UMIT TIROL – Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften und -technologie
Eduard Wallnöfer-Zentrum 1, 6060 Hall in Tirol
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Applications of Machine Learning in Health Care – Constructivist learning of a multi-disciplinary technical and ethical topic

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Maschinelles Lernen (ML) als ein wichtiger Teilbereich der Künstlichen Intelligenz (KI) gewinnt in den verschiedensten Bereichen zunehmend an Bedeutung. Beispiele für ML im Gesundheitsbereich umfassen die Tumorerkennung basierend auf Bilddaten, Parkinsonvorhersage basierend auf Sprachaufzeichnungen oder die Vorhersage eines Delirs basierend auf klinischen Parametern. Seitens der Lehre in diesem Bereich besteht die Herausforderung bei der Vielfalt der inkludierten Fachbereiche wie Statistik, Mathematik und Informatik. Studierende benötigen neben technischen Kenntnissen der Programmierung (hier R bzw. Python) auch eine entsprechende Kompetenz bei der Interpretation der Ergebnisse (z.B. Korrelation bedeutet nicht Kausalität, auch unterschiedliche ethische Gesichtspunkte sind zu berücksichtigen).

Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Applications of Machine Learning in Health Care“ lernen Studierende basierend auf einem gegeben Datensatz und einer gegebenen Fragestellung die passenden maschinellen Lernverfahren auszuwählen, anzuwenden sowie die Ergebnisse kritisch zu interpretieren und bewerten.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Applications of Machine Learning in Health Care“ lernen die Studierenden problemorientiert geeignete maschinellen Lernverfahren auszuwählen, anzuwenden und die Ergebnisse zu interpretieren und zu bewerten. Die Besonderheit liegt in der Vermittlung von Kompetenzen zur Bewertung von KI-Ansätzen sowohl aus technischer als auch ethischer Sicht.

Die Methodik verfolgt einen konstruktivistischen Ansatz und zielt auf die Anwendung erworbener Transferkompetenzen im Rahmen neuer Problemsituationen ab. Die Abstimmung der Lernziele, Prüfungsform sowie Lehr- und Lernmethoden erfolgte gemäß dem Constructive Alignment Modell. Die Lehrveranstaltung wurde neu entwickelt und besteht aus synchronen und asynchronen Phasen. Bei der Umsetzung wurde streng auf das universitäre Leitbild der Lehre geachtet. Die konkrete Umsetzung der Lernaufgaben der asynchronen Phasen erfolgt gemäß dem E-tivities-Konzept von Gilly Salmon. Grundidee dieser Methodik ist, dass das Wissen von den Lernenden durch und mit anderen aufgebaut wird. In den synchronen Phasen erfolgten Nachbesprechungen und Diskussionen der Theorieinhalte im Plenum sowie Vertiefungen in Form von Live-Tasks mit Live-Coding durch die Lehrperson. Die Bewertung erfolgt in Form von virtuellen Münzen und implementiert dabei Ideen des Gamification-Ansatzes und war zu jeder Zeit in Moodle ersichtlich. Die Evaluierung der Lehrveranstaltung durch die Studierenden zeigte eine hohe Akzeptanz dieser Lehrveranstaltung.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

In the course "Applications of Machine Learning in Health Care", students learn to select and apply suitable machine learning methods in a problem-oriented manner and to interpret and evaluate the results. A special feature is the teaching of competences for the evaluation of AI approaches from both a technical and ethical point of view. The methodology follows a constructivist approach and aims at applying acquired transfer competencies in the context of new problem situations. The alignment of learning objectives, form of examination, and teaching and learning methods was done according to the Constructive Alignment Model. The course was newly developed and consists of synchronous and asynchronous phases. During the implementation, strict attention was paid to the university’s guiding principle of teaching. The learning tasks of the asynchronous phases were implemented according to the E-tivities concept of Gilly Salmon. The basic idea of this methodology is that knowledge is built up by the learners through and with others. In the synchronous phases, debriefing and discussion of the theory content took place in plenary sessions, as well as consolidation in the form of live tasks with live coding by the teacher. The grading was done in the form of virtual coins and implements ideas of the gamification approach and was visible in Moodle at any time. The evaluation of the course by the students showed a high acceptance of this course.

Nähere Beschreibung des Projekts

Die Lehrveranstaltung „Applications of Machine Learning in Health Care“ ist Teil des Master-Studiums der Studienrichtung „Medizinische Informatik“ an der UMIT TIROL. Didaktisch liegt der Fokus dieses Lehrprojekts auf der Anwendung erworbener Transferkompetenzen und persönlicher Erkenntnisse im Rahmen neuer Problemsituationen. Hierfür wurde ein sozio-konstruktivistischer Ansatz gewählt und erfolgreich umgesetzt. Lernziele, Prüfungsform sowie Lehr- und Lernmethoden wurden gemäß des Constructive Alignment Modells abgestimmt. Alle Unterlagen und Lernaufgaben wurden in englischer Sprache verfasst und in der Lernplattform Moodle bereitgestellt.

Zur besseren Strukturierung wurde die Lehrveranstaltung in folgende fünf Abschnitte mit den entsprechenden zentralen Themen gegliedert: i) Introduction: Allgemeine Einführung in das Thema „Maschinelles Lernen“, ii) Preprocessing and Visualization: Inhalte zum Thema Datenvorverarbeitung und Visualisierung, iii) Unsupervised Learning: Einführung in das Thema des nicht-überwachten Lernens mit dem Fokus auf Clustering, iv) Supervised Learning: Methoden des überwachten Lernens inkl. Bewertung dieser Verfahren.

Jeder Abschnitt wurde in asynchrone und synchrone Unterabschnitte gegliedert. Die jeweiligen zugehörigen Zeitfenster der synchronen und asynchronen Phasen wurden den Studierenden zu Beginn mitgeteilt. Vorbereitend wurde ein Arbeitsauftrag mit geeigneter Literatur bereitgestellt, um den Wissenstand vorab anzugleichen. Die Lernaufgaben der asynchronen Phasen sind gemäß dem Etivities-Konzept gestaltet. Hierbei handelt es sich um ein didaktisches Framework welches von Gilly Salmon entwickelt wurde (Salmon, G. (2013). E-tivities: The key to active online learning. New York: Routledge). Grundidee hierbei ist, dass das Wissen von den Lernenden durch und mit anderen aufgebaut wird. Durch diese Methode wird eine aktive und partizipative E-Learning-Umgebung geschaffen. Der Aufbau der Lehrinhalte erfolgte dabei gemäß den E-tivities, deren Struktur genau vorgegeben ist. Die Grundstruktur einer jeden E-tivity umfasste hierbei folgende Punkte: i) Goal: Lernziel der Aufgabe ii) Task: Detaillierte Beschreibung der Aufgabenstellung, iii) Dialogue begins: Anweisung für die Interaktionen zwischen den Studierenden, iv) Instructor’s role: Beschreibung der Rolle der Lehrperson, v) Timing: Deadline, vi) Expected time effort: Zeitschätzung zur Erledigung, vii) Reward: Belohnung in Form von virtuellen Münzen. Diese klare Definition des Learning Outcomes stellt einen wichtigen Aspekt des Constructive Alignment Modells dar. Die zusätzliche Angabe des geschätzten zeitlichen Aufwands erleichtert die Planung für die Studierenden. Bei den einzelnen E-tivities wurde auch Wert auf Aktualität und Kreativität gelegt. So basierte z.B. eine Lernaufgabe auf der Analyse einer aktuellen Publikation im Bereich des maschinellen Lernens. Die Erkenntnisse der Studierenden wurden unter Verwendung einer Kreativitätstechnik grafisch dargestellt.

Die Bewertung der einzelnen E-tivities erfolgte zeitnah direkt in Moodle anhand von virtuell gesammelten Münzen und implementierte Ideen des Gamification-Ansatzes Hierbei werden motivierende Elemente von Computerspielen (hier Super Mario) übernommen. Die Bewertung erfolgte zeitnah und die Studierenden konnten jederzeit der Fortschritt bzw. die Bewertungen via Moodle abrufen.

Für die Vermittlung der Theorie in der asynchronen Phase werden Ansätze des Flipped Classroom verwendet. Die einzelnen Foliensätze wurden dabei von mir in englischer Sprache vertont. Folglich konnte jeder Studierende in der asynchronen Phase die Theorieinhalte in seiner präferierten Geschwindigkeit durchgehen bzw. beliebig oft wiederholen und festigen. Nach jedem Theorieabschnitt gab es ein Quiz mit Fragen zur Lernerfolgsüberprüfung. Diese asynchronen Phasen sind also eher instruktional geprägt, insb. auch um den Cognitive Load in der Erstauseinandersetzung mit den neuen Inhalten zu reduzieren.

In den synchronen Phasen erfolgten Nachbesprechungen, Aufarbeitung von offenen Fragen und erste Diskussionen der Theorieinhalte im Plenum sowie eine Vertiefung in Form von „Live Tasks“. Bei diesen Aufgaben wurden im Rahmen eines Live-Codings die Lösung für Machine Learning Aufgaben von den Studierenden gemeinsam mit der Lehrperson erarbeitet. Die Lehrperson implementierte abschließend die finale Lösung live in R bzw. Python, wodurch eine multiperspektivische, reflektive und diskursive Auseinandersetzung mit den Inhalten ganz im Sinne der konstruktivistischen Lerntheorie gefördert wird.

Hinsichtlich der Individualisierung und Spezialisierungen konnten die Studierenden Zusatzaufgaben lösen, welche im Falle einer Ausarbeitung ebenfalls bewertet wurden.

Die Abgabe und Ausarbeitung der auf das Einüben von Transfer ausgelegten Aufgabenstellungen erfolgte mittels aktueller Sprachen und Technologien (R, Python, Codeversionierung via Git). Die abschließende Prüfungsform (summative Kontrolle der Transferkompetenz) umfasste die selbständige Erstellung eines Forschungsberichts inkl. eigenständiger Suche nach einem geeigneten öffentlichen Datensatz, Definition einer Forschungsfrage und Anwendung der gelernten Verfahren mit Beantwortung der zuvor definierten Forschungsfrage.

Nutzen und Mehrwert

Der Mehrwert der beschriebenen Methodik umfasst mehrere Ebenen:

Kompetenzorientierung: Mit dem Fokus auf der Anwendung erworbener Transferkompetenzen sind die Studierenden für zukünftige Problemsituation im Bereich des maschinellen Lernens vorbereitet. Anhand der Abschlussarbeit werden von den Studierenden konkrete Lernprodukte erzeugt, welche sich an Problemstellungen orientieren.

Planbarkeit: Aufgrund der detaillierten Informationen welche für jede asynchronen Lernaufgabe (E-tivity) vorliegen, können die Studierenden ihre persönlichen zeitlichen Ressourcen besser einteilen.

Transparenz: Die Bewertungen sind zeitnah in Moodle ersichtlich.

Individualisierung und Inklusion: Die Bereitstellung zusätzlicher Unterlagen (z.B. selbst vertonte Foliensätze) erlauben die Wiedergabe der Inhalte in einer beliebigen Geschwindigkeit im Falle von Problemen bei der Aufnahme von Inhalten. Die Bereitstellung von alternativen Aufgabenpfaden erlaubt andererseits die Möglichkeit zur Vertiefung.

Ressourcenschonung: Die asynchronen Inhalte können von den Studierenden innerhalb eines gewissen zeitlichen Fensters ortsunabhängig bearbeitet werden. Zeitliche, finanzielle und umweltbezogene Belastungen für die Anreise werden minimiert.

Nachhaltigkeit

Inhaltlich stellt die vorliegende Lehrveranstaltung eine konsequente Weiterentwicklung der VU „Data Mining in der Biomedizin“ dar. Diese Vorlesung mit Übung ist Teil des Mechatronik Studiums an der UMIT TIROL, welches gemeinsam mit der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck durchgeführt wird. Das vorliegende Lehrprojekt wird im Rahmen einer Reflexion basierend auf den Evaluierungsergebnissen laufend weiterentwickelt.

Dissemination/Transfer

Das E-tivitity Framework wurde erfolgreich auf alle weiteren Lehrveranstaltungen des Master-Studiums der Medizinische Informatik an der UMIT TIROL angewendet.

Institutionelle Unterstützung

Um punktuelle hohe Belastungen der Studierenden zu vermeiden, gab es für die den Studiengang eine Ansprechperson, welche die unterschiedlichen Lehrveranstaltungen koordinierte. Hinsichtlich Moodle gab es seitens der Universität Informations- und Schulungsmöglichkeiten. Für die Abstimmung zwischen den Lehrpersonen gab es regelmäßig einen Curriculum Workshop. Hier wurden die Inhalte fächerübergreifend abgestimmt und Standards für die Erstellung der Lernaufgaben gegeben. Bei der Planung und Umsetzung der Lehrveranstaltung wurden die Kriterien des universitären Leitbilds der Lehre beachtet. Diese lauten dabei i) begeisternd (Gestik, Mimik und Sprache als Instrument der Begeisterung, interessante Anwendungsbeispiele aus der Praxis zum Thema Maschinelles Lernen, Methodenvielfalt im Unterricht mit klassischen und handlungs-orientierten Methoden), ii) studierendenzentriert (Abkehr vom Frontalunterricht durch Strukturierung in synchrone- und asynchrone Phasen, Diskussionen und Fragen fördern, Hilfestellungen für die Ausarbeitung der Übungen, Bereitstellung von vorbereitender Literatur, Bereitstellung von freiwilligen Zusatzaufgaben zur persönlichen Vertiefung), iii) partizipativ (Eigenverantwortung für den Lernprozess), iv) kompetenzorientiert (Fokus auf Transferleistung), v) modern (didaktisch als auch inhaltlich), vi) forschungsgeleitet (Integration aktueller Forschungsarbeiten) und vii) gut organisiert (klare Information bzgl. Ablauf und Aufwandsabschätzung).

Positionierung des Lehrangebots

Master Medizinische Informatik

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2023 nominiert.
Ars Docendi
2023
Kategorie: Lehre und Digitale Transformation
Ansprechperson
DI Dr. Michael Netzer
Department für Biomedizinische Informatik und Mechatronik
06504544575
Nominierte Person(en)
DI Dr. Michael Netzer
Department für Biomedizinische Informatik und Mechatronik
Themenfelder
  • Digitalisierung
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Rund ums Prüfen
  • Flexibel Studieren
  • Kooperationen in der Lehre
  • Erfahrungslernen
Fachbereiche
  • Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik/Ingenieurwissenschaften
  • Medizin und Gesundheitswissenschaften