Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Innrain 52, 6020 Innsbruck
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Pädagogisches Ethos in der Lehrer*innenbildung - SE Bildungslaboratorium - Reflexion und Entwicklung im pädagogischen Kontext

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

In einem internationalen Projekt (Kooperationsprojekt zwischen der Humboldt-Universität zu Berlin, der Universität Innsbruck, der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und der Universität Wien) mit dem Titel „Ethos im Lehrberuf: Manual zur Übung einer professionellen Haltung“ wurde ein Manual zur Einübung pädagogischen Ethos in der Lehrer*innenbildung konzipiert. Die Verwendung dieses Manuals sowie das durch die Forschungsgruppe vorgeschlagene didaktische Vorgehen dient als Grundlage für das eingereichte Lehrekonzept und soll der Implementierung des Themas pädagogisches Ethos in der Lehrer*innenbildung dienen. Um dies in der österreichischen Lehrer*innenbildung zu thematisieren und das Manual sowie das didaktische Vorgehen des Projekts „ELBE“ standortunabhängig zu testen, wurde in Kooperation mit zwei weiteren beim Projekt beteiligten Personen für alle am Projekt beteiligten österreichischen Universitäten ein Lehrekonzept entwickelt. Einführend werden im Seminar ethische, bildungs- und übungstheoretische Grundlagen für eine Neufassung von Ethos als pädagogische Praxis vorgestellt. Ethos wird als moralische Entscheidungsfähigkeit und urteilskräftiges Können unter Bedingungen von Differenz, Pluralität und Kontingenz bestimmt und als solches im Seminar geübt.

Als ein Schritt auf dem Weg zur Entwicklung und Einübung eines professionellen Lehrer*innenethos werden gemeinsam Anschlüsse an unterschiedliche Domänen der pädagogischen Professionalität (z. B. EPIK-Modell) ausgelotet. Dabei soll an das Vorwissen der Studierenden aus den Praktika und deren individuellen Gegebenheiten angeknüpft werden und mittels unterschiedlicher erfahrungsbasierter Beispiele aus der konkreten Unterrichtspraxis moralische Urteilsfähigkeit (ein-)geübt werden. Ziele der Lehrveranstaltung sowie des Lehrekonzepts sind daher: (1) Ethische, bildungs- und übungstheoretische Grundlagen für eine Neufassung von Ethos rezipieren und einordnen können, (2) aktuelle nationale und internationale Theorie- und Forschungsergebnisse der Ethosforschung und ihre interdisziplinären Bezüge kennen sowie deren systematisierende, diagnostische, erkenntniserweiternde und praxisaufklärende Funktion für pädagogische Kontexte einschätzen können, (3) unterschiedliche theoretische Systematisierungen von Lehrer*innenprofessionalität (z.B. des EPIK-Modells) kennen und für eigene Professionalisierungsprozesse umsetzen lernen, (4) situative, moralische Entscheidungsfähigkeit unter Bedingungen von Differenz, Pluralität und Kontingenz einüben, (5) pädagogische Beispiele systemisch verstehen und diese sinnvoll für eigene Professionalisierungsprozesse, die Arbeit in pädagogischen Institutionen und deren Einbettung in das Bildungssystem be- und verwerten können, (6) Ergebnisse theoriegestützt reflektieren und analysieren sowie daraus neue Erkenntnisse bzw. Theorieansätze und Handlungsoptionen generieren.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Die LV basiert auf dem im Projekt „Ethos im Lehrberuf“ erstellten Manual (Rödel et. al. 2022) zur Einübung pädagogischen Ethos. Dieses Manual wurde von der Einreichenden in Kooperation mit anderen Projektmitarbeiter*innen für den Einsatz in der universitären Lehrer*innenbildung konzipiert und umfasst Anregungen zur Reflexion von schul- und unterrichtsbezogenen Beispielen, deren übende Bearbeitungen eine Ausbildung des professionellen Lehrer*innenethos begünstigen. Jedes Beispiel birgt Ambiguitäten in den Deutungs- und Positionierungsmöglichkeiten und fordert die Studierenden zum Einnehmen einer Haltung und zur diskursiven Auseinandersetzung mit den Haltungen von Kommiliton*innen heraus (Rödel et.al. 2022a). Ein auf Basis des Forschungsprojektes entworfene didaktisches Vorgehen (diverse Lesarten, Positionierung und Irritation, vgl. Rödel et.al. 2022) wurde in Kooperation mit Lehrenden an der Universität Wien, der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien und durch die Einreichende an der Universität Innsbruck zu einem Seminar für Lehramtsstudierende konzipiert und umgesetzt. Aufbauend auf Theorien des päd. Ethos sowie päd. Professionalität (EPIK, vgl. Schratz et.al. 2008) und dem Einordnen ethischer, bildungs- und übungstheoretischer Grundlagen für eine Neufassung von Ethos sollen Studierende wöchentlich moralische Entscheidungsfähigkeit üben und pädagogische Beispiele systematisch verstehen und theoriegestützt analysieren, um neue Handlungsoptionen zu generieren.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

The course is based on the manual (Rödel et. al. 2022) for practicing pedagogical ethics developed in the project "Ethos in the Teaching Profession". This manual was designed by the submitter in cooperation with other project members for use in university teacher education and includes suggestions for reflection on school- and classroom-related examples, the practice of which fosters the formation of a professional teacher ethos. Each example involves ambiguities in the possibilities of interpretation and positioning and challenges students to adopt a stance and to discursively engage with the stances of fellow students (Rödel et.al. 2022a). A didactic procedure designed on the basis of the research project (diverse readings, positioning and irritation, cf. Rödel et.al. 2022) was conceived and implemented in cooperation with teachers at the University of Vienna, the University of Music and Performing Arts in Vienna and by the submitter at the University of Innsbruck to form a seminar for student teachers. Based on theories of pedagogical ethos as well as pedagogical professionalism (EPIK, cf. Schratz et.al. 2008) and the classification of ethical, educational and exercise theoretical foundations for a new formulation of ethos, students should practice moral decision-making skills and systematically understand/theoretically analyze pedagogical examples in order to generate new options for action.

Nähere Beschreibung des Projekts

Das Seminar wurde in Kooperation mit zwei Projektmitgliedern des Projekts „ELBE“, die an der Universität Wien und der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien tätig sind, konzipiert, um pädagogisches Ethos in der österreichischen Lehrer*innenausbildung zu thematisieren und (zukünftige) professionsadäquate Handlungsalternativen im Kontext von Professionalisierung zu fokussieren. Das Lehrekonzept wurde somit als Gemeinschaftsprodukt erstellt, die Umsetzungen werden standortspezifisch angepasst. Ein kollegialer Austausch zur Qualitätssicherung und -steigerung der Lehre wird seit Beginn der ersten Umsetzung des Lehrekonzepts im Wintersemester 2021/22 in regelmäßigen Kooperationstreffen betrieben. Die nachstehenden Ausführungen beziehen sich auf die Umsetzung durch die Einreichende an der Universität Innsbruck. Die Studierenden werden in diesem Seminar befähigt, ihre bildungswissenschaftliche Kompetenz durch die Arbeit an konkreten Fällen der Schulpraxis zu erweitern. Inhaltlich ist die Thematik auf Ethos im Lehrberuf fokussiert und führt damit ein internationales Projekt (Kooperationsprojekt zwischen der Humboldt-Universität zu Berlin, der Universität Innsbruck, der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und der Universität Wien) mit dem Titel „Ethos im Lehrberuf: Manual zur Übung einer professionellen Haltung“, kurz „ELBE“, weiter. Damit wird mit diesem Lehrekonzept nicht nur der forschungsgeleiteten Lehre Rechnung getragen, sondern auch Erkenntnisse aus einem internationalen (Forschungs-)Austausch implementiert.

