Heterogenitätsproblematik als Gelingensfaktor in der berufspädagogischen Hochschullehre

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Die Lehrveranstaltung "Schulrechtliche Besonderheiten der Berufsbildung" ist Bestandteil mehrerer Curricula diverser Studien in der Sekundarstufe Berufspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Tirol.

Die Herangehensweise an die Lehrveranstaltungskonzeption "Schulrechtliche Besonderheiten der Berufsbildung" resultierte daraus, dass es weder pädagogisch, didaktisch, methodisch noch wirtschaftlich gewesen wäre, für jedes Studium eine eigene Präsenzlehrveranstaltung anzubieten.

Um die Studierbarkeit und Studierfähigkeit für Studierende der Sekundarstufe Berufsbildung zu erhöhen, die aus den divergierenden Gegebenheiten und Voraussetzungen der Studierenden resultiert, bedurfte es einer Lösung, die Lehrveranstaltung so zu konzipieren, es zu ermöglichen, die Lehrveranstaltung studienübergreifend gemeinsam abzuhalten.

Das Hauptaugenmerk lag dabei, die Heterogenität der Studierenden als Chance zu ergreifen und diese unterschiedliche Art der Vorbildung, Ausbildung und berufliche Tätigkeit als Mehrwert in die Lehrveranstaltung zu integrieren.

So konnten Peergroups gebildet werden, wo dann anhand von realen Schulrechtsbeispielen die berufsbegleitend Studierenden von und mit den Vollzeitstudierenden lernen konnten.

Dieser Tatsache geschuldet, wurde eine Online-Lehrveranstaltung als Unterrichtstool gewählt.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Die Lehrveranstaltung „Schulrechtliche Besonderheiten der Berufsbildung“ ist Bestandteil mehrer Curricula diverser berufspädagogischer Studien an der Pädagogischen Hochschule Tirol.

Die divergierenden Studierendengruppen wurden als Chance gesehen, um hier eine gemeinsame Lehrveranstaltung zu konzipieren.

Die Herausforderung bestand darin, im Sinne der studierendenzentrierten Lehre die unterschiedlichen Vorbildungen und Ausbildungen bestmöglich in die Lehrveranstaltungskonzeption zu integrieren, damit eine maximale Synergien Nutzung auf Basis der heterogenen Studierendenzusammensetzung entstehen konnte.

Für die Umsetzung wurde eine Online-Lehrveranstaltung mit synchronen und asynchronen Phasen gewählt, um allen Studierenden von den betroffenen Studien eine Teilnahme zu ermöglichen. Durch die divergierenden schulischen Berufstätigkeiten, konnten innerhalb von Peergroups, reale Unterrichtsbeispiele behandelt, reflektiert und in weiterer Folge umgesetzt werden.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

The course "Special School Law Particularities of Vocational Training" is part of various vocational pedagogical studies at the University of Teacher Education in Tyrol.

The diverging student group was seen as an opportunity to design a joint course.

For the implementation, an online course with synchronous and asynchronous phases was chosen to enable all students to take part in the studies concerned.

The challenge was to integrate the different previous training and education into the course concept in the best possible way, so that maximum synergies could arise based on the heterogeneous composition of the students.

Due to the different educational backgrounds and the divergent practical knowledge with teaching at school, real teaching examples have been treated, reflected upon and implemented within peer groups.

Nähere Beschreibung des Projekts

Die Lehrveranstaltung "Schulrechtliche Besonderheiten der Berufsbildung" ist eine Lehrveranstaltung, die in verschiedenen berufspädagogischen Studien an der Pädagogischen Hochschule Tirol curricular verankert ist.

Als Seminar mit 1 ECTS-AP wird diese grundsätzlich als klassische Präsenzlehrveranstaltung angeboten. Durch die Transparenz der Lehreeinteilung wurde sichtbar, dass es in diversen Studien kongruente Lehrveranstaltungen gibt, die jedoch sehr kleine Studierendengruppen aufweisen. Dieser Tatsache geschuldet, wurde eine Möglichkeit gefunden, die eine bestmögliche Synergien Nutzung für die Studierenden, als auch für die Lehrende sowie für die Hochschule ermöglicht.

 

Die in weiterer Folge heterogene Studierendengruppe setzt sich aus disgruenten Studien der Berufspädagogik zusammen, in denen die Lehrveranstaltung "Schulrechtliche Besonderheiten der Berufsbildung" unterschiedlich im jeweiligen Curriculum verordnet ist:

- Bachelorstudium Facheinschlägige Studien ergänzende Studien, Fachtheoretische Unterrichtsgegenstände (Pflichtfach im 2. Semester; berufsbegleitend)

- Bachelorstudium Sekundarstufe Berufsbildung - Fachbereich Information und Kommunikation (Pflichtfach im 6. Semester; Vollzeitstudium)

- Bachelorstudium Sekundarstufe Berufsbildung - Fachbereich Ernährung (Pflichtfach im 6. Semester; Vollzeitstudium)

- Sekundarstufe Berufsbildung - Fachbereich Duale Berufsausbildung sowie Technik und Gewerbe - Fächerbündelerweiterung (Pflichtfach, berufsbegleitend)

 

Die breitgefächerten Zugangsvoraussetzungen, die in den curricular verankerten Zulassungsvoraussetzungen manifestiert sind, ließen eine klassische Präsenzlehrveranstaltung weder methodisch noch didaktisch zu.

Die Studien an sich divergieren schon ob der Tatsache, dass die Dauer der Studien zwischen vier Semester bzw 60 ECTS-AP und acht Semester bzw 240 ECTS-AP liegen. In Hinblick auf die semesterspezifische Ansiedlung gibt es ebenfalls eine Spannbreite vom zweiten bis hin zum sechsten Semester des Zeitpunktes, in welchen die Lehrveranstaltung curricular vorgesehen ist.

Die Herausforderung bestand darin, im Sinne der studierendenzentrierten Lehre, die unterschiedlichen Vorbildungen und Ausbildungen bestmöglich in die Lehrveranstaltungskonzeption zu integrieren, damit eine maximale Synergien Nutzung auf Basis der heterogenen Studierendenzusammensetzung entstehen konnte.

 

Die Lehrveranstaltungskonzeption für das Seminar "Schulrechtliche Besonderheiten der Berufsbildung" resultierte daraus, dass es weder pädagogisch, didaktisch, methodisch noch wirtschaftlich gewesen wäre, für jedes Studium eine eigene Präsenzlehrveranstaltung anzubieten. Die Möglichkeit der Online-Lehrveranstaltung mit synchronen und asynchronen Phasen ist durch die Legitimation in § 42a Abs 3 HG 2005 idgF, der Kann-Bestimmung für die "Einbeziehung von Fernstudienelementen und elektronischen Lernumgebungen" in Lehrveranstaltungen gegeben.

Die Wahl eine Online-Lehrveranstaltung, mit synchronen und asynchronen Phasen durchzuführen, war außerdem einem weiteren nachvollziehbarem Umstand geschuldet: es fand sich bei der Suche nach einem gemeinsamen Präsenztermin kein gemeinsamer Nenner. Grund dafür war die teilweise 100%ige Berufstätigkeit der FESE Studierenden und die teilweise rigide Studienverlaufsvorgabe seitens der Pädagogischen Hochschule bei den anderen Studien. Die Lern- und Studienbedingungen der divers betroffenen Studien bedurften dem Einsatz und der Umsetzung von flexiblen Lehr- und Lernformen für diese heterogene Studierendengruppe.

 

Die Lehrveranstaltung "Schulrechtliche Besonderheiten der Berufsbildung" ist ein Seminar im Ausmaß von 1 ECTS-AP bzw 1 SWS. Die Anwesenheitsverpflichtung ergibt sich aus dem Lehrveranstaltungstyp Seminar mit immanentem Prüfungscharakter, wobei die seminaristische Interaktivität die fachspezifische Recherche, die Bearbeitung von der Aufgabenstellung und die damit verbundene Darstellung der Ergebnisse damit einhergehen. Die synchronen Onlinetermine sind auf drei Webinar-Abendtermine zu je drei Unterrichtseinheiten im Abstand von 14 Tagen angesetzt bzw. gebündelt - dazwischen finden asynchrone Onlinetermine statt, wo spezifische Aufgabenstellungen in den Peer-Gruppen bearbeitet werden müssen.

Vor der ersten Einheit bekommen die Studierenden alle Informationen über den formalen Ablauf, Beurteilungskriterien via Mail unter Verwendung einer online Austauschplattform mit Kursnotizbuch zugesandt. Um die Heterogenität auch für die Studierenden zu visualisieren, wurden die Studierenden aufgefordert, vor der ersten Einheit der Webinar-Präsenzlehrveranstaltung eine persönliche Vorstellung über sich selbst hochzuladen (CV mit ihrer beruflichen Genese und des Vorwissens im Bereich Schulrecht - basierend auf dazu vorgegebenen Fragestellungen) - die Form der eigenen Präsentation wurde nicht stringent vorgegeben. Die Art der Selbstpräsentation waren mannigfach divers, so fanden hier sowohl Kurzvideos als auch Steckbriefe ihren Einsatz.

 

Durch diese Präsentation wurden die lebensreal unterschiedlichen Bildungsbiografien und Vorwissen der Studierenden für die Studierenden sichtbar, worauf dann auch auf die Tatsache des Mehrwerts für die heterogene Studierendengruppe legitimiert aufgebaut werden konnte.

Durch dieses Sichtbarwerden, der unterschiedlichen Vorwissen und praktizierten schulischen Anwendungen, war die Entscheidung naheliegend, bewirkende Peergroups zu bilden bzw zu bestimmen.

Vorranging durch die Tatsache, dass die heterogene Studierendengruppe en gros aus im Dienst stehende Lehrpersonen mit facheinschlägiger Vorbildung bestehen, die diese Lehrveranstaltung berufsbegleitend absolvieren, und andererseits aus den Studierende im Vollzeitstudium.

Dadurch wurde es möglich, die Themenstellungen sowohl eigenständig als auch im Team bearbeiten.

 

Die Peergroup Zusammensetzung erfolgte auf Basis der Heterogenität der Studierenden, wobei es sich hier in Analogie wie in Mehrstufenklassen verhält: das Voneinander lernen. Eine Gruppe setzt sich aus Vollzeit- und berufsbegleitenden Studierenden zusammen, um das interaktive und kooperative Lernen zu fördern.

Vollzeitstudierende haben insofern schon Unterrichtserfahrung, als Teil ihres Studiums das Schulpraktikum ist. Berufsbegleitend Studierende sind im Dienst stehende Vertragslehrpersonen und sohin mit schulrechtlichen Belangen in der Berufsbildung in ihrem schulisch/beruflichen Alltag vertraut.

Die von den Studierenden selbst eingebrachten Praxisbeispiele ermöglichen eine vertiefte Auseinandersetzung der eigenen Unterrichtstätigkeit (in Hinblick auf Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung), die dann anhand der rechtlichen Bestimmungen analysiert und in der Peergroup behandelt werden.

Dadurch entsteht einerseits die Möglichkeit, die eigene Unterrichtspraxis selbst zu reflektieren - aufbauend auf den erlernten rechtlichen Inhalten in der Lehrveranstaltung - und andererseits, qualitative Rückmeldungen innerhalb der Peergroup zu erhalten.

Das methodisch/didaktische Konzept ist praxisorientiert, da die realen Unterrichtsbeispiele der berufsbegleitend Studierenden aus ihrem schulischen Alltag, als auch die Beispiele aus den Praxisstunden an den Schulen der Vollzeitstudierenden unter anderem die Grundlage der Einheiten bilden. Nach erfolgtem Input werden die von den Teilnehmer/innen aufgezeigten Praxisbeispiele in den jeweiligen Peergroups auf die unterschiedlichen Betrachtungs- und Auslegungsmöglichkeiten hin behandelt.

Die Lern- Arbeitsgruppen ermöglichen den Auf- und Ausbau der Reflexions- und Diskursfähigkeit der Studierenden in ihrem Rollenverständnis als schulrechtlich versierte Lehrperson an einer berufsbildenden Schule.

Die Betrachtungsweise im Rahmen der Reflexion der eingebrachten Unterrichtsbeispiele gepaart mit den Erkenntnissen und Rückmeldungen der Kommilitonen, ermöglichen alternatives Agieren im schulischen Alltag und in weiterer Folge eine Veränderung oder aber auch Bestätigung der bisherigen Herangehensweisen in schulrechtlichen Belangen.

 

Die Leistungsbeurteilung erfolgt auf Basis, der durch die von Peers getätigten Leistungsfeststellungen, in Form von kommentierten Arbeitsaufträgen in einem gemeinsam eingerichteten Kursnotizbuch. Bewertet wird nicht nur was die/der einzelne Studierende aktiv einbringt, sondern das Agieren in der Peergroup und die Art und Weise wie im Team Lösungsvorschläge erarbeitet werden und Leistungen der anderen bewertet wurden.

Dies fördert sowohl die Selbstbeobachtung bzw die Entwicklung möglicher Formen der Selbstbeobachtung als auch die Distanzierung zum eigenen Tun bis hin zur Umsetzung von anderen, neuen Anwendungsstrategien (schulrechtlicher) Natur.

Nutzen und Mehrwert

-) studienüberfreifende Lehr- und Lernsettings
-) ortsunabhängige Lehreinheiten durch Förderung des Einsatzes von E-Learning Methoden
-) Mehrwert durch das Lernen in Peer-Groups (im Dienst stehende Lehrpersonen und Vollzeitstudierende)
-) ausgewiesener Theorie-Praxis-Transfer
-) Ressourcensparend, da mehrere Präsenz Lehrveranstaltungen in eine Onlinelehrveranstaltung umgewandelt wurden
-) Aneignung bzw Erweiterung des E-Learning Know-How von Dozierenden
-) aktives Miteinbeziehen der Vorbildung und des Vorwissens der Studierenden in die Lehrveranstaltung: Förderung der Kooperation und Kollegialität

Nachhaltigkeit

Dieses Konzept kann auf andere Lehrveranstaltungen übertragen werden, wenn sich gleiche Lehrveranstaltungen in verschiedenen Studien finden lassen.

Es ist geplant, das Konzept auf Dauer umzusetzen und wird nach jedem Semester basierend auf den Evaluierungsergebnissen adaptiert!

Akzeptanz

Das Projekt wird im Sommersemester 2020 erstmals umgesetzt.

Es wird eine Zwischenevaluierung durchgeführt, von der Dozierenden selbst und am Ende der Lehrveranstaltung gesamt (seitens der Pädagogischen Hochschule) online evaluiert.

Aufwand

Zusätzliche Kosten fallen nicht an - im Gegenteil, hier werden ökonomisch gesehen vor allem Personalresourcen gebündelt, aber auch Raumkosten eingespart.
Der Mehraufwand im Vorfeld ist insoweit gegeben, als ein Wissen über die theoretische und praktische Konzeption und Umsetzung von Onlinelehre seitens der Dozierenden vorausgesetzt wird bzw angegeignet werden muss.

Positionierung des Lehrangebots

Bachelorstudium: studienübergreifend: 2. bzw 6. Semester

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2020 nominiert.
Ars Docendi
2020
Kategorie: Qualitätsverbesserung von Lehre und Studierbarkeit
Ansprechperson
Barbara Paesold, Prof. Mag.
Institut für Digitalisierung, Bildung für nachhaltige Entwicklung und Qualitätsentwicklung
06644556879
Nominierte Person(en)
Barbara Paesold, Prof. Mag.
Institut für Digitalisierung, Bildung für nachhaltige Entwicklung und Qualitätsentwicklung
Themenfelder
  • Flexibel Studieren
  • Organisatorische Studierendenunterstützung
  • Prozess der Curriculagestaltung
Fachbereiche
  • Wirtschaft und Recht