Technische Universität Graz
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Spanisch für TechnikerInnen - Grundstufe 2 (A1/2)

Würdigung der Jury

Mit einem Platz auf der Shortlist des Ars Docendi – Staatspreis für exzellente Lehre in der Kategorie „Methoden des Distanz Learning und deren nachhaltiger Einsatz“ wird hier das Lehrkonzept einer hochgradig engagierten Lehrenden gewürdigt. Isabel Landsiedler hat es mit ihrem Spanischkurs für Techniker*innen geschafft, einer großen Gruppe von Studierenden das Lernen einer neuen Sprache auf Distanz zu ermöglichen, indem sie vielfältige und auf die Individualität des Lernens abgestimmte Lernpfade entwickelt und für die Lernenden bereitgestellt hat. Zwischen optionalen und verpflichtenden Aktivitäten, hat sie den Studierenden Raum dafür gegeben, einen eigenen Modus des Übens und Vertiefens ihrer Sprachkenntnisse zu entwickeln. Ihr Kurs ist ein herausragendes Beispiel dafür, inwiefern der Einsatz verschiedener Bildungstechnologien das Lehren auf Distanz wertvoll machen kann: So verwendet sie Videokonferenzsysteme nicht nur für die Treffen im Kurs, sondern auch für Sprachlerntandems, nutzt Erklärvideos, um Übungsphasen der Studierenden zu unterstützen, bietet Audiofeedback auf Audiosprachübungen an und vieles mehr. Die Kreativität, die Isabel Landsiedler in die Entwicklung der unterschiedlichen Lernaktivitäten hat einfließen lassen, ist bemerkenswert und unterstreicht, inwiefern das Interesse einer Lehrperson eine Lehrveranstaltung zu einer herausragenden Lehrveranstaltung werden lassen kann. Gepaart mit einem fundierten didaktischen Geschick in der Gestaltung verschiedenartiger Lernzugänge und einem bemerkenswerten persönlichen Einsatz ist so ein methodisches Vorgehen entstanden, das durch ein hohes Maß an Flexibilität besticht. Der Freiraum, der den Studierenden in diesem Lehrkonzept angeboten wird, erhält durch die Gesamtstruktur des Kurses und den regelmäßig ermöglichten Kontakt zur Lehrperson eine Sicherheit, die in anderen Online-Kursen oft fehlt. Es ist dem Einsatz von Isabel Landsiedler zu verdanken, dass sie diese Rahmenbedingungen gerade für einen Lehrveranstaltungskontext wie dem Sprachenlernen erschaffen hat, in dem der Austausch und das gemeinsame Einüben zentral sind.

Dr.in Angelika Thielsch
Georg-August-Universität Göttingen

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Das Lehrkonzept in der Präsenzlehre basiert auf einem kommunikativen, stark handlungsorientierten Ansatz mit blended learning Elementen, in dem die Studierenden ab der ersten Stunde zum Sprechen in der spanischen Sprache aktiviert werden. Dies geschieht durch kurze Inputphasen, die sich ständig mit aktiven Übungsphasen in Zweiergruppen bzw. Kleingruppen abwechseln. Zusätzlich gibt es auch Einzelarbeit der Studierenden, wo gewisse wichtige Inhaltspunkte gefestigt werden. Das TeachCenter (Moodle-Plattform der TU Graz) wird für den autonomen Lernprozess als Unterstützung verwendet, indem ein Blended Learning Konzept für die Sprachenlehre entwickelt wurde. Sprachenlernen funktioniert nur effizient, wenn man mehrmals in der Woche aktiv lernt, weshalb den Studierenden auch Lernpfade mit vielen verschiedenen Übungsmöglichkeiten für das selbständige Sprachenlernen angeboten werden, teilweise als Voraussetzung für die nächste Lehreinheit (wie bei einem flipped classroom) oder als Festigung des bisher Gelernten.

