisse eingeben werden sollen,

3. der Punktestand kontrolliert wird,

4. für den Abschlusstest geübt werden soll.

 

Wählt man Punkt 1 (Angaben erzeugen), werden simulierte Daten mit einer Beschreibung des Versuchs im Browser dargestellt. Diese können gespeichert werden und sind mit dem entsprechenden Verfahren auszuwerten.

Sobald die Lösungen berechnet wurden, können diese in das E-Learning-Tool eingegeben werden. In der Folge werden eventuell auftretende Fehler angezeigt. Innerhalb einer bestimmten Frist (~2 Wochen) können die Ergebnisse beliebig oft eingegeben werden. Um an den Übungen weiter teilnehmen zu können, müssen mindestens 50% der maximalen Punkteanzahl für jedes Beispiel erreicht werden. Sofern man mit der erreichten Punkteanzahl zufrieden ist, kann man sie speichern (wobei auch alte Ergebnisse überschrieben werden können, sofern sie schlechter waren). Beinahe alle Studierenden erreichten mehr als 90% der Punkte, wobei durchschnittlich 1,6 Eingaben pro Beispiel nötig waren.

Bei Eingabe einer "Matrikelnummer" zwischen 1 und 99 werden Beispiele zu Übungszwecken zur Verfügung gestellt. Dafür gibt es keine zeitliche Begrenzung. Die Richtigkeit der Lösungen wird zwar überprüft, die erreichten Punkte werden aber nicht zur Berechnung der Note herangezogen.

Neben der Eingabe der Berechnungsergebnisse werden zum Teil auch Voraussetzungen zu den angewendeten Verfahren abgefragt.

Punkt 3 in der Startmaske ermöglicht eine laufende Kontrolle aller bisher erreichten Punkte.

Als letzte Möglichkeit kann das Programm auch zum Üben für den Abschlusstest benutzt werden. Es werden dabei zufällig Angaben ausgewählt und es müssen dafür geeignete Auswertungsmethoden erkannt werden. Ferner ist auch die Art der möglichen Fragestellungen dieser Tests anzugeben.

Als zusätzlichen Anreiz, sich mit der Statistik zu beschäftigen, können auf freiwilliger Basis selbst erfundene Aufgaben an den Lehrveranstaltungsleiter gesandt werden. Die dabei gewonnenen Punkte werden für den praktischen Teil des Abschlusstests angerechnet. Ungefähr 7% der Studierenden machen von dieser Möglichkeit Gebrauch.

 

3.2 Tutorien, Online-Forum

Begleitend zur Vorlesung werden Tutorien angeboten. Hier werden die aktuell in der Vorlesung besprochenen Methoden anhand von zusätzlichen Beispielen geübt, bzw. besteht die Möglichkeit bei Unklarheiten Fragen zu stellen. In einem Online-Forum werden Fragen, die sich ev. beim Lösen der Online-Beispiele ergeben, behandelt. Diese Fragen werden zum Teil durch die Tutorinnen und Tutoren, aber zu einem erheblichen Teil auch durch andere Studierende im Forum beantwortet.

 

3.3 Verwendung von Statistikpaketen

Gegen Ende des Semesters müssen drei dieser Online-Beispiele mit einem Statistikprogramm ausgewertet werden (SAS oder R). Die Ergebnisse sind einerseits in das Online-Programm einzugeben und andererseits muss eine PDF-Datei mit einer Beschreibung und Interpretation der Resultate auf die E-Learning-Plattform hochgeladen werden. Tutorinnen und Tutoren beurteilen die Beschreibung und die Interpretationen zu den Verfahren, müssen aber nicht auf die korrekten mathematischen Ergebnisse achten, da diese vom Online-Programm geprüft werden. Auch bei diesen Beispielen müssen jeweils mindestens 50% der möglichen Punkte erreicht werden.

 

3.4 Abschlusstest

Um an diesem Test teilnehmen zu dürfen, sind alle zehn Online-Aufgaben sowie die SAS/R- Beispiele mit mindestens 50% der maximalen Punktzahl zu lösen. Der abschließende Test ist als Multiple-Choice-Test konzipiert. Er besteht aus 2 Teilen.

Im ersten Teil sind mehrere theoretische Fragen zu beantworten (z.B. Voraussetzungen für verschiedene Tests, Verteilungsannahmen, ...).

Im zweiten Teil müssen geeignete Verfahren für bestimmte Fragestellungen angegeben oder Ergebnisse einer Auswertung korrekt interpretiert werden.

Die Ergebnisse dieser Offline-Tests werden gescannt und die Punkteanzahl durch einen geeigneten Algorithmus berechnet. Nur wenn der Abschlusstest positiv ausfällt, werden die Punkte aus Online-Beispielen und SAS/R-Beispielen zur Berechnung der Note herangezogen.

 

4. Diskussion der Ergebnisse

Die Entwicklung des E-Learning-Tools und die Verwendung von Multiple-Choice-Tests für die Beurteilung wurde durch die hohe Zahl der Studierenden in den einführenden Statistikvorlesungen motiviert. Das Ziel den Arbeitsaufwand für die Betreuung der Studierenden drastisch zu verringern wurde zu 100% erreicht. Der notwendige Zeitaufwand für die Lehrveranstaltung ist praktisch unabhängig von der Anzahl der Studierenden. Der Prozentsatz derer, die die Lehrveranstaltung positiv abschließen, hat sich im Vergleich zu früheren Arten der Wissensvermittlung und -überprüfung nicht geändert. Die Verteilung der positiven Noten änderte sich signifikant in Richtung besserer Beurteilung.

Basierend auf der Evaluation der Lehrveranstaltung lässt sich ein sehr positives Resümee ziehen.

Über 70% der Studierenden glauben, dass das Programm ermutigt, sich aktiv mit der Statistik zu beschäftigen (11% sind anderer Meinung),

70% denken, dass sie gut während des Kurses unterstützt werden (10% denken das nicht). Auf der Grundlage von Fragen im begleitenden Online-Forum scheint das Programm Studierende zu motivieren miteinander zu kooperieren, da es verschiedentlich Anfragen gibt, die diese Kooperation belegen.

 

Beginnend mit dem Jahr 2000 wurde dieses Programm (ursprünglich auf einem Server der Universität, ab 2003 als Web-Applikation) im Bachelorstudium Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur umgesetzt. Mittlerweile wird es in allen Grundvorlesungen, die vom Statistikinstitut angeboten werden, in verschiedenen Variationen verwendet. Auch die Anwendung in weiterführenden Statistikvorlesungen ist geplant.

 

Ein besonderer Vorteil des Systems liegt darin, dass es nicht notwendig ist physisch an den Vorlesungen teilzunehmen (im Hinblick darauf, dass mehr als 50% der Studierenden auch eine Job ausüben scheint das besonders wichtig).

 

Wie das Feedback auf verschiedenen Tagungen belegt, scheint das Interesse an dem Programm auch auf anderen Universitäten und Fortbildungseinrichtungen gegeben.

Positionierung des Lehrangebots

Bachelor

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2017 nominiert.
Ars Docendi
2017
Kategorie: Innovative Lehrmodelle bei hohen Studierendenzahlen und großen Gruppengrößen
Ansprechperson
Karl Moder, Ao. Univ.Prof. DI Dr.
Department für Raum, Landschaft und Infrastruktur, Universität für Bodenkultur Wien
01 47654 85112
Nominierte Person(en)
Karl Moder, A.o. Univ.Prof., Dr.
Institut für Angewandte Statistik und EDV
Themenfelder
  • Digitalisierung
  • Rund ums Prüfen
Fachbereiche
  • Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik/Ingenieurwissenschaften