UMIT TIROL – Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften und -technologie
Eduard Wallnöfer-Zentrum 1, 6060 Hall in Tirol
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Mittendrin statt nur dabei – Das „Empirisch-experimentelle Praktikum“ als Einstieg in das wissenschaftliche Arbeiten

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Das Curriculum für das Bachelorstudium Psychologie sieht zahlreiche Lehrveranstaltungen, die u.a. Statistik, Datenanalyse und Forschungsmethoden einschließen, zur Einführung und Vorbereitung auf den wissenschaftlichen Arbeitsprozess vor. Allerdings werden diese von vielen Studierenden oft mehr als notwendiges Übel, vor allem zu Beginn des Studiums, gesehen. Vor allem das Knüpfen von Verbindungen zwischen verschiedenen Methodenfächern und deren Anwendung fällt vielen Studierenden oft schwer. Spätestens beim Verfassen der wissenschaftlichen Abschlussarbeit baut sich dann eine große Hürde auf. Um diese zu überspringen ist es wichtig den Studierenden die Vereinbarkeit von Grundlagen und deren Anwendung nahezubringen und Begeisterung für den Forschungsprozess zu wecken.

Die Lehrveranstaltung Empirisch-Experimentelles Praktikum im Rahmen des Bachelorstudiums Psychologie soll eben diese Vereinbarkeit zwischen Theorie und Praxis für Studierende herausstellen und sie auf das selbstständige Erstellen einer wissenschaftlichen Arbeit vorzubereiten. Ziel ist es, Studierende anwendungs- und studierendenorientiert sowie partizipativ-spielerisch beim Erwerb wissenschaftlicher Kompetenzen zu begleiten.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Anhand des „Empirisch-Experimentellen Praktikums“ erlangen Studierende Kenntnisse und Kompetenzen bezüglich des wissenschaftlichen Forschungs- und Arbeitsprozesses. In partizipativer Unterrichtsgestaltung und unter Anwendung des Co-Teaching Ansatzes werden Inhalte des wissenschaftlichen Arbeitens studierendenorientiert vermittelt. Die Studierenden werden in den gesamten Prozess einer wissenschaftlichen Untersuchung direkt einbezogen und lernen sowohl theoretisch als auch praktisch die schrittweise Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit, von der empirischen Untersuchung bis hin zum Forschungsbericht, kennen. Das Projekt zeichnet sich durch kreative und motivierende Lehrmethoden zur Vermittlung von Kenntnissen und Kompetenzen des wissenschaftlichen Arbeitsprozesses aus. Das übergeordnete Ziel ist dabei die Kompetenzbildung in Hinblick auf nachhaltigen Lernerfolg

Kurzzusammenfassung des Projekts in englischer Sprache

On the basis of the "Empirisch-Experimentelles Praktikum" students gain knowledge and skills regarding the scientific research and work process. In participatory teaching and by applying the co-teaching approach, the contents of scientific work are taught in a student-oriented way. Students are directly involved in the entire process of a scientific investigation and learn both theoretically and practically how to prepare a scientific paper step by step, from the empirical investigation to the research report. The project is characterized by creative and motivating teaching methods to impart knowledge and skills of the scientific work process. The overall goal is the development of competencies with regard to sustainable learning success