Im Sommersemester 2020 wurde die Lehrveranstaltung durch Covid 19 nach zwei Präsenzeinheiten im März vollkommen auf Distanzlehre umgestellt (digitale Transformation einerseits und Distance Learning andererseits), was in einer Anfängerlehrveranstaltung im Sprachenbereich bei einer Gruppengröße von 30 Studierenden im freien Wahlfachbereich sehr herausfordernd ist, da es viele Fertigkeiten (Sprechfertigkeit, Hörverstehen, Leseverstehen, Schreibkompetenz, Grammatikkenntnisse, Vokabelerweiterung) bzw. die Modi Produktion, Rezeption, Interaktion und Mediation zu fördern gilt. Für diese Kompetenzen sind häufige Interaktionen (viele kurze Festigungsübungen, meistens in Form von Partnerarbeiten) und der kontinuierliche Austausch zwischen den Studierenden mit Feedbackmöglichkeit durch die Lehrperson und Peer-Feedback sehr wichtig. Nur durch ein sehr interaktives Konzept kann man bei einer Gruppengröße von 30 in der Anfängersprachenlehre die Kommunikationsfähigkeit und die Handlungsorientierung entsprechend effizient und qualitativ umsetzen. In diesem Semester musste die Arbeitsweise komplett und sehr rasch umgestellt werden, denn in einem freien Wahlfach im Sprachenbereich verliert man Studierende sehr schnell, wenn man sie nicht rasch motiviert, zu Hause aktiv zu lernen und sie gezielt und motivierend durch den komplexen Lernprozess führt.

Folgende Ziele sollen in der Lehrveranstaltung erreicht werden:

• Kommunikationsfähigkeit der Studierenden auf A1/2 bringen

• Handlungsorientiertes Sprachenlernen sicherstellen

• Pragmatische Kompetenzen der Studierenden entwickeln

• Motivation der Studierenden fördern und über einen längeren Zeitraum der digitalen Lehre erhalten

Am Ende der Lehrveranstaltung können die Studierenden (Grobziele), natürlich noch mit Fehlern und mit Abstrichen in der grammatikalischen Korrektheit:

• miteinander und mit Spanischsprechenden in den wichtigsten Alltagssituationen sprechen und über sich selbst und das Studium an der TU sprechen

• entsprechend auf Äußerungen reagieren (höflich, angemessen)

• über gewisse einfache Themen sprechen

• gewisse einfache Themen in nicht zu schnell gesprochenem Spanisch verstehen

• Texte zu verschiedenen Themen mithilfe von digitalen Tools verfassen

• Verschiedene Textgenres lesen und den Grobinhalt auf dem Niveau A1 verstehen

Hier findet sich die Kurzdefinition des Niveaus A1 nach dem Gemeinsame Europäischen Referenzrahmen für Sprachen des Europarats – der globale Standard für das Sprachenlernen, der beschreibt, was die Studierenden können sollen:

A1 Breakthrough

Kann vertraute, alltägliche Ausdrücke und ganz einfache Sätze verstehen und verwenden, die sich auf einfache, konkrete Bedürfnisse beziehen. Kann sich und andere vorstellen und anderen Leuten Fragen zu ihrer Person stellen - z. B. Name, Wohnort, Bekannte, Dinge, die sie besitzen, usw. - und kann auf Fragen dieser Art Antwort geben. Kann sich auf einfache Art verständigen, wenn die Gesprächspartner/innen langsam und deutlich sprechen und helfen.

 

Um die Herausforderungen der digitalen Lehre möglichst gut im Sinne der Studierenden zu lösen, wurden neue didaktische Maßnahmen gesetzt bzw. schon vorhandene Maßnahmen intensiviert und an die digitale Lehre angepasst. Es mussten viele Materialien in Ergänzung zum Lehrbuch entwickelt werden, da das Lehrbuch nicht für den virtuellen Raum gedacht ist. Es wurde auch eine Vielzahl von verschiedenen Apps und Tools verwendet (Moodle, LearningApps, Padlet, Kahoot, Memrise, Feedbackr, Etherpad, vocaroo, Freemind, Camtasia, soziale Medien. Anki, Quizlet etc.), um die unten angeführten Maßnahmen umzusetzen.

Das digitale Szenario baut auf folgenden Maßnahmen und Angeboten auf:

1. Big Blue Button Präsenzmeetings

2. Tägliche Arbeitspakete mit Inputs und Übungen

3. Festigungsübungen mit Lösungen und Erklärungen

4. Video-, Audio- und Textinputs mit genauen Erklärungen

5. Tägliche Lerntipps und Lernstrategien

6. Anlaufstelle für Fragen und Probleme

7. Digitale Sprechstunde im Big Blue Button / Telefonsprechstunde

8. Schriftliche Hausübungen mit Fehlerquiz und Tipps

9. Audioaufnahme mit Audiofeedback

10. Wöchentliches Lernportfolio

11. Sprachlerntandems

Diese Maßnahmen wurden noch durch weitere freiwillige Angebote (wie z.B. Sprechen mit Isabel, Ferienlernpakete, zusätzliche Übungsmöglichkeiten, zusätzliche Zusammenfassungen etc.) ergänzt, die die Studierenden nutzen konnten, aber nicht mussten. Mein Lehrkonzept beruht auf der Überzeugung, dass es ein vielfältiges und reichhaltiges Angebot für alle Typen von Lernenden geben muss, das auch zeit- und ortsunabhängig genutzt werden kann. Die Studierenden können aus dem zusätzlichen Angebot je nach Interessen und Bedürfnissen zusätzliche Übungen und Informationen wählen, die ihnen wichtig erscheinen und werden so mittel individuell gestaltbarer Lernpfade durch den Lernprozess begleitet. Studierende haben in meinen Lehrveranstaltungen immer die Möglichkeit, um einiges mehr als das Notwendige zu tun, denn das Erlernen einer Sprache beruht darauf, sich regelmäßig mit der zu erlernenden Sprache zu beschäftigen und die entsprechenden effizienten Strategien richtig einzusetzen (es gibt keine wirklich schlechten Sprachenlernenden, es sind die richtigen Lernstrategien, die Lernende zu erfolgreichen Sprachenlernenden machen).

In diesem digitalen Semester musste ich viel individueller arbeiten, viel mehr Feedback geben und verschieden gestaltete Angebote machen, um die unterschiedlichen Typen von Studierenden zu erreichen, sie möglichst gut zu betreuen und ihre Motivation im digitalen Raum zu erhalten:

Nach diesem ersten Semester in Distanzlehre, die sich durchaus bewährt hat, wird das Konzept bereits weiterentwickelt. Es wird unterschiedliche Angebote für die Studierenden geben: Präsenzlehre mit etwas blended learning, Präsenzlehre mit mehr blended learning-Elementen und auch Distanzlehreangebote. Diese Modelle sind auch auf andere Sprachlehrveranstaltungen an unserer Einrichtung bzw. an anderen Einrichtungen übertragbar.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Im Sommersemester 2020 wurde die Lehrveranstaltung Spanisch für TechnikerInnen – Grundstufe 2 durch Covid 19 nach zwei Präsenzeinheiten auf Distanzlehre umgestellt, was in einer kommunikativen und handlungsorientierten Anfängersprachlehrveranstaltung bei einer Gruppengröße von 30 Studierenden im freien Wahlfachbereich sehr herausfordernd war, da es viele Fertigkeiten (Sprechfertigkeit, Hörverstehen, Leseverstehen, Schreibkompetenz, Grammatikkenntnisse, Vokabelerweiterung) bzw. die Modi Produktion, Rezeption, Interaktion und Mediation zu fördern gilt. Für diese Kompetenzen sind häufige Interaktionen (viele Festigungsübungen, häufig in Form von Partnerarbeiten) und der kontinuierliche Austausch zwischen den Studierenden mit Feedbackmöglichkeit durch die Lehrende und Peerfeedback grundlegend. Die Umstellung auf ein digitales Szenario erforderte viele neue didaktische Maßnahmen (z.B. Sprachlerntandems zur Förderung der Peer-to-peer-Interaktion), den Einsatz einer großen Zahl unterschiedlicher digitaler Tools und Apps (z.B. LearningApps mit Übungen mit QR-Code am Handy jederzeit abrufbar), die Einbindung sozialer Medien sowie die Gestaltung individuell steuerbarer Lernpfade mit gezielten Lerntipps und den Einsatz eines Lernportfolios. Wichtig war es, Interaktion, Kollaboration, Feedback, Lernerautonomie, Selbstverantwortung, Lernprozesssteuerung mithilfe digitaler Methoden zu verbinden, um Motivation und Studierendenzentriertheit sowie Studierbarkeit und Lernerfolg zu ermöglichen.

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

In the summer semester 2020, the course Spanish for Engineers – Basic Level 2 was switched to distance learning after two regular meetings due to Covid 19. This process was very challenging in a communicative and task-based language course for beginners with a group size of 30 students in the free elective area. Many competencies (speaking skills, listening and reading comprehension, writing skills, grammar, vocabulary expansion) and the four modes of production, reception, interaction and mediation have to be promoted. Frequent interaction in the form of speaking exercises, often in the form of pair work, and the continuous exchange between the students with feedback from the teacher and peer feedback are essential. The transformation to a digital scenario, therefore, required many new didactic measures (e.g. language learning tandems to foster peer-to-peer interaction), the use of several different digital tools and apps (e.g. LearningApps with exercises with QR code available at the mobile phone at any time), the integration of social media as well as the design of individually controllable learning paths with targeted learning tips and the use of a learning portfolio. It was important to combine interaction, collaboration, feedback, learner autonomy, personal responsibility, and control of the learning process by using a variety of digital methods. The goal was to ensure motivation and student-centered learning as well as academic feasibility and learning success.

Nähere Beschreibung des Projekts

Die im Folgenden beschriebenen 11 Maßnahmen und Angebote sind die Stützen meines Lehrkonzepts, zusätzlich gibt es noch freiwillige Angebote und einen auf die digitale Lehre adaptierten Prüfungsmodus:

1 Big Blue Button Präsenzmeetings

In Präsenzmeetings wurde BigBlueButton verwendet. Die Studierenden erhielten Inputs, kurze Individualaufgaben, Fragen, auf die sie kurz regieren mussten und wurden in Breakout-Räume mit verschiedenen Arbeitsaufträgen eingeteilt. Hier ging es vor allem darum, die Sprechfertigkeiten zu trainieren, was im digitalen Anfängerunterricht sehr herausfordernd ist und sehr genau geplant werden muss.

2 Tägliche Arbeitspakete mit Inputs, Übungen und Lerntipps

Die Studierenden erhielten jeden Tag ein Arbeitspaket mit drei Aufgabenblöcken, Erklärungen, Übungen in der Dauer von ca. 15 bis 20 Minuten. In diesen Arbeitspaketen wurde in Form eines Lernblogs genau beschrieben, was die Studierenden in welcher Reihenfolge und auf welche Art zu tun hatten. Diese genauen Lernpfade sollen die Studierenden in ihrem individuellen Lernprozess möglichst gut unterstützen. Es wurden 75 Arbeitspakete mit den dazugehörigen Materialien, Übungen, Videos, Aufgaben und Lerntipps erstellt.

 

3 Festigungsübungen mit Lösungen und Erklärungen

Es wurden einerseits eigene Übungen mit Lösungen in Handoutform zum Ausdrucken erstellt. Andererseits wurden online Übungen mit Lösungen z.B. in dem System LearningApps (Zuordnungsübungen, Multiple Choice-Übungen, Vokabelübungen mit Bildern, Grammatikübungen, Schreibübungen, Verbübungen etc.) erstellt, die die Studierenden mit einem QR-Code öffnen konnten und auch online am Smartphone sehr einfach und zu jederzeit durchführen konnten. Zusätzlich wurde die Funktionalität der kurzen zweiminütigen Audio- oder Videoaufnahmen direkt im TeachCenter (Moodle) sehr häufig verwendet, um viele spanische Inputs zu erstellen, auf die die Studierenden dann reagieren mussten (Antworten finden, Reagieren auf Sätze, Fragen stellen, Rückfragen). Diese Übungen konnten auch mehrmals mit unterschiedlichen Antworten geübt werden, wodurch in der digitalen Lehre die Kreativität gefördert wurde. Es wurden mögliche Antworten als Hilfestellung gegeben und auch erklärt, worauf bei den Antworten zu achten ist.

 

4 Video-, Audio- und Textinputs mit genauen Erklärungen

Bei der eigenverantwortlichen Erarbeitung von Inhalten treten immer wieder Fragen auf, daher wurde versucht diese Fragen in den Erklärungen vorwegzunehmen oder in eigenen Textdokumenten in Form von Flußdiagrammen bzw. mit visuell gestalteten Textbausteinen oder Audio- und Videoerklärungen Schritt für Schritt zu erklären, um den Frust der Studierenden bei unbeantworteten Fragen möglichst gering zu halten. Zusätzlich wurden kurze, gut gemachte Erklärvideos aus dem Internet zur Verfügung gestellt, diese wurden durch eigene Erklärungen ergänzt und auf die Zielgruppe zugeschnitten bzw. auch eigene Erklärvideos mit integrierten Übungs- und Festigungsaufgaben erstellt

 

5 Tägliche Lerntipps bzw. Lernstrategien

Am Ende jedes Arbeitspakets erhielten die Studierenden einen Lerntipp – hier wurden Strategien zum effizienten Sprachenlernen erörtert und ihnen weiterführende Lerntipps gegeben, die den doch sehr herausfordernden Prozess des digitalen Sprachenlernens begleiten sollten (wie z.B. Vokabellernen mit Hilfe von Mindmaps, Visualisierungen, Sketchnotes, andere Vokabellernstrategien, wie lerne ich Grammatikstrukturen, wie merke ich mir die vielen unregelmäßigen Verbformen im Spanischen, die Herausforderung von Präpositionen, wie trainiere ich das Hörverstehen, wie verbessere ich meine Sprechfertigkeit im digitalen Szenario, Tipps zur Verwendung von anderen digitalen Tools und Apps mit den entsprechenden Links). Dieses Angebot wurde von den Studierenden immer wieder als sehr positives Angebot bewertet.

 

6 Anlaufstelle für Fragen und Probleme

Fragen konnten im Forum gestellt werden und natürlich per Mail. Jede Mail wird ausführlich beantwortet. Aus den wichtigsten Fragen und Fehlern habe ich dann Übungsdokumente erstellt. In einem Lösungsdokument wurden die möglichen Lösungen angegeben mit genauen Erklärungen, warum gewisse Phrasen / Grammatikstrukturen / Präpositionen etc. genau auf diese Art verwendet werden.

 

7 Digitale Sprechstunde im Big Blue Button / Telefonsprechstunde

In der digitalen Sprechstunde im BBB oder in der Telefonsprechstunde konnten die Studierenden ihre individuellen Fragen stellen, Probleme besprechen oder auch einfach nur Spanisch mit mir zu Übungszwecken sprechen. Einige haben dieses Angebot regelmäßig genutzt, und manche Erklärungen konnten mithilfe der Whiteboardfunktion im BigBlueButton sehr gut visualisiert und erklärt werden. Auf Wunsch habe ich dann auch noch zusätzliche Übungen (z.B. Präpositionsübungswünsche) oder Übersichtszusammenstellungen (z.B. Übersicht über die spanischen Zeiten) erstellt. Dieses sehr individuelle Angebot möchte ich auch in Zukunft in der Präsenzlehre beibehalten, da sich BigBlueButton dafür sehr gut eignet.

 

8 Schriftliche Hausübungen mit Fehlerquiz und Tipps

Um die Schreibfertigkeit zu trainieren, mussten die Studierenden verschiedene Hausübungen abgeben: eine Email, zwei schriftliche Hausübungen (Essay, Dialog, Blogbeitrag, Tagebucheintrage, Brief, Artikel, Bildbeschreibung, freies Thema und freies Genre).

Bei den Hausübungen auf A1-Niveau ist es mir wichtig, dass die Studierenden viel probieren und bereit sind, in der neuen Sprache viel Neues zu erkunden (daher erhalten sie die Einladung – neue Wörter, neue Phrasen, neue Zeitformen auszuprobieren, mit längeren Sätzen zu experimentieren etc.). Sie sollen keine kurzen Sätze (ab)schreiben, bei denen sie keine Fehler machen, denn beim Sprachenlernen ist das ‚experimentierfreudige Spiel‘ mit sprachlichen Konstruktionen sehr wichtig. Daher werden hier auch Aufwand und Experimentierfreudigkeit bei der Bewertung der Hausübungen miteinbezogen. Teilweise sind durch diese Einladung schon Texte mit bis zu 7 Seiten entstanden, was für einen Anfänger / eine Anfängerin einen enormen Aufwand bedeutet, aber andererseits gute Lernzuwächse garantiert. Die Studierenden erhalten dann immer ein individuelles Feedback auf ihre Hausübung und auch mit Hinweisen auf Fehler, die häufiger auftreten, Fehlerquizes und entsprechenden Lerntipps.

 

9 Audioaufnahme mit Audiofeedback

In diesem digitalen Semester mussten die Studierenden auch eine Audio- oder Videoaufnahme abgeben. Hier ging es darum, die Aussprache zu hören und ihnen individuelles Feedback zu geben. In der Präsenzlehre ist das sehr einfach, indem ich bei den Dialogübungen durch den Raum gehe und den Studierenden zuhöre und gezielt Feedback gebe. In der digitalen Lehre haben die Studierenden von mir ein individuelles Audiofeedback bekommen, wo ich ein paar Problembereiche in der Aussprache angesprochen habe und ihnen auch Übungen zeige, wie sie gewisse Probleme üben können. Zusätzlich hatten sie durch das Anhören meiner Aufnahme auch eine Hörverstehensübung, da das Feedback größtenteils auf Spanisch gegeben wurde.

 

10 Wöchentliches Lernportfolio

Am Ende jeder Woche wurde ein Lernportfolio erstellt, mit dem die Studierenden evaluieren konnten, welche Übungen sie wie gut erledigt hatten. In diesem Portfolio sind die erlernten Kompetenzen bzw. Lernziele definiert und konnten schnell evaluiert werden. Das Lernportfolio war ein freiwilliges Angebot, das je nach Lerntyp häufiger oder weniger oft genutzt wurde. Es gibt Studierende, die Lernportfolios lieben und andere, die sie nicht verwenden mögen, weshalb mir der Aspekt der Freiwilligkeit hier besonders wichtig war. Die Studierenden konnten auch Bemerkungen eintragen, wo z.B. noch zusätzliche Festigungsübungen nötig sind. Manche Studierenden haben mir auch Lernportfolios geschickt und mit Fragen ergänzt, die ich dann wieder individuell beantwortet habe.

 

11 Sprachlerntandems

Das Sprechen in der sprachlichen Anfängerlehre ist eine große Herausforderung (noch sehr wenig Basiskenntnisse, Sprechen ist schwierig, Angst vor Fehlern, Sprechen in der Fremdsprache bedeutet Stress, Erinnerung an schulische Sprachlernerfahrungen etc.). Die Produktion in der Fremdsprache braucht häufige, sehr kurze Übungen zu zweit zur Festigung von gewissen Strukturen und Phrasen und ist im digitalen Raum sehr schwer umzusetzen. Im BigBlueButton gibt es nur 8 Breakout-Räume, aber es sind an die 25 bis 30 Teilnehmer/innen präsent, wodurch Zweiergruppen nicht möglich sind. In Dreier- oder Vierergruppen gibt es immer wieder Lernende, die sich passiver verhalten. Mein Sprachlehrkonzept beruht aber darauf, dass jede/r Studierende möglichst häufig aktiv sprechen muss/soll. Das erreicht man auf diesem Niveau (A1) nur wirklich effizient in Zweiergruppen mit der Möglichkeit, die Lehrperson bei Problemen zu befragen (Präsenzlehre).

Bei kurzen Aufgaben kann die Lehrperson die Breakout-Räume nicht besuchen bzw. kaum Feedback geben und störe auch den Redefluss bzw. mein Eintreten in den Raum kann Stress bedeuten und führt oft zu Stille und längeren Sprechpausen. Deswegen wurden die Studierenden in Zweiergruppen, in Sprachlerntandems, eingeteilt und erhielten gezielte Dialog- und Simulationsaufgaben, die sie mit dem Partner/der Partnerin eigenständig üben sollten. In den 5 Parallellehrveranstaltungen sind so 62 Zweiergruppen (124 Studierende) entstanden. Sie bekamen Dialogaufgaben (teilweise mit Unterstützungsmaterial – Bildmaterial, Vokabellisten, Phrasen, die sie ausprobieren sollten und gewissen Vorgaben, die sie einbauen mussten), die sie zu zweit am Telefon, in einer Videokonferenz, in sozialen Medien oder in Präsenztreffen zu erledigen hatten. Nach jedem Treffen hat eine Person ein kurzes Mail auf Spanisch an mich geschickt, um mir Feedback zu geben, welche Dialoge wie gut funktioniert haben und wo es Probleme gab. Hier kamen teilweise auch lange Fragelisten mit Spezialfragen, die dann für das Tandem individuell von mir beantwortet wurden und aus denen FAQ-Listen für alle Studierenden erstellt wurden.

Dieses System hat sich sehr bewährt, und viele der Gespräche der Studierenden dauerten länger als meine Empfehlung von 20-30 Minuten. So übten manche Studierende ihre Sprechfertigkeit bis zu 1,5 Stunden. Die Rückmeldungen zu den letzten Dialogübungen waren sehr positiv, und ca. 20 der Sprachtandems haben mir geschrieben, dass sie sich auch im Sommer weiterhin treffen werden, um ihr Spanisch zu festigen und zu vertiefen. Diese Tatsache ist für mich sehr motivierend, da ihr Engagement über das Ende der Lehrveranstaltung hinaus weitergeht, denn Sprachenlernen endet ja nicht mit dem Semesterende. Dieses individuell betreute Sprachlerntandemkonzept hat wirklich sehr gut funktioniert und wird auf jeden Fall auch in allen zukünftigen-Konzept erhalten bleiben.

 

Zusätzliche freiwillige Angebote

Die Studierenden können aus einem zusätzlichen Angebot je nach Interessen und Bedürfnissen weitere Übungen und Informationen wählen, die ihnen wichtig erscheinen. Daher wurden noch folgende Angebote gemacht:

• Spanisch sprechen mit Isabel (BBB-Sprechstunde, Telefonsprechstunde)

• Spanische Mails mit Isabel (jederzeit, jedes Mail wird auf Wunsch korrigiert)

• Ferienlernpakete (mit Links zu unterschiedlichen Materialien, die abwechselnd verschiedene Fertigkeiten fördern, authentisches Sprachmaterial)

• Zusammenstellung nützlicher Phrasen (teilweise in Form von Mindmaps)

• Grammatikzusammenfassungen (mit Beispielen und den für das Niveau A1 wichtigen Punkten)

• Freiwillige Übungen (mit QR-Code) (in diversen Programmen wie zB. LearningApps, Quizlet, Anki, Padlet etc. erstellt)

• Weitere tiefergehende Tipps (teilweise auf Wunsch der Studierenden) sowie Sammlung und Beantwortung von FAQs anhand von Sprachbeispielen, Fehlern und Situationsbeschreibungen

Beurteilungsmodus

In der digitalen Lehre wurde auf die schriftliche und mündliche Prüfung verzichtet, da das gesamte Konzept umgestellt wurde. Es gab regelmäßigere Leistungen mit sehr individuellem Feedback. Allerdings musste ich bei einigen Übungen die Kontrollfunktion abgeben und auf die Lernerautonomie und die Selbstverantwortung der Studierenden vertrauen. Die vielen positiven Rückmeldungen sprechen für eine hohe Motivation, und es konnte in diesem digitalen Semester eine ähnlich gute Abschlussquote mit mindestens gleich guten Lernergebnissen wie in den Präsenzsemestern erzielt werden (im Durchschnitt haben zwischen 75% und 80% die 5 Lehrveranstaltungen abgeschlossen).

 

Conclusio

Digitale Lehre macht Freude und ist sehr effizient, wenn die Studierenden aus einem reichhaltigen Angebot unterschiedlicher Methoden und Tools wählen können, Möglichkeiten der peer-to-peer Interaktion, der Kollaboration und Lernpfade für individuelles Arbeiten im eigenen Tempo und nach den jeweiligen Interessen gegeben sind und die Studierenden individuelles Feedback und Betreuung erhalten.

Nutzen und Mehrwert

Das Sommersemester 2020 bot aufgrund der COVID-19-Situation die einzigartige Möglichkeit die Distanzlehre zu testen, Konzepte zu entwickeln, zu evaluieren und im Laufe des Semesters zu verbessern bzw. zu ergänzen.

Digitale Lehre funktioniert, und sie funktioniert auch sehr gut, aber es braucht sehr viel Zeit, um alle Methoden und Materialien vorzubereiten, zu adaptieren und sinnvoll für den digitalen Einsatz zu gestalten und diese in ein motivierendes didaktisches Konzept einzubetten. In diesem erzwungenen digitalen Semester haben sich viele positive Umsetzungsideen für die Lehre entwickelt, die man beibehalten und weiter fördern sollte.

Durch die zeitliche Unabhängigkeit des Lernens, die individuell gestaltbaren Lernpfade, die Möglichkeit, Inhalte mehrmals zu festigen bzw. Inputs wiederholt anzusehen und das individuelle Feedback wurde die Studierbarkeit der Sprache gefördert. Die Orientierung auf die wichtigen Kompetenzen Produktion, Rezeption, Interaktion und Mediation konnte durch den Ausbau der didaktischen und methodischen Möglichkeiten gewährleistet werden. Durch eine Umorientierung auf regelmäßig zu erbringende Leistungen mit individuellem Feedback durch die Lehrende und die stärkere Bedeutung von peer-Feedback waren die Studierenden sehr motiviert, ihren Lernprozess autonom zu gestalten, vor allem da sie aus einem großen Pool an Übungen und Methoden auswählen konnten. Das kollaborative Lernen der Studierenden wurde besonders durch die Sprachlerntandems gefördert und hat zu einer sehr intensiven Beschäftigung mit der Sprache geführt. Die Evaluierungsergebnisse und die Lernergebnisse belegen, dass digitale Lehre sehr gut funktionieren kann und dass manche der Konzepte unbedingt beibehalten werden sollten, da sie Motivation, zeitliche Unabhängigkeit, Studierbarkeit, Regelmäßigkeit des Lernens, Kompetenzorientierung, Eigenverantwortung und Kollaboration der Studierenden fördern. Teilweise haben die Studierenden sich entschlossen, auch weiterhin in Kontakt über die Sprachlerntandems zu bleiben und auch nach Abschluss der Lehrveranstaltung gemeinsam die Sprache zu erlernen, was für mich eines der erfreulichsten Resultate dieses Konzepts ist und der größte Mehrwert, da Sprachenlernen nicht mit dem Zeugnis enden kann/soll.

Nachhaltigkeit

Das Konzept hat eine Vielzahl an didaktischen und methodischen Möglichkeiten und Tools im Bereich der Distanzlehre getestet und evaluiert, die nun Eingang in die anderen Sprachlehrveranstaltungen der Einrichtung ‚Sprachen, Schlüsselkompetenzen und Interne Weiterbildung‘ finden werden (es finden ca. 50 Sprachlehrveranstaltungen pro Semester bei uns statt, in denen sich verschiedene Elemente in verschiedenem Ausmaß integrieren lassen). Die Erfahrungen lassen sich natürlich auch auf Sprachlehrveranstaltungen an anderen tertiären Institutionen übertragen. Aufgrund der sehr positiven Erfahrungen sollen in Zukunft verschiedene Lernszenarien für unsere Studierenden entwickelt werden, die das Ziel haben, die Studierbarkeit zu erhöhen, die Vorbereitung auf Auslandsaufenthalte auch individuell zu ermöglichen, die Berufsfähigkeit durch bessere Sprachkenntnisse nicht nur in Englisch zu verbessern sowie auch die internalization at home fördern sollen. Dazu ist es geplant, drei Modelle zu entwickeln:

1. Präsenzlehre mit gewissen blended-learning Elementen

2. Präsenzlehre mit einem größeren Anteil an blended-learning und flipped-classroom Elementen

3. Zeit- und ortsunabhängige Distanzlehre

Als weitere, längerfristige Vision sollen ausgehend von Spanisch auch für sehr nachgefragte Sprachen bzw. auch gerade für weniger nachgefragte Sprachen, die man aus Kostengründen nicht in Präsenz anbieten kann, MOOCs erstellt werden bzw. Module zur Förderung gewisser Kompetenzen erarbeitet werden, die die Studierenden auf (fremd)sprachlich Auslandsaufenthalte, ihr Studium, ihre berufliche Tätigkeit zeit-, orts- und lehrveranstaltungsunabhängig vorbereiten sollen.

Aufwand

Der Aufwand wurde aus den Ressourcen der Einrichtung 'Sprachen, Schlüsselkompetenzen und Interne Weiterbildung' der TU Graz abgedeckt, keine zusätzlichen finanziellen Mittel wurden aufgewendet.

Positionierung des Lehrangebots

Freies Wahlfach zur Förderung der Sprachkenntnisse, Internationalisierung und Auslandsaufenthalte sowie Internationalisation at home

Links zu der/den Projektmitarbeiter/innen
Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2021 nominiert.
Ars Docendi
Nominiert 2021
Kategorie: Methoden des Distance Learning und deren nachhaltiger Einsatz
Ansprechperson
Isabel Landsiedler, Dr.
Sprachen, Schlüsselkompetenzen und Interne Weiterbildung
+316-873-3663
Nominierte Person(en)
Isabel Landsiedler, Dr.
Sprachen, Schlüsselkompetenzen und Interne Weiterbildung
Themenfelder
  • Digitalisierung
  • Schnittstelle zum Arbeitsmarkt
  • Internationalisation@home
  • Lehr- und Lernkonzepte
Fachbereiche
  • Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften