Case studies in innovation

Ziele/Motive/Ausgangslage/Problemstellung

Ausgangslage:

Die FH Kufstein Tirol bietet den Austauschstudierenden (Incomings) ihrer weltweiten Partnerhochschulen ein spezielles „International Program" (IP). Das „International Program" setzt sich aus englischsprachigen Vorlesungen, die gezielt für Incomings entwickelt wurden und englischsprachigen Lehrveranstaltungen aller Bachelor-/Master-Studiengänge zusammen. Der IP-Vorlesungsplan wird somit sowohl von Incomings als auch Regelstudierenden besucht und bietet so eine einzigartige Plattform für den internationalen studentischen Austausch, der die Integration der Incoming-Studierenden nachhaltig fördert und unterstützt. Zudem pflegt die Fachhochschule Kufstein Beziehungen und Netzwerke zu Wirtschaftsbetrieben in der Region, mit welchen im Rahmen von Projekten unterschiedlichste praktische Problemstellungen von deutschsprachigen Studierenden gelöst werden.

 

Ziel:

Ziel der Veranstaltung „Case studies in innovation“ war es eine neue Art der Kooperation mit regionalen Wirtschaftspartnern zu schaffen. Internationale Austauschstudierende sollten die Möglichkeit bekommen, praktische Problemstellungen aus der Wirtschaft zu bearbeiten, wissenschaftlich aufzubereiten, eine Lösung zu entwickeln und schlussendlich im Rahmen einer Abschlusspräsentation vor den Auftraggebern zu präsentieren. Der spezielle Fokus der Problemstellung lag im Themenschwerpunkt „Innovation“. Unter diesem Begriff können viele Arten eingeordnet werden, sodass nicht nur technische Neuerungen, sondern auch Verbesserungen von Prozessen, Verbesserungen der Organisationsstruktur etc. vorstellbar sind. Genau dieser Ansatz wurde im Rahmen der Veranstaltung verfolgt, indem die Studierenden bereits bestehende Konzepte auf neue Problemstellungen anwenden sollten.

Kurzzusammenfassung des Projekts

Beim Projekt bearbeiteten internationale Studierende aus unterschiedlichsten Ländern Problemstellungen von in Österreich ansässigen Unternehmen unter Heranziehung von wissenschaftlichen und praktischen Methoden. Die Studierenden hatten in diesem Zusammenhang direkten Kontakt zu den MitarbeiterInnen in den Unternehmen, haben die Problemstellungen erhoben und analysiert sowie ausgehend von deren Erhebungen Lösungsvorschläge entwickelt. Anschließend wurden schriftliche Berichte unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten als auch Präsentationen für die Abschlusspräsentation bei den Auftraggebern ausgearbeitet. Schlussendlich wurden die Ergebnisse vor der Geschäftsführung der betreffenden Unternehmen präsentiert und diskutiert. Die besten Vorschläge wurden mit Preisen prämiert.

Nähere Beschreibung des Projekts

Vorbereitungsphase:

Im Vorfeld wurden Gespräche mit regionalen Unternehmen geführt, um festzustellen, ob diese Problemstellungen aus der betrieblichen Praxis im Rahmen von Praxisprojekten mit der Fachhochschule Kufstein abwickeln möchten. Die Besonderheit zu anderen üblichen Praxisprojekten ist:

 

• Durchführung des gesamten Projektes auf Englisch:

Die Problemstellungen sind durch die Unternehmen auf Englisch formuliert worden und auch die Ansprechpersonen im Unternehmen mussten der englischen Sprache mächtig sein. Dadurch wurde der Aspekt der „Internationalisierung“ in den heimischen Unternehmen eingebracht. Dies war erforderlich, um für die internationalen Studierenden eine entsprechende Kommunikation mit den Ansprechpartner zu ermöglichen.

 

• Abstimmung der Projektinhalte bzw. der Problemstellungen:

Es wurden im Vorfeld Gespräch mit den Geschäftsführern geführt, um praktische Problemstellungen zu erheben. Wesentlicher Fokus liegt auf Innovation und zwar dahin gehend, dass es bei diesem Thema nicht nur um die Entwicklung neuer Produkte geht, sondern auch um die Entwicklung neuer Ideen im Unternehmen (Amabile, 1996, S. 1-13). Innovation muss nicht unbedingt technischer Natur sein, sondern es geht darum, Kundenzufriedenheit zu schaffen (Drucker, 1985, S. 31-33). Daher geht es auch um Ansätze zur Innovation von Prozessen, Organisationsstrukturen, Servicetätigkeiten etc. (Trott, 2013). Die Unternehmen haben dann entsprechende Kurzbeschreibungen zu den Fällen geliefert. Hier wurde nur eine grobe Skizze dargestellt, denn es war Aufgabe der Studierenden – wie noch weiter ausgeführt wird – über Fragen einen umfassenden Überblick über die Problemstellungen und die Ziele zu bekommen.

 

- Amabile, T. M. (1996). Creativity and innovation in organizations. Harvard Business School Background Notes 396 - 239. January, 1-15.

- Drucker, P. F. (1985). Innovation and Entrepreneurship. New York: HarperCollins.

- Trott, P. (2013). Innovation Management and New Product Development. 5th ed., Upper Saddle River: Financial Times.

 

• Übertragung von bestehenden Konzepten aus dem Ausland auf Problemstellungen im Inland:

Es gibt weltweit viele Lösungen zu Problemstellungen, welche auch in Österreich gegeben sind. Es ist daher nicht unbedingt aus Sicht der Innovation „neue Dinge“ zu erfinden. Die Studierenden wurden daher im Rahmen ihrer Recherchen angehalten, bestehende Lösungsansätze aus ihren Heimatstaaten zu suchen, welche auf Österreich transferiert und angewandt werden können. Damit könnte ein Mehrwert für die Auftraggeber geschaffen werden, um Kosten (Suchkosten, Zeitaufwand etc.) einsparen zu können.

 

Einführungsveranstaltung:

In dieser wurden die Ziele der Veranstaltung als auch die Vorgehensweise dargestellt. In weiterer Folge wurden die Problemstellung vorgestellt und Gruppen von Studierenden gebildet, welche eine Problemstellung bearbeiten.

 

Workshop zum wissenschaftlichen Arbeiten:

In diesen wurden den internationalen Studierenden die Grundlagen des wissenschaftliche Arbeitens und Schreibens näher gebracht. Zudem wurden Aspekte der Präsentationstechnik als auch der Erstellung von Präsentationen diskutiert. Ziel war es die Studierenden auf die Schlusspräsentation vorzubereiten, so wie es auch Berater in der Praxis tun, wenn sie die Ergebnisse der Erhebungen und Lösungsansätze vor der Geschäftsführung vorstellen.

 

Coaching-Phase:

Während der gesamten Zeit stand der Lehrveranstaltungsleiter für Fragen und Coachings zur Verfügung. Dabei ging es um die Abstimmung der Inhalte, der Vorgehensweise, der Methoden als auch der Weitergabe von Hinweisen, damit das Ziel der Veranstaltung erreicht werden konnte. Dies war bei einigen Studierenden erforderlich, da diesen zum Teil der rote Faden gefehlt hat. Das Coaching erwies sich als wichtiger Faktor für den Erfolg zur Erarbeitung von Lösungsansätzen.

 

Zwischenpräsentation:

In dieser Phase hatten die Studierenden die Gelegenheit ihre bisherigen Ergebnisse vorzustellen und auch zu testen, ob ihre Präsentation „kundentauglich“ ist. Im Rahmen dieser Vorträge erhielten die Studierenden Hinweise zum Aufbau und zur Ausgestaltung der Präsentation, Anregungen für die Präsentationstechnik sowie Feedback zum Lösungsansatz als auch zu Tauglichkeit für die Abschlusspräsentation. Um einen bestimmten Grad an Professionalität zu gewährleisten, wurde diese Zwischenpräsentation mit 30 % der Gesamtnote bewertet. Somit war es möglich, bereits in dieser Phase eine bestimmte Qualität an Output zu erlangen.

 

Abschlussbericht:

Ausgehend vom Feedback zur Zwischenpräsentation erstellten die Studierenden einen Abschlussbericht, welcher nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde. In diesem waren daraus abgeleitet praktische Handlungsempfehlungen integriert, welche den Auftraggebern im Rahmen der Abschlusspräsentation vorgestellt werden sollten. Hier wurde Wert darauf gelegt, dass der Abschlussbericht auch formell und optisch sauber ausgearbeitet wurde, damit die Übergabe an den Auftraggeber erfolgen kann. Zudem war es ein Muss einen „Executive Summary“ aufzustellen, in welchem die wichtigsten Ergebnisse und Handlungsempfehlungen in kompakter und klarer Form inkludiert waren. Der Abschlussbericht wurde von der Lehrveranstaltungsleitung durchgesehen und mit Kommentaren versehen, sodass die Studierenden noch Feedback bekamen, um den Abschlussbericht zu optimieren sowie um die Abschlusspräsentation zu ergänzen.

 

Abschlusspräsentation:

In dieser letzten Phase, welche gemeinsam mit der Abschlussarbeit 70 % der Gesamtbenotung ausgemacht hatte, präsentierten die Studierenden ihre Ergebnisse vor einer Jury bestehend aus Mitarbeiter als auch der Geschäftsführung der Auftraggeber. In diesem Zusammenhang wurden Fragen gestellt, welche von den Studierenden beantwortet wurden. Zudem erhielten sie Feedback zur Präsentation und zu den Lösungsansätzen aus Sicht des Auftraggebers, was einen besonderen Mehrwert bedeutet, weil dadurch ein höherer Lerneffekt erzielt werden konnte. Die Studierenden erlangen Kenntnis, wie Wirtschaftsbetriebe denken und wo im Rahmen eins Projektes bzw. einer Beratung der Schwerpunkt liegen muss, damit eine Kundenzufriedenheit erzielt werden kann. Abschließend erfolgte eine Prämierung der Performance für die einzelnen Gruppen durch die Geschäftsführung der Auftraggeber, sodass auch eine Art „Entlohnung“ gegeben war. Diese wurde in der Einführungsveranstaltung angekündigt, um die Motivation und den Einsatz im Projekt bereits im Vorfeld zu fördern und zu fordern. Damit standen die Teams zueinander in Konkurrenz, was sich auch in den Bemühungen gezeigt hat. Dieser Aspekt hat positiv zur Steigerung der Qualität in den Leistungen der Studierenden beigetragen. Die Preise wurde von den Wirtschaftspartnern zur Verfügung gestellt.

 

Besonderheiten des Ansatzes:

• Aufbereitung der Veranstaltung als Projekt, sodass die Studierenden einen Projektplan aufstellen mussten, um die zeitlichen Vorgaben erreichen zu können

• Durchführung der Veranstaltung auf Englisch, sodass der Charakter der Internationalisierung umgesetzt werden konnte

• Kommunikation von internationalen Austauschstudierenden mit regionalen Unternehmen, sodass ein stärkerer Bezug zum Studienort hergestellt werden kann

• Bearbeitung von echten Problemstellungen aus der Praxis durch internationale Studierende der Fachhochschule Kufstein

• Zusammenführung von internationalen Studierenden aus unterschiedlichen Ländern zu „Beratungsgruppen“, sodass ein interkultureller Austausch zwischen diesen ermöglicht wurde

• Vergabe des Projektes als Auftrag, sodass die Studierenden die Problemerhebung selbst bei genannten Ansprechpartnern durchführen mussten

 

Insgesamt haben wir von den Studierenden ein positives Feedback bekommen, da das Konzept keinen Frontalvortrag oder eine Bearbeitung eines fiktiven Falls bedeutet, sondern eben die Möglichkeit eröffnet, mit Wirtschaftsunternehmen zu agieren und wie ein Berater arbeiten zu müssen. Durch die Interdisziplinarität und den wissenschaftlichen Anspruch haben die Studierenden unterschiedlichste Themenfelder kennen gelernt und auf Grund des Projektcharakters den Kontext zwischen diesen anwenden müssen.

Positionierung des Lehrangebots

Bachelorstudium für Incoming-Students

Dabei handelt es sich um Studierende aus unterschiedlichen Ländern weltweit, welche an der Fachhochschule Kufstein ihre Auslandssemester absolvieren.

Das Beispiel wurde für den Ars Docendi Staatspreis für exzellente Lehre 2017 nominiert.
Ars Docendi
2017
Kategorie: Umsetzung hochschulischer Internationalisierungskonzepte in der Lehrveranstaltung
Ansprechperson
Mario Situm, Prof. (FH) Dr. Dr.
Institut für Grenzüberschreitende Restrukturierung
+4366488586803
Nominierte Person(en)
Mario Situm, Prof. (FH) Dr. Dr.
Institut für Grenzüberschreitende Restrukturierung
Themenfelder
  • Lehr- und Lernkonzepte
  • Schnittstelle zum Arbeitsmarkt
  • Internationalisation@home
Fachbereiche
  • Wirtschaft und Recht