Nähere Beschreibung des Projekts

Das Empirisch-Experimentelle Praktikum ist eine Lehrveranstaltung, die für Psychologiestudierende im 4. Semester des Bachelorstudiums konzipiert wurde. Die Studierenden durchlaufen dabei unter Anleitung der Lehrenden den Prozess der Erstellung einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit, von der Beschäftigung mit einer Forschungslücke, über die Datenerhebung, Literatursuche und Hypothesengenerierung, Auswertung und Darstellung von Daten, bis hin zum Schreiben eines Forschungsberichtes. Übergeordnetes Ziel ist es dabei den Studierenden Grundlagen und deren praktische Implementierung im wissenschaftlichen Arbeitsprozess näher zu bringen und die allen voran bei Bachelor- und Masterarbeit sowie in darüber hinaus gehender wissenschaftlicher Tätigkeit, zur Anwendung kommen. Während der Lehrveranstaltung sollten Studierende die Kompetenz erwerben, eigenständig empirisch-wissenschaftlich zu arbeiten sowie eine wissenschaftliche Arbeit verfassen zu können. Um eine umfassende Kompetenz erlangen zu können, wurden untergeordnete Ziele formuliert, die sich auf dem Weg zur Zielerreichung als hilfreich herausgestellt haben. Studierende sollten unter anderem den möglichen Ablauf experimenteller Untersuchungen kennenlernen und lernen, selbst eine Testung mit einer bestimmten Thematik der psychologischen Forschung durchzuführen. Die Studierenden sollten außerdem verinnerlichen, wie sie einen wissenschaftlichen Forschungsbericht strukturieren und verfassen müssen, wozu auch gehört Daten auszuwerten, angemessen darzustellen und zu interpretieren. Zwei weitere Lernziele sollten zudem sein, angemessene und konstruktive Kritik an Arbeiten Anderer äußern zu können sowie mit der Kritik anderer umzugehen und diese sinnvoll zur Verbesserung der eigenen Arbeit zu nutzen.

Da die Lehrveranstaltung das schrittweise wissenschaftliche Arbeiten unterstützen soll, ist diese wie ein wissenschaftlicher Arbeitsprozess aufgebaut. Für die Umsetzung des Lehrkonzeptes haben sich 4 Tage (mit je 8 UE) als sinnvoll herausgestellt, an denen eine sinnvolle Gliederung der einzelnen Lehrinhalte von Bedeutung ist. Die Inhalte sind dementsprechend thematisch angemessen auf die Termine aufgeteilt und folgen dem typischen Aufbau einer wissenschaftlichen Arbeit (Literaturrecherche und Theoretischer Hintergrund der Problemstellung, Datenerhebung sowie Aufbereitung der Daten, Darstellung von Methode und Berechnung sowie Beschreibung der Ergebnisse und Diskussion der Ergebnisse im Forschungskontext). Da sich der Workload für die Studierenden hauptsächlich auf die Mitarbeit in der Präsenzzeit fokussiert, zeigt sich eine verbesserte Qualität der Studierbarkeit.

Um bestmögliche Lernergebnisse und einen nachhaltigen Mehrwert für die Studierenden zu schaffen, ist das Konzept der Lehrveranstaltung partizipativ angelegt. Phasen der Theoretischen Wissensvermittlung im Frontalunterricht sind durch interaktive Fragerunden, Gruppenarbeiten, Wissensanfragen sowie durch die Lehrenden gestützte Freiarbeit aufgelockert und dienten dazu zuvor gehörte Inhalte in die praktische Anwendung zu bringen. Für eine möglichst spannende Herangehensweise an die Inhalte und die Förderung von Interesse von Seiten der Studierenden sind für die Phasen der praktischen Anwendung Medien wie Quizizz, Storyboard etc. ausgewählt, mit deren Anwendung die Studierenden auf kreative Art das Verständnis der gelehrten Inhalte überprüfen können.

Das Lehrkonzept bietet zusätzlich die Möglichkeit der Implementierung eines Co-Teaching Ansatzes, bei dem zwei Lehrende während allen Vorlesungstagen anwesend sind. Dies bringt den Vorteil einer studierendenzentrierten und individuell gestalteten Umgebung für jeden einzelnen Studierenden. Vor allem bei Inhalten, die von Studierenden als allgemein skeptischer betrachtet werden und mit einem hohen Aufkommen von Fragen einhergehen (wie Datenanalyse und Ergebnisdarstellung) stellt das Co-Teaching bewährte Ergänzung. In der ersten Durchführung des vorgelegten Lehrkonzeptes wurden zwei Lehrende in der Lehrveranstaltung eingesetzt, was durch die Studierenden als durchweg positiv kommuniziert wurde.

Aus dem Lehrkonzept für das „Empirisch-Experimentelle Praktikum“ ergibt sich zudem ein variables Rollenbild der Lehrenden. Diese stehen den Studierenden als Lehrende, Supervisorin/ Supervisor, Coach und Tutorin/ Tutor.

 

Da die Lehrveranstaltung als Vorbereitung für das wissenschaftliche Arbeiten unter anderem bei Bachelor- und Masterarbeit konzipiert wurde und zum Ziel hat, dass Studierende kompetent in der Verfassung einer wissenschaftlichen Arbeit werden, ist eine Abschlussarbeit als Prüfungsmethode gewählt. Diese soll wie eine Bachelorarbeit (mit einem deutlich geringeren Umfang für Theoretischen Hintergrund und Diskussion) ausformuliert werden und prüft die Anwendung aller in der Vorlesung besprochenen und erarbeiteten Inhalte. Zusätzlich zur Studienarbeit, die 60% der Gesamtnote ausmachte, müssen die Studierenden zum positiven Abschließen der Lehrveranstaltung zwei weitere Prüfungsleistungen erbringen. Um sich noch intensiver mit der eigenen Arbeit auseinanderzusetzen und das eigene Wissen auf die Arbeit anderer anzuwenden durchlaufen die Studierenden einen Peer-Review-Prozess, in dem sie den anonymisierten Abschlussbericht eines Mitstudierenden nach vorgegebenen Kriterien bewerteten und kommentierten sowie nachfolgend eine Antwort an den Gutachter ihres eigenen Berichtes mit Entscheidungen über die vorgeschlagenen Punkte verfassen. Durch die Wahl der beschriebenen Prüfungsmodalität soll die intensive Beschäftigung mit den gelehrten Inhalten in der praktischen Anwendung garantiert werden.

Die Stärken des Lehrveranstaltungskonzepts sind vor allem im praktischen Nutzen zu sehen. Die Studierenden erlangen die Fähigkeit, wissenschaftliche Texte zu verstehen und zu interpretieren, Daten zu erheben, Ergebnisse auszuwerten und diese in Zusammenhang mit bisheriger Forschungsliteratur zu bringen. Das im Vorfeld theoretisch vermittelte Wissen kann im praktischen Einsatz vertieft werden und der klare Nutzen einzelner Inhalte wird anhand von Praxisbeispielen hervorgebracht. Das Konzept ermöglicht es zudem die Studierenden praktisch, effizient und zielgerichtet für das Erstellen einer wissenschaftlichen Arbeit (wie der Bachelorarbeit) vorzubereiten. Als weitere Stärke des vorgelegten Lehrveranstaltungskonzeptes lässt sich vor allem die Arbeit in Kleingruppen hervorheben. In diesem Setting ist es möglich die Stärken einzelner Studierender zu fördern und vorhandene Schwächen oder Unklarheiten in einem geschützten Rahmen auszugleichen.

Nutzen und Mehrwert

Das vorgestellte Konzept „Mittendrin statt nur dabei – Das „Empirisch-experimentelle Praktikum“ als Einstieg in das wissenschaftliche Arbeiten“ bietet Studierenden die Möglichkeit sich effektiv auf das empirisch-wissenschaftliche Arbeiten vorzubereiten. Die Kompetenzen, die im Rahmen der Lehrveranstaltung erworben werden, können effektiv auf die Vorbereitung und Verfassung der empirisch-experimentellen Abschlussarbeit des Bachelorstudiums übertragen werden. Somit bietet die Lehrveranstaltung einen klaren Mehrwert für die Studierenden. Auch die studierendenzentrierte Ausrichtung durch Einbeziehen der Studierenden in die Lehrveranstaltung stellt einen klaren Vorteil dar. Letztendlich fördert das Lehrkonzept Kompetenzbildung und Nachhaltigkeit im Hinblick auf die Umsetzung empirisch-wissenschaftlicher Arbeitsschritte in Bachelor- und Masterarbeit bis hin zum Doktorat.
Das Lehrkonzept an sich fördert eine gute Studierbarkeit und kann zudem auch von Lehrenden mit wenig Lehrerfahrung effektiv angewendet werden. Somit können junge Lehrende im Rahmen der Lehre im „Empirisch-Experimentellen Praktikum“ erste Lehrerfahrungen sammeln sowie durch stetige Überarbeitung des Konzeptes (aufgrund von Feedback der Studierendengruppen) eigene Ideen optimieren.
Besonders positiv sollte auch das Konzept des Co-Teachings, welches im „Empirisch-Experimentellen Praktikums“ angewendet werden kann hervorgehoben werden. Hier ergibt sich zum Einen ein Mehrwert für die Studierenden, welche von direkten Hilfestellungen und Erfahrungen von zwei Lehrenden profitieren können, sowie schnelleres und intensiveres Feedback während Gruppen- und Einzelarbeitsphasen erhalten. Zum Anderen haben auch die Lehrenden die Möglichkeit in intensiverem Austausch mit einzelnen Studierenden zu stehen.

Nachhaltigkeit

Das vorgestellte Lehrkonzept ist für Bachelorstudierende der Psychologie im 4. Studiensemester entwickelt und soll zur intensiven Vorbereitung auf die Erstellung einer empirisch-experimentellen (Bachelor-)Arbeit dienen. In diesem Kontext hat sich die Lehrveranstaltung mittlerweile auch schon bewährt.

Allerdings wäre es unter anderem vorstellbar einen Großteil der Inhalte und Konzeptideen auch auf den Bereich des Masterstudiums Psychologie auszurichten. Hiervon sollten vor allem Studierende profitieren, die möglicherweise im Rahmen ihres Bachelorstudiums (an anderen Hochschulen) noch wenig Erfahrung mit dem empirisch-experimentellen Arbeiten gewonnen haben.

Zudem ließe sich das Lehrkonzept auch auf andere Studiengänge der Geistes- und Sozialwissenschaften anwenden, die empirisch-experimentell arbeiten.

Akzeptanz

Das vorgestellte Konzept wurde bisher schon bei Psychologie-Studierenden der UMIT-Private Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik durchgeführt und durch diese evaluiert. Obwohl die Lehrveranstaltung von Lehrenden mit wenig Lehrerfahrung durchgeführt wurde, ist die Umsetzung des Konzeptes von den Studierenden durchweg positiv rückgemeldet worden. Als besondere Stärken wurde der große Lernzuwachs durch die Verbindung von Theorie und praktischer Übung herausgestellt.

Aufwand

Im Hinblick auf den Aufwand, welcher das Projekt verursacht hat, stellen die Kosten einen vernachlässigbaren Faktor dar. Der Vorbereitungsaufwand für Gruppenübungen überstieg die Vorbereitungszeit im Vergleich zu einer normalen Vorlesung, jedoch ist dies außer Acht zu lassen im Hinblick auf den daraus resultierenden Nutzen für die Studierenden.

Positionierung des Lehrangebots

Das Lehrangebot für das empirisch-experimentelle Praktikum wurde für Psychologiestudierende im 4. Bachelorsemester (BSc.) als Vorbereitung auf das wissenschaftliche Arbeiten und Schreiben im Rahmen der Bachelorarbeit konzipiert. Und hat sich bisher auch in diesem Rahmen an der UMIT bewährt.

Allerdings können die Inhalte im Konzept so verändert und angepasst werden, dass dieses auch für Studierende anderer Studienrichtungen mit empirisch-experimenteller Ausrichtung verwendet werden kann. Außerdem ist auch eine Anwendung als Vertiefung im Master-Bereich denkbar.

Links zu der/den Projektmitarbeiter/innen
Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2020 nominiert.
Ars Docendi
2020
Kategorie: Qualitätsverbesserung von Lehre und Studierbarkeit
Ansprechperson
Christina Kraut, MSc
Department Psychologie und Medizinische Wissenschaften, Institut für Psychologie
0508648-3985
Nominierte Person(en)
Christina Kraut, MSc.
Department Psychologie und Medizinische Wissenschaften, Institut für Psychologie
Isabella Kreilinger, MSc.
Department Psychologie und Medizinische Wissenschaften, Institut für Psychologie
Themenfelder
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Erfahrungslernen
  • Wissenschaftliche (Abschluss)Arbeiten
Fachbereiche
  • Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften