Fachhochschule St. Pölten GmbH
Matthias Corvinus-Straße 15, 3100 St. Pölten
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Forschungslabor Finance und Controlling

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Durchführung eines Forschungsprojektes zu einem diskursrelevanten Thema, welches an der Schnittstelle zwischen den Bereichen Finance und (digital) Media bzw. Kommunikation angesiedelt ist, inklusive einer öffentlichkeitswirksamen, zielgruppen- und medienspezifischen Kommunikation der Forschungsergebnisse.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Ausgehend von aktuellen, praxisrelevanten Forschungsthemen in den Bereichen Finanzwesen und (digitale) Medien werden in der Lehrveranstaltung konkrete Forschungsprojekte entwickelt und um-gesetzt. Die Besonderheit des Konzepts liegt in der ganzheitlichen Betrachtung der Forschung auf zwei Ebenen. Die Studierenden diskutieren die Prozesse der Theoriebildung sowie die Entwicklung empirischer Methoden vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen und technologischen Wandels und verstehen, auf welchen Prämissen unser wissenschaftliches Verständnis und unsere Methodologie basieren. Die Aufgabenstellung umfasst den gesamten Forschungsprozess über die Empirie hinaus und umfasst die Verwertung der neuen Erkenntnisse im Rahmen von Publikationen und (internationa-len) Vorträgen. Ein wichtiger, vielfach vernachlässigter Aspekt in der Lehre ist die öffentlichkeits-wirksame zielgruppen- und medienspezifische Kommunikation der Forschungsergebnisse von Scienti-fic Journals bis zu Social Media. Die Lehrveranstaltung erfüllt damit mehrere Ziele. Sie ermöglicht es den Studierenden vor dem Hintergrund aktueller öffentlicher oder branchenrelevanter Diskurse eige-ne Forschungsvorhaben umzusetzen und die Wirkung ihrer Forschungstätigkeit in der Media, Financi-al sowie Scientific Community zu erfahren. Diese Erfahrungen schärfen wiederum ihr Bewusstsein für die Relevanz der angewandten Forschung, und – daraus folgend – für die Bedeutung korrekten wissenschaftlichen Arbeitens.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

Based on research topics of practical relevance in the contexts of financial communications and digital media, the course enables the participants to conceptualize and implement their own empirical projects. The course is characterized by a holistic approach which is built on especially two pillars. First, the students discuss the process of theory formation and development of empirical methods in the light of social and technological changes and understand the premises our scientific understanding and used methods are based on. Second, the students are supposed to conduct a study along the entire research value chain going beyond the empirical part and including the publishing of the new findings and their presentation at international conferences. Thus, the course emphasizes aspects of research work which are often neglected. Those are especially the target group-oriented and media-specific communication of research findings including scientific journals as well as social media channels. Concluding, the course meets three demands: It enables students (1) to investigate topics which are highly relevant in the current discourse in financial communications, (2) to experience the efficacy of their research by contributing to and participating at the discourses in the media, financial, and scientific community, and (3) to sharpen their awareness for the general relevance of applied research.

Nähere Beschreibung des Projekts

Ziele der Lehrveranstaltung

Die Lehrveranstaltung Forschungslabor Finance & Controlling zielt darauf ab, die Forschungskompe-tenz der Studierenden in den Bereichen Finance und (digitale) Medien zu erweitern und zu vertiefen. Dabei geht das Konzept über die Vermittlung der Methodologie- und Methodenkompetenz hinaus und fördert eine ganzheitliche Sichtweise der Forschung und des Forschungsprozesses, indem es die inhaltlichen Schwerpunkte insbesondere um den Aspekt der Wissenschaftskommunikation erweitert. Die Lehrveranstaltung ist sowohl inhaltlich als auch methodisch darauf ausgerichtet, das kritische Denken der Studierenden zu schärfen und die Wege zu neuen Erkenntnissen, ihre Kommunikation wie auch ihre praktische Verwertung zu hinterfragen.

 

Inhaltliche Schwerpunkte und Kompetenzerwerb

Ausgehend von dieser Zielsetzung umfasst die Lehrveranstaltung vier Bereiche, die stets integrativ und in ihrer Wechselwirkung diskutiert werden. Zum einen werden wissenschaftstheoretische Ent-wicklungen von der Dialektik der Aufklärung bis zur Post-Moderne diskutiert. Im Zentrum dieser retrospektiven Auseinandersetzung liegen die Fragen, (1) wie die Gesellschaft zur Erkenntnis gelangt, (2) von welchen strukturellen Bedingungen die Wege zur Erkenntnis abhängig sind, und (3) warum Gesellschaften bestimmte Erkenntnisse als wissenschaftlich akzeptieren. Die (kritische) Diskussion dieser Entwicklungen über die Erkenntnistheorie, den Positivismus und seine Kritik, die Analytische Philosophie bis zum Kritischen Rationalismus und zur Post-Moderne soll das Bewusstsein der Studie-renden dafür sensibilisieren, dass Erkenntnisprozesse dynamisch sind und die Akzeptanz dessen, was in einer Gesellschaft als wissenschaftlich betrachtet wird, sich im Laufe der Zeit ändern kann. In die-sem Kontext wird zum Beispiel auch der Frage nachgegangen, welche Implikationen Digitalisierung und Big Data für die Forschung und das gesellschaftliche Verständnis der Wissenschaft haben.

 

Vor diesem Hintergrund vertiefen die Studierenden im Rahmen eines eigenen Forschungsprojektes ihre Kenntnisse und Fertigkeiten entlang der gesamten Research Value Chain, wobei insbesondere die folgenden drei Bereiche im Fokus der Lehrveranstaltung liegen: (1) das Erkennen relevanter For-schungsfelder, -themen und -lücken, (2) die Konzeption eines empirischen Forschungsdesigns und Durchführung eines empirischen Forschungsprojektes und (3) die angewandte Wissenschaftskommu-nikation. Durch den wissenschaftlichen Zugang zu unterschiedlichen Themen des Finanzwesens im Kontext der Medien und Kommunikation

• erfahren die Studierenden, welche Schwerpunkte aktuell die Financial und Scientific Commu-nity in spezifischen Feldern wie Investor Relations, Financial Reporting, Wirtschafts- und Fi-nanzjournalismus, Controlling, Financial Technologies (FinTech) etc. beschäftigen,

• kennen die wichtigsten Theorien, Studien und die angewandten Forschungsmethoden in die-sen Bereichen,

• können komplexe Studien im Hinblick auf ihren theoretischen Rahmen, das Sample, die an-gewandte Methodik und ihre Limitationen sowie ihre wissenschaftliche und praktische Rele-vanz kritisch beurteilen,

• können diese Forschungskonzepte im Rahmen von eigenen Studien umsetzen und schließlich

• fachadäquate Beiträge für unterschiedliche Publika und Medien verfassen.

 

Das ganzheitliche und interdisziplinäre Forschungsverständnis, das der Lehrveranstaltung zugrunde liegt, spiegelt sich am besten in den Forschungsthemen, welche in den letzten Jahren umgesetzt wur-den und hier auszugsweise angeführt werden:

 

1. Financial Literacy und Wohlstandsakkumulation – Welchen Einfluss hat das Finanzwissen auf das Investitions-, Pensionsvorsorge- und Informationsverhalten?

2. XBRL in Progress – Financial Reporting Policy Frameworks and their Effects on the Adop-tion of XBRL.

3. Ist die Kapitalmarktbeteiligung ein kulturelles Phänomen? Investitionsverhalten und die Kul-tivationshypothese.

4. Börsen auf Twitter & Co: Börsenmärkte im Vergleich ihrer medialen Präsenz.

5. IR-Websites österreichischer börsennotierter Unternehmen.

6. Money – more than a currency. The sociological aspects of money and the impact of the aboli-tion of paper money on the contemporary society.

7. Robo Advisor: Welche Herausforderungen stellen sich durch die Digitalisierung der Financial Services für die Finanzkommunikation?

 

Aufbauend auf den vorhandenen Kenntnissen der Studierenden wird der Fokus v.a. auf die Erweite-rung des methodischen Spektrums um inferenzstatistische Verfahren (Korrelations- und Regressions-analyse), die über rein deskriptive Verfahren hinausgehen, die Beurteilung der forschungspraktischen Relevanz der Verfahren (Methodologie) sowie die publikationsadäquate Präsentation der Forschungs-ergebnisse wie z.B. statistischer Auswertungen in tabellarischer und graphischer Form sowie ihre In-terpretation in unterschiedlichen Texten.

 

Abschließend werden die Möglichkeiten der Wissenschaftskommunikation anhand der folgenden Fragen thematisiert: Wer sind die themenspezifischen Publika der Forschung und worin liegen ihre Erkenntnisinteressen? Über welche Medien können die Zielgruppen erreicht werden? Welche weite-ren Aspekte (wie z.B. Scientific Literacy, Mediengattung) müssen zwecks einer effektiven Wissen-schaftskommunikation berücksichtigt werden? Ebenso wird aber auch die Perspektive der Autorinnen und Autoren im Kontext der Publikationstätigkeit beleuchtet, wobei v.a. drei Fragen geklärt werden: Welche Publikationsmöglichkeiten (inkl. Open Access, Repositories etc.) stehen jungen ForscherInnen und der Forschung offen? Welche Publikationsstrategien sind im Hinblick auf das persönliche Voran-kommen in der Wirtschaft oder in der Wissenschaft erfolgsentscheidend? Welche rechtlichen Aspekte knüpfen sich an spezifische Publikationsmöglichkeiten?

 

Da insbesondere im Finanzbereich eine profunde Kenntnis der englischen Sprache sowohl in der Wis-senschaft als auch in der Praxis von entscheidender Bedeutung ist und die überwiegende Anzahl an wissenschaftlichen Publikationen auf Englisch verfasst wird, steht auch die Vermittlung entsprechen-der sprachlicher Skills im Fokus der Lehrveranstaltung. Dies ist auch vor dem Hintergrund wichtig, dass es ein erklärtes Ziel der Lehrveranstaltung ist, die Studierenden in die (internationale) Forschung des Departments Medien & Wirtschaft einzubinden, wie es u.a. am Beispiel des Financial Literacy Projekts demonstriert werden kann (siehe mehr dazu unter Mehrwert der Lehrveranstaltung). Um die-sem Anspruch gerecht zu werden, werden englischsprachige Texte (Scientific Papers) nicht nur in fachlicher, sondern auch in sprachlicher Hinsicht analysiert. Die Studierenden lernen die wesentlichen Grundsätze des Scientific Writing kennen und können diese auch anwenden, in dem sie ihre Beiträge auf Englisch verfassen.

 

Didaktisches Konzept und Leistungsevaluierung

Die inhaltlichen Schwerpunkte werden themenspezifisch differenziert aufbereitet. Dabei wird grund-sätzlich das Ziel verfolgt, die unterschiedlichen Phasen des Wissenserwerbs und der Wissensanwen-dung im Sinne des Inverted Classroom so zu verlagern, dass die Präsenzphasen eine reflektierte Ana-lyse und Diskussion bereits abgeschlossener Studien sowie der konkreten Forschungsvorhaben erlau-ben. Beim Letzteren wird auf Peer-Learning, Peer-Review sowie Peer-Assessement besonderer Wert gelegt. Die Studierenden sollen die Forschungsvorhaben ihrer Kolleginnen und Kollegen im Laufe des Prozesses kritisch-konstruktiv durch eingeplante Feedback-Runden begleiten und unterstützen. Durch Student Centered Learning (SCL), situiertes und problembasiertes Lernen (PBL), welche die Lehre in der Lehrveranstaltung stark prägen, wird die Selbstorganisations- und Umsetzungskompe-tenz der Studierenden gefördert.

 

Die Evaluierungskriterien leiten sich von den o.a. Zielsetzungen ab:

• Das Thema muss praktisch und wissenschaftlich kontextualisiert sein und die Publikationen müssen in dem jeweiligen Feld den aktuellen Stand der Forschung abbilden.

• Auf Basis des State of the Art müssen die Forschungslücken, -ziele und die daraus abgeleite-ten Forschungsfragen fundiert erarbeitet und nachvollziehbar dargestellt werden.

• Die gewählte Methode muss begründet und ihre Limitationen müssen kommuniziert werden. Sie muss adäquat für die Beantwortung der Forschungsfragen sein.

• Die Forschungsfragen müssen a) methodisch richtig, b) inhaltlich nachvollziehbar und über-zeugend beantwortet und c) die Antworten in einem anschließenden Abschnitt vor dem Hin-tergrund der aktuellen Forschung (State of the Art) und im Hinblick auf ihre Implikationen diskutiert und kontextualisiert werden.

• Die Arbeit muss den wissenschaftlichen Standards entsprechen.

• Die Erkenntnisse sind in Form eines publikationsfähigen Konferenzbeitrags, eines Blog-Posts und eines Scientific Posters, das beim Symposium für Wirtschafts- und Finanzkommunikation präsentiert wird, zielgruppen- und medienspezifisch aufzubereiten.

 

Mehrwert der Lehrveranstaltung

Die in den Bereichen Finance, (digital) Media und Financial Communications an der FH St. Pölten geschaffenen Strukturen wie das Symposium Wirtschafts- und Finanzkommunikation, der daran an-knüpfende Sammelband, der Blog Financial Communications sowie Arbeitskreise mit Unternehmen, Fachverbänden und Interessensverbänden (z.B. der Arbeitskreis für Finanzkommunikation des Public Relations Verband Austria und Cercle of Investor Relations Austria) bieten für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Forschungslabors die Möglichkeit, ihre Forschungsergebnisse öffentlichkeitswirk-sam zu präsentieren. Beispielhaft können die folgenden, bislang erfolgreich realisierten Publikationen und Vorträge angeführt werden:

 

Financial Literacy

Kovarova-Simecek, M., Wanzenried, G., & Aubram, T. (2017, June). Financial Literacy, Information Sources, and Interest in Financial News. Presented at the 15. International Pragmatics Conference (IPrA), Belfast. Retrieved from financial-communications.fhstp.ac.at/wp-content/uploads/2017/07/IPrA_2017_FinancialLiteracyInformation-Behavior.pdf

Aubram, T., Kovarova-Simecek, M., & Wanzenried, G. (2016a). Financial Literacy im Länderver-gleich - empirische Befunde zu Finanzwissen und Finanzverhalten in Österreich und in der Schweiz. In L. Nadig & U. Egle (Eds.), Controlling.Accounting.Risiko.Finanzen. Schriften aus dem Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ (Vol. 35, pp. 367–420). Luzern: Verlag IFZ - Hoch-schule Luzern.

Aubram, T., Kovarova-Simecek, M., & Wanzenried, G. (2016b). Financial Literacy, Pension Planning, and Investment Behavior - A Comparative Study between Austria and Switzerland. SSRN Elec-tronic Journal. doi.org/10.2139/ssrn.2834869

Aubram, T., Kovarova-Simecek, M., & Wanzenried, G. (2016c, August). Financial Literacy and Re-tirement Planning - A Comparative Study for Austria and Switzerland. Konferenzbeitrag presented at the Financial Literacy and Pension-related Communication for better Retirement and Long-term Financial Decisions, Collegio Carlo Alberto, Moncalieri, Turin.

Aubram, T., Kovarova-Simecek, M., & Wanzenried, G. (2017). Financial Literacy and Pension Plan-ning - A Comparative Study for Austria and Switzerland. SSRN Electronic Journal. doi.org/10.2139/ssrn.2892726

Kovarova-Simecek, M., Wanzenried, G., & Aubram, T. (2016, April). Financial Literacy und ihre Implikationen - Eine komparative Studie für Österreich und die Schweiz. Konferenzbeitrag presented at the Symposium Wirtschafts- und Finanzkommunikation 2016, Wien, Austria.

 

 

 

 

Online-Kommunikation in Investor Relations

Kovarova-Simecek, M., & Mayer, L. (2017). Die IR-Website - A Window of Opportunity. Eine Ana-lyse des Webauftritts österreichischer börsenotierter Unternehmen durch die FH St- Pölten. Börse Social Magazine, 1(4), 28–31.

Kovarova-Simecek, M., & Mayer, L. (10.052017). Die IR-Website - A Window of Opportunity. Eine Analyse des Webauftritts österreichischer börsenotierter Unternehmen. Konferenzvortrag presented at the Symposium Wirtschafts- und Finanzkommunikation, Wien. Retrieved from financial-communications.fhstp.ac.at/symposium/2017-2/

 

Digitalisierung im Financial Reporting

Reisinger, B. (2017). XBRL in Progress – Financial Reporting Policy Frameworks and their Ef-fects on the Adoption of XBRL [27.08.2017]. Retrieved from financial-communications.fhstp.ac.at/2017/08/xbrl-in-progress/

 

Damit gewinnen die Studierenden die Chance, ihre Kompetenzen vor Expertinnen und Experten aus der Praxis sowie der Financial Community zu präsentieren und potentiell künftige Arbeitgeber oder Kooperationspartner zu überzeugen. Neben diesem Mehrwert für die Studierenden trägt die Lehrver-anstaltung dazu bei, die FH St. Pölten als einen in den Bereichen Finance, Media und Financial Communications fachkundigen und relevanten Ansprechpartner für die Wirtschaft und Scientific Community zu positionieren.

Positionierung des Lehrangebots

Masterstudiengang Digital Media Management, 2. Studienjahr, 3. Semester

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2018 nominiert.
Ars Docendi
2018
Kategorie: Forschungs- und kunstgeleitete Lehre, insbesondere die Förderung von kritischem Denken, Dialogorientierung, Methodenkompetenz
Ansprechperson
FH-Prof. Mag. Monika Kovarova-Simecek
Department Medien und Wirtschaft
0699 190 155 49
Nominierte Person(en)
FH-Prof. Mag. Monika Kovarova-Simecek
Department Medien und Wirtschaft
Themenfelder
  • Lehr- und Lernkonzepte
Fachbereiche
  • Wirtschaft und Recht