Medizinische Universität Wien
Spitalgasse 23, 1090 Wien
Weitere Beispiele der Hochschule

Theoretische Ausbildung der allgemeinen Notfallkompetenz Arzneimittellehre (NKA)

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Eine erhebliche Zahl an Medizinstudierenden engagiert sich ehrenamtlich im Rettungsdienst. Bislang gab es an der Medizinischen Universität Wien (MedUniWien) keine Lehrveranstaltung, die diese Tätigkeit mit dem Medizinstudium verband. Ziel unseres Projektes war und ist es, diese Lücke zu schließen. Die Studierenden erlangen im Rahmen unseres freien Wahlfaches Kenntnisse, Kompetenzen und rechtlich anerkannte Qualifikationen (Notfallsanitäter/in „NKA“ (allgemeine Notfallkompetenz Arzneimittellehre) und in weiterer Folge auch „NKV“ (allgemeine Notfallkompetenz venöser Zugang und Infusion) gem. österreichischem Sanitätergesetz (SanG) und Sanitäter-Ausbildungsverordnung (SanAV)), die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit im Rettungsdienst sowie im Krankenhaus zur Erstversorgung kritisch kranker Patient/inn/en einsetzen können. Medizinstudierende, die keine Sanitäter/inn/en sind, haben ebenfalls die Möglichkeit, an der Lehrveranstaltung im Umfang von 3 Semesterwochenstunden teilzunehmen.

Die Studierenden perfektionieren ihre erlernten Fertigkeiten in kleinen Gruppen und in Praxiseinheiten unter Anleitung von jungen Notfallmediziner/inn/en der MedUniWien.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Im Rahmen von Informationsveranstaltungen werden die Medizinstudierenden der MedUniWien über die Inhalte der Lehrveranstaltung (freies Wahlfach) informiert. Die Anmeldung erfolgt anschließend über MedCampus. Im Rahmen von Lehreinheiten in Theorie und Praxis im Ausmaß von 40 Stunden werden die Grundlagen der Arzneimitteltherapie im Rettungsdienst erarbeitet. Interessierte Studierende mit einer aufrechten Tätigkeitsberechtigung als „Notfallsanitäter/in“ können anschließend die kommissionelle Abschlussprüfung zur Erlangung der Qualifikation „NKA“ (siehe oben) ablegen. Die gesetzlichen Vorgaben hierfür werden durch eine Kooperation mit den MALTESERN – Bereich Wien erfüllt. In weiterer Folge besteht die Möglichkeit, sich im Bereich der Anlage intravenöser Zugänge weiter fortzubilden. Dies ist mit einem 40-stündigen Spitalspraktikum verbunden. Interessierte Medizinstudierende können anschließend die kommissionelle Abschlussprüfung zur Erlangung der Qualifikation „NKV“ (siehe oben) ablegen. Für die Teilnahme an der Lehrveranstaltung werden 3 Semesterwochenstunden vergeben.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

Medical students at MedUni Vienna are informed about the content of the (elective) course at information events. Registration is processed via MedCampus. Within the framework of 40 hours of teaching units in theory and practice, the basic knowledge, and skills of drug therapy in emergency medical service (EMS) and in-hospital emergency medicine are developed. Interested students with a valid authorization to work as a "Notfallsanitäter/in" (paramedic according to the Austrian legislation) can then take the final examination to obtain the qualification "NKA" (see above). A cooperation with the EMS organization MALTESER – Bereich Wien provides the legal background for the curriculum.

Subsequently, students can get further training in the field of intravenous drug therapy in the setting of EMS. This includes a 40-hour hospital internship. Interested medical students can then take the final examination to obtain the qualification "NKV" (see above). Three semester hours are awarded for participation in the course.

Nähere Beschreibung des Projekts

Das Projekt ist eine Kooperation der Universitätsklinik für Notfallmedizin der MedUniWien, der gemeinnützigen Rettungsdienstorganisation MALTESER – Bereich Wien und den Vienna Premedics. Diese sind ein Verein, bestehend aus engagierten Medizinstudierenden der MedUniWien, die ehrenamtlich als Sanitäter/innen im Rettungsdienst aktiv sind und diesen qualitativ verbessern wollen.

Im Rahmen von Informationsveranstaltungen und Aussendungen werden die Medizinstudierenden der MedUniWien über die Inhalte der prüfungsimmanenten Lehrveranstaltung (freies Wahlfach) informiert. Die Anmeldung erfolgt anschließend über MedCampus. Im Rahmen von 40 Stunden Lehreinheiten in Theorie und Praxis werden die Grundlagen der Arzneimitteltherapie im Rettungsdienst erarbeitet. Der Stundenplan beinhaltet die Grundlagen der allgemeinen Pharmakologie, der Anwendung von Vasopressoren und Katecholaminen, Sedierung und Narkoseführung, Schmerztherapie, antiarrhythmische und antihypertensive Therapie, das richtige Handeln bei Kindernotfällen, kardiovaskulären sowie neurologischen Krankheitsbildern und Vergiftungen. Weitere Themengebiete umfassen die Versorgung kritisch kranker schwangerer Patientinnen und von Patient/inn/en unter und nach kardiopulmonaler Reanimation sowie nach Unfällen. Entsprechende praktische Fallbeispiele in High-Fidelity-Simulation ergänzen die Theorieeinheiten. Hierbei wird Equipment (z.B. Simulationspuppen) verwendet, das eine äußerst realitätsnahe Simulation ermöglicht. Besonderes Augenmerk liegt auf der leitlinienkonformen Anwendung des erworbenen Wissens in der Praxis der präklinischen Patient/inn/enversorgung.

Weiters werden die Grundlagen der Kommunikation und des Crew/Crisis Resource Management (CRM) vermittelt. Diese „Soft Skill“-Techniken tragen wesentlich zur Steigerung der Patient/inn/ensicherheit im Realeinsatz bei.

Interessierte Studierende mit einer aufrechten Tätigkeitsberechtigung als „Notfallsanitäter/in“ können anschließend die kommissionelle Abschlussprüfung zur Erlangung der Qualifikation „NKA“ (siehe oben) ablegen. Eine Verpflichtung hierzu besteht nicht.

In weiterer Folge besteht auch die Möglichkeit, sich im Bereich der Anlage intravenöser Zugänge im Rettungsdienst weiter fortzubilden. Dies ist mit einem 40-stündigen Spitalspraktikum in Wiener Krankenanstalten verbunden. Der Lehrstoff des zweiten Teiles des freien Wahlfaches umfasst die Grundlagen der Anlage eines intravenösen Zuganges und der Infusionstherapie. Im Rahmen von Reanimationstrainings (Advanced Life Support (ALS)) wird auch hier besonderes Augenmerk auf „Soft Skills“ gelegt. Im Zuge eines Spitalspraktikums an einer Abteilung der Primärversorgung im Ausmaß von 40 Stunden soll die Anlage eines venösen Zuganges unter geschützten Bedingungen trainiert und perfektioniert werden. Die beaufsichtigenden Tutor/inn/en unterstützen die Teilnehmer/inn/en dabei in ihrem Lernerfolg durch kontinuierliches Feedback.

Interessierte Medizinstudierende können nach Abschluss des 2. Teils des freien Wahlfaches die kommissionelle Abschlussprüfung zur Erlangung der Qualifikation „NKV“ (siehe oben) ablegen. Eine Verpflichtung hierzu besteht nicht.

Die hervorragende Zusammenarbeit zwischen der Universitätsklinik für Notfallmedizin der MedUniWien, den Vienna Premedics und MALTESER - Bereich Wien ermöglicht eine effiziente und flexible Umsetzung dieses neuartigen Kurskonzeptes. Die Lehrenden sind Mitarbeitende der Universitätsklinik für Notfallmedizin mit viel Erfahrung im präklinischen Bereich und bereits seit Langem ehrenamtlich bei unterschiedlichen Rettungsdiensten aktiv.

Zur Gewährleistung der Sicherheit aller Beteiligten wurde ein maßgeschneidertes COVID-19-Präventionskonzept erstellt. Für die Teilnehmenden entstehen keine Kosten. Sämtliche Lehrinhalte entsprechen neben den Richtlinien der MedUniWien auch den Vorgaben des österreichischen Sanitätergesetzes (SanG) bzw. der Sanitäter-Ausbildungsverordnung (SanAV). Für die Teilnahme an der Lehrveranstaltung werden 3 Semesterwochenstunden vergeben. Aufgrund der ausgezeichneten Rezeption des Projektes durch Medizinstudierende sämtlicher Jahrgänge und die Studierendenvertretung, wird das freie Wahlfach laufend ein- bis zweimal pro Studienjahr angeboten

Nutzen und Mehrwert

Bessere Versorgung von Notfallpatient/innen/im Rettungsdienst sowie im innerklinischen Bereich. Medizinstudierende erwerben wertvolle Kenntnisse und Fähigkeiten, die bei Notfällen im medizinischen und privaten Alltag (Erste Hilfe) einsetzbar sind.

 

Das Pilotprojekt setzt neue Maßstäbe im Bereich der Schnittstelle des Medizinstudiums an der MedUniWien mit dem Rettungsdienst. Die Lehrveranstaltung bereitet Medizinstudierende auf die Versorgung kritisch kranker Patient/inn/en im Bereich der prä- und innerklinischen Notfallmedizin vor. Die Grundlagen hierfür werden im Rahmen von Vorträgen und Praxiseinheiten (inkl. Reanimationstrainings) erarbeitet. Medizinstudierende, die bereits Notfallsanitäter/inn/en gem. österreichischem Sanitätergesetz sind, haben zudem die Möglichkeit, die kommissionellen Abschlussprüfungen zur Erlangung der Qualifikationen „NKA“ und „NKV“ (siehe oben) abzulegen. Somit können sie ihr Wissen unmittelbar und praxisnah im Rettungsdienst oder im Rahmen von Famulaturen, Tertialen und dem klinisch-praktischen Jahr anwenden. Der Erwerb dieser Qualifikationen wäre sonst mit erheblichen Kosten verbunden (Teilnahmegebühr bei einer Rettungsorganisation ca. 700 €).

Besonderes Augenmerk liegt unter anderem auf der Optimierung der Kommunikation im Team und dem effektiven Einsatz von Crisis/Crew Resource Management (CRM). Im Zuge ausführlicher Debriefings werden die Stärken und Schwächen der Teilnehmer nach jeder Lehreinheit herausgearbeitet und gemeinsam Verbesserungsmöglichkeiten erarbeitet. Die Studierenden bewerten jeden Teil des freien Wahlfaches mittels strukturierter Evaluierung.

Nachhaltigkeit

Aufgrund der ausgezeichneten Rezeption des freien Wahlfaches durch Studierende und die Studierendenvertretung wird dieses laufend ein bis zwei Mal pro Studienjahr angeboten.

Aufwand

Die Planung sowie die Durchführung des freien Wahlfaches erfordert erhebliche zeitliche Ressourcen (ca. 200 Stunden pro Teammitglied der Planungskerngruppe). Die weiteren, etwa 10 Lehrenden unterrichten im Rahmen ihrer Tätigkeit an der Universitätsklinik für Notfallmedizin. Die Vorbereitungszeit beträgt ca. 10 Stunden pro Lehrkraft. Durch Nutzung der Infrastruktur und des Lehrmaterials der MedUniWien und der MALTESER – Bereich Wien ergibt sich kein finanzieller Mehraufwand. Es entstehen keinerlei Kosten für die teilnehmenden Studierenden.

Positionierung des Lehrangebots

Das Lehrangebot des freien Wahlfaches richtet sich an sämtliche Studierende an der MedUniWien (ca. 3500 Personen). Es ist nicht auf ein Studienjahr oder einen Studienabschnitt beschränkt. Eine besondere Interessentengruppe stellen Medizinstudierende dar, die bereits im Rettungsdienst aktiv sind und eine aufrechte Tätigkeitsberechtigung als „Notfallsanitäter/in“ gem. österreichischem Sanitätergesetz (SanG) innehaben.

Links zu der/den Projektmitarbeiter/innen
Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2022 nominiert.
Ars Docendi
2022
Kategorie: Lernergebnisorientierte Lehr- und Prüfungskultur
Ansprechperson
Calvin Lukas Kienbacher, Dr. med. univ., Dr. scient. med., EDIC
Universitätsklinik für Notfallmedizin
Mobil: +43 676 305 60 70, Dienststelle: +43 1 40400 19640
Nominierte Person(en)
Calvin Lukas Kienbacher, Dr. med. univ., Dr. scient. med., EDIC
Universitätsklinik für Notfallmedizin
Blab, Cara Lauren, cand. med.
Vienna Premedics
Müller, Matthias, Dr. med. univ.
Universitätsklinik für Notfallmedizin
Schreiber, Wolfgang, Ao. Univ.-Prof. Dr. med. univ.
Universitätsklinik für Notfallmedizin
Stättermayer, Albert Friedrich, Priv.Doz. Dr. med. univ.
Universitätsklinik für Innere Medizin III, MALTESER – Bereich Wien
Ullram, Benjamin, cand. med.
Vienna Premedics
Warenits, Alexandra-Maria, Dr. med. univ.
Universitätsklinik für Notfallmedizin, MALTESER – Bereich Wien
Themenfelder
  • Curriculagestaltung
  • Diversität und Soziales
  • Erfahrungslernen
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Organisatorische Studierendenunterstützung
Fachbereiche
  • Medizin und Gesundheitswissenschaften