Durch die Lehrveranstaltung soll ein Beitrag zur Professionalisierung von (angehenden) Lehrpersonen geleistet werden, indem Ethos bei (angehenden) Lehrpersonen herausgebildet werden soll. Das Seminar ist in sechs wöchentlich stattfindende Blöcke gegliedert. Einführend werden ethische, bildungs- und übungstheoretische Grundlagen für eine Neufassung von Ethos als pädagogische Praxis vorgestellt (Rödel et.al., 2022a). Ethos wird als moralische Entscheidungsfähigkeit und urteilskräftiges Können unter Bedingungen von Differenz, Pluralität und Kontingenz bestimmt. Es basiert auf implizitem Wissen und Erfahrung und zeigt sich in der Praxis und in je spezifischen Erfahrungssituationen. Daher kann es nicht im Sinne einer Instruktion gelehrt, sondern muss als moralische Entscheidungsfähigkeit im Seminar eingeübt werden. Nach der theoretischen Auseinandersetzung mit dieser Neufassung von Ethos wird in einem weiteren Schritt die Thematik von Ethos bezogen auf einen professionsspezifischen Habitus mit Blick auf Professionalisierung fokussiert. Hierbei wird das Professionalisierungsmodell EPIK (Entwicklung von Professionalität im internationalen Kontext) (vgl. Schratz et.al. 2008) herangezogen. Somit werden auf dem Weg zur Entwicklung und Einübung eines professionellen Lehrer*innenethos gemeinsam Anschlüsse an unterschiedliche Domänen der pädagogischen Professionalität (EPIK-Modell) ausgelotet. Anschließend werden Schul- und Unterrichtssituationen auf Basis der theoretischen Zugänge Ethos und EPIK methodisch different bearbeitet. Im Finden und Begründen unterschiedlicher Lesarten dieser Situationen, dem Durchleben von Phasen der Irritation und Distanzierung sowie dem Erkennen und Abwägen alternativer Handlungsmöglichkeiten wird dadurch anhand unterschiedlicher erfahrungsbasierter Beispiele aus der konkreten Unterrichtspraxis (entnommen aus schriftlichen Reflexionen von Studierenden, gesammelt im „ELBE-Manual“: www.erziehungswissenschaften.hu-berlin.de/de/das-institut-neu/mitarbeiter/1686890/ethos-im-lehrberuf-elbe-1/elbe-manual-zum-download-1) in den Seminarblöcken moralische Urteilsfähigkeit (ein-)geübt.

Im Durchleben der in den Beispielen aufgezeigten Ambivalenzen wird den ethischen Prämissen Rechnung getragen. Es wird deutlich, dass erstens die ,Angemessenheit‘ einer situativen, praktischen Handlungserfahrung erst im Nachhinein thematisiert, eingeschätzt und beurteilt werden kann. Zweitens besteht diese ,Angemessenheit‘ nicht darin, nach normativen Vorgaben innerhalb festgesetzter Grenzen zu handeln, sondern das Besondere an einer Situation wahrzunehmen und im Sinne einer moralischen Entscheidungsfindung darauf zu antworten und im Seminar zu diskutieren und somit festzumachen. Grundsätzlich dienen die ersten beiden Blöcke neben beispielhaften Darstellungen der theoretischen Klärung, die weiteren 4 Blöcke anschließend dem Auseinandersetzen mit und Vertiefen der Thematik, sowie dem Übungs- und Reflexionsprozess, um moralische Entscheidungsfähigkeit als Sichtbarmachung von pädagogischem Ethos zu üben und damit professionsspezifischen Habitus und Handlungskompetenz zu üben. Studierende sollen dabei ethische, bildungs- und übungstheoretische Grundlagen für eine Neufassung von Ethos rezipieren und einordnen können. Dafür ist es notwendig, aktuelle nationale und internationale Theorie- und Forschungsergebnisse der Ethosforschung und ihre interdisziplinären Bezüge zu kennen sowie deren systematisierende, diagnostische, erkenntniserweiternde und praxisaufklärende Funktion für pädagogische Kontexte einschätzen zu können. Zum Verorten der eigenen Kompetenzen im pädagogischen und schulischen Kontext bedarf es die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen theoretischen Systematisierungen von Lehrer*innenprofessionalität (z.B. des EPIK-Modells). Wichtig ist hierbei das Kennen derartiger Modelle und das eigene Verorten und Umsetzen eigener Strategien für die eigenen Professionalisierungsprozesse. Dafür benötigt es ein systematisches Verstehen pädagogischer Beispiele, um diese sinnvoll für eigene Professionalisierungsprozesse, die Arbeit in pädagogischen Institutionen und deren Einbettung in das Bildungssystem be- und verwerten zu können.

Ergebnisse aus Diskursen sollen theoriegestützt reflektiert und analysiert werden können, um daraus neue Erkenntnisse bzw. Theorieansätze und Handlungsoptionen zu generieren. Für einen Übungseffekt bedarf es einer kontinuierlichen Auseinandersetzung mit der Thematik (vgl. Brinkmann, 2012). Dabei steht vor allem die aktive Beteiligung der Studierenden im Vordergrund, sodass neben der Auseinandersetzung mit der Thematik vor allem ein individueller Kompetenzerwerb und Übungscharakter möglich wird. Für diesen kontinuierlichen und individuellen Übungscharakter wurde einerseits die Lehrveranstaltung als wöchentliches Setting konzipiert sowie nach jedem Block reflexive Arbeitsaufträge gegeben und diese mittels formativen Assessments rückgemeldet. Dadurch soll Verbesserung und individuelle Kompetenzentwicklung (während des Seminars) ermöglicht werden und der Stand der Lernergebnisse besprochen werden. Andererseits wird der Übungseffekt durch die ständige Auseinandersetzung mit der Thematik und ständiger Anwendung angeleiteter Aufarbeitungsprozesse über einen längeren Zeitraum verstärkt.

Mittels verschiedener Arbeitsaufträge sollen die Studierenden die Möglichkeit erhalten, sich intensiv mit der Thematik zu beschäftigen, um in einem weiteren Schritt selber Erfahrungen zu machen. Die differenzierte und individuelle Herangehensweise an Übungsbeispiele in schriftlicher und mündlicher Form, mit theoretischen Zugängen und selbstreflexiven Anteilen sollte es allen Lerntypen ermöglichen, die Inhalte zu verinnerlichen und über „Lernen durch Erfahrung“ zu verstehen. (vgl. Schratz 2012, English 2008, Mitgutsch 2008, Schrittesser 2011) Zusätzlich bedarf es einer guten Lernatmosphäre für das Auseinandersetzen mit derart individuellen Thematiken und Herangehensweisen, sodass auf ein Kennenlernen der Studierenden und das Beschäftigen mit den Emotionen der Studierenden zu Beginn jedes Lehrveranstaltungstermins großen Wert gelegt wird. (z.B. Positives Hypothetisieren, Assoziationsarbeit, Emojilisten,…) Nach Schaffen einer guten Lernatmosphäre werden Schulsituationen mit dem vom Forschungsteam „ELBE“ konzipierten didaktischen Vorgehen des Dreischritts aufgearbeitet, indem pädagogisches Ethos bzw. moralische Entscheidungsfähigkeit mittels Schulsituationen aus dem Manual (Rödel et.al. 2022) anhand des genannten didaktischen Dreischritts geübt wird. Im Vordergrund steht hier wie genannt das (1) Gründen von Lesarten, um die verschiedenen Perspektiven einer derartigen schulischen Herausforderung zu ergründen, (2) das Positionieren, um moralische Entscheidungsfähigkeiten zu üben (vgl. Brinkmann 2012) und (3) das Erzeugen von Irritation, um gewohnte und/oder habitualisierte Urteils-, Entscheidungs-, und Argumentationsmuster zu durchbrechen und damit neue Erfahrungsmöglichkeiten und neue Denkweisen zu eröffnen (Rödel et.al. 2022, S. 28).

Während des Seminars werden Studierende angehalten, ihre Erfahrungen anhand reflexiver Schreibprozesse zu be- und verarbeiten. Diese schriftlichen Ausarbeitungen werden nicht benotet, sodass die reflexive Auseinandersetzung nicht aufgrund einer Abgabe oder des Bestehens eines Seminars beeinflusst wird. Weiters wird auf den von den Studierenden gewünschten Realitätsbezug eingegangen, indem neben den Situationen aus dem „ELBE-Manual“ auch Situationen aus der eigenen Praxis oder aus der Praxis anderer Studierender zur Bearbeitung gewählt werden. Somit ist auch damit ein individueller, personenbezogener Kompetenzzuwachs ermöglicht. Auch auf das Einhalten des Workloads bezogen auf ECTS Punkte wird Wert gelegt, sodass die Arbeitsaufträge außerhalb der Lehrveranstaltungszeiten im Umfang begrenzt werden und hierzu Vorarbeiten in der Lehrveranstaltung geleistet werden. Das methodische Vorgehen zur Erreichung der Lernergebnisse kann insgesamt wie folgt zusammengefasst werden: Berücksichtigung und Schaffen einer angenehmen Atmosphäre, Einplanen von Zeitressourcen für individuelle Fragen und vertiefende Auseinandersetzung, Vorträge und Präsentationen zu zentralen theoretischen Konzepten sowie empirischen Ansätzen sowohl von Studierenden in einer persönlichen Auseinandersetzung mit den Theorien als auch durch die Lehrveranstaltungsleitung, als Kern des Lehrkonzepts das didaktisches Vorgehen des Dreischritts bei der aktiven Bearbeitung von ethisch und professionsspezifisch relevanten Schulsituationen, Diskussion von konkreten Beispielen im Kontext von Professionalisierung sowie kollegiale Beratung im Plenum bzw. in Kleingruppen. Neben der Schulung einer moralischen Entscheidungsfähigkeit sowie der Reflexionskompetenz durch das reflexive Schreiben wird auch auf das Vermitteln sozialer Kompetenz wertgelegt. Dadurch können im Seminar erlebte Positionierungen und Werthaltungen anderer akzeptiert werden, eine Öffnung sowie ein Verstehen anderer Sichtweisen ermöglicht werden, um dann eigene Überzeugungen hinterfragen zu können. Nur in einem gemeinsamen Tun und in einer aktiven Beteiligung der Studierenden, in einem Diskurs mit Kolleg*innen wird eine Erweiterung des eigenen Wissens, des eigenen Tuns und dadurch eine Professionalisierung möglich (vgl. EPIK, Schratz 2008).

Nutzen und Mehrwert

Durch die wöchentliche Auseinandersetzung mit dem Thema „pädagogisches Ethos“ sowie die wöchentlich abzugebenden Arbeitsaufträge zur schriftlichen Reflexion der eigenen Auseinandersetzung mit der Thematik berichten die Studierenden über den Mehrwert des Lehrekonzepts (siehe Akzeptanz). Dadurch bleiben Studierende fokussiert, setzen sich intensiv mit einer Thematik auseinander und können sich in die Materie besser vertiefen. Das Konzept des Lernens durch Erfahrung der Lehr-/Lernforschung (Mitgutsch 2008, Schratz et.al.2012) sowie das Konzept des Übens (Brinkmann 2012) sind grundlegende Annahmen und ermöglichen in der Lehrveranstaltung Verstehensprozesse der eigenen professionsspezifischen Entwicklung.

Das zusätzliche Einbringen eigener Schulsituationen ermöglicht zudem eine theoretische Verknüpfung und die Anwendung des Dreischritts und dadurch einen Erkenntnisgewinn für die eigene erlebte Praxis und damit für dein eigenen Professionalisierungsprozess.

In der schriftlichen Auseinandersetzung verfassen die Studierenden denselben Umfang wie in einer Seminararbeit, erleben die Bearbeitung aber als bereichernd. Durch wöchentliche Feedbackschleifen wird der Lernzuwachs angesprochen sowie die Möglichkeit kontinuierlicher Weiterarbeit, da die Pausen dazwischen gering sind.

Nachhaltigkeit

Als Basis für dieses Lehrekonzept wirkt das durch die Robert-Bosch-Stiftung finanzierte Forschungsprojekt „ELBE“ (https://www.uibk.ac.at/ils/forschung/elbe.html), das von 2020 bis 2022 durchgeführt wurde. Hierbei wurde neben einer Präzisierung der Begrifflichkeiten und dem theoretischen Rahmen das bereits öfter zitierte Manual zur Einübung moralischer Entscheidungsfähigkeit entwickelt. Zusätzlich wurde die Übung pädagogischen Ethos in Professionalisierungsstrategien über eine Verknüpfung mit dem EPIK-Modell (Schratz et.al. 2008) eingebettet. Nachfolgend soll nun eine etwaige Veränderung pädagogischen Ethos aufgrund dieses Lehrekonzepts beforscht werden. Diesbezüglich wurde ein Antrag bei der Tiroler Nachwuchsförderung 2023 eingebracht. Eine Adaptierung und/oder Erweiterung des Lehrekonzepts sowie des Manuals ist als Zielsetzung auf Grundlage der Forschungsergebnisse des Projekts, das für die Nachwuchsförderung 2023 eingereicht wurde, geplant.

Dissemination/Transfer

Das Manual des „ELBE-Projekts“ sowie das eingereichte Lehrekonzept kann auf andere Hochschulen übertragen werden. Hierbei können Termine gekürzt oder verlängert und auch Gruppengrößen oder Prüfungsmodalitäten angepasst werden. Wichtig ist die Anwendung des Dreischritts, indem moralische Entscheidungsfähigkeit geübt wird. Aber sowohl Themen der zu bearbeitenden Situationen als auch reflexive Fragestellungen können auf Situation, Studierendengruppen oder Lernziele angepasst werden. Durch den freien Onlinezugang des Manuals (https://www.erziehungswissenschaften.hu-berlin.de/de/das-institut-neu/mitarbeiter/1686890/ethos-im-lehrberuf-elbe-1/elbe-manual-zum-download-1/roedel-et-al_ethos-im-lehrberuf_manual-zur-uebung-professioneller-haltung_1.pdf), als auch über angebotene Workshops ist der Transfer in andere Hochschulen niederschwellig gegeben (https://www.erziehungswissenschaften.hu-berlin.de/de/das-institut-neu/mitarbeiter/1686890/ethos-im-lehrberuf-elbe-1/projektpublikationen-1). Als weitere Überlegung kann das Vorgehen auch in Fortbildungen von Lehrpersonen implementiert werden, um Professionalisierungsaspekte zu diskutieren und Handlungsalternativen professionsspezifisch zu besprechen.

Aufgrund der Auseinandersetzung mit Ethos erlangen Studierende Handlungsalternativen für differenzierte und ethische Entscheidungen im Unterricht. Somit fließen die Inhalte dieses Konzepts auch in die Lehre von Schüler*innen in der Institution Schule mit ein. Über moralische Entscheidungsfähigkeit werden Studierende befähigt auf Herausforderungen professionsspezifisch begründet zu reagieren. Damit soll den Forderungen in Schulen sowie Bedürfnissen von Schüler*innen durch urteilskräftiges Können unter Bedingungen von Differenz, Pluralität und Kontingenz Rechnung getragen werden. Dies ist als gesellschaftsrelevanter Beitrag zu sehen, indem zukünftige Lehrpersonen professionelle professionsspezifische Handlungsalternativen generieren und auf Differenz und Pluralität reagieren können.

Institutionelle Unterstützung

Das Projekt findet im Zuge des Lehreangebots im Bereich Master der Bildungswissenschaftlichen Grundlagen der Lehramtsausbildung an der Universität Innsbruck statt. Dadurch können sowohl räumliche Ressourcen (die Verwendung der Seminarräume) als auch Sachkosten wie Computer und Beamer der Universität genutzt werden. Ebenso werden die Personalkosten der Lehrenden durch die Hochschule getragen. Damit findet ein Gewinn für Hochschulen statt, indem die Implementierung des Themas pädagogisches Ethos sowie das didaktische Vorgehen des Dreischritts keine Mehrkosten verursacht, die Ausbildung angehender Lehrpersonen bezogen auf die Entwicklung moralischer Entscheidungsfähigkeit und damit zukünftiger Handlungsalternativen aber gefördert wird.

Positionierung des Lehrangebots

Das Seminar wird in den Bildungswissenschaftlichen Grundlagen im Pflichtmodul 2, bewertet mit 3 ECTS im Masterstudium Lehramt Sekundarstufe laut Curriculum 2018 an der Universität Innsbruck angeboten. Ebenfalls angeboten wird das Seminar im Masterstudium Lehramt Sekundarstufe an der Universität Wien sowie der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Voraussetzung für dieses Seminars an der Universität Innsbruck ist neben einem abgeschlossenen Bachelorstudium Lehramt Sekundarstufe auch die Absolvierung des Pflichtmoduls 1 im Masterstudium Lehramt Sekundarstufe, sodass vor Besuch dieses Seminars alle Praktika absolviert wurden. Zugeordnet wird dieses Seminar den Nachhaltigkeitszielen SDG 3 - Gesundheit und Wohlergehen: Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern sowie SDG 4 - Hochwertige Bildung: Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern.

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2023 nominiert.
Ars Docendi
2023
Kategorie: Kooperative Lehr- und Arbeitsformen
Ansprechperson
Gabriele Schauer, Mag. Dr.
Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung
0043 699 17132093
Nominierte Person(en)
Gabriele Schauer, Mag. Dr.
Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung
Themenfelder
  • Kooperationen in der Lehre
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Diversität und Soziales
  • Forschung/EEK geleitete Lehre
  • Erfahrungslernen
Fachbereiche
  • Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften